Donnerstag, 23. Februar 2017
Predigtreihe über Amos– Teil 6 (Amos 4, 6 – 12 )
Wie weit sind wir offen für das Reden Gottes? Das Volk Israel hat scheinbar nichts gemerkt, als Gott ihm etwas sagen wollte. Dabei ist es ja nicht so, dass Gott zu leise oder zu undeutlich gesprochen hätte. Im Fall, den der Prophet Amos hier schildert, hat Gott ja wirklich alle Register gezogen von Hungersnot über Krieg und Pest bis hin zu Insektenplagen und Katastrophen. Das waren empfindliche Zeichen und Strafen die sicher auch sehr weh taten. Offenbar hat Israel das auch so als Reden Gottes erkannt. Und wenn Amos die Leute beschuldigt, dass sie nicht darauf reagiert haben, widerspricht ihm niemand. Also wussten sie, was das alles zu bedeuten hatte und was Gott von ihnen wollte. Trotzdem haben sie nicht reagiert.

Oft haben wir ja das Problem, dass wir das Reden Gottes nicht verstehen. Wenn uns heute ein Unglück widerfährt, dann haben wir viele Fragen, nicht nur „Warum lässt Gott das zu?“ sondern auch Fragen wie z.B. „Woher weiß ich überhaupt, dass dieses Unglück von Gott kommt und nicht vom Teufel oder von mir selbst verschuldet ist? Woher weiß ich, ob eine Katastrophe eine Strafe, eine Prüfung oder eine Schule für mich ist? Wie kann ich wissen, was Gott mir durch Krankheit, Verlust oder Unglück genau sagen will? Was ich nun wirklich tun oder lassen soll? – Es ist selbst für reife Christen nicht immer leicht die Ereignisse richtig zu interpretieren und zu wissen, was Gott sagen will.

All diese Fragen und Probleme hatten die Israeliten in unserem Text nicht. Eine wesentliche Hilfe bei der Interpretation der Ereignisse und Katastrophen war ihnen der Propheten. Der Prophet konnte die notvollen Umstände erklären und deuten. Er wusste woher sie kamen und warum, und wie das Volk darauf reagieren sollte. Doch für Israel brachte diese Hilfe nicht viel, denn die Menschen wollten nichts von Gott wissen, sie wollten keine Erklärungen, keine Hinweise, Ratschläge oder Kritik. Und vielleicht ist das auch manchmal unser Problem. Wir hören Gottes Reden nicht, weil wir es nicht hören wollen. Unsere Fragen sind dann nicht ehrlich gemeint, sondern eher eine Anklage und Kritik an Gott. –

Ich möchte aber heute noch etwas mehr über Strafen nachdenken: über ihren Sinn und ihre Grenzen.

Der Bibeltext:

(4,6) Der Herr sagt: »Ich schickte euch eine Hungersnot, sodass es in euren Städten und Dörfern nichts mehr zu beißen gab. Das kam von mir! Trotzdem seid ihr nicht zu mir umgekehrt.

(4,7) Ich hielt den Regen zurück, als die Felder ihn am nötigsten gebraucht hätten. Über der einen Stadt ließ ich es regnen, auf die andere fiel nicht ein Tropfen. Das eine Feld stand prächtig, während auf dem andern alles verdorrte.

(4,8) Von überall her schleppten die Leute sich halb verdurstet zu einer Stadt, die noch Wasser hatte; aber es reichte nicht für so viele. Trotzdem seid ihr nicht zu mir umgekehrt«, sagt der Herr.

(4,9) »Ich schickte euch Mehltau und Kornbrand; die meisten eurer Gärten und Weinberge, eurer Feigenbäume und Ölbäume fraßen die Heuschrecken kahl. Trotzdem seid ihr nicht zu mir umgekehrt«, sagt der Herr.

(4,10) »Ich schickte euch die Pest wie einst den Ägyptern. Ich ließ eure jungen Männer im Kampf umkommen und gab eure Pferde den Feinden zur Beute. In euren Lagern ließ ich euch den Leichengestank in die Nase steigen. Trotzdem seid ihr nicht zu mir umgekehrt«, sagt der Herr.

(4,11) »Ich ließ ganze Städte untergehen wie einst Sodom und Gomorra, nur ein paar Menschen überlebten die Katastrophe - so wie ein angekohltes Holzscheit gerade noch aus dem Feuer gerissen wird. Trotzdem seid ihr nicht zu mir umgekehrt«, sagt der Herr.

(4,12) »Jetzt aber komme ich selbst und ziehe euch zur Rechenschaft. Macht euch bereit, mir gegenüberzutreten, ihr Leute von Israel!«

Erstaunlich an dieser Botschaft des Amos sind ja zwei Tatsachen. Einmal, dass Israel auf das wiederholte Reden und die Strafen Gottes nicht reagiert. Anstatt auf Gott zu hören und umzukehren ist das Volk weiter den verkehrten Weg gelaufen. Offenbar wussten die Leute genau, was Gott von ihnen wollte, aber sie waren rebellisch und verstockt.

Zum anderen erstaunt es uns, dass Gott so ausdauernd ist und ein Unglück nach dem anderen schickt, um sein Volk zur Umkehr zu bewegen. Er sendet Hungersnot, Dürre, Mehltau und Kornbrand, Heuschreckenplagen, Pest, Krieg und Katastrophen; alles Erziehungsmaßnahmen, Strafen und Gerichte die das Volk schließlich zugrunde richteten.

Was wir hier gelesen haben sind ja Ereignisse, die bereits stattgefunden haben. Es sind keine Zukunftsprophezeiungen. Um diese Katastrophen genau in die Geschichte Israels einordnen zu können, müssten wir uns mehr mit der Vergangenheit dieses Volkes befassen. Sicher würden wir dann auch die Zeiten der Dürre, der Pest, der Hungersnot etc. ausmachen können. Mir geht es aber heute mehr um den Sinn und die Grenzen von Strafen überhaupt. Dazu einige Gedanken

1.- Strafen sollen Buße bewirken. Das ist ein sehr wichtiger Grundsatz, wenn wir das Handeln Gottes in der Bibel verstehen wollen. Zunächst erscheint es uns immer grausam und übertrieben, was Gott den Menschen antut und was Er ihnen für die Zukunft androht. Aber wenn wir folgendes bedenken, können wir die Aussagen vielleicht besser verstehen.

a- Gott straft nicht nur sondern segnet auch. Die Bibel ist voll des Lobes und Dankens für die Gnade und Wundertaten Gottes. Das wird besonders auch in den Psalmen deutlich. David z.B. rühmt immer wieder seinen Gott, der ihn vor seinen Feinden beschützt hat, der ihm Sieg gegeben hat, der ihn von Krankheit geheilt und ihn aus der unbedeutenden Position eines Hirtenjungens zum König erhoben hat.

In den Büchern Mose sehen wir, wie Gott sein Volk aus der Gefangenschaft befreit, wie er es in der Wüste mit Wasser und Brot versorgt hat, wie er es durch unbekanntes Gelände geführt und vor Gefahren bewahrt hat. Wir sehen, wie Gott seinem Volk Sieg über Feinde schenkt und ihm in einem unwirtlichen Land eine blühende Wirtschaft schenkt. Wir sehen wie Gott einzelnen Menschen gnädig ist, ihnen ihre Schuld vergibt, sie in Gnade annimmt und ihre Seele vor dem Verderben erlöst. Wir könnten noch lange fortfahren, die Wohltaten und Segnungen Gottes aufzuführen. Die Bibel ermahnt uns immer wieder daran zu denken, uns zu erinnern und nicht zu vergessen, was er uns Gutes getan hat.

b- Müssen wir bedenken, dass die Menschen auch wirklich böse sind. Oft verachten sie die Segnungen Gottes, sie werden übermütig, aufsässig, unzufrieden und überheblich und werden zu allem fähig. In Israel wurde, trotz aller Wohltaten Gottes, gelogen und betrogen, die Armen wurden unterdrückt und ausgebeutet, das Recht wurde missachtet und die Starken übten hemmungslos Gewalt aus. Wir wollen nicht so tun, als wären die Menschen unschuldig, die Sein Gericht zu spüren bekommen. Viele von den Unterdrückten, Ausgebeuteten und Benachteiligten haben sicher schon lange auf ein Eingreifen Gottes gewartet. Sie haben wahrscheinlich gebetet und gefleht, dass Ihr Gott endlich der Ungerechtigkeit ein Ende machen soll.

c- dann sollten wir auch bedenken, dass die Strafen nicht in erster Linie verhängt wurden, um die Bösen zu vernichten und auszurotten. Obwohl auch dieser Gesichtspunkt bei jedem Gerichtsurteil eine Rolle spielt. Verbrecher werden auch heute noch bei uns bestraft, damit das Böse sich nicht ungehemmt ausbreitet und überhand nimmt. Aber Gott straft im letzten Grunde immer mit der Absicht, dass die Übeltäter zur Einsicht kommen, sich Gott zuwenden und von ihm Vergebung und die Kraft zu einem Leben empfangen. Gott will nicht den Tod des Sünders, sondern sein Leben und sein Heil. Er soll von seinen Irrwegen umkehren und wieder Frieden und Segen bei Gott finden. – Das gelingt aber nicht immer.

2.- Strafen bewirken aber nicht bei allen Menschen Buße. So wie die Israeliten damals, so lehnen auch heute noch viele Menschen das Angebot und die Einladung Gottes zur Umkehr ab. Sie ärgern sich lieber über Gottes angebliches ungerechtes Handeln, sie verteidigen ihre Position, stellen sich unschuldig oder ignorieren einfach das Reden und die Absichten Gottes.

Für solche Menschen ist das Reden Gottes dann nicht nur äußerst schmerzhaft, sondern wird auch vernichtend. Sie zerbrechen an ihrem Widerstand. Sie gehen zu Grunde an den Gerichten. Ähnlich wie Gott damals Ägypten durch die Plagen an den Rand des Ruins brachte, so wiederholte es sich jetzt mit dem Volk Israel. Die Hungersnot dezimierte die Einwohnerzahlen. Die Ernten wurden vernichtet, Seuchen breiteten sich aus, Krieg verwüstete das Land, viele Bauern mussten ihren Besitz verlassen und fliehen, Häuser und ganze Dörfer und Städte wurden ausgeraubt und zerstört. All das brachte Elend und Not. Es würde viele Jahre dauernd, bis die Schäden beseitigt und die Nation wieder stark und gesund werden würde. Unermesslicher Verlust entstand dem Land durch den Ungehorsam, die Rebellion und die Widerspenstigkeit gegen Gott. Wo die Strafgerichte das eigentliche Ziel - die Umkehr und Erlösung des Sünders - nicht erreichen, bringen sie viel Schaden.

Aber das scheint den verbohrten, sturen und uneinsichtigen Männern und Frauen nichts auszumachen. Sie lassen weder die Vernunft noch den gesunden Menschenverstand walten, sondern bleiben bei ihrem Stolz, ihrer Rechthaberei und ihrem Dickkopf. Auch wir müssen aufpassen, dass wir nicht aus irgendwelchen törichten, eigensinnigen Gefühlen heraus uns weigern, Gottes Einladung zu hören und anzunehmen.

Oder was halten wir von den Leuten, die in Offenbarung im Kap. 16 erwähnt werden. Es heißt da in Vers 10 und 11 „Die Menschen zerbissen sich vor Schmerzen die Zunge. Sie verfluchten den Gott des Himmels wegen ihrer Qualen und ihrer Geschwüre; aber sie hörten nicht auf mit ihren schändlichen Taten.“ –

Wie einfach wäre es gewesen, die Qualen und das Leid abzuwenden! Wie gut hätten sie es in der Nähe Gottes gehabt! Aber nein, aus irgendeinem Stolz heraus ließen sie sich lieber zu Tode quälen, als Gott um Vergebung zu bitten.

3.- Strafen bewirken oft das Gegenteil von dem, was sie bewirken sollen. Wir haben bei Amos und bei vielen anderen Beispielen gesehen, dass die Strafen Gottes oft ihren Zweck nicht erfüllen. Sie sollen zur Buße und zum Heil der Menschen führen. Aber sie bewirken Rebellion, Hass, Trotz, Bitterkeit und noch mehr Ungehorsam gegen Gott. Diese Beobachtungen können wir ja auch heute noch machen. Denken wir nur an die Gefängnisse unserer Tage. Die Kriminellen werden eingesperrt, damit sie über ihre Vergehen nachdenken und sich bessern. Was aber geschieht ist häufig, dass sie verdorbener und verhärteter aus dem Gefängnis heraus kommen. Da stellt sich doch die Frage: Wie erfolgreich und gut sind eigentlich Strafen?

Diese Frage stellen sich Eltern und Erzieher, Polizei und Politiker – und die Antwort fällt sehr unterschiedlich aus. Es gibt Leute die plädieren ja ganz überzeugt dafür, dass man die Übeltäter nicht bestrafen sollte. – Einmal vielleicht, weil Pädagogen glauben, dass der Mensch an sich gut sei und nur durch die Schuld der anderen zum Verbrecher geworden ist. Sie klagen die Eltern, die Lehrer, die Freunde, die Regierung und das System an. Die sollten – nach ihrer Meinung – bestraft werden. - Zum anderen glauben manche, dass Strafen den Schuldigen eher verstocken und verärgern, als ihn zu einem anständigen Menschen zu machen.

Wie gesagt erscheint es oft wirklich sinnlos, Gewalttäter, Kriminelle und Betrüger zu bestrafen. Die positiven Veränderungen durch Züchtigung sind meist gering. Die negativen dagegen in vielen Fällen sehr deutlich. Deshalb fragen sich ja auch manche Erzieher, ob man nicht lieber andere Mittel anwenden sollte, um den Straffälligen zu helfen. – Nehmen wir an, es gäbe andere Möglichkeiten: Was könnten sie sein?

1.- Man könnte die Betrüger und Gewalttäter sich selbst überlassen. Das heißt, gar nichts unternehmen. Warten, bis sie von alleine ihre Bosheit und ihr Fehlverhalten erkennen und sich bessern. Wenn sie doch von Grund auf gut und friedfertig sind, dann ist ja wirklich Hoffnung, dass sie eines Tages von alleine aus dieser Phase heraus wachsen.

2.- Man kann ihre Partei ergreifen. Es könnte ja sein, dass sie sich ändern, wenn man ihnen Verständnis entgegen bringt. Indem man ihnen zeigt, welche Umstände und Menschen eigentlich Schuld an ihren „Problemen“ sind, bringt man sie vielleicht dazu, ihre Aggressionen und ihr feindliches Verhalten abzubauen. – Vielleicht aber auch nicht.

3.- Man könnte an ihre Vernunft und Reife appellieren. Oftmals hilft es ja auch bei Kindern, wenn man ihnen klar macht: „Sieh mal, du bist doch schon groß und vernünftig. Du siehst doch ein, dass dein egoistisches Verhalten mehr Probleme bringt, als wenn du jetzt nachgibst und Frieden hältst.“ Auch das mag in manchen Fällen helfen.

4.- Man kann sie zu einem Verhaltenstherapeuten schicken. Wenn jemand betrügt und stiehlt und immer zornig ist und sich an anderen vergreift, kann das ja auch ein psychologisches Problem sein. Vielleicht sind da Ängste, Verletzungen oder Krankheiten, die behandelt werden müssen. Wenn man die Ursache für das unmoralische Verhalten finden kann, kann man der Person auch helfen. Ein Therapeut kann evtl. in vielen Sitzungen erreichen, dass der Rowdy, der Verbrecher, der Dieb sein Verhalten ändert und ein nützliches Glied der Gesellschaft wird.

5.- Man kann den bösen Menschen ja auch mit viel Liebe und Zuspruch begegnen. Man kann sie loben, ermutigen, belohnen und ihnen immer wieder gut zureden. In manchen Fällen ist das der einzige Weg, wie man Herzen verändern kann. Gerade das ist es, was einige Verbrecher brauchen, um zur Besinnung zu kommen, und sich zu ändern.

Also könnte man sagen, dass es manche anderen Wege gibt, um einen Menschen zur Umkehr zu bewegen. Und wir sehen in der Bibel, dass Gott auch viele verschiedene Methoden und Maßnahmen gebraucht. Aber irgendwann kommt dann doch mal der Punkt, wo er mit Liebe und Verständnis, mit logischen Argumenten und Appellen, mit Erklärungen und Beispielen nicht mehr weiter kommt. Der einzige Weg ist dann die Strafe, selbst wenn sich die Menschen dagegen verhärten sollten. Wir glauben, dass Gott seine Geschöpfe kennt und liebt und dass er ein guter und weiser Erzieher ist. Darum müssen wir auch seine Strafen anerkennen und uns von ihm korrigieren lassen.

Wir beten:
Herr, mache uns einsichtig und verständnisvoll gegenüber Deinen Erziehungsmaßnahmen. Gib, dass wir fähig bleiben, uns von Dir korrigieren und verändern zu lassen, wo es nötig ist. Danke, dass Du es gut mit uns meinst. Lass uns das nie vergessen. Amen.

Rüdiger Klaue

Weitere Predigten von Rüdiger Klaue findest Du unter http://www.rklaue.com/

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