Donnerstag, 23. Februar 2017
Predigtreihe über Amos– Teil 13 (Amos 9, 1 – 6)
Wenn ich so die Drohungen in den kleinen Propheten lese, meine ich, die Gefühle des Propheten mit zu erleben, wenn er seinem Volk die Botschaft Gottes mitteilen muss. Er ist nicht unbeteiligt, nicht gleichgültig. Amos, und all die anderen Boten, sind durch ihren Auftrag mit hinein genommen in die Stimmung und Gefühlswelt ihres Herrn.

Aus den Worten des Propheten spricht Ärger, Zorn, Entrüstung über die Einstellung und das Verhalten der Menschen, die zum Volk Gottes gehören. Er ist frustriert, enttäuscht und empört über das, was da vor seinen Augen an Ungerechtigkeit, Bosheit, Gewalt und Undankbarkeit geschieht.

Dabei fühlt er sich so machtlos und schwach, unfähig hier etwas zu ändern. Keiner hört auf ihn, keiner nimmt ihn ernst, keiner zeigt sich betroffen oder reagiert in irgendeiner Weise auf die Anklagen und Drohungen. Eine Zeitlang kann der Prophet vielleicht an sich halten und in Liebe und Geduld auf das Volk einreden. Aber dann kommt der Moment, wo die Langmut ihren Höhepunkt erreicht hat. Was darauf folgen muss, sind Taten, harte Strafen, Gericht und Vernichtung. Das ist jetzt geschehen. Gott lässt dem Volk durch Amos sagen: Niemand wird sich retten können, niemand mit dem Leben davonkommen.“ –

Der Bibeltext:
(9,1) „Ich sah den Herrn in Bet-El riesengroß am Altar vor dem Tempel stehen. Er gab einem Engel den Befehl: »Schlag auf die Kapitelle der Tempelsäulen, dass der ganze Bau bis in die Fundamente erzittert! Zerschmettere die Säulen, dass sie diesen Leuten auf den Kopf fallen! Und wer das überlebt, soll durch das Schwert des Feindes umkommen. Niemand wird sich retten können, niemand mit dem Leben davonkommen.

(9,2) Selbst wenn sie sich in der Totenwelt vergraben, ich werde sie von dort zurückholen; selbst wenn sie in den Himmel hinaufsteigen, ich werde sie von dort herunterholen.

(9,3) Verstecken sie sich auf dem Berg Karmel, so werde ich sie auch dort ausfindig machen; verbergen sie sich auf dem Meeresboden, so befehle ich der Seeschlange, sie zu beißen.

(9,4) Und wenn sie von ihren Feinden in die Verbannung geführt werden, lasse ich sie dort mit dem Schwert umbringen. Ich behalte sie im Auge, aber nicht, um ihnen zu helfen, sondern um sie zu vernichten.«

(9,5) Der Herr, der Herrscher über die ganze Welt: berührt er die Erde, so bebt sie, sie hebt und senkt sich wie der Nil in Ägypten, und überall trauern ihre Bewohner um die Opfer, die unter den Trümmern begraben sind.

(9,6) Er hat über der Erde das Himmelsgewölbe errichtet und sich droben im Himmel seine Wohnung gebaut. Er ruft das Wasser aus dem Meer und lässt es auf die Erde herabregnen. »Herr « ist sein Name! –

Amos sieht also den Herrn „riesengroß am Altar vor dem Tempel stehen“ und den Fluch über das Volk sprechen: Niemand wird sich retten können, niemand mit dem Leben davonkommen. Gott ist furchtbar frustriert und erzürnt über sein Volk. Das können wir besser verstehen, wenn wir noch einmal einen Blick in die Geschichte tun.

Gott ist also erzürnt über das Volk. Er will es vernichten und ausrotten. Wohin auch immer die Leute vor seinem Zorn flüchten, er wird sie aufspüren und töten. Im Vers 2 von Kapitel 9 sagt er „Selbst wenn sie sich in der Totenwelt vergraben, ich werde sie von dort zurückholen; selbst wenn sie in den Himmel hinaufsteigen, ich werde sie von dort herunterholen.“

Und in Vers 4 „Ich behalte sie im Auge, aber nicht, um ihnen zu helfen, sondern um sie zu vernichten.« Gott ist scheinbar sehr erregt und zornig über sein Volk. Aber warum ist der Herr so entschlossen solch eine furchtbare Strafe anzuwenden? Die Antwort ist mehrteilig und hat in der Vergangenheit Israels seine Wurzeln.

Gott ist erzürnt über sein Volk weil er sich

1.- diesem Volk auf besondere Weise offenbart hat. Die Bibel ist nicht ein Buch, das aus menschlicher Weisheit und Überlegung entstanden ist. Es ist nicht so, dass weise Männer nachgedacht, philosophiert oder meditiert und dann ihre Erkenntnisse und Einsichten über Gott als eine Lehre zusammengefasst hätten.

Die Bibel ist auch nicht nur ein Geschichtenbuch oder ein Moralkodex, der von begnadeten Führern erstellt worden sei. Was uns die Bibel über Gott wissen lässt, sind Offenbarungen Gottes. Viele Dinge, wie z.B. die Entstehung der Erde und des Menschen in der Vergangenheit, oder auch das Ziel mit der Schöpfung und die Zukunft können wir niemals durch Forschung, Wissenschaft oder Berechnung klären.

Es gibt nur einen Weg, das zu erfahren und das ist die Offenbarung Gottes. Der Schöpfer lässt uns durch seine Boten mitteilen, wie es in grauer Vorzeit zur Entstehung der Erde kam. Dann offenbart Gott sich auch selbst uns Menschen: seinen Charakter, sein Wesen, seinen Willen und seine Pläne. Ohne die Offenbarung Gottes in der Schrift könnten wir immer nur herumrätseln, ob Gott existiert, wie er ist und was er will. Wer die Offenbarung Gottes nicht annimmt, ihr nicht glaubt, der wird sein Leben lang suchen und im Dunkeln tappen. Nirgends sonst wird er Antwort auf seine letzten Fragen finden. Es ist eine große Gnade und ein Vorrecht, dass der Herr der Welt sich den Menschen offenbart und sich ihnen mitteilt.

Nun hat Gott sich nicht wahllos irgendwelchen Personen auf diesem Erdenrund offenbart. Er erwählte dazu anfänglich einzelne Männer und Frauen und später ein ganzes Volk. Das begann mit Adam und Eva, zu denen Gott von Angesicht zu Angesicht sprach. Später erwählte er Abraham und seine Nachkommen, das Volk Israel. Alle Gottesoffenbarungen in der Bibel sind uns durch Nachkommen Abrahams übermittelt worden.

Gott hatte ein Volk erwählt, mit dem er reden und dem er sich offenbaren wollte. Das war doch eine ganz besondere Stellung, auf die Israel mit Demut, Dank und Treue hätte antworten sollen. Aber so war es nicht. Israel hat sich immer wieder von Gott abgewandt. Es hat seine Verantwortung als Vermittler der Erkenntnis vernachlässigt und damit Gott zutiefst entwürdigt und beleidigt. Nun will Gott das nicht länger hinnehmen und lässt durch Amos, die Vernichtung dieser treulosen und verräterischen Gesellschaft ankündigen. –

Trotz der Untreue des Volkes sind aber die Offenbarungen Gottes bis zu uns heute durchgedrungen. Wir tun gut daran, sie vorsichtig und verantwortlich zu verwalten und nicht dem Beispiel Israels zu folgen.

2.- Gott ist erzürnt, weil er seinem Volk immer wieder viel Gutes erwiesen hat und dafür nur Undank erntet. Er hat Abraham reich und mächtig werden lassen, er hat dessen Sohn und seine Familien vor einer Hungersnot bewahrt und ihnen Nahrung und Sicherheit in Ägypten verschafft, er hat den ganzen Stamm durch die Wüste wieder in ihre Heimat geführt...

Ich will jetzt nicht die ganz Geschichte Israels nachzeichnen, aber wir finden Wunder über Wunder und machtvolles Eingreifen Gottes, wenn es um die Bewahrung und Erhaltung seines Volkes geht. Güte und Barmherzigkeit, Schutz und Segen und viel Zuwendung und Liebe hat das Volk durch Gott erfahren. All das haben die Leute um Amos herum scheinbar vergessen. Sie sind nicht nur undankbar, sondern auch habgierig, herrschsüchtig, hartherzig und lieblos geworden. Das Volk beutet sich gegenseitig aus, reißt an sich, was ihm nicht zusteht und missachtet die Gebote. Das Vertrauen, der Respekt und Liebe zu ihrem Gott sind gänzlich verschwunden. Darüber ist Gott nicht nur betrübt, sondern es macht ihn zornig. Bevor diese Menschen ihm noch weiter den Ruf verderben und ihm Schande bereiten wird er sie vernichten müssen.

3.- Gott ist erzürnt, weil er seinem Volk schon oft seine Fehler vergeben hat, aber keine Besserung sieht. Die Geschichte Israels ist die Geschichte der Erwählung eines Volkes, es ist die Geschichte der Führungen und Wohltaten Gottes, es ist aber auch eine Geschichte des menschlichen Versagens. Ich nehme an, dass Gott von Anfang an gewusst hat, dass der Mensch gefallen und verdorben ist.

So betrübt der Herr darüber war, so hat er doch auch damit gerechnet. Er erwartete sicher nicht Vollkommenheit, Perfektion und Sündlosigkeit. Die Biographien aller großen Gottesmänner, von Abraham über Jakob, Josef, Mose, Josua, Samuel, David, Salomo und wie sie alle hießen, zeigen es: Alle hatten ihre Fehler und Sünden. Damit kann Gott sicher leben, solange die Menschen demütig und bußfertig sind, ihr Versagen einsehen und bei Gott Wiederherstellung und Rechtfertigung suchen.

Manche Könige, Priester und Propheten mussten sich schon in der Vergangenheit vor Gott wegen ihrer Schuld beugen und um Vergebung bitten. Es war zwar schmerzlich für alle Beteiligten, aber es brachte auch wieder Versöhnung und neuen Frieden mit Gott. Einige dieser Glaubensväter kamen mit wirklich erschreckenden Verfehlungen zu Gott, mit großen Sünden und schweren Vergehen. Aber Gott hat sie wieder hergestellt und sie haben sich noch vorbildlich bewährt.

Andere kamen vielleicht mit kleineren Übertretungen, aber sie kamen immer wieder und immer wieder. Sie waren einfach schwach und konnten ihre Neigungen nicht besiegen und den Versuchungen nicht widerstehen. Die Geduld Gottes wurde auf eine harte Probe gestellt. Aber solange die Sünder reumütig zu Gott kamen, fanden sie auch Vergebung und Wiederherstellung. Die Geschichte des Volkes Israel zeigt auch deutlich die nahezu unerschöpfliche Geduld, Gnade und Vergebensbereitschaft Gottes. Die Zeitgenossen des Amos hatten bisher alle von der Langmut und Freundlichkeit Gottes profitiert. Doch jetzt wollten die Menschen nicht mehr ihre Fehler einsehen und sich vor Gott beugen. Sie waren selbstgerecht und unabhängig geworden – und das machte Gott so zornig, dass er sie mit einem Schlag vernichten wollte.

4.- Gott ist erzürnt, weil er sich diesem Volk offenbart hat, und das Volk doch seinen Willen missachtete, weil er ihm immer viel Gutes erwiesen hat, und das Volk doch undankbar und habgierig war, weil er ihm schon viele Fehler vergeben hat und das Volk doch kein Vertrauen und keine Liebe zu Gott zeigt. und nun ist er auch erzürnt, weil das Volk seine Warnungen und Rufe zur Umkehr nicht beachtet.

Schon lange war der Herr unzufrieden mit dem Betragen der Bürger Israels. Es mangelte an Liebe und Gehorsam, an Glaube und Vertrauen, an Mitleid mit den Armen und an Gerechtigkeit im Volk. Sogar die Führer, die Fürsten und Priester waren korrupt. Gott hat das gesehen und es hat ihn geschmerzt. In dem Bemühen, eine Veränderung der Lage zu erreichen, hat Gott dann seine Propheten zu den Menschen geschickt. In ihren Botschaften beschrieben sie den Abfall, die Gesetzlosigkeit und Verdorbenheit der Gesellschaft. Sie erinnerten an die Gebote, Verordnungen und Gesetze, die das Volk durch Mose empfangen hatte. Und schließlich drohten die Propheten dann auch mit Gericht und Strafen, mit Krieg, Katastrophen, Verbannung und Vernichtung. Alle liebevollen, gut gemeinten und alle harten und drohenden Worte zeigten aber keine Wirkung mehr im Israel zur Zeit des Amos.

Das erzürnt den Herrn dermaßen, dass er jetzt handeln wird, wie der Prophet im Vers 1 von Kap 9 sagt: „Niemand wird sich retten können, niemand mit dem Leben davonkommen.“ Und in Vers 2-4: „Selbst wenn sie sich in der Totenwelt vergraben, ich werde sie von dort zurückholen; selbst wenn sie in den Himmel hinaufsteigen, ich werde sie von dort herunterholen. Verstecken sie sich auf dem Berg Karmel, so werde ich sie auch dort ausfindig machen; verbergen sie sich auf dem Meeresboden, so befehle ich der Seeschlange, sie zu beißen. Und wenn sie von ihren Feinden in die Verbannung geführt werden, lasse ich sie dort mit dem Schwert umbringen. Ich behalte sie im Auge, aber nicht, um ihnen zu helfen, sondern um sie zu vernichten.« -

Gott ist entrüstet, weil sein Volk die Warnungen und Drohungen nicht hören und darauf reagieren will. Deshalb muss er es jetzt vernichten. Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen und seine Macht und Autorität zu beweisen sagt er noch in Vers 5 Der Herr, der Herrscher über die ganze Welt: berührt er die Erde, so bebt sie, sie hebt und senkt sich wie der Nil in Ägypten“ und in Vers 6 „Er hat über der Erde das Himmelsgewölbe errichtet und sich droben im Himmel seine Wohnung gebaut. Er ruft das Wasser aus dem Meer und lässt es auf die Erde herabregnen. »Herr « ist sein Name!“

Wenn wir auf unser Leben und unser Volk schauen, dann müssen wir sagen: Gott hat mit uns ähnlich gehandelt wie mit Israel: Er hat sich uns offenbart durch sein Wort, er hat uns viel Gutes erwiesen und mit unseren Sünden und Fehlern viel Geduld gehabt. Er hat uns gewarnt durch seine Boten und uns durch Katastrophen und Kriege wachgerüttelt und nun erwartet er, dass wir darauf reagieren und ihm den gebührenden Respekt und Gehorsam entgegen bringen. Dann ist er auch bereit, uns wieder zu vergeben und uns mit sich zu versöhnen.

Wir beten.
Danke, Herr für alles Beweise Deiner Liebe in unserem Leben. Danke für Deine Boten, ihre Ermahnungen und Warnungen. Wir wollen ein offenes Herz haben für Dich und uns Dir wieder ganz zuwenden. Amen.

Rüdiger Klaue

Weitere Predigten von Rüdiger Klaue findest Du unter http://www.rklaue.com/

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