Die ersten zwei Kapitel des Buches sind ein Bericht über Hiob, über seine Familie, seinen Reichtum und sein schweres Schicksal. Danach folgen viele Kapitel mit Diskussionen und den Bemühungen der drei weisen Freunde des Hiob, die Geschehnisse zu erklären und einzuordnen.
Beginnen wir heute mit den ersten fünf Versen des Buches Hiob oder Ijobs oder Job wie es auch heißt.
Der Bibeltext:
(1,1) Im Land Uz lebte einmal ein Mann namens Ijob. Er war ein Vorbild an Rechtschaffenheit, nahm Gott ernst und hielt sich von allem Bösen fern.
(1,2) Seine Frau hatte ihm sieben Söhne und drei Töchter geboren und er besaß sehr viel Vieh: 7000 Schafe und Ziegen, 3000 Kamele, 1000 Rinder und 500 Esel.
(1,3) Dazu hatte er auch viele Knechte und Mägde. An Wohlstand und Ansehen übertraf Ijob alle Männer des Steppenlandes im Osten.
(1,4) Seine Söhne hatten die Gewohnheit, reihum in ihren Häusern Festessen zu veranstalten, an denen alle Brüder teilnahmen. Auch ihre drei Schwestern luden sie dazu ein und alle aßen und tranken miteinander.
(1,5) Immer wenn eine solche Reihe von Festmählern vorüber war, stand Ijob frühmorgens auf und ließ seine Kinder holen. Für jedes von ihnen brachte er ein Brandopfer dar, um sie von Sünde zu reinigen. Denn er sagte sich: »Vielleicht hat eines von ihnen in Gedanken Gott beleidigt und ist dadurch schuldig geworden.«
Hiob wird uns hier als ein sehr frommer Mann vorgestellt. Es heißt von ihm: »Er war ein Vorbild an Rechtschaffenheit, nahm Gott ernst und hielt sich von allem Bösen fern.« Das sollten wir ihm mal glauben; denn später im Buch wird diese Tatsache immer wieder angezweifelt.
Hiob wird uns auch als ein guter, verantwortlicher und gottesfürchtiger Vater gezeigt. Wir lesen über das Verhältnis zu seinen Kindern: »Immer wenn eine solche Reihe von Festmählern (bei den Geschwistern) vorüber war, stand Ijob frühmorgens auf und ließ seine Kinder holen. Für jedes von ihnen brachte er ein Brandopfer dar, um sie von Sünde zu reinigen. Denn er sagte sich: »Vielleicht hat eines von ihnen in Gedanken Gott beleidigt und ist dadurch schuldig geworden.« Anstatt seine Kinder zu kontrollieren, zu ermahnen oder zu kritisieren, rief er sie zusammen und feierte einen Gottesdienst mit ihnen. Ich vermute, dass diese geistliche Handlung bei den Kindern einen tiefen Eindruck hinterlassen hat. Hiobs Ernst und Besorgnis bewahrte sie wohl auch davor, bei der nächsten Feier frivol, unmoralisch oder ausschweifend zu werden. Ich würde so ein Verhalten nicht von allen Eltern fordern, aber ich finde es beispielhaft, wenn sich ein Vater auf diese Weise unter die Sünde und Fehler seiner Kinder stellt.
Hiob nahm Gott ernst und hielt sich von allem Bösen fern. Dieses Bemühen um ein ungetrübtes Verhältnis zu Gott ist umso bemerkenswerter, da dieser Mann in einer sehr dunklen Epoche lebte. Allem Anschein nach wusste Hiob noch von keinem Tempel, er kannte keine 10 Gebote, kein Priestertum und keinen geregelten Gottesdienst. Er hatte keine heiligen Schriften und keine Worte der Propheten. Es gab noch kein auserwähltes Volk, keinen Auszug aus Ägypten und kein verheißenes Land.
Woher sollte er also etwas über Gott, seinen Willen und sein Handeln wissen? Er tastete sich langsam vor. Dabei handelte er nach seiner Erkenntnis. Er suchte und forschte in der Natur, im Gebet und Opfer nach Gott, seinem Willen und Plan für uns Menschen, und er suchte nach Vergebung und Versöhnung. Hiob war auch bereit, mit seinen Freunden über Gott nachzudenken, seine eigenen Vorstellungen zu prüfen, auf andere Meinungen und Erfahrungen zu hören. So hatte er schon in ganz früher Zeit eine erstaunliche Gotteserkenntnis gewonnen. In geistlichen Dingen war er sogar manchen seiner Nachkommen, die z.B. zur Zeit der Richter oder der Könige lebten, weit überlegen.
Hiob war nicht nur ein frommer und gottesfürchtiger Mann, wie wir sehen, sondern auch ein sehr reicher. Es heißt von ihm: »An Wohlstand und Ansehen übertraf Ijob alle Männer des Steppenlandes im Osten.« Hiobs Heimat muss irgendwo in Mesopotamien gelegen haben, in der Nähe der persischen Wüste, weitab im Osten von Israel. Der Reichtum dieses Scheichs bestand nicht so sehr in Geld, als vielmehr in Vieh.
Wahrscheinlich war er ein Nomade und als solcher war er die meiste Zeit des Jahres mit seinen riesigen Herden unterwegs. Seine 3000 Kamele wird er an Karawanenführer verkauft haben, die Güter durch die Wüste transportieren mussten. Die 500 Esel waren wohl für Feldarbeit bestimmt, ähnlich wie die 500 Paar Ochsen. Die 7000 Schafe und Ziegen lieferten sicherlich Fleisch, Milch und Wolle auf den orientalischen Märkten in »Städten« der damaligen Zeit. Um all diese Tierherden zu bewachen, zu versorgen und wirtschaftlich zu nutzen, musste Hiob auch ein ganzes Heer von Cowboys, Hirten, Tierärzten und Geschäftsleuten unterhalten haben. Ja, dieser Mann war ein Unternehmer, Großgrundbesitzer, cleverer Geschäftsmann, angesehen und sehr reich.
Durch die Aufzählung seiner Besitztümer sehen wir, dass man gleichzeitig reich und gottesfürchtig sein kann. Es gibt ja immer wieder Leute, die können es kaum glauben, dass reiche Menschen auch anständig, ehrlich, wohltätig und fromm sein können. Sie meinen, alle Reichen seien Gauner, Ausbeuter, Unterdrücker, Betrüger und Verbrecher. Gewisse Leute können es sich nicht vorstellen, dass man Ansehen, Reichtum und Einfluss auf ehrliche, tugendhafte Weise erwerben und verwalten kann. In einer korrupten Welt scheint es auch unmöglich zu sein, durch Fleiß, Sparsamkeit, Klugheit und Vertrauenswürdigkeit reich zu werden. - Und doch ist es möglich! Auch heute noch. –
Natürlich gibt es auch die anderen Reichen, die durch krumme Geschäfte, durch Betrügereien, durch Skrupellosigkeit und Härte zu ihrem Besitzt gekommen sind. Darum ist es verkehrt zu generalisieren und alle Reichen in dieselbe Schublade zu stecken.
Es gibt wohl verschiedene Möglichkeiten reich zu werden und ich kann nur vermuten, wie Hiob zu seinem großen Vermögen gelangt ist.
(1) Man kann reich werden durch Glück, Zufall oder Fügung, wenn man so will. Das war bei Hiob aber wohl nicht der Fall. Glück ist z.B. wenn jemand Erdöl auf seinem Grundstück findet oder eine unerwartete Erbschaft macht. Eigentlich hat die Person so gut wie nichts dazu beigetragen, Reichtum ist ihr zugefallen. Es gibt ja auch heute noch genug Gelegenheiten mit verhältnismäßig wenig Aufwand zu riesigen Summen Geldes zu kommen.
(2) Dann kann man auch durch Fleiß und Sparsamkeit reich werden. Ich kenne eine ganze Reihe reicher Leute, die einfach und in bescheidenen Verhältnissen leben und schwielige Hände und einen krummen Rücken haben. Man kann ihnen vielleicht vorwerfen, dass sie ihre Gesundheit und ihre Freiheit dem Jagen nach Geld geopfert haben. Aber immerhin ist es möglich, auf ehrliche Art zu Wohlstand zu kommen.
(3) durch weise Entscheidungen, und kluges Management. Dabei fallen mir Bill Gates, der Gründer von Microsoft und Steve Jobs der Gründer von Apple ein. Es sind - oder waren - wohl mit die reichsten Männer unserer Zeit. Und doch haben sie einmal ganz klein in einer Garage oder Werkstatt angefangen. Sie hatten außerordentliches Wissen und eine Vision und waren bereit, Gelegenheiten und Trends zu nutzen, um ihre Unternehmen immer weiter auszubauen. Hiob hätte weniger Sorgen und Plage gehabt, wenn er einen kleinen Garten und zwei Milchkühe für den eigenen Bedarf gehabt hätte. Doch die Fähigkeit, großen Besitz zu managen trieb ihn voran.
(4) Wenn ich mich mit einem Großgrundbesitzer und Viehzüchter in Paraguay unterhalte und ihn frage, wie er zu seinem Wohlstand gekommen ist, wird meist eines deutlich: Risikobereitschaft. Ein Kleinbauer muss viel wagen, bis er sein Vermögen signifikant vergrößern kann. Er muss Darlehen aufnehmen, Land kaufen, das Land einzäunen und urbar machen. Dann muss er sich Vieh anschaffen und es pflegen und versorgen. Das sind bis dahin - nur Ausgaben und Kosten. Es kann so leicht etwas Unvorhergesehenes passieren. Eine Seuche kann ausbrechen, die Preise fallen, es gibt eine Dürreperiode oder eine Überschwemmung - und seine Pläne und Hoffnungen werden durchkreuzt. Bis aus einer neuen Estancia oder Viehfarm Gewinn zu holen ist, sind meist 10 bis 15 Jahre vergangen. Auch Hiob muss bereit gewesen sein, etwas zu wagen, Risiken einzugehen und Katastrophen und Verluste einzukalkulieren.
(5) Natürlich - und leider - können Menschen auch auf unrechte Art und Weise reich werden. Es kann sein, dass sie ihren Arbeitern und Angestellten viel zu niedrige Löhne zahlen, die Arbeitsbedingungen unmenschlich sind, auf Sicherheit kein Wert gelegt wird, dass überhöhte Preise verlangt werden; kurz ein Unternehmen kann durchaus auf Betrug, Ausbeutung und Hinterlist aufgebaut sein und zu Reichtum kommen. Und trotz staatlicher Kontrollen gelingt es immer wieder Einzelnen durch kriminelle Machenschaften ihr Vermögen zu vermehren.
Hiob, so würde ich denken, ist nicht einer von denen, die durch Bosheit und Härte zu ihrem Wohlstand gekommen sind. Ich glaube vielmehr er gehört zu denen, die durch Geschick und Weisheit, durch Gottesfurcht und Aufrichtigkeit, durch Risikobereitschaft und Fleiß den Grundstock für ihren Reichtum gelegt haben. Sein Reichtum hinderte ihn aber nicht daran, an Gott zu glauben, ihm zu vertrauen, sich vor ihm zu demütigen und nach seinem Willen und Gebot zu leben.
Andererseits sehen wir an dem Beispiel von Hiob aber auch, dass gottesfürchtige Männer nicht unbedingt und selbstverständlich reich sein müssen. Denn Hiob geriet eines Tages plötzlich in Not und Elend. Zunächst sieht es wirklich so aus, als ob er reich war, weil er Gott verehrte. Gott hat ihn gesegnet, seine Herden wachsen lassen und ihn vor Katastrophen bewahrt, weil Hiob ihm vertraute. Gott segnet Gehorsam, Vertrauen, Ehrlichkeit. Aber auch solch vorbildliche Männer wie Hiob können eines Tages alles verlieren und in große Not geraten, ohne dass sie sich von Gott losgesagt oder gegen ihn rebelliert hätten.
Hiob verlor all seinen Reichtum praktisch an einem Tag, dazu seine Kinder und seine Gesundheit. Mit den materiellen Gütern verlor er auch Macht, Einfluss und Ansehen. Für ihn und seine Freunde führte das zu einem großen Konflikt. Wie konnte Gott seinen Knecht, oder Diener, so im Stich lassen???
Das ist ja die Frage, die viele von uns auch heute haben. Es gibt sogar eine große Zahl von Christen, die behaupten, dass Gott uns immer Wohlstand, Gesundheit und Erfolg schenken muss, wenn wir seine Bedingungen erfüllen. Diese Einstellung ist unter dem Begriff »Wohlstandsevangelium« bekannt geworden. Bei dieser theologischen Richtung wird fast genauso argumentiert, wie bei den Freunden Hiobs. Für sie ist klar: Hiob hat gesündigt und deshalb geht es ihm schlecht. Das klingt doch plausibel.
Hier hat das »Wohlstandsevangelium« einen guten Ansatz.
1.- Es ermutigt uns, nach Gottes Regeln zu leben und einen gehorsamen, heiligen Wandel zu führen.
2.- Es zeigt und erwartet, dass man auch ohne Betrug und Ausbeutung reich werden kann, wenn man rechtschaffen lebt.
3.- Es lässt uns Großes von Gott erwarten. Er kann unmögliche Dinge tun, er ist stärker und weiser als wir und kann uns zu mehr verhelfen, als wir je mit unserer Kraft erreichen können.
4.- Es gibt Gott die Ehre für unser Wohlergehen. Jedenfalls sollte und könnte es so sein.
In Wahrheit steht aber doch oft der eigene Glaube, die eigene Frömmigkeit, das eigene Verdienst, die eigenen Werke im Vordergrund. Dann heißt es: »Wir sind reich geworden, weil Gott uns gesegnet hat, - aber er hat uns gesegnet, weil wir die Bedingungen erfüllt haben.« Also lag es doch an uns. –
Das Problem mit dem Wohlstandsevangelium ist, dass es auch Ausnahmen gibt. Gott ist nicht gezwungen, jeden unbedingt materiell zu segnen. Er ist souverän. Wir können keine Ansprüche an ihn stellen.
Vor diesem Hintergrund muss jedes Unglück, jede Krankheit, Verlust und Leid als eine Strafe Gottes gesehen werden. - Doch auch hierzu hat das Buch Hiob eine wichtige Erkenntnis beizusteuern. Was vor den Menschen wie ein Strafgericht Gottes aussah, hatte hier einen ganz anderen Grund. Darüber erfahren wir später mehr.
Eine besondere Bedeutung hat dieses Buch für mich durch folgende Tatsachen gewonnen:
1.- Es wurde in einer sehr dunklen Zeit geschrieben, als es noch wenig Gottesoffenbarung gab - und doch wusste Hiob schon erstaunlich viel über seinen Schöpfer.
2.- Dieses Buch enthält ein Rätselraten über Gottes Wesen und die Hintergründe seines Handels. Dieses Rätselraten hat bis heute nicht aufgehört.
3.- In diesem einmaligen Buch wird versucht, die Ursache von Leid zu erklären. Und schon allein diese Diskussion kann nützlich sein, uns zu neuen Erkenntnissen verhelfen und uns demütig halten.
Wir beten:
Herr, wir danken Dir für dieses Buch Hiob. Es hat schon vielen Menschen in ihrer Not und ihren Fragen geholfen. Gib, dass wir lernen und verstehen, wie wir uns den großen Geheimnissen des Lebens gegenüber verhalten sollen. Amen.
Rüdiger Klaue
... link
...bereits 1924 x gelesen
Der Prophet hat vieles zu sagen gehabt, was seinen Zeitgenossen gar nicht gefiel. Es gab Ungerechtigkeit und Gewalt im Volk, Betrug und Stolz. Amos hat es gesehen. Deutlich hat er den Einwohnern gesagt, was verkehrt war, und wie es sein sollte. Er hat Gottes Gesetz wieder ins Gespräch gebracht und es ausgelegt. Die Resonanz des Volkes war eher negativ: Gleichgültigkeit, Ausreden, freche Anschuldigungen und Angriffe.
Amos musste sich viel gefallen lassen und alle Arten Widerstand hinnehmen. Das brachte ihn aber nicht zum Schweigen. Mit Mut und Ausdauer verkündigte er dem Volk das Gericht und die geplanten Strafen Gottes. – Am Ende seines Buches nun hat er eine sehr positive Verheißung. Man kann es fast nicht glauben, dass nach all den Drohungen, Anklagen, Strafreden und Gerichtsankündigungen noch so viel Liebe und Erbarmen bei Gott ist. Er verspricht dem Volk großen Segen und eine herrliche Zukunft. „Ende gut, alles gut“ – kann man hier sagen.
Aber was war es eigentlich genau, was zu diesem guten Ende führte? Darüber wollen wir uns heute Gedanken machen.
Der Bibeltext:
(9,12) Die Leute von Israel werden dann den Überrest von Edom in Besitz nehmen und ebenso alle Nachbarländer, über denen einst mein Name ausgerufen wurde. Ich, der Herr, sage das und werde es auch tun.
(9,13) Es kommt eine Zeit - sagt der Herr -, da werden die Schnitter schon zur Ernte antreten, kaum dass der Pflüger seine Arbeit beendet hat, und an die Weinlese schließt sich sogleich die nächste Aussaat. Es wird so viele Trauben geben, dass ihr Saft die Berge und Hügel herabfließt.
(9,14) Dann werde ich für mein Volk alles wieder zum Guten wenden. Die Leute von Israel werden die zerstörten Städte wieder aufbauen und auch darin wohnen, sie werden Weinberge anpflanzen und den Wein davon trinken, werden Gärten anlegen und essen, was darin wächst. 15 Ich werde mein Volk wieder in das Land einpflanzen, das ich ihm gegeben habe, sodass es niemand mehr herausreißen kann.« Das sagt der Herr, euer Gott.
Was übrig blieb waren Trümmer und eine geschwächte Nation. Das waren die Folgen der Gesetzesübertretungen, der Korruption und eines Lebens ohne Gott. Was hat nun dazu geführt, dass der Prophet seinen Ton ändert, dass er Widerherstellung und Segen verspricht?
Was ist passiert, dass Gott nun doch am Ende seinem Volk einen Tag des Glückes und Segens verhießen kann? Zunächst einmal freuen wir uns über diese Wende zum Guten. Es war eine lange Wanderung des Volkes Israel von den ersten Tagen aus Abrahams Zeit an bis hierher. Viel war geschehen: Gutes und Trauriges.
Es hatte Zeiten der Sklaverei und der Unterdrückung gegeben, und dann eine von vielen Wundern begleitete Befreiung. Es gab Siege und Eroberungen aber auch Versagen und Niederlagen. Viele Menschen waren auf der Strecke geblieben, viel Land ging wieder verloren. Es kam zu Kämpfen mit den Nachbarvölkern und zu Streit und Ungerechtigkeit im eigenen Volk. Die Wanderung bisher war von viel Leid, Fehlern, Strafen und Katastrophen gekennzeichnet, von Gottes Belehrungen, Ermahnungen und Drohungen aber auch von Wundern, Gottes Beistand und Durchhilfe.
Nun sagt Amos: »Es kommt der Tag, an dem ich die verfallene Hütte Davids wieder aufrichten werde. Ich maure die Risse zu und ziehe die eingestürzten Mauern hoch, sodass das Haus Davids in alter Pracht wieder ersteht.“ –
Alles soll wieder gut werden. Die Schäden werden ausgebessert, die Mauer errichtet, die Paläste neu aufgebaut. Außerdem sollen die Felder so reichlich Frucht bringen, dass man fast nicht weiß, wohin mit den Erträgen. Es wird wieder Nahrung die Fülle geben und Wohlstand einkehren. Und Gott verspricht auch, Israel wieder sicher in seinen Grenzen wohnen zu lassen, wenn er sagt: „Ich werde mein Volk wieder in das Land einpflanzen, das ich ihm gegeben habe, sodass es niemand mehr herausreißen kann.« All diese Segnungen und guten Zusagen deuten auf eine bessere Zukunft für das Volk Israel hin. Vor allem sind sie aber auch ein Bild davon, was Gott am Ende der Zeiten für alle Menschen bereit hält, die zu ihm gehört haben.
In der ewigen Herrlichkeit wird es uns an nichts fehlen, wir werden sicher wohnen in dem Land, in der Stadt oder der Wohnung, die Gott für uns aus Liebe vorbereitet hat. Alle Mühen und Plagen, alle Ängste und Kämpfe, alle Sünden und Fehler sind dann vergessen. Der Tag des Herrn bringt die Veränderung.
Wir merken schon, dass die Veränderungen durch den HERRN geschehen werden. Er sagt: Es kommt der Tag, an dem ICH, die verfallene Hütte Davids aufrichten werde. ICH maure die Risse... ICH werde mein Volk wieder in das Land einpflanzen“. Was, oder besser WER die Geschichte Israels zu einem guten Ende führen wird, ist der Herr der ganzen Welt. Es sind nicht die Verdienste oder das Werk der Menschen, es ist nicht ihre Anstrengung, gute Planung oder Weisheit.
Auch wir werden nur durch Gottes Güte und Barmherzigkeit in die ewige Herrlichkeit gelangen. Nicht durch das Halten der Gebote, nicht durch unseren anständigen Lebenswandel, nicht durch unsere guten Werke und noch nicht einmal durch unseren Glauben und unser Gottvertrauen. Das ist hart einzusehen und kann leicht so verstanden werden, als ob wir an unserem Schicksal nichts ändern können, oder als ob der Himmel uns so oder so sicher ist. Das stimmt aber nicht. Es ist nicht unwesentlich, wie wir uns verhalten. Das galt auch für das Volk Israel. Die Gesetzesübertreter, die stolzen und egoistischen Bürger wurden durch die Plagen und Strafen Gottes in Leid gestürzt oder endeten in Gefangenschaft und Tod. Also kommt es doch darauf an, wie wir mit Gottes Gnade und Barmherzigkeit umgehen. Angesichts dieser kontroversen Argumente möchte ich noch einmal die Frage aufwerfen: Was hat zu dem guten Ende der Existenz Israels geführt?
Und da gibt es doch eine ganze Reihe Fakten. Was hat zu dem guten Ende geführt?
1.- Die Erwählung. Das Volk Israel war von Anfang an erwählt. Es war erwählt, den wahren Gott kennen zu lernen, seine Stimme zu hören, seine Gebote zu empfangen, seinen Willen zu erfahren und ihm im Tempel zu dienen. Gott hatte Pläne mit diesem Volk, die bis über das Ende der Zeit hinaus reichten. Israel sollte das Volk Gottes sein, an dem andere Völker sich orientieren und etwas über den Schöpfergott erfahren sollten. Mit diesem Volk handelte Gott auf ganz besondere Weise. Aus diesem Volk kamen die Propheten und schließlich auch Jesus, der Erlöser der Welt. Die Erwählung Israels war von Gott veranlasst und mit einem einseitigen, ewigem Bund festgelegt. In gewisser Weise war Gott verpflichtet, dieses Volk nicht fallen zu lassen oder auszurotten. Dieser Erwählung haben die Israeliten es zu verdanken, dass Gott sie zu einem guten Ende bringt.
2.- Dem Charakter Gottes. Dass Israel den Segen und die Herrlichkeit Gottes schauen wird, hat mit dem Charakter und der Treue Gottes zu tun. „Gott ist treu und was er zusagt, das hält er gewiss!“ So heißt es sehr treffend in Ps. 33, 4. Wäre Gott von seinem Wesen her nicht seinen Versprechen verpflichtet, so hätte Israel keine Chance gehabt. Denken wir nur einmal an das Goldene Kalb in der Wüste. Während der Herr dem Mose die 10 Gebote auf dem Berg Sinai gab, erwählte sich das Volk einen Götzen, ein Goldenes Kalb. Das wäre sicher ein guter Anlass gewesen, um diesen abtrünnigen Menschen die Freundschaft und den Bund aufzukündigen. Das hätte jedermann verstanden. Der Vertrag war einseitig von Israel gebrochen worden. Da bestand eigentlich für Gott auch keine Verpflichtung mehr, sich an seine Versprechen zu halten.
Und doch bleibt der Herr seinen Verheißungen treu.
Es gab noch viele solcher Momente in der Geschichte seines Volkes, wo Gott mit Fug und Recht seine Zusagen hätte zurücknehmen können. Aber weil der Herr treu ist, kam Israel in den Genuss all dieser Segnungen. Und weil Gott treu ist, können auch wir uns darauf verlassen, dass Gott seine Versprechen an uns wahr machen und uns ewiges Leben schenkt wird. Sein Charakter, sein Wesen lässt es nicht zu, dass er etwas verspricht und dann nicht hält.
3.- Die disziplinarischen Maßnahmen. Gott hat es schwer gehabt mit seinem Volk. Es war widerspenstig, ungehorsam, untreu und verfiel immer wieder in Unmoral und Sünde. Wie mit einem kleinen Kind musste Gott mit ihm umgehen. Er musste es belehren, erinnern, ermutigen, ermahnen, warnen und ihm drohen. Wir haben den Eindruck, als ob diese disziplinarischen Maßnahmen spurlos an dem Volk vorüber gingen. Aber das war nicht so. Immer wieder finden wir in der Bibel Berichte von Erweckungen, von Buße und Umkehr.
Es gab Zeiten und Umstände, wo einzelne Personen, ganze Städte oder Gegenden auf Ermahnung, Belehrung und Warnung reagierten. Da fällt mir gleich der König David ein. Nach seinem Vergehen mit der Frau des Uria sandte Gott ihm einen Propheten, der ihn auf seine Sünde und die Strafe hinwies. Daraufhin hat sich der König tief gebeugt, seine Schuld bekannt und seine Beziehung zu Gott erneuert. Unter Schriftgelehrten Esra, dem König Josia und auf den Dienst des Propheten Jona in Ninive hin geschahen Buße und Umkehr zu Gott. Immer wieder wurden Menschen und Völker vor dem Verderben bewahrt, weil sie sich von den Erziehungsmaßnahmen Gottes korrigieren ließen.
4.- Auch die Gerichte und Strafen Gottes haben sicher dazu beigetragen, dass ein Rest des Volkes in die Herrlichkeit Gottes eingehen durfte. Ja, es stimmt, Gott hat sein Volk auch gestraft. Er hat Plagen und Katastrophen, Missernten, Krankheiten, Kriege und Gefangenschaft gesandt. Darunter haben viele Menschen gelitten und große Teile des Volkes gingen zugrunde. Aber auch die Strafen haben dazu beigetragen, dass ein Rest gerettet wurde.
Ich denke da nur an die babylonische Gefangenschaft. Gott hatte Jerusalem durch die Feinde vernichten und das Volk wegen seiner Untreue und seines Götzendienstes in die Gefangenschaft führen lassen. Da saßen die Israeliten nun 70 Jahre im fremden Land und wurde wie Sklaven behandelt. Aber schließlich erkannten sie die Ursache für diese Situation und änderten ihre Einstellung. Seit dieser Zeit war das Volk von Götzendienst und Untreue gegen Gott geheilt. Das Gericht Gottes hatte sie geläutert und ihren Sinn geändert. Freilich war das nicht immer so. Es gab Strafen bei denen die Menschen sich verhärteten. Sie verfluchten Gott und wurden erst recht rebellisch und trotzig. Aber wo die Strafe anschlug, da führte sie zur Reinigung, Umkehr und Erweckung.
Was hat Israel zu einem guten und segensreichen Ende gebracht? Es war eigentlich eine Mischung von verschiedenen Zutaten: Da war z.B. ihre Erwählung und die Treue Gottes, die disziplinarischen Maßnahmen und die Strafen und Gerichte, die schließlich zu einem guten Ende führten.
5.- Aber ich möchte noch eine wichtige Zutat erwähnen, nämlich das Blut. Ohne das Blut konnte kein Israelit gerettet werden! Und ohne das Blut kann überhaupt kein Mensch auf der Erde in die ewige Herrlichkeit Gottes gelangen.
Im Alten Testament hatte Gott angeordnet, dass Tiere stellvertretend für den Menschen sterben mussten oder konnten. Ein Israelit konnte deshalb Vergebung bekommen und dadurch zu ewigem Leben gelangen. Das ging aber nur, wenn ein Tier an seiner Stelle für ihn starb. Schuld musste nämlich bezahlt werden und zwar mit dem Leben. Egal welche Schuld, egal wie viel Schuld, egal wie groß und grässlich die Schuld war. Es ist bei Gott nicht möglich, Sünde einfach so zu vergeben – sie muss bezahlt, gebüßt werden. Und Schuld hatten alle Israeliten. Deshalb brauchten sie alle das Blut.
Auch wir brauchen das Blut, denn alle Menschen sind Sünder und schuldig vor Gott. Warum müssen wir denn dann keine Tiere mehr opfern oder mit unserem eigenen Blut bezahlen? Die Gute Nachricht ist, dass Jesus für uns mit seinem Leben bezahlt hat. Er ist einen stellvertretenden Tod für uns gestorben. Er hat die Strafe getragen, die Schuld bezahlt und wir sind frei. Dadurch können auch wir in die ewige Herrlichkeit gelangen.
Es wäre aber nicht ganz ehrlich, wenn ich mit diesem Gedanken schließen würde. Nicht alle Menschen kommen nämlich in den Himmel, auch wenn Jesus für alle die Schuld bezahlt hat. Gott erwartet nun von uns eine Reaktion, er möchte uns nicht ohne unseren Willen in den Himmel drängen. Und da kommt die letzte Zutat zum Tragen.
6.- Der Glaube. Wenn wir in die Geschichte Israels schauen dann sehen wir, dass nicht alle Leute das Blut in Anspruch genommen haben. Es gab Zeiten, wo überhaupt keine Opfer mehr gebracht wurden. Nicht, weil es nicht mehr nötig war, sondern weil sich das Volk so weit von Gott entfernt hatte, dass es kein Gespür mehr für Sünde und die Notwendigkeit der Errettung besaß. Obwohl die Menschen die Möglichkeit hatten, das Blut eines Opfertieres zur Bezahlung der Schuld vor den Altar zu gießen, taten sie es nicht. Sie reagierten nicht mit Glauben sondern mit Gleichgültigkeit, Ablehnung, Stolz und Rebellion. Mit solch einer Einstellung konnten sie nicht gerettet werden. Die Reaktion, die Gott auf sein Angebot der Vergebung erwartet ist –
Glaube. In diesem Wort ist vieles enthalten: Vertrauen, Respekt, Ehrfurcht, Gehorsam, Hingabe, Liebe... Schließlich war es Glaube, der einen Teil der Israeliten sicher in ihr Land brachte, aus dem sie nie mehr ausgerissen werden. Und so ist es auch heute: nur wer auf Gottes Treue, auf seine Erziehungsmaßnahmen und seinen Heilsweg mit Glauben reagiert, kann auf ewig in dem herrlichen Land bei Gott leben.
Es ist sehr schön, dass dieses Buch Amos mit seinen vielen traurigen Umständen und den Gerichtsandrohungen nun doch mit so einem positiven Ausblick endet.
Wir beten:
Vater im Himmel, wir danken Dir, dass Du Deinen Sohn Jesus Christus auf die Erde gesandt hast, um für unsere Schuld zu sterben. Wir danken Dir, dass wir dadurch ewiges Leben in Herrlichkeit bekommen können. Zeige uns nun bitte, wie wir richtig glauben können. Amen.
Rüdiger Klaue
... link
...bereits 2134 x gelesen
Wie oft sind Menschen von ihren Hoffnungen und Erwartungen enttäuscht worden. Sie meinten: so etwas würde ihnen nicht zustoßen - und dann traf es sie doch. Manche hatten sogar gute Gründe, weshalb sie dachten, dass sie keinen Unfall haben, oder keinen Herzinfarkt bekommen würden. Andere haben sich da eher auf ein vages Gefühl, auf das Glück, auf ihren Glauben oder eine starke Hoffnung verlassen. Und wirklich, oft ist alles gut gegangen. Sie sind noch einmal davon gekommen. Die tödliche Krankheit hat sie nicht befallen, der Krebs konnte behandelt und geheilt werden. Es ist noch einmal gut geworden. Doch irgendwann ist dann doch der Moment gekommen, wo das Unglück nicht vorüber geht, die Krankheit nicht geheilt wird.
Was in diesem Leben gilt, gilt auch für die Ewigkeit. Die meisten Menschen erwarten doch, dass es nach dem Tode schon irgendwie glücklich weiter gehen wird. Sie haben zwar keine handfesten Gründe für diese Annahme, aber sie vertrauen auf ihre guten Werke und hoffen auf die Gnade Gottes. Es wird schon alles gut gehen. Und vielleicht stimmt das mit dem Himmel und der Hölle ja auch gar nicht und nach dem Tod ist doch sowieso alles aus? Eine zu optimistische, unbegründete Hoffnung, ein selbst erfundener Glaube oder eine falsche Vorstellung von Gott halten jetzt schon viele Menschen davon ab, sich ernsthaft mit der Ewigkeit zu beschäftigen.
Genau dieses war auch der Fehler des Volkes Israel. Auf die Warnungen und Drohungen des Propheten Amos reagierten sie mit den Worten: „Du Herr wirst kein Unglück an uns heran kommen lassen.“
Der Bibeltext:
(9,7) Der Herr sagt: »Meint ihr Israeliten, ihr wärt in meinen Augen etwas Besseres als die Leute von Kusch, die am Ende der Welt wohnen? Gewiss, ich habe euch aus Ägypten herausgeführt, aber ebenso die Philister aus Kreta und die Syrer aus Kir.
(9,8) Ich, der Herr, der mächtige Gott, sehe genau, was man in Israel, diesem verdorbenen Königreich, treibt. Deshalb lasse ich es spurlos von der Erde verschwinden. Aber ich werde die Nachkommen Jakobs nicht völlig ausrotten, das verspreche ich, der Herr.
(9,9) Ich werde den Befehl geben, sie zu sichten. - Das wird geschehen, wenn sie unter alle Völker zerstreut werden. - Die Schuldigen werden ausgesiebt, so wie man verunreinigtes Korn im Sieb schüttelt, bis nur noch die Steine zurückbleiben.
(9,10) Alle, die jetzt so selbstsicher sagen: Du, Herr, wirst kein Unglück an uns herankommen lassen, werden dann durch das Schwert des Feindes umkommen.«
Ich möchte mir in diesem Zusammenhang noch einmal die Argumente der Israeliten anschauen, mit denen sie sich vor Gott rechtfertigten und auf Errettung hofften. Viele dieser Ansichten treffen auch auf uns und unsere Mitmenschen heute zu.
Worauf also könnten sich die Israeliten in ihrer Hoffnung auf Bewahrung und Errettung berufen?
1.- auf ihre Sonderstellung. In einem Zwiegespräch fragt der Herr durch Amos: »Meint ihr Israeliten, ihr wärt in meinen Augen etwas Besseres als die Leute von Kusch, die am Ende der Welt wohnen?“ – Ja das genau meinten die Israeliten. Sie wussten um ihre Berufung als auserwähltes Volk. Sie sahen den Tempel, die Priester und die Reihe mächtiger und weiser Könige. Gott, der Schöpfer und Herr der Welt sprach zu ihren Propheten, gab ihnen Versprechen und wunderbare Zusagen für die Zukunft.
Ja, sie hatten eine Sonderstellung. Kein anderes Volk war seinem Gott so nah und hatte so viel Segen empfangen, mit keinem anderen redete Gott. Trotzdem war diese Sonderstellung keine Garantie dafür, dass Israel nicht für seine Sünden bezahlen musste. Israel war erwählt, das Volk Gottes! Es war deswegen aber nicht besser als die Leute von Kusch oder irgendwelche anderen Völker jener Zeit - oder unserer heutigen Zeit. Seine Erwählung war Gnade, nicht Verdienst.
Es ist ja sehr verständlich, dass wir Menschen uns mit anderen Völkern und Kulturen vergleichen. So, wie die Lage heute in der Welt ist, schneiden wir dabei recht gut ab. Bei uns herrscht Friede und Wohlstand, Sicherheit und Fortschritt. Niemand braucht zu hungern, im Krankheitsfall wird für uns gesorgt, unsere Wirtschaft blüht. Wenn wir uns mit manchen Völkern Afrikas, Indiens, Südamerikas oder Asiens vergleichen könnten wir meinen, wir hätten eine Sonderstellung bei Gott. Wir sind gewissermaßen seine Lieblinge und brauchten nichts von ihm zu fürchten.
Seinem überheblichen Volk lässt Gott aber durch Amos sagen: „Ich, der Herr, der mächtige Gott, sehe genau, was man in Israel, diesem verdorbenen Königreich, treibt. Deshalb lasse ich es spurlos von der Erde verschwinden.“ – Die Sonderstellung Israels wird es nicht vor der Strafe für seine Sünden bewahren. Im Gegenteil: die Sonderstellung macht ihre Verfehlungen nur um so schlimmer – und damit auch die Strafe um so härter. Das wird auch heute allen Menschen so gehen, die aufgrund irgendwelcher charakterlicher, moralischer oder religiöser Vorzüge meinen, eine Sonderstellung zu haben und Gott sie deshalb vor Strafe bewahren wird.
2.- Das Volk könnte sich auf sein Gottvertrauen berufen. Immerhin zeigt doch der Satz: „ Du, Herr, wirst kein Unglück an uns herankommen lassen,“ ein gutes Maß an Gottvertrauen. Die Menschen glaubten an Gott, sie zweifelten seine Existenz nicht an. Sie redeten sogar mit ihm. Und aus ihrer Antwort spricht das tiefe Vertrauen, dass Gott ihnen kein Unglück schicken wird. Solch ein Vertrauen muss Gott doch gefallen und ehren. Schon allein deswegen dürfte er doch das Volk jetzt nicht enttäuschen. Eine Strafe, ein Gericht könnte doch leicht das ganze wertvolle Gottvertrauen mit einem Schlag zerstören. –
Aber Gott lässt ihnen ganz souverän mitteilen: „Alle, die jetzt so selbstsicher sagen: Du, Herr, wirst kein Unglück an uns herankommen lassen, die werden dann durch das Schwert des Feindes umkommen.« Es ist nicht fehlender Glaube und Gottvertrauen, dass die Menschen ins Verderben bringt, sondern vielmehr ein ungerechtfertigter Glaube, der sie in einer falschen Sicherheit wiegt. Gott erwartet und verlangt von uns Menschen Vertrauen und Glaube, ohne die wir nicht vor dem Gericht bewahrt werden. Aber der Glaube muss sich auf Jesu vollendetes Erlösungswerk gründen. Ein allgemeiner Glaube, der nicht auf Jesus und auf Gottes Verheißungen gegründet ist, kann uns nicht retten.
3.- Israel glaubte also es könnte dem Gericht entgehen, weil es eine Sonderstellung bei Gott hatte, oder weil es ein gewisses Gottvertrauen hatte. Der Prophet sagt aber deutlich und ganz spezifisch, dass diese Argumente nicht zählen und das Volk nicht retten werden. Nun könnte sich das Volk ja noch auf seine Gerechtigkeit und seinen Gehorsam gegen Gott berufen. Wenn Israel so selbstsicher sagt: „Der Herr wird kein Unglück an uns herankommen lassen!“ - dann schwingt da eben auch eine gewisse Selbstgerechtigkeit mit. Es klingt so, als würden die Leute sagen: „Da ist überhaupt kein Grund, dass Gott uns bestrafen müsste. Wir sind immer gerecht gewesen, haben die Gebote befolgt, und den Gottesdienst gepflegt, so wie es uns befohlen war.“
Der Gedanke ist grundsätzlich nicht verkehrt. Gott bestraft keine Unschuldigen. Der Gerechte braucht Gottes Zorn nicht zu fürchten. Nur den Übeltätern, den Korrupten und Sündern droht Gericht und Verurteilung. Allerdings gibt es bei dieser Argumentation zwei Probleme: Erstens war Israel nicht unschuldig und gerecht. Da waren viele Übertretungen im Volk, da waren Betrug, Unterdrückung, Ausbeutung und Gewalt in der Gesellschaft. Die Gottesdienste, die formell gehalten wurden, waren leer und eine Lüge und Beleidigung Gottes. Das war die Wahrheit, aber das Volk war blind geworden für seine Verfehlungen. Es hatte sich auch so weit von Gott entfernt, dass es den Willen und die Gebote seines Herrn nur sehr verschwommen wahrnahm oder ganz vergessen hatte.
Zweitens ist es für keinen Menschen möglich, aufgrund seiner Gerechtigkeit in den Himmel zu kommen. Keiner ist unschuldig vor Gott, alle haben gesündigt und die Gebote Gottes auf die eine oder andere Art übertreten. Der einzige Weg, um vor der Hölle bewahrt zu werden ist, die Sünde einzugestehen und die Vergebung durch Jesus anzunehmen. Erst wenn das geschehen ist, können wir damit rechnen, vor dem Gericht bewahrt zu werden. Selbstgerechtigkeit kann keinen Menschen retten auch wenn sich heute so viel Mitbürger auf ihre Moral und ihren respektablen Lebenswandel berufen – sie werden enttäuscht werden.
4.- Israel hätte sich mit Recht auf Gottes Verheißungen berufen können. Seitdem Gott Abraham zugesagt hatte, ihn zu segnen und ihn zu einem großen Volk zu machen, hat der Herr immer wieder Gutes für die Zukunft versprochen. Selbst wenn das Volk ungehorsam und rebellisch war, hat Gott ihm Vergebung, Erlösung, Segen und eine Herrlichkeit verheißen. Also hatten die Israeliten schon eine gewisse Berechtigung zu sagen: „Der Herr wird kein Unglück an uns herankommen lassen – wir haben ja doch all die wunderbaren Verheißungen.“
Woran das Volk vielleicht nicht gedacht hatte war, dass die meisten Verheißungen Gottes auch an eine Bedingung geknüpft sind. Durchaus nicht alle Menschen kommen einfach so in den Genuss der wunderbaren Zusagen Gottes. Da muss schon eine gewisse Wertschätzung für diese Segnungen sein, eine Bereitschaft, ja ein Verlangen, sie zu bekommen. Wer Gottes Wort nicht ernst nimmt, wer dem Herrn nicht glaubt, kann nicht erwarten, dass Gott ihm die Segnungen aufzwingt.
Auch wir können uns nicht einfach die Rosinen aus dem Kuchen picken und sagen: „Das Unglück wird uns nicht treffen, Gott hat den Menschen ja den Himmel versprochen.“ Du kannst nur auf die Verheißungen der Bibel zählen, wenn Du auf die Bedingung zu deren Erfüllung eingehst. Im Neuen Testament heißt es sehr klar und einfach: „Wer den Namen des Herrn anrufen wird, der soll gerettet werden.“ – Da hast Du in knappen Worten, welches die Bedingung zum Heil ist.
5.- Vielleicht hätte sich Israel noch auf seinen Optimismus und seine unerschütterliche Hoffnung berufen können. Das ist ja etwas, was viele unserer Mitmenschen auch tun. Wenn sie erst gar kein anderes Argument mehr haben, dann sagen sie: „Ich bin ein Optimist, ich denke immer positiv und gebe die Hoffnung nicht auf.“ Eigentlich ist das eine gute Einstellung, besser jedenfalls, als wenn man immer nur das Negative, das Unglück, die Drohung und Gefahr sieht. Menschen mit einer optimistischen Einstellung sind angenehmer und verbreiten Mut und Hoffnung. Aber leider kann uns die Hoffnung nicht vor dem Untergang gewahren. Die Israeliten sagten:„Du, Herr, wirst kein Unglück an uns herankommen lassen.“ Das zeugte doch von Optimismus und Hoffnung. Aber Gottes Antwort ist: „Ihr werdet doch durch das Schwert des Feindes umkommen.«
Ein Christ darf immer Hoffnung haben, so dunkel und hoffnungslos die augenblickliche Lage auch ist. Am Ende des Lebens steht das Tor zur Herrlichkeit. Solange die Hoffnung einen festen Grund und eine göttliche Zusage hat, wird alles gut werden. Aber eine leere, unbestimmte Hoffnung, nur so auf Verdacht, wird nicht belohnt werden.
Alle diese Argumente haben ihren Wert, wenn der Mensch wirklich sein Leben auf das Wort Gottes und auf das vollbrachte Erlösungswerk Jesu gründet. Wo das nicht geschieht, sind ein unbestimmter Glaube, eine unbegründete Hoffnung, eine trügerischen Selbstgerechtigkeit oder eine vermeintliche Sonderstellung nicht tragfähige Fundamente. Und wer da nicht wirklich Klarheit von Gott und eine Gewissheit hat, der wird eines Tages furchtbar enttäuscht werden.
Bleibt vielleicht noch die Frage: Wie können wir wissen, dass wir uns nicht irren. Wie können wir sicher sein, dass wir vor dem Verderben sicher sind?
Wer da ehrliche Zweifel hat, der kann folgendes tun:
1.- sich an Gott wenden mit dem Bekenntnis: ich weiß nicht ob ich den richtigen Grund unter den Füßen habe, ob ich damit rechnen kann, dass Du Herr, mich erlöst.
2.- seine Schuld und Verlorenheit anerkennen und zugeben.
3.- Gott einfach um Vergebung und Errettung bitten. Es geht nicht darum, uns anzustrengen mehr zu glauben, besser zu werden, weniger zu sündigen oder optimistischer zu sein. Die Bibel sagt: „Wer den Namen des Herrn anrufen wird, der soll gerettet werden.“
Das sind die richtigen Grundlagen: der Herr Jesus und sein Erlösungswerk, seine Verheißungen für uns und unsere Aktion, ihn anzurufen. Alle, die diese Voraussetzungen erfüllen, können mit völliger Gewissheit und gutem Grund sagen: „Du, Herr, wirst kein Unglück an uns herankommen lassen“
Wir beten:
Herr Jesus, wir danken Dir heute, dass Du unsere Schuld und Strafe auf Dich genommen hast, damit wir vor dem Verderben bewahrt bleiben. Nun mache Du alle unruhig, die diesen festen Glaubensgrund nicht haben, stärke diejenigen, die sich mit Recht auf Deine Herrlichkeit freuen dürfen, und lass heute noch Menschen von der Ungewissheit zur Klarheit und Überzeugung ihres Heils kommen. Amen.
Rüdiger Klaue
... link
...bereits 1325 x gelesen
Aus den Worten des Propheten spricht Ärger, Zorn, Entrüstung über die Einstellung und das Verhalten der Menschen, die zum Volk Gottes gehören. Er ist frustriert, enttäuscht und empört über das, was da vor seinen Augen an Ungerechtigkeit, Bosheit, Gewalt und Undankbarkeit geschieht.
Dabei fühlt er sich so machtlos und schwach, unfähig hier etwas zu ändern. Keiner hört auf ihn, keiner nimmt ihn ernst, keiner zeigt sich betroffen oder reagiert in irgendeiner Weise auf die Anklagen und Drohungen. Eine Zeitlang kann der Prophet vielleicht an sich halten und in Liebe und Geduld auf das Volk einreden. Aber dann kommt der Moment, wo die Langmut ihren Höhepunkt erreicht hat. Was darauf folgen muss, sind Taten, harte Strafen, Gericht und Vernichtung. Das ist jetzt geschehen. Gott lässt dem Volk durch Amos sagen: Niemand wird sich retten können, niemand mit dem Leben davonkommen.“ –
Der Bibeltext:
(9,2) Selbst wenn sie sich in der Totenwelt vergraben, ich werde sie von dort zurückholen; selbst wenn sie in den Himmel hinaufsteigen, ich werde sie von dort herunterholen.
(9,3) Verstecken sie sich auf dem Berg Karmel, so werde ich sie auch dort ausfindig machen; verbergen sie sich auf dem Meeresboden, so befehle ich der Seeschlange, sie zu beißen.
(9,4) Und wenn sie von ihren Feinden in die Verbannung geführt werden, lasse ich sie dort mit dem Schwert umbringen. Ich behalte sie im Auge, aber nicht, um ihnen zu helfen, sondern um sie zu vernichten.«
(9,5) Der Herr, der Herrscher über die ganze Welt: berührt er die Erde, so bebt sie, sie hebt und senkt sich wie der Nil in Ägypten, und überall trauern ihre Bewohner um die Opfer, die unter den Trümmern begraben sind.
(9,6) Er hat über der Erde das Himmelsgewölbe errichtet und sich droben im Himmel seine Wohnung gebaut. Er ruft das Wasser aus dem Meer und lässt es auf die Erde herabregnen. »Herr « ist sein Name! –
Gott ist also erzürnt über das Volk. Er will es vernichten und ausrotten. Wohin auch immer die Leute vor seinem Zorn flüchten, er wird sie aufspüren und töten. Im Vers 2 von Kapitel 9 sagt er „Selbst wenn sie sich in der Totenwelt vergraben, ich werde sie von dort zurückholen; selbst wenn sie in den Himmel hinaufsteigen, ich werde sie von dort herunterholen.“
Und in Vers 4 „Ich behalte sie im Auge, aber nicht, um ihnen zu helfen, sondern um sie zu vernichten.« Gott ist scheinbar sehr erregt und zornig über sein Volk. Aber warum ist der Herr so entschlossen solch eine furchtbare Strafe anzuwenden? Die Antwort ist mehrteilig und hat in der Vergangenheit Israels seine Wurzeln.
Gott ist erzürnt über sein Volk weil er sich
1.- diesem Volk auf besondere Weise offenbart hat. Die Bibel ist nicht ein Buch, das aus menschlicher Weisheit und Überlegung entstanden ist. Es ist nicht so, dass weise Männer nachgedacht, philosophiert oder meditiert und dann ihre Erkenntnisse und Einsichten über Gott als eine Lehre zusammengefasst hätten.
Die Bibel ist auch nicht nur ein Geschichtenbuch oder ein Moralkodex, der von begnadeten Führern erstellt worden sei. Was uns die Bibel über Gott wissen lässt, sind Offenbarungen Gottes. Viele Dinge, wie z.B. die Entstehung der Erde und des Menschen in der Vergangenheit, oder auch das Ziel mit der Schöpfung und die Zukunft können wir niemals durch Forschung, Wissenschaft oder Berechnung klären.
Es gibt nur einen Weg, das zu erfahren und das ist die Offenbarung Gottes. Der Schöpfer lässt uns durch seine Boten mitteilen, wie es in grauer Vorzeit zur Entstehung der Erde kam. Dann offenbart Gott sich auch selbst uns Menschen: seinen Charakter, sein Wesen, seinen Willen und seine Pläne. Ohne die Offenbarung Gottes in der Schrift könnten wir immer nur herumrätseln, ob Gott existiert, wie er ist und was er will. Wer die Offenbarung Gottes nicht annimmt, ihr nicht glaubt, der wird sein Leben lang suchen und im Dunkeln tappen. Nirgends sonst wird er Antwort auf seine letzten Fragen finden. Es ist eine große Gnade und ein Vorrecht, dass der Herr der Welt sich den Menschen offenbart und sich ihnen mitteilt.
Nun hat Gott sich nicht wahllos irgendwelchen Personen auf diesem Erdenrund offenbart. Er erwählte dazu anfänglich einzelne Männer und Frauen und später ein ganzes Volk. Das begann mit Adam und Eva, zu denen Gott von Angesicht zu Angesicht sprach. Später erwählte er Abraham und seine Nachkommen, das Volk Israel. Alle Gottesoffenbarungen in der Bibel sind uns durch Nachkommen Abrahams übermittelt worden.
Gott hatte ein Volk erwählt, mit dem er reden und dem er sich offenbaren wollte. Das war doch eine ganz besondere Stellung, auf die Israel mit Demut, Dank und Treue hätte antworten sollen. Aber so war es nicht. Israel hat sich immer wieder von Gott abgewandt. Es hat seine Verantwortung als Vermittler der Erkenntnis vernachlässigt und damit Gott zutiefst entwürdigt und beleidigt. Nun will Gott das nicht länger hinnehmen und lässt durch Amos, die Vernichtung dieser treulosen und verräterischen Gesellschaft ankündigen. –
Trotz der Untreue des Volkes sind aber die Offenbarungen Gottes bis zu uns heute durchgedrungen. Wir tun gut daran, sie vorsichtig und verantwortlich zu verwalten und nicht dem Beispiel Israels zu folgen.
2.- Gott ist erzürnt, weil er seinem Volk immer wieder viel Gutes erwiesen hat und dafür nur Undank erntet. Er hat Abraham reich und mächtig werden lassen, er hat dessen Sohn und seine Familien vor einer Hungersnot bewahrt und ihnen Nahrung und Sicherheit in Ägypten verschafft, er hat den ganzen Stamm durch die Wüste wieder in ihre Heimat geführt...
Ich will jetzt nicht die ganz Geschichte Israels nachzeichnen, aber wir finden Wunder über Wunder und machtvolles Eingreifen Gottes, wenn es um die Bewahrung und Erhaltung seines Volkes geht. Güte und Barmherzigkeit, Schutz und Segen und viel Zuwendung und Liebe hat das Volk durch Gott erfahren. All das haben die Leute um Amos herum scheinbar vergessen. Sie sind nicht nur undankbar, sondern auch habgierig, herrschsüchtig, hartherzig und lieblos geworden. Das Volk beutet sich gegenseitig aus, reißt an sich, was ihm nicht zusteht und missachtet die Gebote. Das Vertrauen, der Respekt und Liebe zu ihrem Gott sind gänzlich verschwunden. Darüber ist Gott nicht nur betrübt, sondern es macht ihn zornig. Bevor diese Menschen ihm noch weiter den Ruf verderben und ihm Schande bereiten wird er sie vernichten müssen.
3.- Gott ist erzürnt, weil er seinem Volk schon oft seine Fehler vergeben hat, aber keine Besserung sieht. Die Geschichte Israels ist die Geschichte der Erwählung eines Volkes, es ist die Geschichte der Führungen und Wohltaten Gottes, es ist aber auch eine Geschichte des menschlichen Versagens. Ich nehme an, dass Gott von Anfang an gewusst hat, dass der Mensch gefallen und verdorben ist.
So betrübt der Herr darüber war, so hat er doch auch damit gerechnet. Er erwartete sicher nicht Vollkommenheit, Perfektion und Sündlosigkeit. Die Biographien aller großen Gottesmänner, von Abraham über Jakob, Josef, Mose, Josua, Samuel, David, Salomo und wie sie alle hießen, zeigen es: Alle hatten ihre Fehler und Sünden. Damit kann Gott sicher leben, solange die Menschen demütig und bußfertig sind, ihr Versagen einsehen und bei Gott Wiederherstellung und Rechtfertigung suchen.
Manche Könige, Priester und Propheten mussten sich schon in der Vergangenheit vor Gott wegen ihrer Schuld beugen und um Vergebung bitten. Es war zwar schmerzlich für alle Beteiligten, aber es brachte auch wieder Versöhnung und neuen Frieden mit Gott. Einige dieser Glaubensväter kamen mit wirklich erschreckenden Verfehlungen zu Gott, mit großen Sünden und schweren Vergehen. Aber Gott hat sie wieder hergestellt und sie haben sich noch vorbildlich bewährt.
Andere kamen vielleicht mit kleineren Übertretungen, aber sie kamen immer wieder und immer wieder. Sie waren einfach schwach und konnten ihre Neigungen nicht besiegen und den Versuchungen nicht widerstehen. Die Geduld Gottes wurde auf eine harte Probe gestellt. Aber solange die Sünder reumütig zu Gott kamen, fanden sie auch Vergebung und Wiederherstellung. Die Geschichte des Volkes Israel zeigt auch deutlich die nahezu unerschöpfliche Geduld, Gnade und Vergebensbereitschaft Gottes. Die Zeitgenossen des Amos hatten bisher alle von der Langmut und Freundlichkeit Gottes profitiert. Doch jetzt wollten die Menschen nicht mehr ihre Fehler einsehen und sich vor Gott beugen. Sie waren selbstgerecht und unabhängig geworden – und das machte Gott so zornig, dass er sie mit einem Schlag vernichten wollte.
4.- Gott ist erzürnt, weil er sich diesem Volk offenbart hat, und das Volk doch seinen Willen missachtete, weil er ihm immer viel Gutes erwiesen hat, und das Volk doch undankbar und habgierig war, weil er ihm schon viele Fehler vergeben hat und das Volk doch kein Vertrauen und keine Liebe zu Gott zeigt. und nun ist er auch erzürnt, weil das Volk seine Warnungen und Rufe zur Umkehr nicht beachtet.
Schon lange war der Herr unzufrieden mit dem Betragen der Bürger Israels. Es mangelte an Liebe und Gehorsam, an Glaube und Vertrauen, an Mitleid mit den Armen und an Gerechtigkeit im Volk. Sogar die Führer, die Fürsten und Priester waren korrupt. Gott hat das gesehen und es hat ihn geschmerzt. In dem Bemühen, eine Veränderung der Lage zu erreichen, hat Gott dann seine Propheten zu den Menschen geschickt. In ihren Botschaften beschrieben sie den Abfall, die Gesetzlosigkeit und Verdorbenheit der Gesellschaft. Sie erinnerten an die Gebote, Verordnungen und Gesetze, die das Volk durch Mose empfangen hatte. Und schließlich drohten die Propheten dann auch mit Gericht und Strafen, mit Krieg, Katastrophen, Verbannung und Vernichtung. Alle liebevollen, gut gemeinten und alle harten und drohenden Worte zeigten aber keine Wirkung mehr im Israel zur Zeit des Amos.
Das erzürnt den Herrn dermaßen, dass er jetzt handeln wird, wie der Prophet im Vers 1 von Kap 9 sagt: „Niemand wird sich retten können, niemand mit dem Leben davonkommen.“ Und in Vers 2-4: „Selbst wenn sie sich in der Totenwelt vergraben, ich werde sie von dort zurückholen; selbst wenn sie in den Himmel hinaufsteigen, ich werde sie von dort herunterholen. Verstecken sie sich auf dem Berg Karmel, so werde ich sie auch dort ausfindig machen; verbergen sie sich auf dem Meeresboden, so befehle ich der Seeschlange, sie zu beißen. Und wenn sie von ihren Feinden in die Verbannung geführt werden, lasse ich sie dort mit dem Schwert umbringen. Ich behalte sie im Auge, aber nicht, um ihnen zu helfen, sondern um sie zu vernichten.« -
Gott ist entrüstet, weil sein Volk die Warnungen und Drohungen nicht hören und darauf reagieren will. Deshalb muss er es jetzt vernichten. Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen und seine Macht und Autorität zu beweisen sagt er noch in Vers 5 Der Herr, der Herrscher über die ganze Welt: berührt er die Erde, so bebt sie, sie hebt und senkt sich wie der Nil in Ägypten“ und in Vers 6 „Er hat über der Erde das Himmelsgewölbe errichtet und sich droben im Himmel seine Wohnung gebaut. Er ruft das Wasser aus dem Meer und lässt es auf die Erde herabregnen. »Herr « ist sein Name!“
Wenn wir auf unser Leben und unser Volk schauen, dann müssen wir sagen: Gott hat mit uns ähnlich gehandelt wie mit Israel: Er hat sich uns offenbart durch sein Wort, er hat uns viel Gutes erwiesen und mit unseren Sünden und Fehlern viel Geduld gehabt. Er hat uns gewarnt durch seine Boten und uns durch Katastrophen und Kriege wachgerüttelt und nun erwartet er, dass wir darauf reagieren und ihm den gebührenden Respekt und Gehorsam entgegen bringen. Dann ist er auch bereit, uns wieder zu vergeben und uns mit sich zu versöhnen.
Wir beten.
Danke, Herr für alles Beweise Deiner Liebe in unserem Leben. Danke für Deine Boten, ihre Ermahnungen und Warnungen. Wir wollen ein offenes Herz haben für Dich und uns Dir wieder ganz zuwenden. Amen.
Rüdiger Klaue
... link
...bereits 1559 x gelesen
Wir können uns das heute gar nicht vorstellen, dass Menschen danach hungern werden, ein Wort Gottes zu hören. Noch ist es ja so, dass der größte Teil unserer Gesellschaft nichts von Gott wissen will. Im besten Fall sind unsere Bürger gleichgültig dem christlichen Glauben gegenüber. Schlimmer ist es, wenn sie zu Zauberern, Wahrsagern, Schamanen, Geistern und Horoskopen oder gar zu Satan selbst gehen, um irgendwelche Weisungen und Rat zu bekommen. Denn offenbar brauchen unsere Zeitgenossen Rat und Führung. Gerade habe ich gehört, dass in der letzten Buchmesse ein überraschend großes Angebot an Büchern mit Ratschlägen auf den Markt gekommen ist.
Noch also holt man sich seine Antworten bei Fachleuten oder Schwätzern, aber eines Tages wird man genug davon haben und wirklich ernsthaft Gottes Wort suchen. Das Traurige ist nur, dass es dann, wenn die Leute erst wollen, es keine Antworten mehr gibt. Gott schweigt. Und das wird die Menschen härter treffen, als alle anderen Strafen.
Der Bibeltext:
(8,1) Noch etwas ließ der Herr, der mächtige Gott, mich sehen: einen Erntekorb voll Obst.
(8,2) Er fragte mich: »Amos, was siehst du?« Ich antwortete: »Einen Korb mit reifem Obst.« Da sagte der Herr: »Ja, reif ist mein Volk - zum Gericht! Ohne Erbarmen will ich alles abernten.
(8,3) Dann werden die Sängerinnen im Königspalast Klagelieder anstimmen. An allen Orten liegen Leichen herum, niemand begräbt sie, überall Totenstille.« Das sagt der Herr, der mächtige Gott.
(8,4) Hört her, ihr Unterdrücker und Ausbeuter! Euer ganzes Tun zielt darauf ab, die Armen im Land zu ruinieren!
(8,5) Ihr sagt: »Wann ist endlich das Neumondfest vorbei, wann ist endlich der Sabbat vorüber? Dann können wir unsere Speicher öffnen und Korn verkaufen, das Getreidemaß kleiner machen und das Gewicht, mit dem wir das Silber zur Bezahlung abwiegen, größer, die Waagebalken verstellen
(8,6) und sogar noch den Abfall mit Gewinn loswerden.« Die Armen macht ihr zu euren Sklaven, auch wenn sie euch nur ein Paar Sandalen schulden.
(8,7) Aber der Herr, auf den ihr Nachkommen Jakobs so stolz seid, hat geschworen: »Nie werde ich ihnen diese Untaten verzeihen!«
(8,8) Wen wundert es da, dass die Erde bebt und alle ihre Bewohner erschrecken? Sie hebt und senkt sich wie der Nil in Ägypten.
(8,9) »An jenem Tag geht die Sonne am Mittag unter und am helllichten Tag wird es finster«, sagt der Herr, der mächtige Gott.
(8,10) »Ich verwandle eure Freudenfeste in Leichenfeiern; statt fröhliche Lieder zu singen, werdet ihr weinen und klagen. Ihr werdet euch die Köpfe kahl scheren und den Sack um die Hüften binden und so verzweifelt klagen wie beim Tod des einzigen Sohnes. Das Ende dieses Tages wird bitter und trostlos sein!«
(8,11) Weiter sagt der Herr, der mächtige Gott: »Es kommt die Zeit, da werde ich eine Not über das Land kommen lassen, die schlimmer ist als Hunger und Durst: Die Leute werden nicht nach Brot hungern oder nach Wasser lechzen, sondern verzweifelt darauf warten, von mir das rettende Wort zu hören.
(8,12) Sie werden im Land umherirren, vom Toten Meer bis zum Mittelmeer und vom Norden bis zum Osten. Überall werden sie nach einem Wort des Herrn fragen, aber keines zu hören bekommen.«
(8,13) An jenem Tag werden selbst die blühenden jungen Mädchen und die kräftigen jungen Männer verdurstet umsinken.
(8,14) Sie werden fallen und nicht mehr aufstehen - alle, die bei dem abscheulichen Götzen von Samaria schwören oder beim Pilgerweg nach Beerscheba oder die sagen: So gewiss dein Gott lebt, Dan!«
So scheint es fast, wenn wir den Vers 9 lesen, wo es heißt: „An jenem Tag geht die Sonne am Mittag unter und am helllichten Tag wird es finster«, Das klingt doch nach außergewöhnlichen Naturerscheinungen, wie sie wohl nur zur Zeit des Weltunterganges stattfinden können.
Und weiter stellt sich uns die Frage: Gelten die Prophezeiungen nur den Israeliten? Oder gelten sie auch anderen Völkern und Menschen, die sich so ähnlich verhalten? Gott sagt ja: „Ich verwandle eure Freudenfeste in Leichenfeiern; statt fröhliche Lieder zu singen, werdet ihr weinen und klagen.“ Diese Ankündigung könnte allen Menschen gelten, die in Saus und Braus leben, sich bereichern, andere betrügen und ausbeuten und sich nicht um Gott kümmern. Oder meint dieses Wort vielleicht sogar uns, die wir im Wohlstand leben und uns dem Kaufrausch hingeben? Wozu sollten wir die Bibel lesen, wenn sie nicht auch gleichzeitig eine Botschaft für uns heute hätte?
Vielleicht betreffen die Prophezeiungen aber auch wirklich nur den Plan Gottes mit seinem Volk Israel? Vielleicht geht es nur um die Endzeit. Aber selbst dann sollten wir wissen, was Gott in Zukunft tun wird, damit wir uns darauf einstellen können.
Grundsätzlich können wir ja bei allen Prophezeiungen eine mehrfache Bedeutung finden. Da ist zunächst die Bedeutung für das Volk Israel zur Zeit des Propheten Amos. Die angesprochenen Sünden sind aktuell, realistisch und akut. Die Strafe wird wahrscheinlich noch zur Lebzeit dieser Gesetzesübertreter kommen. Niemand in Israel konnte sich damit trösten, dass die Folgen für seine Taten erst spätere Generationen treffen werden.
Über die direkte und aktuelle Bedeutung ist da noch die allgemeine Bedeutung. Die Sünden und Vergehen, von denen hier gesprochen wird, kamen ja nicht nur in Israel um das Jahr 800 vor Christus vor. Sie wurden genau so zu allen Zeiten von den Nachbarvölkern begangen. Und wenn wir uns heute umschauen, dann sehen wir auch unter uns Betrug, Unterdrückung, Ausbeutung und Gewalt. Genau die gleiche Korruption wie damals. Sollte Gott uns dann verschonen, wenn er sein Volk für seine Untaten bestraft?
Die Prophezeiungen finden also zuerst eine Erfüllung im kleinen Rahmen für das Volk Israel in der unmittelbaren Zukunft. Dann finden sie eine globale Erfüllung für alle heute lebenden Menschen. Und schließlich haben sie noch eine endzeitliche Bedeutung. Mit Endzeit meinen wir die letzten Tage, wenn Jesus wiederkommt und die Welt richten wird. Sehr wahrscheinlich wird es dann noch das Volk Israel geben, mit dem Gott nach einem besonderen Plan verfahren wird.
Die folgende Prophezeiung kann sich durchaus auch auf das Volk Israel zur Endzeit beziehen wenn es heißt: „Es kommt die Zeit, da werde ich eine Not über das Land kommen lassen, die schlimmer ist als Hunger und Durst: Die Leute werden nicht nach Brot hungern oder nach Wasser lechzen, sondern verzweifelt darauf warten, von mir das rettende Wort zu hören.“ Es kann sich aber auch auf Europa, auf die arabische Welt, auf Asien oder Afrika beziehen. Warum sollte nicht eines Tages in aller Welt ein großes Fragen nach dem Schöpfergott der Juden aufbrechen? Ein Suchen nach letzten Antworten, nach Rat und Weisheit, nach Trost und Hoffnung, nach Heilung, Vergebung und ewigem Leben?
Es gibt noch einen Gedanken, der mir bei diesem Text kommt. Die Strafen und Gerichte kommen über die Übeltäter wann Gott es will und bestimmt. Er sagt: Ich verwandle eure Freudenfeste in Leichenfeiern.“ Und weiter in Vers 11: „Es kommt die Zeit, da werde ich eine Not über das Land kommen lassen.“ Die Gerichte und Strafen kommen wirklich von Gott.
Viele Nöte in dieser Welt haben wir selbst verschuldet. Kriege z.B. gehen auf Machthunger und Habgier zurück. Armut entsteht oft durch die Ungerechtigkeit und Ausbeutung einiger skrupelloser Mitbürger. Selbst Naturkatastrophen wie Dürreperioden, Unwetter und Überschwemmungen werden mehr und mehr durch die Unvernunft des Menschen verursacht. - Auch im Kleinen, im persönlichen Bereich entstehen viele Probleme und Leiden durch die Sünde der Mitmenschen: durch Diebstahl, Gewalt, Missbrauch, Betrug und Mord. Jede Schuld trägt ihre Folgen in sich selbst und verursacht Schaden und Leiden. Das ist eine Gesetzmäßigkeit und wir brauchen Gott dafür nicht zu beschuldigen.
Nun, in diesem Fall, wird Gott aber eine Strafe senden, die von ihm selbst kommt. Die meisten Menschen werden das nicht glauben wollen. Sie werden es nicht erkennen, dass ihre Leiden und Nöte direkt von Gott verursacht wurden. Einige glauben ja sowieso nicht an die Existenz eines lebendigen, allmächtigen Gottes. Andere haben eine unrealistische Vorstellung von Gott. In ihren Augen darf er den Menschen keinen Schaden zufügen, sondern muss ihnen alle Wünsche erfüllen und immer freundlich und gnädig mit ihnen sein.
Darum schickt Gott seine Boten, damit sie die Hörer warnen. Die Leute sollen nicht nur wissen, dass eine Strafe und Not kommt, sondern sie sollen genau wissen, woher und warum sie kommt. Es ist nicht Zufall und nicht Schicksal, sondern Gottes Handeln und Einfluss. So können alle wissen, dass es einen handelnden Gott gibt. Oder auch: Verluste, Leiden, Nöte, Schicksalsschläge sind Beweise für die Existenz Gottes.
Amos sagt nicht nur Strafen und Gerichte Gottes voraus, er erklärt auch, warum sie kommen. Dazu gebraucht der Prophet eine sehr anschauliche Methode. Er belauscht gewissermaßen die Unterhaltung einiger Geschäftsleute. Darin ist die ganze Korruption und Bosheit der Gesellschaft zu erkennen.
Worüber unterhalten sich die Geschäftsleute in Israel? Was erfüllt ihr Denken und Trachten? Der Prophet weiß es. Er schreibt: Ihr sagt: »Wann ist endlich das Neumondfest vorbei, wann ist endlich der Sabbat vorüber? Dann können wir unsere Speicher öffnen und Korn verkaufen, das Getreidemaß kleiner machen und das Gewicht, mit dem wir das Silber zur Bezahlung abwiegen, größer, die Waagebalken verstellen 6 und sogar noch den Abfall mit Gewinn loswerden.«
An solchen Unterhaltungen wir deutlich, dass die Reichen nur böses im Schilde führen, sie wollen betrügen, ausbeuten und sich noch mehr bereichern. Jede Unterbrechung ihrer Geschäfte durch Feiertage ist ihnen ein Ärgernis und finanzieller Verlust. Zum Nachdenken und sich Besinnen auf andere Werte, wollen sie sich keine Zeit nehmen. „Wann ist endlich der Sabbat vorüber?“ sagen sie voll Ungeduld.
Anscheinend weihen sie sich in ihren Gesprächen auch gegenseitig in die Geheimnisse des Betruges und neuer illegaler Praktiken ein: Sie sagen: „“ Dann können wir das Getreidemaß kleiner machen und das Gewicht, mit dem wir das Silber zur Bezahlung abwiegen, größer, die Waagebalken verstellen und sogar noch den Abfall mit Gewinn loswerden.“ Schamlos, mit einer gewissen hämischen Freude erzählen sich die Geschäftsleute, welche Methoden sie gebrauchen, um ihre ärmeren Mitbürger zu betrügen. Offenbar sind sie sich sicher, dass ihre illegalen Praktiken nicht untersucht und nicht bestraft werden. Vielleicht decken sie sich gegenseitig, oder sie brauchen die Autoritäten des Landes nicht zu fürchten, weil sie keine Macht haben oder selbst korrupt sind.
Gott hat sich diese Situation eine Weile angeschaut. Die arme Bevölkerung hat schon eine Zeitlang gelitten, gestöhnt, geseufzt und vielleicht auch Gott angefleht. Nun lässt Gott seinen Propheten einen Korb mit reifen Früchten schauen: Amos schreibt: „Gott fragte mich: »Amos, was siehst du?« Ich antwortete: »Einen Korb mit reifem Obst.« Da sagte der Herr: »Ja, reif ist mein Volk - zum Gericht! Ohne Erbarmen will ich alles abernten. Dann werden die Sängerinnen im Königspalast Klagelieder anstimmen. An allen Orten liegen Leichen herum, niemand begräbt sie, überall Totenstille.« Das sagt der Herr, der mächtige Gott. (Verse 2-3)
Hier wird deutlich, dass Schuld und Sünde erst reifen müssen, bevor sie bestraft werden. Gott gibt den Menschen Zeit zur Umkehr. Wenn aber die Korruption einen gewissen Grad erreicht hat, dann kommt die Ernte: und das ist dann Gericht und Strafe. Wir können heute nicht genau wissen, wann das Maß voll ist. Vielleicht können wir das Gericht noch etwas hinauszögern indem wir Buße tun, das Unrecht eindämmen und bestrafen.
Oder wir können den Reifeprozess beschleunigen, indem wir das Böse unbeachtet zulassen und vielleicht sogar noch fördern. Und je nach unserer Einstellung zu Gott können wir uns auf die Zeit der Ernte freuen, wenn endlich das Böse bestraft und das Gute belohnt wird. Oder wir können uns fürchten und verstecken, wegschauen, uns betäuben und alle Warnungen unbeachtet lassen. Das wird aber das Gericht nicht aufhalten, sondern nur noch eher herbeiführen.
So unbequem und lästig manchen von uns die Prophezeiungen erscheinen, so dankbar können wir doch für das Reden Gottes sein. Noch können wir uns nicht ausmahlen wie es sein wird, wenn Gott schweigt und wenn die Menschen überall umherirren und nach einem Wort, einer Botschaft Gottes suchen – und keine Antwort finden werden.
Wir beten:
Herr, danke, dass Du noch zu uns redest, dass Du uns deine Gedanken und Pläne mitteilst! Gib uns offene Ohren, verstehende Herzen und Bereitschaft, Deinen Willen zu tun. Amen.
Rüdiger Klaue
... link
...bereits 2270 x gelesen
Aber nicht nur Amos hatte eine schwierige Aufgabe, sondern auch wir, die wir seine Botschaften lesen. In einer von unserem angelsächsischen Denken geprägten Kultur klingen seine Worte und Bilder fremd. Es fehlt uns der Aufbau, das System, die rhetorische Ordnung, die direkten, klaren, eindeutigen Aussagen. Dafür finden wir in seinem Buch Bilder, Visionen und streckenweise sehr detaillierte und emotionsgeladene Beschreibungen. Dazu kommt, dass wir das Volk, seine Denkweise, die Geographie und Politik der damaligen Zeit kaum kennen. Also ist es nicht verwunderlich, wenn wir hier einiges seltsam, fremdartig und für unser Verständnis vielleicht unlogisch, ausschweifend, poetisch oder gar mystisch empfinden.
Trotzdem ist das, was wir da lesen, Gottes Wort. Es ist für die Menschen in Israel 800 Jahre vor unserer Zeitrechnung geschrieben. Aber es gilt auch heute noch. Für Christen, die ihren Gott und seine Pläne, seinen Willen, sein Denken und Handeln verstehen wollen, ist es eine gute Übung sich auch mit den Kleinen Propheten zu befassen. Das wollen wir auch heute wieder tun. Im Kapitel 7 seines Buches fängt Amos an, einige Visionen zu beschreiben. Und wir wollen jetzt darauf achten, was diese Visionen sind und was daraus wird.
Der Bibeltext:
(7,1) „Hört, was der Herr, der mächtige Gott, mich schauen ließ: Ich sah, wie er einen Heuschreckenschwarm schuf. Es war nicht lange, nachdem das Gras für den König gemäht worden war; die Sommersaat ging gerade auf.
(7,2) Die Heuschrecken machten sich daran, alles Grün aufzufressen. Da sagte ich: »Herr, du mächtiger Gott, vergib doch deinem Volk! Wie kann es sonst überleben? Es ist ja so klein!«
(7,3) Dem Herrn tat es Leid und er sagte: »Gut, es soll nicht geschehen.«
(7,4) Dann ließ der Herr, der mächtige Gott, mich etwas anderes sehen: Er rief eine Gluthitze herbei, die zehrte alles Wasser auf. Als sie anfing, auch das Ackerland zu verzehren,
(7,5) sagte ich: »Herr, du mächtiger Gott, halt doch ein! Wie kann dein Volk sonst überleben? Es ist ja so klein!«
(7,6) Dem Herrn tat es Leid und er sagte: »Gut, es soll nicht geschehen.«
(7,7) Dann ließ der Herr mich wieder etwas anderes sehen: Er selbst stand auf einer Mauer aus Zinn und hielt einen Klumpen Zinn in der Hand.
(7,8) Er fragte mich: »Amos, was siehst du?« »Einen Zinnklumpen«, antwortete ich. Da sagte er: »Ja, ich werfe einen Zinnklumpen mitten in mein Volk Israel! Ich werde es jetzt nicht mehr verschonen.
(7,9) Die Opferstätten der Nachkommen Isaaks und die Staatsheiligtümer Israels sollen verwüstet werden und gegen das Königshaus Jerobeams werde ich mit dem Schwert vorgehen.«
Erwähnenswert erscheint ihm jedenfalls, dass diese Heuschrecken aufkamen, nachdem das Gras für den König gemäht war und die Sommersaat aufging. Vielleicht war das eine sehr ungewöhnliche Zeit für Heuschreckenschwärme – oder es war eine besonders sensible Zeit, wo außerordentlich viel Schaden entstehen konnte.
Die Heuschrecken, die wir ja noch aus dem Propheten Jonas kennen, machen sich gleich daran, alles Grüne aufzufressen. Amos begreift sofort, dass Gott hier ein Strafgericht vorbereitet. Es handelte sich ja um eine Vision, ein Ereignis also, das noch nicht stattgefunden hatte. –
Warum Gott nun Amos dieses Gericht offenbart, wird nicht erklärt – auch nicht, warum es kommt und in welchem Jahr. Der Prophet ist scheinbar sehr betroffen über die bevorstehende Katastrophe und den Schaden, den sie bringen wird. Ohne lange zu warten und viel zu überlegen wendet sich Amos gleich an Gott und sagt spontan: »Herr, du mächtiger Gott, vergib doch deinem Volk! Wie kann es sonst überleben? Es ist ja so klein!«
Im Vers 3 heißt es dann: 3 Dem Herrn tat es Leid und er sagte: »Gut, es soll nicht geschehen.«. Ohne, dass das Volk tatsächlich etwas von der drohenden Gefahr erfuhr, war die Katastrophe schon abgewendet. Der Prophet hatte Fürbitte getan und Gott hatte sich von seinem Vorhaben abbringen lassen.
Gleich anschließend an diese Episode folgt die Vision von der Gluthitze, die alles Wasser aufzehrt und eine schreckliche Dürre hervorruft. Auch hier lässt Gott von seinem Plan ab, weil der Prophet ihn darum bittet. Es ist also die gleiche Lektion wie bei den Heuschrecken.
Das Erstaunliche an diesen Berichten ist für mich, dass Gott sich von Menschen beeinflussen lässt und seine Meinung ändert. Er hat Gericht über Israel beschlossen und hat das auch oft angekündigt. Nun lässt er sich durch das kurze Gebet eines einzelnen Mannes umstimmen. Das ist schon eine ganz besondere Lehre, die wir in diesem Kapitel sehen können. Hier, schon im Alten Testament, lernen wir ewig gültige Wesenszüge Gottes kennen.
Aufgrund dieser Berichte im Buch Amos möchte ich einige Beobachtungen hervorheben, die auch für uns von Bedeutung sein können.
1.- Gott teilt den Menschen seine Absichten mit. Im Bild von den Heuschrecken, der Gluthitze und dem Zinnklumpen lässt Gott die Menschen wissen, was er vorhat. Uns erscheinen die Drohungen und Gerichtsprophezeihungen im Alten Testament furchtbar, deprimierend oder grausam.
Es sieht manchmal so aus, als wäre Gott immer nur zornig und hat unsere Bestrafung und Vernichtung im Sinn. Dabei sind die Worte der Propheten meist nur eine Bestätigung von dem, was alle Israeliten schon immer wussten nämlich, dass Sünde, Vergehen und Rebellion bestraft werden müssen. Allerdings gab es seit langer Zeit die Möglichkeit, der Strafe zu entgehen. Israel hätte nicht zu leiden brauchen, es hätte nicht das Gericht und die Katastrophen zu erdulden brauchen, wenn es selbst mit seinen Sünden ins Gericht gegangen wäre.
Gott wusste ja, dass die Menschen immer wieder seine Gebote übertreten würden. Er wusste, dass sie schwach waren, dass sie versucht und verführt wurden und dass sie selbst verderbliche Neigungen haben würden. Im Alten Testament hatte Gott seinem Volk den Altar, das Opfer und das Blut gegeben, damit ihre Sünden bezahlt werden konnten. Der Mensch, der Gottes Gebote übertreten hatte, konnte einen Stellvertreter wählen, der für ihn die Strafe trug. Das war das Opfertier. Es starb anstelle des Sünders. Dazu musste der Übertreter aber erst einmal seine Vergehen einsehen und sein Opfertier am Altar schlachten. Das war das Zeichen, dass er mit sich selbst ins Gericht gegangen war.
Im Laufe der Jahre verflachten die Moral und das religiöse Bewusstsein. Die Menschen kümmerten sich weder um den Willen oder die Gesetze Gottes, noch um die Vergebung ihrer Sünden. Um das Gesetz wieder zu stärken, das Bewusstsein für die Sünde zu schärfen und das Verlangen nach Reinigung zu wecken, musste Gott jetzt strafen. Aber bevor er das tut, kündigt er an, was er geplant hat. Wahrscheinlich hauptsächlich in der Hoffnung, dass den Abtrünnigen ihr Gewissen schlägt, dass sie Angst bekommen und zu ihm zurückkehren.
2.- Es gibt eine Möglichkeit, Gottes Pläne zu ändern. Das sagt sich so leicht, aber ich finde es eine ungeheuerliche Perspektive. Unser gesamter Glaube ruht auf der Voraussetzung, dass Gott seine Verheißungen, seine Versprechen und Prophezeiungen wahr macht. Und wir müssen uns absolut darauf verlassen können, sonst hat unsere Hoffnung keinen Grund. Egal, was kommt, Gott muss zu seinen Versprechen und Zusagen stehen.
Immer wieder wird in der Bibel und in Predigten bestätigt, dass Gottes Wort zuverlässig ist und er bestimmt hält, was er verspricht. Nun sehen wir hier bei Amos, dass Gott eine Strafe ankündigt, sie dann aber doch nicht ausführt. Natürlich hat er gute Gründe dafür, er ist Gott und kann handeln, wie er es für richtig hält. Er kann auch seine Meinung ändern ohne uns um Erlaubnis zu fragen.
Aber doch gibt uns das einesteils ein Gefühl der Unsicherheit. Fragen kommen auf: Sind denn unsere Sünden dann auch wirklich vergeben? Haben wir ewiges Leben, wie er es verheißen hat? Gibt es einen Himmel und eine ewige Herrlichkeit? Werden wir daran teilnehmen? All das hat Gott uns zugesagt! Wir glauben es und vertrauen darauf. Können wir wirklich ganz fest damit rechnen? - Andererseits ist jedoch Gottes Fähigkeit seine Pläne zu ändern, für uns eine ungeheure Chance. Wie viele Menschen sind schon, wie Israel hier, vor dem sicheren Verderben gerettet worden, weil Gott seine Pläne geändert hat, weil er Erbarmen hatte und die Menschen ihm leid taten.
Sicher gibt es Grundlagen, die Gott nie verändern wird, die ewig bestehen bleiben. Darauf können wir uns absolut verlassen. Dazu gehört das Erlösungswerk, die Vergebung, unser Heil. Aber es gibt Pläne, die Gott doch noch ändert. So bekommen wir manchmal eine zweite Chance, eine neue Gelegenheit Buße zu tun und vor dem Unheil bewahrt zu werden.
3.- Eine weitere Beobachtung: Das Gebet kann Gottes Pläne beeinflussen. Bei Amos war es das kurze Gebet: »Herr, du mächtiger Gott, vergib doch deinem Volk! Wie kann es sonst überleben? Es ist ja so klein!« Was mir auffällt ist, dass es nur ein kurzes, einfaches Gebet war. Keine langen Sündenbekenntnisse, keine Reuebeweise, kein Fasten und Weinen – nur ein einfaches Gebet.
Es gab keine große Gebetsversammlung, keinen Bußgottesdienst, kein landesweites Bitten um Gnade und kein Ringen um Vergebung – nur ein kurzes Gebet des Propheten. Ich will damit nicht sagen, dass Gebetsversammlungen und Bußtage unnötig seien. Es war eigentlich wünschenswert, dass ganz Israel, oder wenigstens all die Ausbeuter, Gesetzesübertreter und Gewalttäter im Volk sich schuldig bekannt hätten. Wir hätten gerne gesehen, dass die Leute in Sack und Asche Buße getan hätten. So wie die Bewohner von Ninive auf die Botschaft des Jonas reagierten, so hätte Israel reagieren sollen. Dann wäre es vielleicht verständlich gewesen, dass Gott sich hätte umstimmen lassen. Gott hätte gesehen, dass das gesamte Volk Leid trug über seine Verfehlungen und sich ändern wollte.
Aber in diesem Fall, haben die Schuldigen ja gar nichts von dem Vorfall, von der drohenden Gefahr und von Gottes Meinungsänderung gemerkt. Die Strafe ist an ihnen stillschweigend vorüber gegangen, dank des kurzen Gebetes des Propheten.
Weiterhin zeigt dieses Kapitel, dass Fürbitte sehr wirksam sein kann. Unter Fürbitte verstehen wir, dass jemand für einen anderen bittet. Früher war es die Aufgabe des Priesters, die Anliegen des Volkes vor Gott zu bringen. Er hatte als Mittler die Interessen der Menschen vor Gott zu vertreten. Darum betete er um Vergebung, um Heilung und um Segen für jedes Gebiet des Lebens. Heute ist es die Aufgabe eines jeden Christen in der Fürbitte für andere ein zu stehen: für die Familienangehörigen, die Gemeindeglieder, die Leidenden, Verfolgten, die Verirrten, Gebundenen und Verlorenen. Wohl in jeder Gebetsstunde einer Gemeinde werden auch Bitten für andere Menschen vorgebracht. Oft machen wir uns aber kaum Gedanken darüber, was das Gebet bewirkt. Viele rechnen gar nicht damit, dass sich nun wirklich etwas ändert. Aber jeder von uns ist in der Lage, Gottes Pläne durch Gebet zu verändern, anderen Menschen zu helfen und sie vor großer Gefahr zu bewahren.
Wenn wir nun im Propheten Amos lesen, dass ein kleines Fürbittengebet eine Plage abwenden kann, dann sollen wir uns darüber freuen und dankbar dafür sein. Wir sollen aber nicht denken, dass es grundsätzlich immer so einfach sei, der Strafe zu entgehen. In diesem Fall war es der Prophet Amos, der in einer spontanen Regung Gott um Schonung für das Volk bittet. Für uns würde das Gebet des Amos nicht viel helfen. Wir brauchen einen anderen Fürsprecher. Und den haben wir in Jesus. Er ist König, Priester und Prophet. Er vertritt uns vor Gott, er betet für uns.
Bei Jesus kommt aber noch mehr dazu als das Gebet eines Priesters um Vergebung und Bewahrung. Jesus hat selbst mit seinem Leben für unsere Schuld bezahlt. Darum ist sein Gebet auch wirksam. Er hat stellvertretend für uns die Strafe auf sich genommen. Aus diesem Grund bewahrt uns Gott vor dem ewigen Gericht. Er hat Jesus gerichtet. Nur darum werden wir nicht für unsere Verfehlungen bestraft.
So sehr wie Gott auch daran interessiert ist, dass wir nicht ins Gericht kommen und verdammt werden, so sehr ist er auch daran interessiert, dass sich unser Leben schon hier verändert. Wir sollen ja nicht in der gleichen, gottlosen, gewalttätigen, unmoralischen, egoistischen Weise weitermachen. Unser Leben soll mit Gott und seinen Gesetzen in Harmonie verlaufen. Das geschieht aber nicht ohne unser Zutun oder wenigstens unser Einverständnis. Wir können nicht damit rechnen, dass wir uns einfach so, ohne unser Wissen und Wollen verändern. Ebenso wird uns Jesus auch nicht ohne unser Wissen und Wollen erlösen. Darum sollen wir tun, was Israel nicht tat, nämlich Buße. Wir sollen unser Versagen zugeben und Jesus bitten, dass er unsere Strafe trägt und bei Gott für uns eintritt.
Wenn wir Amos, die kleinen Propheten, die Bibel überhaupt verstehen wollen, dann können wir es nur, wenn wir erkennen, dass wir alle Sünder sind und Strafe verdienen. Gott erinnert uns durch sein Wort daran, wie wir leben sollen. Er zeigt uns auch den Weg zur Vergebung und die Kraft zu einem Wandel nach seinem Willen.
Wir beten:
Herr, wir sind alle Sünder und schuldig vor Dir. Danke, dass Du Jesus gesandt hast, damit er unsere Schuld trägt. Hilf uns in Dankbarkeit Dir zu gehorchen und in Harmonie mit Dir und Deinem Gesetz zu leben. Amen
Rüdiger Klaue
... link
...bereits 2300 x gelesen
Diese Geschichte ist nicht ganz erfunden. Sie ist inspiriert von dem Riesen Goliath aus dem alten Testament. Als ich die Reden des Propheten Amos im Kap. 6 las, musste ich an diesen Goliath denken. Vielleicht entdecken Sie auch einige Parallelen in unserem heutigen Bibeltext:
(6,1) Weh euch, ihr Sorglosen auf dem Berg Zion! Ihr Selbstsicheren auf dem Berg von Samaria! Ihr Vornehmen Israels, des ersten aller Völker, bei denen die Leute Rat und Hilfe suchen!
(6,2) Geht doch in die Stadt Kalne, geht in die große Stadt Hamat und in die Philisterstadt Gat! Seid ihr vielleicht besser gerüstet als diese Königreiche? Oder ist euer Gebiet so viel kleiner als das ihre, dass ihr denkt, die Assyrer werden sich nichts daraus machen?
(6,3) Ihr meint, das Unheil sei noch fern - dabei habt ihr ein System der Unterdrückung und Ausbeutung eingeführt!
(6,4) Ihr räkelt euch auf euren elfenbeinverzierten Polsterbetten und esst das zarte Fleisch von Lämmern und Mastkälbern.
(6,5) Ihr grölt zur Harfe und bildet euch ein, ihr könntet Lieder machen wie David.
(6,6) Ihr trinkt den Wein kübelweise und verwendet die kostbarsten Parfüme; aber dass euer Land in den Untergang treibt, lässt euch kalt.
(6,7) Deshalb sagt der Herr, der Gott der ganzen Welt: »Ihr müsst als Erste in die Verbannung gehen und eure Gelage nehmen ein jähes Ende.«4
(6.8) Der Herr, der Gott der ganzen Welt, sagt: »Der Hochmut der Nachkommen Jakobs ist mir zuwider, ich hasse ihre prächtigen Paläste. Deshalb gebe ich Samaria dem Untergang preis mit allen seinen Bewohnern. Das habe ich, der mächtige Gott, bei mir selbst geschworen.
(6.9-10) Wenn irgendwo in einem Haus noch zehn Menschen übrig geblieben sind - auch sie müssen sterben.
(6,11) Der Herr wird einen Befehl geben und dann werden die Häuser und Paläste in Trümmer geschlagen, die großen wie die kleinen.
(6,12) Fährt man mit Ross und Wagen über Felsblöcke oder pflügt mit Rindern das Meer? Ihr aber habt das Recht in tödliches Gift verwandelt; und was ihr Gerechtigkeit nennt, ist bitter wie Galle.
(6.13) Ihr bildet euch etwas darauf ein, dass ihr die Stadt Lo-Dabar erobert habt. Ihr prahlt: »Wir haben Karnajim eingenommen, das haben wir aus eigener Kraft geschafft!«
(6,14) Aber der Herr, der Gott der ganzen Welt, sagt: »Ich werde gegen euch Israeliten ein Volk aufbieten, das wird euer Land in Besitz nehmen und euch unterdrücken von Lebo-Hamat im Norden bis zum Toten Meer.«
Tatsache ist, dass es dem Volk Israel zur Zeit des Propheten Amos sehr gut ging. Das Land war reich, die Leute lebten im Luxus. Das kommt auch in unserem Bibelabschnitt zum Ausdruck. Da heißt es in Vers 4 „Ihr räkelt euch auf euren elfenbeinverzierten Polsterbetten und esst das zarte Fleisch von Lämmern und Mastkälbern.“ Und Vers 6 „Ihr trinkt den Wein kübelweise und verwendet die kostbarsten Parfüme.“ Und in Vers 8 „ich hasse ihre prächtigen Paläste.“ Wir sehen also, da war Reichtum, Wohlstand, ja Luxus überall im Land. Jedenfalls die Oberschicht lebte in prächtigen Palästen mit teuren Einrichtungen und gab sich der Genusssucht hin. – Aber es war nicht eigentlich der Reichtum, den Gott verurteilte, sondern die Einstellung der Leute, ihr Hochmut. Das ist es, was Gott hier verurteilt, nicht den Reichtum. Wenden wir uns also dem Hochmut des Volkes zu.
Wir sehen hier deutlich, woher der Hochmut kam, welche Auswirkungen er hatte und wohin er führen würde.
1.- Zunächst die Ursache für den Hochmut. Manchmal sind Menschen stolz und hochmütig und man fragt sich: Worauf? Anscheinend haben sie gar keinen Grund, sich über andere erhaben zu fühlen. Aber wenn sie auch in unseren Augen keinen Anlass haben, so besitzen sie doch in ihren Augen große Vorzüge. Im Vergleich mit anderen stehen sie besser da, sie sind ihnen überlegen. Das ist ihnen sehr bewusst und sie lassen es die anderen auch spüren.
Die hochmütigen Israeliten hatten auch eine Ursache, sich etwas einzubilden. Sie waren reich. Sie hatten Geld und konnten sich alles leisten, was sie wollten. Damit standen sie weit über den armen Leuten, die um ihre Existenz kämpfen und auf vieles verzichten mussten. Das Geld gab ihnen auch Unabhängigkeit, Ansehen und Macht. Was hätten sie mit ihrem Reichtum alles tun können?
Reichtum und Wohlstand stehen auch heute vielen von uns zur Verfügung. Wir haben mehr Geld als die meisten anderen. Was könnten wir alles mit unserem Reichtum anfangen? Es gibt viele Aufgaben in der Welt, zu deren Lösung man Geld braucht. Es gäbe so viel Gutes, was man mit seinem Geld anstellen könnte. Israel wurde stattdessen stolz, egoistisch und hochmütig. Und das gleiche geschieht heute noch mit vielen Wohlhabenden. Also, die Ursache für den Hochmut bei den Zeitgenossen des Amos war der Reichtum.
2.- Auswirkungen des Hochmuts. Oberflächlich betrachtet könnte es aussehen, als ob Gott gegen den Reichtum ist. In den Reden des Propheten Amos werden Missstände im Volk gezeigt, die durchaus auf den Reichtum zurück zu führen sind. Da ist einmal die Genussucht, das übermäßige Essen und Trinken und der Luxus. Zudem herrschen im Land auch Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Gewalt. Geld verdirbt leicht den Charakter. Es macht hartherzig, egozentrisch, habgierig. In Vers 3 sagt der Prophet: „Ihr habt ein System der Unterdrückung und Ausbeutung eingeführt!“ In Vers 12: „Ihr aber habt das Recht in tödliches Gift verwandelt; und was ihr Gerechtigkeit nennt, ist bitter wie Galle.“ – So könnte man meinen, der Reichtum habe die Leute verdorben. Und das ist sicher auch eine große Gefahr. – Aber was Gott in diesem Abschnitt eigentlich verurteilt ist nicht der Reichtum der Israeliten, sondern ihr Hochmut. Ihr Reichtum hätte viel Gutes bewirken können. Stattdessen brachte der Reichtum Hochmut und Stolz hervor. Und nun ist es dieser Hochmut, der das Land zugrunde richtet. Das Problem der Israeliten ist ihr Hochmut, der einen negativen Einfluss auf verschiedene Gebiete hatte:
Israel war reich und wohlhabend, gleichzeitig aber herrschte Gewalt, Ungerechtigkeit und Unterdrückung im Land. Amos kommt im Auftrag Gottes und warnt das Volk vor den Konsequenzen ihres Lebenswandels.
Nicht Reichtum und Luxus waren die Sünden, sondern der Hochmut, der seine Auswirkungen auf verschiedene Bereiche des Lebens erstreckte.
1.- auf die Gesellschaft. Der Hochmut der Reichen richtete eine Mauer im eigenen Volk auf. Die armen Leute hatten keine Chance im Leben irgendwie vorwärts zu kommen. Sie wurden unterdrückt und niedrig gehalten. Das führte zu einer Zweiklassengesellschaft. Die eine Hälfte hatte das gute Leben, die andere musste hungern und arbeiten.
2.- auf ihren Charakter. Dadurch, dass die Reichen so hochmütig waren, wurde ihr gesamter Charakter verdorben. Sie wurden egoistisch, hartherzig und selbstherrlich. Darum beginnt der Prophet seine Rede ja auch mit den Worten „Weh euch, ihr Sorglosen auf dem Berg Zion! Ihr Selbstsicheren auf dem Berg von Samaria!“ Die Bewohner des Landes waren nicht mehr fähig zur Nächstenliebe und zu Mitleid. Die Werte und Tugenden, die einen Menschen auszeichnen waren bei ihnen verloren gegangen.
3.- auf ihr Verhältnis zu Gott. Durch ihren Hochmut hatten sich die Israeliten von ihrem Gott entfernt. Sie brauchten ihn nicht mehr, sie gehorchten ihm nicht mehr, sie kümmerten sich nicht mehr um ihn. Ihre Bitten konnten sie sich selbst erfüllen. Danken brauchten sie niemandem. Sie behielten zwar ihre Gewohnheiten und Gottesdienste bei, aber für Gott waren sie ein Ärgernis. Es gibt wohl kaum etwas Schlimmeres als eine hochmütige Haltung seinem Schöpfer gegenüber. Wie heißt es in 1. Petr. 5, 5? „ Alle aber miteinander haltet fest an der Demut; denn Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.“
4.- und nicht zuletzt hatte der Hochmut der Menschen auch Auswirkungen auf die Zukunft und die Ewigkeit. Immer wieder droht Gott durch die Propheten mit Gericht und Strafe. So auch hier in Vers 6 und 7. „Aber dass euer Land in den Untergang treibt, lässt euch kalt. Deshalb sagt der Herr, der Gott der ganzen Welt: »Ihr müsst als Erste in die Verbannung gehen und eure Gelage nehmen ein jähes Ende.“
Oder in Vers 8 und 9 „Deshalb gebe ich Samaria dem Untergang preis mit allen seinen Bewohnern. Das habe ich, der mächtige Gott, bei mir selbst geschworen. Wenn irgendwo in einem Haus noch zehn Menschen übrig geblieben sind - auch sie müssen sterben.“
Oder weiter unten in Vers 14: „Ich werde gegen euch Israeliten ein Volk aufbieten, das wird euer Land in Besitz nehmen und euch unterdrücken von Lebo-Hamat im Norden bis zum Toten Meer.“ Dunkle Zeiten, Gericht, Sterben, Verlust und Leiden kommen auf die Menschen zu. Gott wird ihren Hochmut bestrafen und das Volk demütigen, bis es wieder zu ihm umkehrt oder untergeht.
Nun fällt uns in dem gelesenen Abschnitt und im ganzen Buch Amos auf, dass es immer wieder heißt: „Der Herr, der Gott der ganzen Welt, sagt: (Vers 7, 8, 14.)
Das wird wohl aus mehreren Gründen so betont.
1.- um den Prophezeiungen und Drohungen den nötigen Nachdruck zu verleihen. Hier spricht der Herr, der über die ganze Welt herrscht, der die Macht und Autorität hat zu richten und zu verurteilen.
2.- um Diskussionen auszuschließen. Bei ihm hilft kein verhandeln, kein diskutieren, argumentieren und keine Erklärungen und Ausreden. Der Gott der ganzen Welt kennt die Situation mit allen Motiven, Hintergründen und Umständen. Wenn er ein Urteil fällt, dann bleibt es dabei!
3.- um sich von den Götzen der Israeliten abzugrenzen. Hier spricht nicht irgendein Himmelsgott Sakkut oder Sternengott Kewan (die im Kap. 5, 26 erwähnt werden) sondern der Herr des ganzen Universums. Das ist der richtige und wahre Gott. Es ist nicht egal, welchen Gott wir anbeten. Es gibt nur einen, der über allen steht.
4.- um sein Verhältnis zum Volk Israel zu zeigen. Israel war sehr hochmütig geworden. Das Volk dachte, es sei die oberste Autorität. Der Mensch und sein Wohlergehen standen im Mittelpunkt. Sie wollten niemanden über sich anerkennen, sich keinen Geboten und Grenzen beugen. Nun erinnert sie Gott daran, wie klein und unbedeutend dieses Völkchen eigentlich ist.
Zum Schluss möchte ich noch eine mehr persönliche Frage anschneiden: Was können wir tun, um nicht selber in den Sog des Hochmutes zu geraten? Oder wie kommen wir aus dieser Selbstüberschätzung heraus?
Leider ist es ja so, dass wir es meist selbst gar nicht merken, wenn wir überheblich und eingebildet sind. Wir halten uns selbst für gerecht und fehlerfrei und schauen auf die anderen herab. Unsere Mitmenschen merken es aber sehr wohl, welche Einstellung wir haben. Und niemand liebt einen hochmütigen, eingebildeten Zeitgenossen. Außerdem bereiten wir uns selbst manchen Ärger, wenn wir meinen, wir hätten etwas Besseres verdient, weil wir so wichtige Personen sind.
Einige Hinweise dafür, ob wir hochmütig sind erhalten wir, wenn wir:
1.- unsere Gedanken beobachten. Wie denken wir über andere Menschen? Über ihre Schwächen und Fehler oder über ihre Stärken, Begabungen und ihren Erfolg? Vielleicht wissen wir, dass wir bestimmte negative Dinge über andere nicht sagen dürfen. Aber unsere Gedanken kann ja niemand lesen. Und in diesen Gedanken können wir andere kritisieren, verurteilen, oder ihre Vorzüge schmälern und verachten.
2.- auch an unseren Worten und Bemerkungen über andere Leute können wir erkennen, ob wir hochmütig sind und uns über sie stellen, oder ob wir demütig sind und uns selbst gering achten.
3.- an unseren Reaktionen auf bestimmte Berichte oder auf die Taten, Ansichten oder Entscheidungen anderer können wir sehen, wie überheblich und eingebildet wir sind.
Wir haben wohl alle mit dem Problem des Hochmutes zu tun. Bei einem ist es sehr auffällig, beim anderen weniger, bei dem einen betrifft es nur ein bestimmtes Gebiet bei einem anderen ist es ganz allgemein. Gegen den Hochmut können wir nur etwas unternehmen, wenn wir ihn bei uns erkannt und benannt haben. Aber selbst dann, sind unsere Möglichkeiten beschränkt.
Vielleicht hilft es uns, wenn wir uns immer wieder daran erinnern, wo wir herkommen und wer wir wirklich sind. Es gibt da nicht vieles, worauf wir stolz sein können und was wir wirklich selbst erworben und verdient hätten.
Es kann uns helfen, uns immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, was Gott für uns getan hat. Im Grunde ist alles Gnade und Geschenk Gottes: unser Leben, unsere Gaben, unsere Erfolge, alles! Insofern sollte es für einen Christen leichter sein, sich vor dem Hochmut zu hüten. Ein Atheist muss sich alles Gute selber zuschreiben und ist dadurch viel anfälliger für Stolz und Überheblichkeit.
Sicher ist es nötig, dass wir unseren Hochmut bekämpfen. Aber unser Einfluss und Disziplin hat hier Grenzen. Allzu sehr brauchen wir uns aber auch nicht um ein demütiges Herz zu bemühen. Gott muss unseren Stolz brechen. Und ER wird es auch tun. Er kennt viele Mittel und Wege um uns zu demütigen und klein zu halten. Wichtig ist nur, dass wir nicht gegen IHN rebellieren wie das stolze Volk Israel, sondern willig unsere Lektionen lernen.
Wir beten:
Herr, sicher haben wir Dich oft mit unseren Gedanken, Worten und Reaktionen verletzt und Dir nicht die Ehre gegeben, die Dir gebührt. Danke, dass Du uns trotzdem liebst. Danke, dass Du uns heilen und vor den negativen Folgen der Überheblichkeit bewahren willst. Schenke uns ein demütiges, gehorsames Herz. Amen.
Rüdiger Klaue
... link
...bereits 1958 x gelesen
Ja, einige werden überhaupt kein Motiv nennen können. Sie wissen nicht, warum sie gekommen sind. Und selbst die, die meinen zu wissen, welches ihre Motive waren, sind sich nicht mehr so sicher, wenn sie einmal ehrlich in sich hinein schauen. –
Mit dieser etwas ernüchternden Diagnose will ich nicht sagen, dass die Besucher nicht einen reichen Segen im Gottesdienst empfangen. Am Ende haben ihnen doch die Lieder gefallen, die Predigt hat ihnen etwas zu sagen gehabt und Antworten auf geheime Fragen gegeben. Die andern Gemeindeglieder waren so nett und man hat eine schöne Gemeinschaft gehabt. Beim Verlassen der Kirche sagt man sich: „Nächsten Sonntag gehe ich hier wieder hin.“ –
Ich hoffe, dass die Versammlung auch wirklich ein „Gottesdienst“ war, eine Stunde der intensiven Beschäftigung mit Gott, seinem Wesen, seinen Taten und seinen Lehren. Dann können wir auch annehmen, dass Gott sich darüber gefreut hat. Manche Sonntagsmorgenversammlungen sind aber nicht das, was sie sein sollen, und Gott ärgert sich darüber.
Das passierte auch in Israel zur Zeit des Propheten Amos. Es ist der gleiche Abschnitt, den ich letzte Woche las, heute möchte ich aber einen anderen Gesichtspunkt betonen.
Der Bibeltext:
(5,18) „Weh euch, die ihr den Tag herbeisehnt, an dem der Herr eingreift! Was erwartet ihr denn von diesem Tag? Finsternis wird er euch bringen und nicht Licht!
(5,19) Es wird euch ergehen wie dem Mann, der vor einem Löwen davonläuft und auf einen Bären trifft, und wenn er glücklich das Haus erreicht hat und sich an die Wand lehnt, beißt ihn eine Schlange.
(5,20) Der Tag des Herrn bringt Finsternis und nicht Licht, ein schwarzer Tag ist er; auch nicht einen Schimmer von Hoffnung lässt er euch.
(5,21) Der Herr sagt: »Ich hasse eure Feste und kann eure Feiern nicht ausstehen.
(5,22) Eure Brandopfer und Speiseopfer sind mir zuwider; das gemästete Vieh, das ihr für das Opfermahl schlachtet, kann ich nicht mehr sehen.
(5,23) Hört auf mit dem Geplärr eurer Lieder! Euer Harfengeklimper ist mir lästig!
(5,24) Sorgt lieber dafür, dass jeder zu seinem Recht kommt! Recht und Gerechtigkeit sollen das Land erfüllen wie ein Strom, der nie austrocknet.
(5,25) Habe ich von euch Israeliten während der vierzig Wüstenjahre vielleicht Mahlopfer und Speiseopfer verlangt?
(5,26) Habt ihr damals schon die Götzenbilder eures Himmelskönigs Sakkut und eures Sterngottes Kewan herumgetragen, wie ihr es jetzt tut?
(5,27) Ihr könnt euch darauf verlassen: Ich werde euch in die Verbannung führen, noch über Damaskus hinaus.« Das sagt der Herr, der Gott der ganzen Welt.
Gott war also gar nicht zufrieden mit den Feiern, den Opfern und Zeremonien der israelitischen Gottesdienste. Was ihn daran offensichtlich störte war nicht der äußere Ablauf, die Tradition – das war ja alles gesetzlich geregelt - sondern die Einstellung, die innere Haltung, die Motive mit denen die Leute zum Tempel kamen. Wir hatten gesehen, dass im Land Unrecht, Ausbeutung, Korruption und Gewalt herrschten. Das waren alles Dinge, die nicht hätten sein sollen. Gott hatte sie verboten. Doch das Volk war ungehorsam, wollte nichts von Gott wissen. Aber am Sonntag (bzw. Samstag) kamen sie zusammen, um ihre traditionellen Gottesdienste zu feiern. Das war ein Widerspruch. Es war ein Hohn. Ihre Gesänge waren Heuchelei, ihre Opfer Unsinn, denn sie glaubten gar nicht an den Gott, dem sie diese Opfer brachten.
Gottesdienste und Opfer waren etwas, was Gott selber angeordnet hatte. Er hatte sogar viele Einzelheiten in den Opfergesetzes im 3. Buch Mose festlegen lassen.
Die ursprüngliche Absicht mit den Ritualen im Tempel war eine mehrfache:
1.- konnten die Israeliten auf diese Weise Gemeinschaft mit Gott haben. Der Herr wohnte im Tempel mitten unter dem Volk. Dort wartete er, dass die Menschen mit ihren Freuden und Sorgen, mit ihren Sünden und Bitten zu ihm kämen. Der Gottesdienst war eine Gelegenheit der Begegnung mit Gott.
2.- Durch den Gottesdienst, von dem ein wichtiger Teil die Opfer waren, konnten die Menschen Gott ihre Dankbarkeit zeigen. Es gab besonders in der frühen Geschichte des Volkes viele Anlässe zur Dankbarkeit. Da war die Errettung aus der Gefangenschaft in Ägypten, die wunderbare Führung durch die Wüste, die Siege bei der Eroberung des Landes Kanaan und viele kleine, alltägliche Dinge. Der Gottesdienst ist immer eine gute Gelegenheit, dem Schöpfer, Erhalter und Erlöser zu danken.
3.- Durch den Gottesdienst konnten die Menschen ihr Gewissen von Schuld reinigen. Die Opfertiere, die getötet und verbrannt wurden, trugen ja stellvertretend die Strafe für die Sünden der Menschen. Das Bekenntnis der Schuld und das symbolhafte opfern eines Tieres hatten bestimmt auch eine wichtige therapeutische Wirkung für den Einzelnen und für das ganze Volk. Sicher würden wir auch heute viel weniger Psychologen und Medikamente brauchen, wenn die Menschen Gottes Angebot der Vergebung annehmen würden. Im Gottesdienst, in der Gemeinde, ist ein guter Platz, um sein Gewissen zu reinigen und Frieden mit Gott und den Mitmenschen zu finden.
4.- Im Gottesdienst war die Möglichkeit, Gelübde zu machen und zu erfüllen. Es war den Menschen schon immer eine Hilfe, wenn sie gewisse Entschlüsse oder guten Vorsätze in ihrem Leben mit einem Versprechen, einem Gelübde festmachen konnten. Hier, in der Gegenwart Gottes, wurden die Gelübde geheiligt und befestigt.
5.- Im Tempel, durch die Rituale, Symbole, Lesungen und Gesänge fand auch immer Belehrung statt. Die Besucher wurden an Gottes Taten, Pläne, Absichten und an sein Wesen erinnert. In unseren heutigen, christlichen Gottesdiensten ist dieser Aspekt der Belehrung noch viel stärker betont. Die Predigt, die Bibelauslegung steht in den meisten evangelischen Kirchen im Mittelpunkt des Gottesdienstes. Wer etwas über Gott erfahren will, wer Fragen und Probleme hat, findet in Gottesdienst und Sonntagsschule einen Ort, wo er sich informieren kann.
Gott selbst hatte den Gottesdienst angeordnet und durch detailierte Gesetze geregelt. Die Feier des Gottesdienstes war eine Gelegenheit, das Gewissen zu reinigen, Sünde abzuladen, Sorgen und Bitten vorzubringen, sich an die Taten Gottes zu erinnern, mit ihm Gemeinschaft zu haben, ihn anzubeten und ihm alle Ehre und Ruhm zu geben. Nun kritisiert Amos diese Gottesdienste mit scharfen, verletzenden Worten. Was war der Grund dafür?
In Amos 5, 21-23 sagt der Herr: »Ich hasse eure Feste und kann eure Feiern nicht ausstehen. Eure Brandopfer und Speiseopfer sind mir zuwider; das gemästete Vieh, das ihr für das Opfermahl schlachtet, kann ich nicht mehr sehen. Hört auf mit dem Geplärr eurer Lieder! Euer Harfengeklimper ist mir lästig!“ –
Irgendetwas war falsch an den Feiern und Gottesdienstes des Volkes. Sie waren eine Beleidigung für Gott geworden, obwohl er sie selber angeordnet hatte. Es sieht so aus, als ob die Opfer und Gottesdienste ihre Bedeutung und ihren Wert verloren hatten. Damit sind sie zum Selbstzweck geworden, und zu einer Beleidigung Gottes, zum Hohn und Spott für alle heiligen Werte.
Es gibt Umstände, durch die Opfer und Feiern zur Ehre Gottes ihre Bedeutung verlieren. Damit schaden sie dem Namen Gottes und des Christentums mehr, als sie nützen. Solche Umstände sind z.B.
1.- Wenn der Mensch gar nicht an Gott glauben will. Geht jemand in den Gottesdienst, aber in seinem Herzen verehrt er andere Götter, dann ist das Gotteslästerung. Amos erinnert die Israeliten an früher wenn er sagt: V. 26 „Habt ihr damals schon die Götzenbilder eures Himmelskönigs Sakkut und eures Sterngottes Kewan herumgetragen, wie ihr es jetzt tut?“ Die Antwort ist „Nein, sie verehrten keine fremden Götter.“ Aber jetzt tun sie es – obwohl Gott gesagt hatte „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. Wer heute in die Kirche geht, am Abendmahl teilnimmt, die Lieder singt aber in seinem Herzen eigene, selbst gemachte Götzen verehrt, der heuchelt und beleidigt Gott und die Gemeinde. Man fragt sich, was solch ein Typ in der Kirche zu suchen hat.
2.- Wenn der Mensch bewusst die Gebote Gottes übertritt. Das war ja das Problem in Israel zur Zeit des Amos. Auf der einen Seite besuchten sie die Gottesdienste - auf der anderen Seite übten sie Gewalt und Unrecht. Amos sagt: „Sorgt lieber dafür, dass jeder zu seinem Recht kommt! Recht und Gerechtigkeit sollen das Land erfüllen wie ein Strom, der nie austrocknet.“ - Gerechtigkeit ist Gott lieber als heuchlerische Gottesdienste. Ich kann es ja eigentlich nicht verstehen, wie Gewaltverbrecher, Betrüger, Menschen, die mit dem Gesetz in Konflikt leben und rebellisch sind, wie solche Menschen in eine Kirche gehen können. Man sollte annehmen, wer Böses tun will, macht einen Bogen um jede christliche Versammlung. Aber offenbar ist es für manche kein Problem, den Segen Gottes für ihre Verbrechen zu erflehen.
3.- Gottesdienste und Opfer verlieren ihre Bedeutung, wenn der Mensch falsche Motive hat. Ich glaube, dass war es, was der Prophet so sehr verurteilte: Die falschen Motive bei den Gottesdiensten.
Wenn ich über unseren Gottesdienstbesuch nachdenke, dann fallen mir eine ganze Reihe guter Motive ein, die wir haben sollten. Einige möchte ich nennen.
1.- Dankbarkeit. Wir kommen am Sonntagmorgen zusammen, um Gott zu danken. Wir erkennen, dass Er der Geber aller guten Gaben ist, dass wir Wohlstand und Gesundheit allein ihm zu verdanken haben. Wir bezeugen, dass Gott es gut mit uns meint, dass er uns gnädig ist und uns Vergebung und Erlösung schenkt. Dafür können wir ihm nie genug danken – und die Gemeindeversammlung ist eben ein Ort, wo wir das mit anderen in einem gebührenden Rahmen tun können.
2.- Liebe. Im Gottesdienst, in den Gebeten und Liedern bringen wir nicht nur unsere Dankbarkeit zum Ausdruck sondern auch unsere Liebe zu Gott. Wir sind versammelt, um erneut unsere Bereitschaft zu bekunden, dem Herrn zu folgen, zu gehorchen und zu dienen.
3.- ein anderes gutes Motiv, um Gottesdienste zu besuchen ist die Neugier. Wir wollen etwas lernen. Wir suchen Rat, Lebenshilfe, aber auch Hinweise auf unsere Fehler und Versagen. Wir wollen erfahren, wie Gott über uns denkt und was wir besser machen können. Solch eine Einstellung erfordert Demut, bringt aber sicher gute Resultate für unseren Alltag.
Also, gute Motive für den Gottesdienstbesuch können sein. Dankbarkeit, Liebe, Lernwille – aber auch weniger edle Motive sind sicher akzeptabel. Da ist z.B. auch der Gehorsam: Manch einer feiert den Sonntag mit einem Gottesdienst einfach weil Gott es geboten hat, den Feiertag zu heiligen. Also gehe ich in die Kirche, beschäftige mich Gott, bete, singe und helfe, wo ich gebraucht werde.
4.- ein anderes gutes Motiv, um Gottesdienste zu besuchen ist das Bedürfnis. Es gibt sicher auch Menschen, die ein regelrechtes Bedürfnis haben mit anderen zu feiern, zu singen, zu beten, sich auszutauschen und Gott zu loben. Sie brauchen diese Abgrenzung vom Alltag, diese Neuorientierung und Besinnung auf das Wesentliche.
5.- ein anderes gutes Motiv, um Gottesdienste zu besuchen ist Angst. Ich nehme an, dass sehr viele Menschen aus Angst in die Kirche gehen. Sie fürchten sich vielleicht vor der Strafe Gottes, wenn sie zu Hause bleiben. Sie fürchten sich vor dem Urteil des Pfarrers oder Priesters oder vor der Meinung der Verwandten und Freunde. Manche Gemeindeleiter verstehen es sehr gut, ihre Kirchen dadurch zu füllen, dass sie ihren Gläubigen Angst machen. – Nun ist Angst nicht unbedingt ein schlechtes Motiv um Gott zu gehorchen und ihm zu dienen. Aber es ist wohl auch nicht das Beste.
Neben ausgesprochen edlen und idealen Motiven für den Gottesdienstbesuch gibt es weniger gute - aber immerhin noch saubere und respektable. Dann sehen wir aber auch, dass es falsche oder negative Motive gibt. Das war ja der Fall bei den Israeliten, die Amos im Namen Gottes zurechtweist.
Zu diesen falschen Motiven gehören:
* Gesetzlichkeit. Wir erhoffen uns vielleicht Gnade und Segen, Vergebung und ewiges Leben als Gegenleistung Gottes für unsere Anwesenheit in der Versammlung.
* Ansehen. Dieser Gesichtspunkt verliert in unserer Gesellschaft immer mehr an Bedeutung. Aber früher war es doch oft so: wer als anständiger, rechtschaffener Mensch gelten wollte, der ging in die Kirche. Man trug dann die teuersten Kleider und nutzte die Versammlung, um sich in Erinnerung zu bringen und zu zeigen, welcher sozialen Schicht man angehörte.
* Spionage. Die Gemeinde ist sicher auch ein Ort, wo man Informationen sammeln, Meinungen erforschen und Argumente gegen das Christentum sammeln kann. Die Resultate lassen sich dann gut im Kampf gegen die Bibel und die Gläubigen verwenden.
* Manipulation. Wo Menschen versammelt sind, kann man leicht auch Meinung beeinflussen, Parteien bilden, für seine Ideen werben und Macht ausüben. Spaltungen und Machtkämpfe in den Gemeinden zeigen deutlich, dass manch ein freundlicher Gottesdienstbesucher durchaus die Versammlung für seine egoistischen Zwecke missbrauchen möchte.
Aber genug der falschen Motive. Ich möchte nicht über meine Brüder und Schwestern zu Gericht sitzen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es gar nicht so leicht ist, seine wahren Motive zu erkennen. Manchmal glauben wir, dass wir genau wissen, warum wir dieses oder jenes tun. Später vielleicht erkennen wir, dass wir uns getäuscht haben. Trotzdem ist es sicher gut, wenn wir einmal darüber nachdenken, weshalb wir die Gottesdienste besuchen – und ob Gott über uns vielleicht genauso urteilen muss, wie über die Israeliten zur Zeit des Amos.
Wir beten:
Herr, Du kennst unser Herz und unsere Motive. Du reinigst uns und hilfst und zu Recht, wo wir auf Abwegen sind. Wir wollen auch immer wieder unser Herz prüfen und sehen, ob wir Dich wirklich lieben und die Gemeinschaft mit Dir suchen und schätzen. Amen.
Rüdiger Klaue
... link
...bereits 1332 x gelesen
Es dauerte nicht lange, da prangte ein neues Schild über dem Eingang. Die Schaufenster waren mit kessen Sprüchen beschrieben, die deutlich machen sollten: hier weht ein neuer Wind. Doch nach kurzer Zeit wurde der Laden immer leerer, das Angebot wurde immer kleiner und schließlich räumten die neuen Besitzer alles aus und schlossen das Geschäft.
Als nächstes zog ein etwas ausgefallener Unternehmer in die Räume. Es war so eine Art Konditorei, wo man gemütlich Kaffee trinken und Torte in einer etwas ungewöhnlichen Umgebung essen konnte. Wer vorbei kam, schaute nun schon etwas skeptisch, ob sich der neue Besitzer mit seiner Idee in dieser Nachbarschaft halten könnte? Und wirklich, schon bald merkte man, dass die Stühle leer blieben, das Angebot wurde kleiner – die Sache funktionierte nicht. –
Wieder wechselte das Bild. Der neue Besitzer möchte hier etwas ganz anderes machen. Es soll eine Art Bastelstube werden, wo man Zeichenmaterial erwerben, aber auch Artikel des Kunsthandwerks kaufen kann. Wenn die Inhaber dieses Geschäft als Hobby betreiben, kann es funktionieren. Sonst aber sehen Realisten schon wieder den Tag, wo auch dieser Plan scheitern wird.
Was mir an dieser Beobachtung interessant erscheint ist die Tatsache, dass jeder neue Besitzer mit neuen Hoffnungen und Erwartungen in das Unternehmen einsteigt. Jeder denkt: „Ich werde das schon schaffen. Ich kann es besser als mein Vorgänger. Ich weiß, wie man’s macht.“ – Vielleicht haben sie alle den Tag herbei gesehnt, wo sie ihr eigenes Geschäft haben und erfolgreich in eine bessere Zukunft starten werden.
Ähnlich ging es wohl auch den Israeliten im Alten Testament zu den Zeiten des Propheten Amos. Sie erwarteten Erfolg, Sieg und Freude am Tage des Herrn, der noch kommen sollte. Amos jedoch sieht diesen Tag als einen schwarzen Tag.
Der Bibeltext:
(5,18) „Weh euch, die ihr den Tag herbeisehnt, an dem der Herr eingreift! Was erwartet ihr denn von diesem Tag? Finsternis wird er euch bringen und nicht Licht!
(5,19) Es wird euch ergehen wie dem Mann, der vor einem Löwen davonläuft und auf einen Bären trifft, und wenn er glücklich das Haus erreicht hat und sich an die Wand lehnt, beißt ihn eine Schlange.
(5,20) Der Tag des Herrn bringt Finsternis und nicht Licht, ein schwarzer Tag ist er; auch nicht einen Schimmer von Hoffnung lässt er euch.
(5,21) Der Herr sagt: »Ich hasse eure Feste und kann eure Feiern nicht ausstehen.
(5,22) Eure Brandopfer und Speiseopfer sind mir zuwider; das gemästete Vieh, das ihr für das Opfermahl schlachtet, kann ich nicht mehr sehen.
(5,23) Hört auf mit dem Geplärr eurer Lieder! Euer Harfengeklimper ist mir lästig!
(5,24) Sorgt lieber dafür, dass jeder zu seinem Recht kommt! Recht und Gerechtigkeit sollen das Land erfüllen wie ein Strom, der nie austrocknet.
(5,25) Habe ich von euch Israeliten während der vierzig Wüstenjahre vielleicht Mahlopfer und Speiseopfer verlangt?
(5,26) Habt ihr damals schon die Götzenbilder eures Himmelskönigs Sakkut und eures Sterngottes Kewan herumgetragen, wie ihr es jetzt tut?
(5,27) Ihr könnt euch darauf verlassen: Ich werde euch in die Verbannung führen, noch über Damaskus hinaus.« Das sagt der Herr, der Gott der ganzen Welt.“
Bei den Reichen herrschte viel Ungerechtigkeit und Korruption. Die Armen wurden unterdrückt und ausgebeutet. Betrug und Gewalt waren an der Tagesordnung. Dabei blieben die Israeliten aber noch einigermaßen fromm. Wie wir gerade gelesen haben, verrichteten sie noch ihre traditionellen Gottesdienste und brachten ihre vorgeschriebenen Opfer. Allerdings dachten sie dabei eher an Götzen wie den Himmelskönig Sakkut und den Sterngott Kewan. Das schmerzte Gott sehr. Zu ihrem gewalttätigen, ungerechten Verhalten gegen ihre Mitmenschen kam noch die Missachtung ihres Gottes dazu. Das war schlimm genug.
Gott konnte diese Verhältnisse nicht länger dulden. So rief er das Volk durch den Propheten Amos zur Buße und Umkehr auf. Es sollten wieder Friede, Gerechtigkeit und Gottesfurcht in der Gesellschaft herrschen. Doch die Menschen stellten sich taub, sie wollten nicht hören. Sie wollten nicht an ihre Sünden und Fehler erinnert werden, und sie wollten auch nicht ihr Verhalten ändern. Darauf reagierte Gott zunächst mit der Androhung von Gericht und Strafe. In deutlichen Worten malt der Prophet den Israeliten vor Augen, was Gott tun wird, wenn sie nicht hören wollen. So kündigt Amos Katastrophen, Missernten, Hungersnot, Krieg und Verbannung an. Dunkle, schwere Zeiten stehen bevor, wenn der Augenblick der Vollstreckung kommt. Diesen Augenblick bezeichnet der Prophet als den „Tag des HERRN“.
Es scheint, als haben die Israeliten nichts verstanden. Sie sehnten den Tag des Herrn herbei. In ihrer Vorstellung war es ein Freudentag, ein Tag des Lichtes, des Sieges und der Erlösung von allen Feinden und Widerwärtigkeiten. Dem Propheten wird klar, dass hier ein gründliches Missverständnis vorliegt. Er sagt deshalb zu den Leuten: „Weh euch, die ihr den Tag herbeisehnt, an dem der Herr eingreift! Was erwartet ihr denn von diesem Tag? Finsternis wird er euch bringen und nicht Licht! Es wird euch ergehen wie dem Mann, der vor einem Löwen davonläuft und auf einen Bären trifft. Der Tag des Herrn bringt Finsternis und nicht Licht, ein schwarzer Tag ist er; auch nicht einen Schimmer von Hoffnung lässt er euch.“ (Verse 18-20)
Enttäuschung war schon vorprogrammiert. Wie konnte es sein, dass die Menschen Gott so falsch verstanden hatten. Wie konnten sie Lob und Belohnung erwarten, wo ihnen doch Gericht und Strafe angekündigt waren?
So wie den Israeliten wird es sicher auch manchen unserer Zeitgenossen ergehen. Sie erwarten irgendeinen Tag in der Zukunft, der ihnen Erlösung und Heil und Erfüllung aller Wünsche bringen wird. Die Wahrheit ist aber, dass dieser Tag des Herrn für sie ein Gerichtstag sein wird. Sie werden nicht Heil und Leben empfangen, sondern Gericht und Strafe.
Dann wird geschehen, was Jesus in Matth. 25, 41 gesagt hat: „Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln.“ – Das wird eine furchtbare Enttäuschung sein, die nicht wieder gutzumachen ist. Wie kann es passieren, dass Menschen etwas völlig Verkehrtes von Gott erwarten? Darüber müssen wir uns klar werden, damit uns nicht das gleiche Schicksal widerfährt.
Die Menschen zur Zeit des Amos gingen einer schrecklichen Katastrophe entgegen in der Erwartung, dass sie etwas Erfreuliches und Schönes bekommen werden. Was war ihr Fehler?
Was müssen wir vermeiden, um nicht den gleichen Fehler zu begehen.
Das Problem der Israeliten war, dass sie eine Reihe von Dingen falsch einschätzten.
1.- Sie schätzten sich selber falsch ein. Die Leute sahen sich wohl ein wenig zu optimistisch oder blauäugig, wie wir heute sagen. In ihrer Vorstellung hatten sie nichts Verkehrtes getan. Sie waren gut und anständig. Nach ihrer Meinung haben sie nicht Strafe, sondern Anerkennung und Lob verdient. Der Tag des Herrn konnte also nur Licht, Freude und Lohn für sie bedeuten. Aber die Menschen waren blind gegenüber ihren eigenen Fehlern und Schwächen. Falsche Selbsteinschätzung wird auch heute und in Zukunft die Ursache für bittere Enttäuschungen sein. Manch einer wird nicht glauben wollen was er sieht und erlebt, wenn er nach dem Tod wieder zum jüngsten Gericht erwacht.
2.- sie schätzten die Worte des Propheten falsch ein. Die Hörer glaubten nicht, dass es so ernst werden könnte. Amos hatte zwar von Hungersnot, von Krieg und Verbannung gesprochen, aber wer wusste schon, ob das wirklich so gemeint war, ob das auch wirklich eintreffen würde und ob es auch so schlimm kommen sollte. Konnte man den Prophezeiungen wirklich trauen? Konnte man dem Propheten trauen? Ein wenig ärgerten sie sich sowieso über diesen Amos, der ihnen sagen wollte, was sie verkehrt machten. Was wusste dieser Viehhirte schon von Gottes Plänen. So ähnlich denken ja auch heute viele unserer Zeitgenossen über das Wort Gottes, und die Aussagen der Bibel-
3.- sie schätzten ihr Verhalten und ihre Sünden falsch ein. Sie hielten sich doch an die allgemeinen Normen, taten das, was die anderen auch taten. Sie waren nicht schlechter als die Nachbarn, die noch viel grausamer und ungerechter waren. In ihren Augen begingen sie doch gar keine Verbrechen für die sie bestraft werden müssten. So schrecklich und furchtbar konnten ihre Sünden doch gar nicht sein. Das war doch alles nur Panikmache. Diese Argumente kennen wir ja auch aus unserem Umfeld. Außerdem sind doch alle Menschen Sünder, keiner ist perfekt und niemand kann doch allen Geboten und Anordnungen Gottes folgen. Ihre Übertretungen waren aber weit schlimmer und unmoralischer als sie es für wahr haben wollten.
4.- vor allem aber schätzten die Israeliten ihren Gott falsch ein. Zu lange hatten sie sich nicht mehr um Gott gekümmert. Er war ihnen fremd geworden. Sie verstanden sein Denken und Handeln, sein Urteilen und Planen nicht mehr. Das führte eben auch dazu, dass sie sich selbst, ihre Fähigkeiten und Qualitäten und ihre Aussichten falsch einschätzten. Es waren vielleicht fünf oder mehr von Gottes Eigenschaften, die sie nicht bedachten und nicht richtig einschätzten.
Da war zuerst Gottes Heiligkeit. Ein allgemeiner Fehler ist, dass wir Gott als einen Menschen sehen, vielleicht als einen alten Mann, der nicht einmal so viel weiß und kann wie wir. Da ist kein Respekt, keine Achtung und keine Referenz mehr gegenüber dem Herrn aller Herren, dem König aller Könige und dem Schöpfer des Universums. Für manche ist Gott zu einem Kumpel geworden, für andere zu einem Sündenbock, der an allen Problemen in der Welt schuld hat. Gott steht aber hoch erhaben über allen Menschen samt ihren falschen Vorstellungen. Er ist heilig, rein, unverdorben und der Maßstab aller Dinge. Er sagt, was richtig und was falsch ist, was wir tun dürfen und was nicht. Wer Gottes Heiligkeit nicht richtig einschätzt, wird leichtfertig mit der Bibel, mit dem Gesetz und mit der Sünde umgehen.
Das Volk Gottes wird den Tag des Herrn als einen furchtbaren, schwarzen Gerichtstag ohne Hoffnung und Lichtschimmer erleben. Was die Leute jedoch erwarten, ist ein Freudentag, ein Tag des Sieges und Erlösung. Wie konnte es passieren, dass Israel sich so sehr irrte?! Einer der Hauptgründe war, dass sie Gott falsch einschätzten. Sie verkannten seine Heiligkeit.
Sie schätzten aber auch seine Initiative und Macht falsch ein. Es sieht so aus, als konnten sich die Israeliten nicht recht vorstellen, dass Gott die Feinde und die ganze Natur bewegen könne, um sie zu strafen. Die Prophezeiungen klangen wirklich recht unwahrscheinlich. Da ist von Dürreperioden und Unwettern die Rede, von Plagen und Krankheiten, von Katastrophen und Kriegen. Wer so etwas alles bewerkstelligen will, muss doch sehr stark und mächtig sein. Vielleicht erwarteten die Israeliten keinen Gerichtstag, weil sie es Gott gar nicht zutrauten, dass er die Welt bewegen könnte.
Das Volk schätzte sicher auch die Liebe Gottes falsch ein. Wohl erinnerten sich die Bewohner des Landes noch an die Verheißungen des Segens die ihren Vorfahren gegeben worden waren. Gott hatte sie erwählt und ihnen seine Liebe und Zuneigung beteuert. Ein Gott der Liebe konnte doch nicht so grausame Gerichte über sie senden. - Sicher ist das auch bei vielen von uns ein Problem, dass wir die Liebe Gottes falsch verstehen. Nach unserer Vorstellung bedeutet die Liebe Gottes, dass er alle unsere Fehler und Übertretungen übersehen soll und uns nur immer Gutes tun darf. Aber Gottes Liebe offenbart sich auch in den Geboten, in seinen Ermahnungen und Korrekturen.
Vielleicht unterschätzten die Zeitgenossen des Amos auch die Gerechtigkeit Gottes. Einige dachten wohl, Gott könne doch ein Auge zudrücken. Sie seien eben alle schwach und niemand ist vollkommen. Ihre Verfehlungen brauchten ja auch nicht gleich so hart bestraft zu werden. Sie rechneten nicht damit, dass Gott über alle unsere Taten zu Gericht sitzen und uns nach seinem heiligen Recht beurteilen wird.
Es scheint auch, als ob die Menschen, die jetzt einen schönen, siegreichen Tag des Herrn erwarteten Gottes Zuverlässigkeit falsch einschätzten. Ihre verkehrten Erwartungen sagen doch, dass sie nicht damit rechnen, dass Gott tun wird, was er gesagt hat. „Es wird schon nichts passieren“, war die Vorstellung der Leute. „Man muss das alles nicht zu ernst nehmen. Gott hat das zwar gesagt, er meint das aber nicht so.“ Das war ein falscher, fataler Optimismus. Mit dieser Einschätzung haben sich die Leute aber gründlich geirrt. Gott hält was er verspricht, er ist absolut zuverlässig.
Wir sehen an diesen Überlegungen, welche Fehler die Israeliten gemacht haben. Ihre falsche Einschätzung der Realität wird sie in den Abgrund und in das Verderben bringen. Was können wir aber tun, damit wir den Tag des Herrn nicht als einen furchtbaren Gerichtstag erleben? Die Situation ist nicht rosig. Auch in unserer Gesellschaft haben sich viele verkehrte Gewohnheiten und Ansichten eingebürgert. Gott und sein Gesetz werden kaum beachtet. Wir sind in einer ähnlichen Lage wie Israel.
Was wir tun können, um vor einer großen Enttäuschung bewahrt zu werden ist hauptsächlich, dass wir die Bibel lesen. Darin erfahren wir, wie Gott wirklich ist, was er will, was er verurteilt und was er belohnt. Er teilt uns seine Gedanken und Pläne mit, so dass wir wissen können, was uns erwartet. In seinem Wort sehen wir uns auch in einem Spiegel und erkennen unsere Übertretungen und Fehler. Jetzt kommt es nur noch darauf an, dass wir dem Wort glauben, es ernst nehmen, damit rechnen. Und da, wo wir zu kurz kommen und Gottes heiliges Gesetz nicht erfüllen, dürfen wir unser Versagen bei Jesus abgeben, der uns von aller Schuld befreit.
Wir beten:
Herr, wir danken Dir, dass wir Dich bei Deinem Wort nehmen dürfen, Du bist zuverlässig. Und wenn wir Dir glauben und vertrauen werden wir nicht in eine furchtbare Finsternis gehen, sondern zu Dir ins Licht. Bewahre uns in dieser wichtigen Sache vor falschen menschlichen Einschätzungen und dem Verderben. Amen.
Rüdiger Klaue
... link
...bereits 1875 x gelesen
Der Bibeltext:
(5,4) Der Herr lässt den Leuten von Israel sagen: »Kommt zu mir, dann bleibt ihr am Leben!
(5,5) Geht nicht nach Bet-El; denn Bet-El muss an den Bettelstab! Geht auch nicht nach Gilgal; denn Gilgal muss an den Galgen! Und geht erst recht nicht über die Grenze nach Beerscheba!«
(5,6) Kommt zum Herrn, dann werdet ihr leben! Sonst wird er wie Feuer über die Nachkommen Josefs herfallen. Dieser Brand wird auch das Heiligtum von Bet-El fressen; niemand kann ihn löschen.
(5,7) Weh euch! Ihr tretet das Recht mit Füßen; ihr verdreht es, dass es bitter wird wie Galle!
(5,8) Er hat das Siebengestirn und den Orion geschaffen. Er lässt aus Dunkelheit Licht werden und aus Licht wieder Dunkelheit. Er ruft das Wasser aus dem Meer und lässt es auf die Erde herabregnen. »Herr« ist sein Name!
(5,9) Er vernichtet die Mächtigen und zerstört ihre Festungen.
(10) Weh euch! Ihr hasst jeden, der in der Gerichtsversammlung die Wahrheit sagt und das Unrecht anprangert!
(5,11-12) Ich kenne eure Vergehen! Ihr beutet die Armen aus und verlangt von ihnen hohe Abgaben an Korn. Ihr verfolgt ehrbare Bürger, nehmt Bestechungsgelder an und verweigert den Schutzlosen ihr Recht. Aber die Strafe lässt nicht auf sich warten: Ihr werdet eure neuen Häuser nicht bewohnen und den Wein aus euren neu angelegten Weinbergen nicht trinken.
(5,13) Deshalb handelt jeder klug, der in solch einer bösen Zeit schweigt und sich euch nicht ans Messer liefert.
(5,14) Kommt zurück zum Guten, kehrt euch ab vom Bösen! Dann werdet ihr am Leben bleiben. Dann wird der Herr, der Gott der ganzen Welt, wirklich bei euch sein, wie ihr behauptet.
(5,15) Hasst das Böse, liebt das Gute! Sorgt vor Gericht dafür, dass Recht Recht bleibt! Vielleicht wird dann der Herr, der Gott der ganzen Welt, denen gnädig sein, die von den Nachkommen Josefs übrig bleiben.
(5,16) Weil ihr das Recht mit Füßen tretet, kündigt der Herr, der ganzen Welt, euch an: »Auf allen Plätzen wird man Trauerlieder hören, in allen Gassen Weherufe. Die Landleute werden von den Feldern geholt, um die Toten zu beweinen; alle, die sich darauf verstehen, werden zur Totenklage herbeigerufen.
(5,17) Selbst die Weinberge, in denen sonst Freude und Jubel herrschten, werden erfüllt sein von Klagegeschrei. Denn ich werde unter euch blutige Ernte halten. Das sage ich, der Herr!«
Manchmal bringen mich die Botschaften der Propheten in Probleme. Die Worte sind an Völker mit einem anderen kulturellen Hintergrund zu einer anderen Zeit gerichtet. Wir verstehen wenig von den sozialen und moralischen Zuständen in einem Land 700 Jahre vor unserer Zeitrechnung. Wir wissen kaum etwas über die politische Situation und über die Bedrohungen und Ängste einer Nation im mittleren Orient. So wissen wir auch nicht, wie wir die Worte der Propheten auf unsere Zeit und unsere Probleme anwenden sollen.
Andererseits überraschen uns die Propheten auch manchmal mit kurzen, kernigen Aussprüchen, die wir verstehen, die uns etwas zu sagen haben und die uns eine Hilfe in unserem täglich Leben sein können. In unserem Abschnitt heute sind es zwei knappe Sätze, die unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Der eine heißt: Hasset das Böse und liebet das Gute. Und diese Aussage möchte ich zuerst untersuchen.
Hasset das Böse und liebet das Gute! Das ist Gottes Botschaft, sein Wunsch und Befehl an das Volk Israel – aber es ist noch genauso eine Erwartung an uns. Mit dem Guten, von dem er hier spricht, ist sicherlich das Gesetz Gottes, die 10 Gebote, gemeint. Darüber hinaus aber auch alle Anweisungen, Ordnungen und Befehle, die uns von IHM gegeben sind. Wer sich daran hält und danach lebt, der tut Gutes.
Wir sollen also die Gebote Gottes wert achten, grundsätzlich „Ja“ dazu sagen und sie gerne tun. Die wenigsten von uns wachsen mit solch einer Liebe zu den Geboten Gottes auf. Viel eher empfinden wir sie als eine Last, eine Einschränkung, eine Bedrohung, viel zu schwer, sie zu erfüllen. Oft erscheinen sie uns auch ungerecht und als etwas, das uns den Spaß am Leben rauben will. So ist unsere Grundeinstellung zu Gottes Geboten schon gleich negativ. Deshalb fällt es uns so schwer, das Gesetz zu befolgen. Wir rebellieren dagegen, weil wir meinen, so etwas könnte kein liebender Gott von uns erwarten. Sobald wir aber unsere Einstellung dem Gesetz gegenüber ändern, finden wir es gut, nützlich und hilfreich. Wir können darin die Liebe und Weisheit Gottes erkennen. Und es fällt uns auch gar nicht mehr so schwer, das Gute zu tun.
Die Einstellung zum Gesetz zu ändern ist gar nicht so leicht. Da sind viele Einflüsse um uns, die uns schon von klein auf gegen die christliche Lehre und Moral beeinflusst haben. Viele Menschen in unserer Gesellschaft, die meisten Autoritäten, die Mitbürger und Freunde missachten die Gebote anstatt sie zu lieben und ehren. Man muss schon bereit sein, gegen den Strom zu schwimmen, wenn man sagt: Ich respektiere die Gebote Gottes, nehme sie als verbindlich für mich an und befolge sie. –
Vielleicht können wir es gar nicht einmal von uns aus, dass wir unsere Einstellung zum Gesetz von Grund auf ändern. Diese Veränderung muss von Gott selbst kommen. Er muss uns die Einsicht, das Verlangen und die Kraft geben, seine Anordnungen zu respektieren. Aus eigener Erfahrung weiß ich (und viele können es bestätigen) dass eine grundlegende Änderung meiner Einstellung zu den Geboten durch eine Krise entstand, die ich als Bekehrung bezeichne. Unterstützt wird diese Erfahrung durch biblische Aussagen, die betonen, dass der Mensch erst eine „Neue Kreatur“ sein muss, bevor er Gottes Gebote verstehen und lieben kann. Die Bekehrung geschieht aber nur, wenn wir ihr zustimmen. Sie ist dann auch mit der Vergebung unserer Sünden und dem ewigen Leben in Herrlichkeit verbunden. Wenn Sie eine positive Einstellung zu Gottes Gesetz haben wollen, geht das auch heute noch. Indem Sie Ihre falsche Haltung zugeben und bereuen und sich entschließen, ein Leben im Gehorsam mit Gott zu beginnen.
Hasset das Böse und liebet das Gute – hatte der Prophet gesagt. Das Gute ist also das Gesetz Gottes. Das Böse ist in diesem Zusammenhang zuerst einmal alles, was Amos an Sünden und Verfehlungen bei den Israeliten sieht. Da spricht er von Unterdrückung und Ausbeutung der Armen, von Ungerechtigkeiten, Unmoral und Korruption. Das Böse war in diesem Volk zur Norm geworden. Alle handelten danach und missachteten den Willen Gottes. Mit ihren Taten bewiesen sie, dass sie das Böse liebten und das Gute hassten.
Sie sollten aber das Böse verurteilen, Abstand davon nehmen und sich abwenden. Vielleicht waren die Leute aber schon so abgestumpft, dass sie gar nichts Verkehrtes mehr an ihrem Wandel fanden. Sie hatten vergessen, was Gott dazu sagt. Zum Glück taucht da ein Prophet auf, der sie auf ihren Zustand aufmerksam macht. Er zeigt ihnen, dass es auch anders gehen kann. Man muss nicht jede Gelegenheit nutzen um sich auf Kosten anderer zu bereichern. Man muss nicht mehr und mehr Besitz aufhäufen, man muss nicht lügen und betrügen, um überleben zu können, man muss nicht die Armen unterdrücken, um in der Gesellschaft mehr zu gelten, man muss nicht alle Leute als Feinde bekämpfen, die die Wahrheit sagen.
Gerechtigkeit und Gehorsam gegen Gott, die Liebe zu den Geboten kann genauso oder noch besser Befriedigung, Glück und Erfüllung bringen. „Hasset das Böse!“ sagt der Prophet. Und was er und Gott jetzt erwarten ist, dass die Hörer eine Reaktion zeigen. Das muss nicht unbedingt sofort und öffentlich sein. Aber die Leute sollen nachdenken, ob Amos nicht recht hat. Sie sollen dann auch in ihrem Herzen sagen: „Ich will grundsätzlich Abstand vom Bösen nehmen, ich will es nicht mehr tun!“ Das ist es, was Gott erwartet. Es würde die Not und Ungerechtigkeit in der Gesellschaft verändern und die einzelnen Menschen glücklicher und zufriedener machen.
„Hasset das Böse und liebet das Gute“ hatte der Prophet den in Unruhe, in Korruption und Unmoral lebenden Menschen in Israel gesagt. Der nächste Satz, der mir sehr wichtig und prägnant vorkommt lautet. „Kommt zu mir, dann bleibt ihr am Leben“ oder „Suchet mich, so werdet ihr leben“. Vielleicht hilft es uns zu sehen, dass Gott hier eine Verheißung gibt. Er sagt: „Ihr bleibt am Leben.“ Ich denke, das war es, was die Leute wollten. Sie wollten richtig leben: In Freiheit, in Sicherheit, Wohlstand und Frieden. Sie wollten aber auch Spaß und Freude haben und nicht eingeschränkt und bedroht werden. Sie wollten Anerkennung, Wertschätzung, Respekt und Liebe. Das gehört zu einem glücklichen, richtigen Leben. Und das wollen auch wir.
Israel versuchten offenbar dieses richtige Leben zu finden, indem es seine Mitbürger unterdrückte und betrog, indem es die Gutmütigen ausnutzte und die anständigen Leute an die Seite drängte. Es war eigentlich gar nicht so angenehm auf dieser Basis in der Gesellschaft zu verkehren. Man musste dauernd auf der Hut vor den Machenschaften und Intrigen der anderen sein. Man musste Angst haben, dass die unterdrückten und ausgebeuteten Armen sich irgendwann rächen würden. Allen Wohlstand und Luxus konnte man gar nicht so richtig genießen. Die gesamte Gesellschaft war korrupt. Ich kann mir denken, dass viele der Einwohner Israels gar nicht so richtig glücklich waren. Sie hatten nicht gefunden, was sie gesucht hatten, sie waren enttäuscht.
Dazu kam noch, dass sie in der Angst vor einem Krieg lebten. Es ging ihnen gut, aber da waren die Nachbarvölker, die auch etwas von dem Wohlstand abbekommen wollten. So ganz konnten die Zeitgenossen wohl auch nicht die Worte des Propheten vergessen. Er hatte ja Strafen, Katastrophen und Kriege angekündigt. Also von irgendwo her drohte Gefahr, sie waren sich ihres Lebens und Wohlergehens nicht sicher. Sie bekamen Angst und suchten Schutz und Hilfe. Die Aussicht, bei Gott ein ruhiges, sicheres Leben, also auch Bewahrung und Schutz zu finden, muss doch für viele eine Sehnsucht und Erwartung geweckt haben.
Dieses Leben, das der Prophet hier verspricht, bedeutet aber noch mehr. Es erinnert die Menschen an die Ewigkeit. Alles, was uns hier erwarten kann, ist der Tod. Trotz Reichtum und Wohlstand, trotz Stärke und Klugheit. Jeder wird einmal sterben müssen. Auch der Gerechte, der Gottesfürchtige und der, der das Gesetz liebt und befolgt.
Das Versprechen“... so werdet ihr leben“ wäre also nur ein verhältnismäßig geringer Lohn für alle Bemühungen, anständig zu sein. Es wäre kein wirkliches Versprechen, denn das Leben wäre vielleicht etwas besser, aber nicht dauerhaft. Es würde ja doch so oder so enden und damit alles sinnlos machen. Wahres Leben müsste nicht nur ein glückliches sein, sondern auch ewiges. Israel wusste um diese Ewigkeit.
Die Ewigkeit, das Leben danach, das gibt dem Leben hier erst seine ganz andere Dimension und Perspektive. Im Jenseits herrschen andere Bedingungen, andere Werte, andere Möglichkeiten. All unser Tun auf Erden gewinnt eine andere Bedeutung, wenn wir mit einem Leben nach dem Tod rechnen. Das jetzige Verhalten der Israeliten war ein Zeichen dafür, dass sie nicht an ein endgültiges Gericht glaubten - auch nicht an einen Himmel und nicht an eine Hölle und ebenso wenig an ein ewiges Leben.
Die Verheißung und der Wunsch Gottes an alle Menschen ist: wir sollen leben, für ewig leben, bei IHM in Herrlichkeit. Doch diese Verheißung ist auch an eine Bedingung gebunden. „Suchet mich“ oder „Kommt zu mir“, so lässt Gott den Propheten sagen, „so werdet ihr leben.“
Die Aufforderung: „Suchet mich“ erging einmal an das Volk, weil es das wahre Leben an verkehrten Stellen bei selbst gemachten Göttern suchte. Die hatten ihre Heiligtümer in Gilgal und in Beerscheba. Dorthin wandten sich die Israeliten in ihrer Angst. Sie erwarteten Schutz vor Krieg und Katastrophen durch Opfergaben an heiligen Stätten. Aber Gott war nicht in Gilgal und nicht in Beerscheba. Gott wollte ständig in den Gedanken und Herzen seines Volkes sein. Nicht an einem physischen Ort, sondern mitten unter den Leuten und im Leben eines jeden Einzelnen. Doch von da war er schon lange verbannt.
Jeder, der Böses tun will hat nicht gerne Gott in seiner Nähe. Also Israel war geneigt, sein Leben in spirituellen Zeremonien zu finden. Vielleicht suchten sie auch Hilfe bei anderen Völkern und Herrschern in der Nachbarschaft. Aber die Hoffnungen mussten hier enttäuscht werden. Gott allein kann das Gericht abwenden, Er allein kann Recht schaffen und das Volk zu Recht bringen und heilen. Und das ist auch heute noch so. Die meisten Menschen denken nicht mehr daran, dass Gott sie zu Recht bringen kann. Sie suchen Hilfe in der Droge, in der Unterhaltung, in der Medizin, bei Göttern, die viel versprechen und wenig halten.
Weil sich das Volk in der Zwischenzeit so weit von Gott entfernt hatte und seine Gebote und seinen Willen nicht mehr kannte und befolgte, musste Gott sagen: „Suchet mich“. Es würde einige Mühe und Anstrengung kosten, den wahren, den liebenden, vergebenden und errettenden Gott zu finden. Zu viel Staub lag auf ihrer Erinnerung. Zu viele andere Helfer hatten sie aufgesucht, zu viele Einflüsse hatten die Wahrheit verdeckt. Israel kannte seinen Gott gar nicht mehr. Es wusste nicht, wo er zu finden war und wie man Kontakt zu ihm aufnehmen konnte.
Man muss Gott schon suchen, um ihn zu finden. Überall da, wo Menschen sich aufgemacht haben, um Gott zu suchen, haben sie ihn auch gefunden. Für manche war die Suche lang und mühsam, für andere leicht und schnell. Manche mussten viele Umwege gehen und an verschiedenen Orten anhalten, andere haben kaum ihr erstes Gebet gesprochen, als sie Gott plötzlich wahr nahmen. Wie mühsam es ist hängt oft von dem Menschen selber ab. Wenn er zu sehr nach Beweisen sucht, zu sicher gehen will, nicht vertrauen in Gottes Wort hat, zuerst andere Religionen erforschen will, dann kann es lange dauern.
Immerhin, Gott gibt uns hier eine Bedingung und eine Verheißung. „Suchet mich, oder kommt zu mir, so werdet ihr leben.“ Die Verheißung – zu leben - schließt alle Wünsche und Hoffnungen ein, die wir als Menschen haben können. - Gottes Bedingung ist so leicht, dass sie jedermann in einem Augenblick erfüllen kann. „Suchet mich“. Wir brauchen nicht zu klagen, zu diskutieren oder vor Gott zu fliehen. Alles, was Er von uns erwartet ist, dass wir zum ihm kommen oder ihn suchen, um mit ihm Gemeinschaft zu haben.
Wir beten:
Herr, danke dass Dein Wort heute noch genau so zuverlässig ist, wie in grauer Vorzeit. Wir danken Dir für das Versprechen und die Aussicht auf ewiges Leben bei Dir. Über die Bedingung dazu ist schon viel spekuliert worden. Gib, dass wir klar verstehen was es heißt, Dich zu suchen – und dass wir auch jetzt bereit sind, es zu tun. Danke, dass Du Dich finden lässt. Amen.
Rüdiger Klaue
... link
...bereits 2368 x gelesen