Donnerstag, 2. März 2017
Predigtreihe über Hiob – Teil 24: Moral (Hiob 31 in Auszügen)
Über Hiob wissen wir, dass er einmal ein sehr reicher und angesehener Mann war. Doch eines Tages, ganz plötzlich, verlor er seine Familie, seinen gesamten Besitz und schließlich auch noch seine Gesundheit.

Hiob steht also auch heute noch für jemand, der durch Boten von seinem überraschenden, unfassbaren Ruin informiert wird. Das waren die sprichwörtlichen Hiobsbotschaften. Er lebte, nach meiner Erkenntnis, in einer Zeit in Palästina, als es noch kein Volk Israel, keinen Tempel, keine Erzväter, und vor allem keine Zehn Gebote gab. Trotzdem war Hiob ein gottesfürchtiger Mann mit einer hohen Moral. Man könnte fast meinen, dass er einer strengen, christlichen Gemeinde unserer Tage angehört hätte, die es mit den Geboten sehr genau nimmt.

In Kapitel 31 erläutert er, was für ihn ein tadelloses Leben, ein reiner Wandel vor Gott ist. Das müssen wir uns etwas genauer ansehen.

Da sagt Hiob:

(31,1) »Mit meinen Augen schloss ich den Vertrag, niemals ein Mädchen lüstern anzusehen.

(31,2) Was hätte ich von Gott sonst zu erwarten? Was wäre seine Antwort auf mein Tun?

(31,3) Er schickt Verderben, straft mit Missgeschick, wenn jemand böse ist und Unrecht tut.

(31,4)Gott sieht doch, was ich tue und was nicht; er zählt doch alle meine Schritte nach!«

Einmal spricht Hiob hier über seine sexuelle Reinheit. Als reicher Scheich hätte er sich bestimmt Nebenfrauen oder einen Harem leisten können. Das hätte ihm wahrscheinlich auch kaum einer übel genommen. Noch nicht einmal uneheliche Beziehungen wären für seine Umwelt ein Problem gewesen. Es hätte seinem Ruf wohl kaum geschadet. Doch für Hiob kommt das nicht infrage. Nicht einmal in Gedanken oder mit den Augen will er die Ehe brechen. Das ist ein sehr hoher Standard.

Dieses Verhalten erinnert uns Jesus Worte in der Bergpredigt (Matthäus 5):

(5,27) »Ihr wisst, dass es heißt: ›Du sollst nicht die Ehe brechen!‹

(5,28) Ich aber sage euch: Wer die Frau eines anderen begehrlich ansieht, hat in seinem Herzen schon die Ehe mit ihr gebrochen.

(5,29) Wenn dich dein rechtes Auge zur Sünde verführt, dann reiß es aus und wirf es weg! Es ist besser für dich, du verlierst eines deiner Glieder, als dass du ganz in die Hölle geworfen wirst. «

Wir wollen nicht über Hiob lächeln, der es so ernst nimmt mit der ehelichen Reinheit, vielmehr wollen wir uns von seiner Haltung ermutigen und inspirieren lassen.

Noch eins fällt mir auf: Hiob macht einen Bund mit seinen Augen. Ein Bund ist ein Vertrag oder ein Versprechen. Wir kennen das noch vom Ehebund, wo zwei Partner sich versprechen, ein Leben lang treu zu sein, sich zu tragen und zu lieben. Auch zwischen Gott und uns besteht ein Bund. Der Alte Bund und der Neue Bund (oder Testament). Da hat Gott einen Vertrag mit den Menschen geschlossen. In dem Vertrag wird festgelegt, wie das Verhältnis zueinander sein soll und welche Verpflichtungen jeder übernimmt.

Im Alten Testament beruhte dieser Bund noch ziemlich auf Bedingungen. Da gab Gott die Gesetzte und Verordnungen, die das Volk einhalten musste. Wenn es das nicht tat, konnte Gott auch seine Versprechen und Segnungen nicht erfüllen. Der Neue Bund oder das Neue Testament ist da schon einseitiger. Hier verspricht Jesus uns Segen und Heil nicht durch das, was wir leisten, sondern durch das was er am Kreuz für uns getan hat.

Nun ist ein Bund immer eine zwiespältige Sache. Einmal ist es gut, einen Bund zu machen. Das gibt uns Sicherheit. Denken wir z.B. an einen Arbeitsvertrag, der uns ein bestimmtes Einkommen, feste Arbeitszeiten und Urlaub zusichert. Denken wir an einen Mietvertrag. Er garantiert uns das Recht für eine bestimmte Zeit eine Wohnung oder Haus zu einem festgelegten Betrag zu bewohnen.

Im Fall eines Eheversprechens kann der Bund uns die Sicherheit geben, auf unseren Partner rechnen zu können, wenn wir ihn brauchen, wenn es schwierig wird. Der Gefährte wird uns nicht verlassen, wenn es ein Problem gibt, wenn wir verachtet oder verklagt werden; er wird uns nicht verlassen, wenn wir schwach und krank werden. Ein Versprechen bindet uns an ihn. Das gibt beiden Sicherheit. Andererseits verpflichtet uns ein Vertrag. Da können wir nicht so einfach unsere Meinung ändern, wir können nicht auf einmal unseren eigenen Interessen und Wünschen folgen. Wir müssen uns an Regeln und Abmachungen halten, auch wenn uns gar nicht danach zumute ist. Das ist gut.

Ein Bund kann unseren Charakter stärken und uns helfen das, was wir als gut eingesehen haben, auch auf die Dauer zu praktizieren. Das Abkommen, das Hiob mit seinen Augen geschlossen hat, war sicher auch einseitig; aber es hat ihm geholfen, sich daran zu erinnern, was er einmal als gut und richtig erkannt hat - und sich danach zu benehmen.

Das Problem bei einem Bund ist, dass man ihn auch brechen kann. Dann hat man viel verloren. Außerdem wird unser Gewissen belastet. Man fühlt sich als unzuverlässig, als Lügner, Schwächling und Versager. Wenn man einen Bund oder ein Versprechen bricht, ist das schlimmer, als wäre man nie solch eine Verpflichtung eingegangen. Deshalb sollten wir uns der Bedeutung eines Bundes bewusst sein und nicht leichtfertig und unbedacht einen Vertrag abschließen.

Aber es geht auch nicht, dass wir alle Verträge und Verpflichtungen vermeiden. Es geht z.B. auch nicht, ein Christ zu sein, ohne einen Bund mit Jesus zu haben. Der Vertrag, den wir mit ihm schließen, gründet sich auf Glauben, Gehorsam und Nachfolge. Wir wollen unsere Sünde und eigenen Wege aufgeben und von Jesus lernen. Wir wollen ihn bekennen, bezeugen, verkündigen. Das ist unsere Seite des Vertrages, ohne den wir nicht zu Jesus gehören können. Jesus hat uns dafür auch Verheißungen gegeben: Wir dürfen Gottes Kinder sein. Er wird uns beschützen bewahren und segnen und am Ende ewiges Leben in Herrlichkeit schenken. Jesus hat diesen Bund mit seinem Blut und Leben besiegelt; er wird ihn nicht brechen. Aber wir? Wir sind schwach, können nicht halten, was wir versprochen haben und sind in Gefahr alles aufzugeben und zu verlieren. Trotzdem wird der Bund mit Jesus uns immer eine Hilfe und eine Verpflichtung sein.

In der alten zerlesenen Bibel meiner Mutter fanden wir nach ihrem Tod so einen Vertrag mit Jesus schriftlich. Wenn man es selber aufschreibt und formuliert ist es vielleicht noch fester.

Es war Hiob ernst mit seiner sexuellen Reinheit:

(31,9) »Wenn ich für meines Nachbarn Frau entbrannte und auf sie lauerte an seiner Tür,

(31,10) soll meine Frau für einen andern kochen und andere Männer sollen mit ihr schlafen!

(31,11) Denn mein Vergehen wäre eine Schandtat, die jeder Richter hart bestrafen müsste;

(31,12) ein Feuer wäre es, das mich vernichtet und restlos niederbrennt, was mir gehört. «

Es befremdet uns heute, dass so ein Mann aus grauer Vorzeit sagt, dass ein Ehebruch eine Schandtat wäre, die jeder Richter hart bestrafen müsste. Ich glaube nicht, dass Ehebruch in unserem heutigen Strafrecht überhaupt erscheint und ob sich je ein Richter darum kümmern würde.

Aber Hiob hat richtig erkannt, dass Ehebruch und Leidenschaft ein Feuer sind, das restlos niederbrennt, was ihm gehört: nicht nur Besitz und Familie, sondern auch Ehre, Gewissen und Glaubwürdigkeit. Hiob war es also ernst mit der sexuellen Reinheit aber auch mit der Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Er sagt:

(31,5) »Ich schwöre, dass ich nie zur Lüge griff und nie versuchte, andere zu betrügen.

(31,7) Wenn ich vom rechten Weg gewichen bin, wenn ich mein Herz den Augen folgen ließ, wenn meine Hände schmutzig sind von Schuld,

(31,8) dann soll ein anderer essen, was ich säte, oder die Ernte soll vernichtet werden.«

Diese Aussage bezieht sich vielleicht darauf, dass die Freunde Hiobs ihn der Lüge und des Betrugs bezichtigten. Nun schwört er feierlich, sich hier nicht vergangen zu haben. Und dieser Schwur war vor Gericht gültig, solange es keine Zeugen und keine Beweise seiner Schuld gab.

Sein Verständnis von sozialer Gerechtigkeit zeigt Hiob, wenn er in den Versen 13 - 22 folgendes erklärt:

(31,13) »Wenn einer meiner Knechte sich beklagte, wenn eine Magd sich über mich beschwerte, hab ich zu keiner Zeit ihr Recht missachtet.

(31,15) Derselbe, der mich schuf im Mutterleib, hat doch auch die geschaffen, die mir dienen!

(31,16) Den Armen schlug ich keine Bitte ab und keine Witwe ging verzweifelt fort.

(31,17) Mein Mittagsmahl war nie für mich allein, kein Waisenkind blieb ohne seinen Anteil.

(31,18) Von Jugend auf, solang ich denken kann, nahm ich es wie ein Vater bei der Hand.

(31,19) Wenn einer nichts mehr anzuziehen hatte, zu arm war, eine Decke zu bezahlen,

(31,20) dann half ich ihm und gab ihm warme Kleidung, gewebt aus Wolle meiner eigenen Schafe; er aber dankte mir mit Segenswünschen.

(31,21) Wenn ich die Elternlosen unterdrückte, weil alle Richter meine Freunde waren,

(31,22) dann soll mein Arm am Ellenbogen brechen und meine Schulter sich vom Rücken lösen! «

Hiob hat viele Angestellte - Knechte und Mägde - gehabt. Die werden nicht immer alle mit ihm zufrieden gewesen sein. Höchst wahrscheinlich hat es da manche Probleme mit den Arbeitern gegeben. Hiob streitet das nicht ab, aber er sagt, dass er zu keiner Zeit ihr Recht missachtet hat. Er war also ein um Gerechtigkeit bemühter Arbeitgeber.

Bettler hat Hiob nie abgewiesen, Witwen ließ er nie ohne Nahrung und Hilfe gehen und auch die Waisenkinder wurden väterlich von ihm versorgt. Wohltätige Arbeitgeber waren die Sozialversicherung jener Zeit. Und wir sehen hier, dass nicht alle Reichen Ausbeuter und böse Menschen sind. Ein barmherziger Patron sah dazu, dass es auch den Armen und Kranken in seiner Umgebung gut ging.

Nun könnten wir meinen, dass Hiob ein arroganter Mann ist, der hier mit seinen guten Werken prahlt. Wir haben in unserer Kultur gelernt: Eigenlob stinkt. Man darf sich nicht selber rühmen. - Ich weiß nicht genau, woher wir diese Einsicht haben. Es stimmt schon, dass es ein wenig seltsam in unseren Ohren klingt, wenn da jemand alle seine guten Taten hervorholt. Wir meinen, wir haben die Bibel auf unserer Seite, wenn wir unsere Leistungen herunterspielen oder verschweigen:

Denn Paulus sagt in 2. Korinther 11:

(11,27) »Gibt es da noch irgendeinen Grund, sich mit etwas zu rühmen? Nein, alles Rühmen ist ausgeschlossen! Durch welches Gesetz? Etwa durch das Gesetz der Werke, das vom Menschen Leistungen fordert? Nein, sondern durch das Gesetz des Glaubens, das den Menschen zum Vertrauen einlädt!

(11,28) Denn für mich steht fest: Allein aufgrund des Glaubens nimmt Gott Menschen an und lässt sie vor seinem Urteil als gerecht bestehen. Er fragt dabei nicht nach Leistungen, wie das Gesetz sie fordert.«

Paulus meint, es gibt eigentlich nichts, wofür wir uns rühmen könnten; höchstens unsere guten Werke, aber die sind gar nicht so beachtlich und außerdem sind sie Pflicht. Aber dann merken wir, wie Paulus selber anfängt sich zu rühmen:


(11,22) Womit andere prahlen, damit kann ich auch prahlen.

(11,23) Sie dienen Christus? Ich diene ihm noch viel mehr! Ich habe härter für Christus gearbeitet. Ich bin öfter im Gefängnis gewesen, öfter geschlagen worden. Häufig war ich in Todesgefahr.

(11,24) Fünfmal habe ich von den Juden die neununddreißig Schläge bekommen.

(11,25) Dreimal wurde ich von den Römern mit Stöcken geprügelt, einmal wurde ich gesteinigt. Ich habe drei Schiffbrüche erlebt; das eine Mal trieb ich eine Nacht und einen Tag auf dem Meer.

(11,26) Auf meinen vielen Reisen haben mich Hochwasser und Räuber bedroht. Juden und Nichtjuden haben mir nachgestellt. Es gab Gefahren in Städten und in Einöden, Gefahren auf hoher See und Gefahren bei falschen Brüdern.

(11,27) Ich hatte Mühe und Not und oftmals schlaflose Nächte. Ich war hungrig und durstig, oft hatte ich tagelang nichts zu essen. Ich fror und hatte nichts Warmes anzuziehen.«

Was Paulus hier aufführt sind ja nun weniger gute Werke als vielmehr Leiden, die er im Dienst für Jesus erduldet hat. Wir nehmen mal an, dass Paulus das nicht gesagt hat, um bewundert und geachtet zu werden. Er wollte wohl viel mehr den Kritikern begegnen, die seine Motive und seine Integrität in Zweifel stellten. Es musste auch mal gesagt werden. Und es war die Wahrheit.

Auch Jesus hat Dinge gesagt, die wir als Überheblichkeit und Arroganz interpretieren können. Die Pharisäer empörten sich sehr über das Zeugnis, das Jesus über sich selbst gab - aber er hatte recht! Und er musste es in Demut bezeugen, auch wenn es den anderen nicht passte.

Weiter spricht Hiob den Götzendienst an:

(31,26) »Wenn ich die Sonne sah in ihrem Glanz, den Mond auf seiner Bahn in voller Pracht,

(31,27) dann war ich nie versucht, sie zu verehren und ihnen eine Kusshand zuzuwerfen.

(31,28) Der Richter müsste solche Sünde strafen, weil ich den höchsten Gott verleugnet hätte! «

Götzendienst ist Sünde, sagt Hiob sehr richtig. Doch heute ist das bei den meisten Menschen kein Problem, sie sagen: »Ich kann doch glauben was und an wen ich will! Das geht niemand etwas an. « Gott sieht das aber anders.

In den restlichen Versen des Kapitels spricht er noch von seiner Gastfreundschaft, von seiner Zurückhaltung seinen Feinden gegenüber und vom Fluchen, von seiner Demut und Bußfertigkeit. Alles in allem sehen wir in diesem Kapitel deutlich, was für ein moralisches Verständnis Hiob hatte. Er verabscheute die Sünde und verurteilte sich selbst, wo er nicht nach diesen Maßstäben gehandelt hatte.

Moral, welch ein verstaubter Begriff für viele Freidenker. Aber welch ein Segen für einen selber und für die Mitmenschen.

Wir beten:
Herr, das Zeugnis des Hiob beschämt uns und hilft uns auch, es mit unserer eigenen Moral wieder ernster zu nehmen. Hilf uns, dass uns Deine Gnade und Barmherzigkeit nicht gleichgültig unseren Verpflichtungen gegenüber macht. Amen.

Rüdiger Klaue

Weitere Predigten von Rüdiger Klaue findest Du unter http://www.rklaue.com/

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