Donnerstag, 2. März 2017
Predigtreihe über Hiob – Teil 11: Gottes Souveränität (Hiob 9, 2-35)
In Kapitel 9 finden wir wieder eine Rede des Hiob. Ich weiß nicht genau, wie wir seine Worte verstehen sollen und was er meint, wenn er hier die Souveränität Gottes beschreibt. Ist es ein demütiges Anerkennen und Annehmen der Entscheidungen Gottes? Ist es eine Anklage, ein Vorwurf gegen Gottes Handeln?

Der Bibeltext:

(9,2) »Kein Mensch kann Recht behalten gegen Gott!

(9,3) Bekäme er Lust, mit Gott zu prozessieren, so würde der ihm tausend Fragen stellen, auf die er auch nicht eine Antwort weiß.

(9,4) Gott ist so reich an Weisheit, Macht und Stärke! Wer kann es wagen, ihm die Stirn zu bieten? Er käme nicht mit heiler Haut davon!

(9,5) Ganz unversehens rückt Gott Berge fort, und wenn er zornig wird, zerstört er sie.

(9,6) Gott stößt die Erde an und sie erbebt; die Pfeiler, die sie tragen, lässt er schwanken.

(9,7) Wenn er's befiehlt, scheint keine Sonne mehr, die Sterne kann er hindern aufzugehen.

(9,8) Allein hat Gott den Himmel ausgespannt, nur er kann über Meereswellen schreiten.

(9,9) Gott schuf den Großen Bären, den Orion, das Siebengestirn, den Sternenkranz des Südens.

(9,10) Gott ist's, der Wunder tut, unzählbar viele, so groß, dass wir sie nicht verstehen können.

(9,11) Gott geht an mir vorbei – ich sehe ihn nicht, ich merke nicht, wie er vorübergeht.

(9,12) Er rafft hinweg und niemand hindert ihn. Wer wagt zu fragen: ›He, was machst du da?

(9,13) Gott muss nicht seinen Zorn in Schranken halten, selbst Rahabs Helfer hatten sich zu beugen. «

In diesen Versen erkennt Hiob die Souveränität Gottes auf verschiedenen Gebieten.

1.- in seinem Schaffen: Im Vers 9 sagt er: »Gott schuf den Großen Bären, den Orion, das Siebengestirn, den Sternenkranz des Südens. « All die unvorstellbar riesigen Welten sind von Gott gemacht. Wenn Hiob auch nicht das Ausmaß des Weltalls mit all seinen Milchstraßen, Sonnen und Planeten kennt, so sieht er doch die unermessliche Weite des Universums. Er sieht auch, wie die Sterne organisiert sind und wie sie ihre Kreise ziehen. Da ist eine erstaunliche Präzision in den Bahnen der Gestirne, in ihrem Abstand voneinander, ihren Umlaufzeiten.

Gott hat es alles geplant und gemacht in seiner Souveränität. Er hat niemanden gefragt, wie er es machen soll, - er ist keinem eine Rechenschaft schuldig, warum und wozu er so ein großes, kompliziertes Universum geschaffen hat.

2.- Im Verwalten seiner Schöpfung ist Gott souverän. Hiob sagt: »Ganz unversehens rückt Gott Berge fort. Gott stößt die Erde an und sie erbebt; die Pfeiler, die sie tragen, lässt er schwanken. Wenn er's befiehlt, scheint keine Sonne mehr, die Sterne kann er hindern aufzugehen. « (Verse 5-7)

Hier beschreibt Hiob die Souveränität Gottes in der Erhaltung und Verwaltung der Welt. Alles funktioniert zwar nach gewissen Gesetzen und Regeln in der Natur, aber Gott ist souverän und kann die Gesetze aufheben. »Wenn der Herr es befiehlt, scheint keine Sonne mehr... « heißt es - und »nur er kann über Meereswellen schreiten. «

Im Buch Josua wird uns berichtet, wie Gott die Sonne anhielt. »Damals, als der Herr die Amoriter den Israeliten auslieferte, betete Josua zum Herrn und rief vor ganz Israel: »Sonne, steh still über Gibeon, du, Mond, überm Tal von Ajalon! « Und die Sonne stand still, auch der Mond blieb stehen; Israels Feinde mussten untergehen. « (Josua 10,12-13). Das muss man sich mal vorstellen, dass die Sonne einfach stehen blieb. Wahrscheinlich war die gesamte Sternenwelt von diesem Naturereignis betroffen. Aber Gott ist souverän, er kann Naturgesetze außer kraft setzen.

3.- Gott ist souverän in seinen Plänen. Die ganze Schöpfung folgt einem Plan. Jede Pflanze hat ihren Platz auf einem bestimmten Boden in einem bestimmten Klima. Sie hat die Fähigkeit sich zu vermehren und sie dient anderen Lebewesen als Nahrung. Auch die Tiere erfüllen einen Zweck im ökologischen Gleichgewicht der Erde. Fehlt eine Tierart kommt es zu Lücken.

Vor einiger Zeit ging die Nachricht um die Welt, dass die Bienenvölker in Nordamerika aussterben. Das würde eine Katastrophe für die Ernährung der Menschheit bedeuten. Bienen bestäuben Getreidearten und Obstbäume. Wenn keine Bestäubung stattfindet wächst auch kein Obst und andere Grundnahrungsmittel. Gibt es aber zu viele Tiere von derselben Art, kommt es zu Plagen durch Überbevölkerung. Das geschah auf den Galapagosinseln, wo die Ziegen der Siedler keine natürlichen Feinde hatten und zu einer regelrechten Plage wurden. –

Immer wieder fragen Menschen nach dem Sinn ihres Lebens. Auch Hiob fragte sich, wozu das Leiden, wozu das Leben überhaupt. Warum bin ich da? Die Antwort liegt bei Gott. Er macht die Pläne und er bestimmt den Sinn. Im Schöpfungsbericht heißt es: »Dann sprach Gott: »Nun wollen wir Menschen machen, ein Abbild von uns, das uns ähnlich ist! Sie sollen Macht haben über alle Tiere auf der Erde.« (!. Mose 1, 26).

Gott hat seine Pläne. Er braucht niemanden, der ihn berät, der im Vorschläge oder gar Vorschriften macht. Auch dass Gott sich ein Volk aus allen Völkern erwählt hat, ist seine Entscheidung. Wir können das kritisieren und hinterfragen oder bestreiten. Gott ist souverän und kann Pläne machen und ausführen wie er will.

4.- in seinen Geboten. Der Herr hat Regeln und Gesetze für den Menschen aufgestellt. Sowohl für die Beziehung zwischen Gott und Mensch, als auch zwischen den Menschen untereinander. Schon sein erstes Gebot lautet »Ich bin der Herr, dein Gott! Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. « (2. Mose 20,2-3). Das allein zeigt seine Autonomie, seine Einzigartigkeit und seine Autorität.

Wir Menschen sind nicht in der Position unsere Gebote selbst machen. Wir haben nicht die Autorität zu bestimmen, was richtig und was falsch ist. Wir können nicht nach unseren eigenen Vorstellungen und Wertmaßstäben handeln. Wir können auch Gott nicht vorschreiben, welche Gebote er machen, oder welche er ändern oder weglassen sollte. In seiner Gesetzgebung ist ER souverän.

Natürlich kümmern sich viele Menschen gar nicht um sein Gesetz, sie lassen Regeln weg oder dichten welche dazu. Aber deswegen sind die Gebote nicht ungültig. Übertretung und Nicht-Beachtung hat Konsequenzen für dieses Leben und für die Ewigkeit. Was moralisch und was unmoralisch ist bestimmen nicht die Herrscher dieser Welt, nicht die Regierungen, nicht die Juristen, und nicht das Volk durch Mehrheitsbeschluss. Die Gebote sind uns von höherer Stelle gegeben. Hiob hat es auch zugeben müssen, denn er sagt: »Kein Mensch kann Recht behalten gegen Gott! Bekäme er Lust, mit Gott zu prozessieren, so würde der ihm tausend Fragen stellen, auf die er auch nicht eine Antwort weiß. « (Verse 2-3). Gott ist souverän mit seinem Gesetz, das meint Hiob mit diesen Ausführungen.

5.- Gott ist souverän in seinem Urteil, über den Menschen: seine Taten, seine Motive. Ich denke da gleich an Kein und Abel. in 1. Mose 4, 4+5 heißt es: »Der Herr blickte freundlich auf Abel und sein Opfer, aber Kain und sein Opfer schaute er nicht an. «

Wir sind sofort geneigt zu sagen: »Aber das ist ungerecht. Warum bevorzugt Gott den Abel und schaut seinen Bruder nicht an? Wo liegen die Gründe? Wie sollen wir das erklären? « Wir können es nur mit der Souveränität Gottes erklären. Er urteilt wie er will, ohne jemandem Rechenschaft abzulegen.

Oder denken wir an die Geschichte von der Frau, die im Ehebruch ertappt wurde. Die Juristen sagten: »Nach Gottes eigenem Gesetz muss sie gesteinigt werden. « Jesus umgeht dieses Urteil indem er sagt: »Wer von euch noch nie eine Sünde begangen hat, soll den ersten Stein auf sie werfen! « (Johannes 8,7).

Jesu Richterspruch ist uns manchmal unverständlich. Wir fragen uns: »Nach welchem Gesetz wird denn nun gerichtet? « Da ist die Antwort: Jesus ist das Gesetz und er ist souverän in der Anwendung und Beurteilung.

Da fällt mir noch der sogenannte Schächer oder Verbrecher am Kreuz ein. Er war ein Gesetzesübertreter, der von der weltlichen Autorität für schuldig befunden und verurteilt worden war. Nun hing er am Kreuz und konnte nichts mehr rückgängig machen. Er konnte keine »rechtschaffene Frucht der Buße« tun, wie Johannes der Täufer es verlangt hatte. Er sagte nur zu Jesus: »Denk an mich, Jesus, wenn du deine Herrschaft antrittst! « Jesus antwortete ihm: »Ich versichere dir, du wirst noch heute mit mir im Paradies sein. «

Jesu Urteil und Richterspruch sind manchmal unerwartet, unverständlich und scheinen uns ungerecht. Aber er ist souverän in seinem Urteil, so wie er entscheidet, so ist es!

6.- Jesus ist souverän in seinem Lohn. Da fällt uns sofort das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg ein. Jesus erzählt von einem Weinbergbesitzer, der zu verschiedenen Zeiten Arbeiter anheuerte. Obwohl nicht alle die gleiche Stundenzahl gearbeitet haben, zahlt er doch allen den gleichen Lohn. Da empört sich einer von den Arbeitern: » ›Diese da, die zuletzt gekommen sind, haben nur eine Stunde lang gearbeitet, und du behandelst sie genauso wie uns? Dabei haben wir den ganzen Tag über in der Hitze geschuftet!‹ Da sagte der Weinbergbesitzer zu einem von ihnen: ›Mein Lieber, ich tue dir kein Unrecht. Hatten wir uns nicht auf ein Silberstück geeinigt? Das hast du bekommen, und nun geh! Ich will nun einmal dem Letzten hier genauso viel geben wie dir! Ist es nicht meine Sache, was ich mit meinem Eigentum mache? Oder bist du neidisch, weil ich großzügig bin?‹« (Matthäus 20, 12-15).

Ich denke, keiner von uns kann diese Logik so richtig verstehen und auch wir finden solch eine Behandlung von Arbeitern ungerecht. Wir werden nur zum Frieden über solche Aussagen kommen, wenn wir von Herzen anerkennen können, dass Jesus souverän ist und ganz eigenverantwortlich handeln kann, ohne jemandem Rechenschaft ablegen zu müssen.

Wenn wir so über die Souveränität Gottes nachdenken, dann kann es uns Angst werden. Wir sehen die Möglichkeit, dass Gott auch uns willkürlich behandeln könnte und wir nicht unser Recht und unseren Lohn bekommen. Es könnte uns so gehen, wie Hiob, der ohne ersichtlichen Grund in großes Elend und Not gerät. Gottes Souveränität ist aber auch eine Chance für uns, sie schafft Hoffnung, und gibt der Gnade Raum. Darum kann Gott uns, obwohl wir den Tod verdient haben, erretten und Leben schenken. Nicht weil wir einen Anspruch darauf hätten, sondern weil er souverän ist.

Ich möchte noch den zweiten Teil der Rede des Hiob aus Kapitel 9 lesen:

(9,14) "Wie könnte ich ihm dann entgegentreten, wie rechte Worte finden gegen ihn?

(9,15) Ich bin im Recht und darf mein Recht nicht fordern! Soll ich ihn etwa noch um Gnade bitten, ihn, der das Urteil schon beschlossen hat?

(9,16) Selbst wenn er sich dem Rechtsverfahren stellte – dass er mich hören würde, glaub ich nicht.

(9,17) Gott sendet seinen Sturm und wirft mich nieder, ganz ohne Grund schlägt er mir viele Wunden.

(9,18) Er lässt mich nicht einmal zu Atem kommen, stattdessen füllt er mich mit Bitterkeit.

(9,19) Soll ich Gewalt anwenden? Er ist stärker! Zieh ich ihn vor Gericht? Wer lädt ihn vor?

(9,20) Ich bin im Recht, ich habe keine Schuld, doch was ich sage, muss mich schuldig sprechen.

(9,21-22) Mir ist jetzt alles gleich, drum spreche ich's aus, selbst wenn ich meinen Kopf dafür riskiere: Dass ich im Recht bin, hilft mir nichts bei ihm; ob schuldig oder nicht – Gott bringt mich um!

(9,23) Wenn plötzlich eine Katastrophe kommt und Menschen ohne Schuld getötet werden, hat er für ihre Ängste nur ein Lachen.

(9,24) Gott hat die Erde Schurken übergeben und alle Richter hat er blind gemacht. Wenn er es nicht gewesen ist, wer dann?

(9,25) Mein Leben eilt noch schneller als ein Läufer, nicht einer meiner Tage bringt mir Glück.

(9,26) Wie leichte Boote gleiten sie vorbei, schnell wie der Sturz des Adlers auf die Beute.

(9,27) Wenn ich mir sage: ›Gib das Klagen auf, vergiss den ganzen Jammer, lach doch wieder!‹,

(9,28) dann packt mich gleich die Angst vor neuen Qualen; ich weiß es ja, Gott spricht mich doch nicht frei.

(9,29) Er will mich unbedingt für schuldig halten. Was hilft es, meine Unschuld zu beweisen?

(9,30) Ich könnte mich mit reinstem Wasser waschen, die Hände könnte ich mit Lauge säubern.

(9,31) Dann würde er mich in ein Schlammloch tauchen, sodass sich meine Kleider vor mir ekeln.

(9,32) Ach, wäre Gott doch nur ein Mensch wie ich, ich wüsste, welche Antwort ich ihm gäbe: er müsste mit mir vor Gericht erscheinen!

(9,33) Gäbe es doch einen Schiedsmann zwischen uns, dem wir uns alle beide beugen müssten!

(9,34) Dann dürfte Gott mich nicht mehr weiterprügeln und würde mir nicht länger Angst einjagen.

(9,35) Ich könnte reden, ohne mich zu fürchten. Jedoch in meinem Fall geht Macht vor Recht!«

Das sind sehr starke Worte und Anklagen gegen Gott, die Hiob hier ausspricht: Offensichtlich fühlt er sich im Recht, aber völlig machtlos, der Willkür Gottes ganz und gar ausgeliefert. So sagt er: »Ich bin im Recht und darf mein Recht nicht fordern! Soll ich ihn etwa noch um Gnade bitten, ihn, der das Urteil schon beschlossen hat? Selbst wenn er sich dem Rechtsverfahren stellte – dass er mich hören würde, glaub ich nicht. « (Verse 15-16).

Es klingt für unsere Ohren lästerlich wenn Hiob sagt: »Dann dürfte Gott mich nicht mehr weiterprügeln und würde mir nicht länger Angst einjagen. Ich könnte reden, ohne mich zu fürchten. Jedoch in meinem Fall geht Macht vor Recht. « (Verse 34-35). Sollen wir Hiob widersprechen? Sollen wir ihm zustimmen? Ist es richtig, was er hier sagt?

Einesteils müssen wir ihm recht geben: Gottes Handeln ist schwer verständlich und erscheint uns manchmal ungerecht. Andererseits müssen wir Gott zugestehen, dass er souverän ist. Das kommt uns oft zugute. Es ist am besten, wir können uns ihm freiwillig ausliefern, uns ihm anvertrauen und mit Jesus sagen: »Herr, Dein Wille geschehe. Amen! «

Rüdiger Klaue

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Dienstag, 28. Februar 2017
Predigtreihe über Hiob – Teil 10: Bildad (Hiob 8,1-22)
Jetzt ist Bildad, ein jüngerer Freund des Hiob dran, seine Antwort zu geben:

Der Bibeltext:

(8,1) »Da sagte Bildad von Schuach:

(8,2) »Wie lange willst du solche Reden führen? Wann hörst du auf, hier so viel Wind zu machen?

(8,3) Denkst du im Ernst, dass Gott das Recht verdreht? Meinst du, er hält sich nicht an sein Gesetz?

(8,4) Nein, deine Kinder haben sich versündigt, drum hat er sie bestraft, wie sie's verdienten.

(8,5) Du solltest dich bemühen, Gott zu suchen, ihn, den Gewaltigen, um Gnade bitten.

(8,6) Denn wenn du wirklich rein und schuldlos bist, wird er dir ganz gewiss zu Hilfe kommen und dir Besitz und Kinder wiedergeben.

(8,7) Was früher war, wird dir gering erscheinen, wenn du am Ende Gottes Segen siehst.

(8,8) Frag nach der Weisheit früherer Geschlechter! Was sie entdeckten, solltest du dir merken.

(8,9) Wir leben erst seit gestern, wissen nichts, wie Schatten schwinden unsre Erdentage.

(8,10) Die Väter aber können dich belehren aus ihrem Schatz gesammelter Erfahrung:

(8,11) Nur wo es sumpfig ist, kann Schilfrohr wachsen; nur wo es Wasser gibt, wächst Riedgras auf;

(8,12) doch ist das Wasser fort, verdorren sie, eh du sie schneiden und verwerten kannst.

(8,13) So geht es allen, die nach Gott nicht fragen. Wer ohne Gott lebt, dem bleibt keine Hoffnung!

(8,14) Denn seine Sicherheit gleicht einem Faden und sein Vertrauen einem Spinnennetz:

(8,15) Wenn du dich darauf stützt, dann gibt es nach; hältst du dich daran fest, so hält es nicht.

(8,16) Im Sonnenlicht wächst er wie eine Pflanze, die Ranken wuchern überall im Garten,

(8,17) die Wurzeln sind verflochten zwischen Steinen und bohren sich hinab bis zu den Felsen.

(8,18) Doch wenn du sie dann aus dem Boden reißt, weiß niemand mehr, wo sie gestanden hat.

(8,19) Genauso sieht das Glück der Bösen aus! An ihrer Stelle kommen andere hoch.

(8,20) Die Unbescholtenen verlässt Gott nicht; doch Übeltätern steht er niemals bei.

(8,21) Bestimmt wird er dich wieder lachen lassen und deinen Mund mit frohem Jubel füllen.

(8,22) Doch deine Feinde ernten Schmach und Schande, die Heimstatt solcher Menschen muss vergehn. «

Was uns an diesem Monolog auffällt ist der harsche Ton mit dem Bildad seinen Freund zurechtweist: »Wie lange willst du solche Reden führen? Wann hörst du auf, hier so viel Wind zu machen? «

Das sind keine zarten Worte an einen im tiefsten Leid steckenden Freund. Dann kommen noch ein paar provokative Fragen hinterher, die Hiob wie einen dummen Jungen hinstellen, der keine Ahnung von der Gerechtigkeit Gottes hat. Bildad meint, er wisse mehr und müsse Hiob jetzt zurechtweisen und belehren. Dabei hat Hiob Gott eigentlich gar nicht angegriffen. Er hat lediglich nach einer Erklärung für seine Leiden gesucht. –

Manchmal ist es schon richtig, dass man einen deprimierten und klagenden Menschen zurechtweist. Es ist nicht gut, wenn er sich immer im Selbstmitleid badet und auch noch von allen bedauert und bemitleidet wird.

Aber Bildads Einstieg in seine Argumente klingt lieblos, zornig, ungeduldig und auch überheblich. Er greift Hiob und seine Kinder an, beschuldigt sie und ruft sie zur Umkehr mit den Worten: »Nein, deine Kinder haben sich versündigt, drum hat er sie bestraft, wie sie's verdienten. Du solltest dich bemühen, Gott zu suchen« (Verse 4-5). Autsch, das tat bestimmt weh. Bis hierher hatte Bildad doch still zugehört und den ehrlichen Konflikt seines Freundes gesehen. Aber scheinbar interessiert ihn das Leid nicht, sondern die Argumente. Nun glaubt er, er müsse Hiob anklagen und Gottes Handeln erklären und verteidigen.

In der ganzen Debatte im Buch Hiob geht es darum zu beweisen, dass Gott die bösen Menschen bestraft und die guten belohnt. Das war die Theologie der Freunde und wohl auch der Menschen allgemein zu jener Zeit.

Aber nicht nur in jener Zeit — auch heute noch ist diese Meinung weit verbreitet. Man denkt: - wenn es jemandem schlecht geht, dann liegt das daran, dass er gesündigt hat. Und umgekehrt, wenn es ihm gut geht, ist das ein Zeichen dafür, dass er ein guter Christ ist. –

Dieses Heilsverständnis hat manches für sich. Gott selbst hat denen Segen versprochen, die sich an seine Gebote halten und ihm gehorsam sind. Allerdings hat diese Wahrheit zu einer einseitigen Lehre geführt. Wir bezeichnen sie mit dem Begriff das »Wohlstandsevangelium«. Das Evangelium - die Frohe Botschaft - ist dann nicht mehr, dass Gott den Sünder vor der Verdammnis bewahrt, sondern im Vordergrund steht, dass Gott den frommen und gehorsamen Menschen hier schon reich und glücklich macht. Das Ziel ist dabei: Wohlstand, Gesundheit und Glück.

So ähnlich war das Verständnis damals. Es ist aber auch heute weit verbreitet unter den Christen - und auch in anderen Religionen.

Da ist immer der Gedanke: wenn es uns gut gehen soll, dann müssen wir die Götter gnädig stimmen mit Opfern und Ritualen. Wenn wir nicht gehorsam sind, dann werden Verlust, Unglück, Krankheit und Tod uns treffen. Aus diesem Grund werden die Freunde Hiobs immer wieder darauf zurück kommen: »Du hast gesündigt, du hast nicht genug Buße getan, deshalb straft Dich Gott. Schau dich in der Welt um« - sagen sie - «und du findest diese Wahrheit überall bestätigt. Den Bösen geht es vielleicht einen kurzen Augenblick gut, aber schon bald wird Gott sie einholen und bestrafen. « -

Ein Stück weit können wir auch mit dieser Lehre überein stimmen. »Den Guten muss es gut gehen und den Bösen geht es schlecht! « - Aber doch sehen wir, wie Elifas, Bildad und Zofar ihre Probleme haben, diese Position bis zur letzten Konsequenz zu vertreten. Immer wieder müssen sie zugeben, dass es auch oft genug Ausnahmen gibt. Vielen bösen Menschen geht es sehr gut. Drogenbosse, Waffenhändler, Diktatoren, Gewaltherrscher sind oft sehr reich, leben im Luxus und können sich alles leisten. Auch der israelitische König Ahab im Alten Testament war sehr reich und mächtig, aber er war ein ausgesprochener Tyrann.

Bildad hat zu diesem Thema ein schönes Bild aus der Natur. Den Gottlosen vergleicht er mit einem Baum: »Im Sonnenlicht wächst der Gottlose wie eine Pflanze, die Ranken wuchern überall im Garten, die Wurzeln sind verflochten zwischen Steinen und bohren sich hinab bis zu den Felsen. Doch wenn du sie dann aus dem Boden reißt, weiß niemand mehr, wo sie gestanden hat. Genauso sieht das Glück der Bösen aus! An ihrer Stelle kommen andere hoch. « (Verse 16-19). Er meint, wenn es bösen Menschen schon mal gut geht, dann ist es nicht auf Dauer. Bald werden sie vernichtet und vergessen sein.

Vielleicht versucht Bildad mit dieser Erklärung zu trösten und Hiob zu zeigen, dass es dem frommen Menschen auf lange Sicht doch besser geht und dass er vor Gott und den Menschen bestehen wird. Das ist aber nur ein schwacher Trost. Und der Lohn für die Bemühungen um ein anständiges Leben ist im Vergleich nicht sehr hoch. Darum gibt es viele Menschen, die sich sagen: »Ich lebe, wie es mir gefällt - was nachher kommt interessiert mich nicht. «

Die Theorie der Gottlosen ist: Reichtum und ein gutes Leben erwirbt man durch Unterdrückung, Ausbeutung, Betrug und Gewalt. « Das stimmt ja auch sehr oft. Viele reiche Leute haben ihren Wohlstand auf unehrliche Weise, durch Betrug und Unrecht erworben. Daher kommen manche zu dem Schluss, dass alle Reichen böse sind und bekämpft werden müssen. Aber auch hier gibt es genug Ausnahmen.

Irgendwie fehlt Hiob und seinen Freunden noch ein Stück Erkenntnis. Vielleicht ist es das Wissen, dass alle Menschen Sünder sind und Strafe und Tod verdient haben. Oder dass wir nur durch den stellvertretenden Tod Jesu am Kreuz gerecht werden können. Vielleicht fehlte den Freunden auch der Blick dafür, dass es einen großen Gerichtstag geben wird, an dem alle Menschen für ihr Leben Rechenschaft abgeben müssen. Sie sahen offenbar nicht, dass es noch Leben nach dem Tod gibt, wo wir ewigen Lohn oder ewige Strafe empfangen werden. Diese ganze Dimension des Endgerichtes und des ewigen Lebens fehlte den Leuten zur Zeit des Hiob.

Bildad schneidet noch ein anderes Thema an, das mich interessiert. Angesichts der Fragen und Zweifel des Hiob über die Ursache seines schweren Schicksals, empfiehlt Bildad: »Frag nach der Weisheit früherer Geschlechter! Was sie entdeckten, solltest du dir merken. Wir leben erst seit gestern, wissen nichts, wie Schatten schwinden unsre Erdentage. Die Väter aber können dich belehren aus ihrem Schatz gesammelter Erfahrung. « (Verse 8-9) Mit anderen Worten sagt Bidad: »Hiob, wenn Du Fragen hast, wenn Du etwas nicht verstehst, wenn Du einen Rat und Hilfe brauchst, dann frag die Alten. Da ist Weisheit. « Heute würden wir wohl kaum noch sagen: »Frag die Alten, da ist Weisheit! «

Wir haben andere Quellen, um Wissen zu erlangen. Da gibt es die riesigen Bibliotheken voller Bücher, in denen Forschungsergebnisse mancher Generationen gesammelt sind. Heute gibt es Labors, wo wir allerhand chemische Untersuchungen machen können. Es gibt Mikroskope mit denen wir Dinge studieren können, die bisher für unser natürliches Auge unsichtbar waren. Wir haben Teleskope, um damit das Universum abzusuchen. Wir machen Umfragen und Langzeitforschung und vor allen Dingen haben wir den Computer, das Internet, Wikipedia und solche Hilfsmittel. Wenn wir etwas wissen wollen „googln“ wir einfach. Alle diese Möglichkeiten standen den Leuten zu Hiobs Zeiten nicht zur Verfügung. Und doch haben sie einen großen Schatz an Wissen und Lebensweisheit gesammelt, von dem wir heute noch profitieren.

Die Weisheit der Alten kam von den überlieferten Erzählungen und Geschichten. Bildad sagt: »Die Väter aber können dich belehren aus ihrem Schatz gesammelter Erfahrung:« und die Väter, wo haben sie die Weisheit her? Sie hatten keine moderne Technologie, aber sie lebten eng verbunden mit der Natur. Sie beobachteten, was um sie vorging. Sie schauten sich die Pflanzen an, die Tiere, den Himmel, das Wetter, die Naturereignisse und natürlich die Menschen. Sie hatten Zeit und machten sich über das, was sie sahen, ihre Gedanken. Sie verglichen die Pflanzen untereinander, sie kontrollierten ihr Verhalten über einen großen Zeitraum, sie überwachten die Bedingungen.

So konnte man oft Beispiele hören wie das des Bildad wo er sagt: »Nur wo es sumpfig ist, kann Schilfrohr wachsen; nur wo es Wasser gibt, wächst Riedgras auf; doch ist das Wasser fort, verdorren sie, eh du sie schneiden und verwerten kannst. So geht es allen, die nach Gott nicht fragen. « (Verse 11-13). Hier hat der Freund Hiobs die Natur beobachtet und einen Vergleich zu den Menschen gezogen.

Was die Alten in der Natur entdeckten waren mal Ähnlichkeiten und Parallelen die zu Anschauungszwecken dienten; mal waren es Gegensätze oder Kontraste, die dem Beobachter auffielen und wo er eine Lehre fürs Leben sah.

Das Buch der Sprüche in der Bibel gebraucht oft diese Methode, um Wahrheiten und Lehren zu entdecken und weiter zu geben. So heißt es in Sprüche 6, 6 »Sieh dir die Ameise an, du Faulpelz! Nimm dir ein Beispiel an ihr, damit du weise wirst! « »Bei Westwind gibt's Regen und bei Klatsch gibt's Ärger. « (Sprüche 25, 14). »Wie eine verschmutzte Quelle oder ein vergifteter Brunnen, so ist ein guter Mensch, der sich von einem bösen irremachen lässt. « (Sprüche 25, 23). »Wie Schnee im Sommer und Regen in der Erntezeit, genauso unpassend sind Ansehen und Wohlstand bei einem Dummkopf. « (Sprüche 26, 1). »Kohle hält die Glut in Gang und Holz das Feuer; so sorgt der Streithahn dafür, dass der Zank weitergeht. « (Sprüche 26, 21). Das sind nur einige Beispiele.

Manchmal ist es nicht leicht, die Verbindung zu erkennen, aber durch die Vergleiche mit der Natur und dem Alltag waren die Sprüche einprägsam und leicht zu behalten. So ähnlich ist es auch mit dem Vergleich, den Bildad hier anbringt. Er sagt: »Nur wo es sumpfig ist, kann Schilfrohr wachsen. « (Vers 11). Auf die Situation von Hiob angewendet, könnte das heißen: »Hiob, wenn Du in Gott gewurzelt wärest, würde es Dir gut gehen! « Das wäre ein versteckter Vorwurf und ein Anklage. Oder es könnte als Trost verstanden werden: »Beneide nicht die, denen es jetzt gut geht. Ohne Gott werden sie nicht lange leben. « Oder eine Ermutigung: »Hiob halte nur an Gott fest, dann wirst Du Kraft haben Prüfungen und lange Krisenzeiten zu überstehen. «

Wissen und Erkenntnis kam in früheren Zeiten durch ein langes Leben. Die Alten waren die Weisen. Sie wussten die Rätsel zu erklären und zu lösen. Weisheit erlangte man durch Beobachten: der Natur, der Pflanzen, der Tiere und der Menschen. Die Anwendungen waren manchmal nicht so klar, die Ergebnisse nicht sehr genau, die Logik nicht immer nachvollziehbar.

Aber ich wundere mich doch, wie man schon früh zu erstaunlichen Erkenntnissen kam über Gott, den Menschen und das Zusammenleben. Auch heute noch können wir vieles Lernen, wenn wir beobachten, zuhören, nachdenken, vergleichen und anwenden. Offenbar hat Hiob genau verstanden, was Bildad ihm sagen wollte, denn er antwortete: »So ist es! Daran gibt es keinen Zweifel: Kein Mensch kann Recht behalten gegen Gott! « (Hiob 9, 2)

Zum Schluss noch ein Wort des Bildad aus seiner Rede: »Du solltest dich bemühen, Gott zu suchen, ihn, den Gewaltigen, um Gnade bitten. « (Vers 5) Das galt Hiob, trifft aber auch sicher für uns zu!

Wir beten:
Das Leben ist oft voller Rätsel - und gute Antworten sind schwer zu finden. Wir wollen aber nicht versäumen, Dich zu suchen und in allem um Deine Gnade bitten. Amen.

Rüdiger Klaue

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Predigtreihe über Hiob – Teil 9: Hiobs Fragen (Hiob 7,1-21)
Bei den Erklärungen zum Buch Hiob, sind wir jetzt bis zum Kapitel 7 gekommen. Das ist eine Fortsetzung von Kapitel 6 aus der Rede des Hiob.

Im Vergleich mit anderen Bibelübersetzungen ist mir aufgefallen, dass diese Übersetzung, die ich hier meist benutze, die »Gute Nachricht Bibel«, in den poetischen Büchern auch eine rhythmische Sprache gebraucht. Es ist nicht direkt eine Gedichtform, und doch ist die Sprache poetisch und harmonisch. Darauf wollen wir heute einmal achten.

In meinen späteren Ausführungen möchte ich darauf eingehen, was Hiob alles nicht wusste und was es ihm doppelt schwer machte, sein Unglück zu tragen.

Der Bibeltext:

(7,1) »Sein ganzes Leben muss der Mensch sich quälen, für große Mühe gibt's geringen Lohn.

(7,2) Er gleicht dem Sklaven, der nach Schatten lechzt, dem Knecht, der sehnlich auf den Abend wartet.

(7,3) Auch mir ist solch ein Los zuteil geworden: Sinnlos vergeht ein Monat nach dem andern, und Nacht für Nacht verbringe ich mit Schmerzen.

(7,4) Lege ich mich nieder, schleppen sich die Stunden; ich wälze mich im Bett und kann nicht schlafen und warte ungeduldig auf den Morgen.

(7,5) Mein Körper fault und ist bedeckt mit Krusten, die Haut bricht auf und eitert überall.

(7,6) Ganz ohne Hoffnung schwinden meine Tage, sie eilen schneller als ein Weberschiffchen.

(7,7) Gott, denk an mich: Mein Leben ist ein Hauch; mein Glück vergeht, ich sehe es nie mehr wieder!

(7,8) Noch siehst du mich, doch bald ist es zu spät; blickst du dann wieder her, so bin ich fort.

(7,9) Die Wolke löst sich auf und ist verschwunden; genauso geht's dem Menschen, wenn er stirbt: Vom Ort der Toten kommt er nicht zurück.

(7,10) Nie mehr betritt auf Erden er sein Haus, und wer ihn kannte, wird ihn bald vergessen.

(7,11) Deswegen werde ich den Mund nicht halten, ich lasse meiner Zunge freien Lauf. Was mich so bitter macht, das muss heraus!

(7,12) Weshalb, Gott, lässt du mich so streng bewachen? Bin ich das Meer? Bin ich ein Ungeheuer?

(7,13) Wenn ich auf meinem Lager Ruhe suche, der Schlaf mir meine Schmerzen lindern soll,

(7,14) dann quälst du mich mit schauerlichen Träumen und ängstigst mich mit schlimmen Schreckensbildern.

(7,15) Mir wäre es lieber, wenn du mich erwürgtest; der Tod ist besser als ein solches Leben!

(7,16) Ich bin es satt, ich mag nicht weiter kämpfen. Mein ganzes Leben ist doch ohne Sinn.

(7,17) Warum nimmst du den Menschen denn so wichtig, dass du den Blick auf ihn gerichtet hältst?

(7,18) Zur Rechenschaft ziehst du ihn jeden Morgen und stellst ihn immer wieder auf die Probe.

(7,19) Wann blickst du endlich weg, lässt mich in Ruhe, so lang nur, dass ich einmal schlucken kann?

(7,20) Wenn ich gesündigt habe ohne Wissen, was tat ich dir damit, du Menschenwächter? Warum bin ich das Ziel für deine Pfeile? Bin ich dir wirklich so zur Last gefallen?

(7,21) Kannst du denn meine Fehler nicht verzeihen und meine Sünde einfach übersehen? Nicht lange mehr, dann liege ich im Staub, und suchst du mich, so bin ich nicht mehr da. «

Der größte Teil dieser Rede ist eigentlich an Gott gerichtet. Es sind Schilderungen seines Zustandes und Fragen, die den Armen quälen. Welche Fragen das sind und warum er keine Antwort findet, das möchte ich im Folgenden ausführen.

Zunächst fällt mir auf, dass Hiob in diesem Kapitel etwas über seine Krankheit und sein Leiden verlauten lässt. Eigentlich klingt es schrecklich wenn er sagt: »Mein Körper fault und ist bedeckt mit Krusten, die Haut bricht auf und eitert überall. « (Vers 5) Luther sagt: »Mein Fleisch ist um und um eine Beute des Gewürms und faulig, meine Haut ist verschrumpft und voller Eiter. « Die Elberfelder Bibelübersetzung, eine sehr wortgetreue Fassung drückt es so aus »Mein Fleisch ist bekleidet mit Maden und Schorf. «

Das Bild, das wir hier von Hiobs und Leiden bekommen ist eine schmerzhafte, juckende Hautkrankheit: Verkrustete Geschwüre, Eiter und Maden an den Wundrändern. Von einer Behandlung dieser Symptome wird nichts gesagt nur heißt es an anderer Stelle (Hiob 2, 7) dass an Ijobs Körper eiternde Geschwüre ausbrachen, und er von Kopf bis Fuß damit bedeckt war´, und weiter in Vers 8 »Ijob setzte sich mitten in einen Aschenhaufen und kratzte mit einer Scherbe an seinen Geschwüren herum. «

Allem Anschein nach war es eine tatsächliche Hautkrankheit. Maden, Schorf und Eiter sind nicht symbolisch zu verstehen. Wenn wir uns das vorstellen, können wir vielleicht besser nachempfinden, warum Hiob so verzweifelt ist und nicht mehr länger leben will.

Aber, wie gesagt, mir fiel auf, dass Hiob eine Reihe Dinge nicht wusste, die wir heute wissen und die sein Leiden eben besonders schwer machten.

(1) Hiob wusste nicht, dass es bei Gott einen ewigen Lohn gibt für Bewährung im Glauben. So fragt er sich, ob sein Leiden denn ganz umsonst sein soll. Ob er sterben und vergehen wird, ohne einen Ausgleich oder Lohn für seine Treue in schwerster Prüfung zu erhalten.

In seiner Rede sagt Hiob: » Sein ganzes Leben muss der Mensch sich quälen, für große Mühe gibt's geringen Lohn. Er gleicht dem Sklaven, der nach Schatten lechzt, dem Knecht, der sehnlich auf den Abend wartet. Auch mir ist solch ein Los zuteil geworden: Sinnlos vergeht ein Monat nach dem andern, und Nacht für Nacht verbringe ich mit Schmerzen. « (Verse 1-3)

Der Sklave der nach Schatten lechzt und der Knecht der auf den Abend wartet, sind Bilder für geplagte Menschen wie Hiob, die zwar auf bessere Zeiten hoffen, aber wenig Aussicht auf Ruhe und Lohn haben. Wie dankbar können wir sein, dass wir heute von einem ewigen Lohn in himmlischer Herrlichkeit wissen.

Jesus sagt zu seinen Jüngern: »Freut euch und jubelt, denn bei Gott erwartet euch reicher Lohn. « (Matthäus 5,12). Das ist Lohn, den wir nach unserem Tod erhalten werden. Oder wie es in Offenbarung 22,12 heißt; »Gebt Acht, ich komme bald, - sagt Jesus - und euren Lohn bringe ich mit. Jeder empfängt das, was seinen Taten entspricht.« Das ist Lohn, der nicht hier sondern in der Ewigkeit ausgezahlt wird.

(2) Offenbar wusste Hiob nichts von einem ewigen Leben. Er sagt: »Ganz ohne Hoffnung schwinden meine Tage, sie eilen schneller als ein Weberschiffchen. Gott, denk an mich: Mein Leben ist ein Hauch; mein Glück vergeht, ich seh es nie mehr wieder! « (Verse 6+7).Und in Vers 9:»Die Wolke löst sich auf und ist verschwunden; genauso geht's dem Menschen, wenn er stirbt: Vom Ort der Toten kommt er nicht zurück. «

Für ihn - und die Leute seiner Zeit - war das Leben mit dem Tod zu Ende. Wer bis dahin das Glück nicht gefunden hatte, der hatte etwas sehr Wichtiges verpasst. Wir wissen aber, dass mit dem Tod nicht alles aus ist und dass es ein ewiges Leben gibt.

Über das ewige Leben bei Gott sagt uns der Apostel Johannes im Neuen Testament: Genauso muss auch der Menschensohn erhöht werden, damit alle, die sich im Glauben ihm zuwenden, durch ihn ewiges Leben bekommen. Gott hat die Menschen so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hergab. Nun werden alle, die sich auf den Sohn Gottes verlassen, nicht zugrunde gehen, sondern ewig leben. « (Johannes 3, 14 - 16)

Und Paulus schreibt an Titus: »Die Menschen, die Gott erwählt hat, sollen wissen, dass sie auf ein ewiges Leben hoffen dürfen. Das hat Gott, der nicht lügt, schon vor unendlich langer Zeit versprochen; jetzt aber, zum vorherbestimmten Zeitpunkt, hat er seine Zusage öffentlich bekannt machen lassen. « (Titus 1,2-3) Damit bestätigt er einmal, dass es ein ewiges Leben gibt - aber zum anderen auch, dass diese Tatsache erst jetzt, im Neuen Testament, öffentlich bekannt gemacht wurde. Also konnte Hiob das noch nicht wissen. Für ihn war mit dem Tode alles aus.

(3) Hiob wusste auch nichts von Gottes Liebe: Für ihn war Gott ein strafender Gott, der Freude daran hat, die Menschen zu quälen und sie für ihre Sünden büßen zu lassen. So betet er: »Wenn ich auf meinem Lager Ruhe suche, der Schlaf mir meine Schmerzen lindern soll, dann quälst du mich mit schauerlichen Träumen und ängstigst mich mit schlimmen Schreckensbildern. « (Verse 13-14)

Es scheint dem Hiob so, als ob es Gott nicht genug ist, ihn mit Unglück, Verlust und Krankheit zu züchtigen. Jetzt schickt er auch noch schauerliche Träume und Schreckensbilder. Dabei ist es nur eine Vermutung, dass diese Träume von Gott gesandt sind.

Vor allem aber wissen wir heute, dass Gott uns liebt und unser Heil und Erlösung will. Zacharias sagt in seinem Lobgesang: »Unser Gott ist voll Liebe und Erbarmen; er schickt uns den Retter, das Licht, das von oben kommt. « (Lukas 1, 78). Und in Römer 5, 5 schreibt Paulus: »Denn dass Gott uns liebt, ist uns unumstößlich gewiss. Seine Liebe ist ja in unsere Herzen ausgegossen durch den Heiligen Geist, den er uns geschenkt hat. «

Und Jesus sagt: »Wie die Liebe eures Vaters im Himmel, so soll auch eure Liebe sein: vollkommen und ungeteilt. « (Matthäus 5, 48). Der Gott der Christen ist ein Gott, der seine Schöpfung und die Menschen liebt und das Beste für sie will.

(4) Hiob hat richtig verstanden, dass Gott den Menschen wichtig nimmt, aber nicht, um ihn zu quälen und zu vernichten, sondern weil er ihn liebt und retten will. In den Versen 17 und 18 klagt Hiob noch Gott an: »Warum nimmst du den Menschen denn so wichtig, dass du den Blick auf ihn gerichtet hältst? Zur Rechenschaft ziehst du ihn jeden Morgen und stellst ihn immer wieder auf die Probe. «

Hiob und den Menschen seiner Zeit wäre es lieber gewesen, Gott hätte weg geschaut und würde sie in Ruhe lassen. Sie fürchten sich vor Gott und möchten sich vor ihm klein machen und verstecken.

In Johannes 3, 16 -17 steht einer der Sätze in der Bibel, die das ganze Evangelium in kurzer, kompakter und einfacher Form wider geben. Da heißt es: »Gott hat die Menschen so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hergab. Nun werden alle, die sich auf den Sohn Gottes verlassen, nicht zugrunde gehen, sondern ewig leben. Gott sandte den Sohn nicht in die Welt, um die Menschen zu verurteilen, sondern um sie zu retten. «

Hier behauptet die Schrift, dass der Mensch für Gott so wichtig ist, dass er dafür seinen Sohn in den Tod schickt. Gott nimmt den Menschen sehr wichtig, ja: aber nicht um ihn zu quälen, zu strafen und zu verurteilen, sondern um ihn zu retten und ihm ewiges Leben bei Gott zu erwerben.

(5) Hiob wusste nicht, dass Gottes Gegenwart Leben, Licht und Wärme, Geborgenheit und Glück ist. Gottes Abwesenheit bringt für den Menschen Kälte, Verlassenheit und Tod. Hiob betet: »Wann blickst du endlich weg, lässt mich in Ruhe, so lang nur, dass ich einmal schlucken kann? « (Vers 19)

Wir können verstehen, dass Hiob sich eine Atempause in seinem Unglück und Leiden wünscht. Aber die Erleichterung wird nicht dadurch kommen, dass Gott sich von ihm abwendet. Im Gegenteil. Denn in Psalm 34, 9 heißt es: »Der Herr ist gütig! Wie glücklich sind alle, die bei ihm Zuflucht suchen! » Und in Psalm 73, 28 lesen wir: »Ich aber setze mein Vertrauen auf dich, meinen Herrn; dir nahe zu sein ist mein ganzes Glück. «

Auch im Neuen Testament wird deutlich, dass eben nur in der Nähe Gottes, in seiner Gegenwart - Himmel, der Ort der ewigen Glückseligkeit, ist. Deshalb würde ich immer wieder Menschen in Not ermutigen, nicht vor Gott zu fliehen, sondern IHN, seine Nähe und Gegenwart zu suchen.

(6) Hiob wusste nicht, dass jede Sünde eine Beleidigung Gottes ist. Er sagte: » Wenn ich gesündigt habe ohne Wissen, was tat ich dir damit, du Menschenwächter? « (Vers 20), damit will er wohl zum Ausdruck bringen, dass die schlimmsten Sünden, wie Mord, Gewalt, Betrug, Misshandlung - dem allmächtigen, souveränen Gott überhaupt nichts anhaben können.

Das stimmt ja auch, wir können Gott nicht schaden, er ist so viel größer und stärker als wir. Und doch sagt Gott in Jesaja 43, 24: »Du hast mir eine Last aufgeladen mit deinen Sünden und hast mich geplagt mit deinen verbrecherischen Taten! «

Unser gottloses Verhalten und unsere bösen Handlungen gegen unsere Mitmenschen verletzen Gott. Nicht nur die groben, schweren Sünden beleidigen ihn, sondern schon unsere Gleichgültigkeit, unsere Missachtung, der fehlende Respekt und der Mangel an der ihm gebührende Verehrung und Anbetung.

(7) Hiob wusste nicht, dass der Sünde Lohn der Tod ist. Darum sagt er so unschuldig: »Kannst du denn meine Fehler nicht verzeihen und meine Sünde einfach übersehen? Nicht lange mehr, dann liege ich im Staub, und suchst du mich, so bin ich nicht mehr da. « (Vers 21)

Das ist sicher eine Frage, die viele Menschen haben: »Warum kann Gott nicht einfach unsere Sünde vergeben und fertig. Warum musste Jesus sterben, warum müssen wir Buße tun und uns bekehren? « Paulus erklärt dazu in Römer 6, 23 »Der Lohn, den die Sünde zahlt, ist der Tod. Gott aber schenkt uns unverdient, aus reiner Gnade, ewiges Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn. «

Schon von Anfang an - noch bevor der Mensch ungehorsam war - war es beschlossene Sache bei Gott, dass Sünde mit dem Tod bestraft wird. Darum kann Gott die Fehler nicht einfach übersehen und die Schuld ungestraft lassen. Aber, die Frohe Botschaft besagt: »Gott aber schenkt uns unverdient, aus reiner Gnade, ewiges Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn. «

Viele Verheißungen und Wahrheiten, die wir heute als Christen schon von klein auf wissen, kannte Hiob nicht. Für ihn war es darum umso schwerer, materiellen Verlust, Leiden, Krankheit und Tod zu ertragen. Und trotzdem hat er im Glauben an Gott festgehalten. Wie viel mehr sollten wir Trost und Hoffnung bei Gott suchen und finden.

Wir beten:
Herr, wir danken Dir für alle Offenbarungen, die du uns in Deinem Wort geschenkt hast. So wissen wir, dass wir trotz Leiden und Not auf dieser Erde einer herrlichen Ewigkeit bei Dir entgegen gehen. Amen.

Rüdiger Klaue

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Predigtreihe über Hiob – Teil 8: Hiobs Kummer (Hiob 6, 2-30)
Hiob hat sich die Rede des Elifas angehört. In seiner Antwort darauf merken wir, dass er da keinen Trost und keine Hilfe gefunden hat. Er sagt vielmehr:

Der Bibeltext:
(6,2) »Wenn jemand meinen Kummer wiegen wollte und meine Leiden auf die Waage legte

(6,3) sie wären schwerer als der Sand am Meer. Was Wunder, wenn ich wirre Reden führe!

(6,4) Die Pfeile Gottes haben mich getroffen und meinen Geist mit ihrem Gift verstört. Die Schrecken Gottes haben mich umzingelt, ein Heer von Feinden, aufmarschiert zur Schlacht.

(6,5) Kein Esel schreit auf saftig grüner Weide und jeder Stier ist still, hat er sein Futter.

(6,6) Doch wer mag ungesalzne Speisen essen? Wem schmeckt der weiße Schleim von einem Ei?

(6,7) Wie solche Nahrung mir ein Ekel ist, genauso ungenießbar ist mein Leid!

(6,8) Warum gibt Gott mir nicht, was ich erbitte? Und warum tut er nicht, worauf ich warte?

(6,9) Wenn er sich doch entschlösse, mich zu töten und mir den Lebensfaden abzuschneiden!

(6,10) Darüber würde ich vor Freude springen, das wäre mir ein Trost in aller Qual. Was er, der Heilige, befohlen hat, dagegen hab ich niemals rebelliert.

(6,11) Woher nehm ich die Kraft, noch auszuhalten? Wie kann ich leben ohne jede Hoffnung?

(6,12) Ist etwa meine Kraft so fest wie Stein? Sind meine Muskeln denn aus Erz gemacht?

(6,13) Ich selber weiß mir keine Hilfe mehr, ich sehe niemand, der mich retten könnte.

(6,14) Wer so am Boden liegt, braucht treue Freunde, dass er nicht aufhört, sich an Gott zu halten.

(6,15) Doch ihr enttäuscht mich wie die Steppenflüsse, die trocken werden, wenn es nicht mehr regnet.

(6,16) Wenn Eis und Schnee in Frühjahrswärme schmelzen, dann sind die Flüsse voll von trübem Wasser;

(6,17) doch in der Sommerhitze schwinden sie, ihr Bett liegt leer und trocken in der Glut.

(6,18) Die Karawanen biegen ab vom Weg und folgen ihnen, sterben in der Wüste.

(6,19) Aus Tema und aus Saba kamen sie, sie spähten aus, sie wollten Wasser finden.

(6,20) Doch ihr Vertrauen wurde nicht belohnt: An leeren Flüssen endete die Hoffnung.

(6,21) Für mich seid ihr genau wie diese Flüsse: Weil ihr mein Unglück seht, weicht ihr zurück.

(6,22) Hab ich vielleicht um ein Geschenk gebeten, müsst ihr für mich denn irgendwen bestechen?

(6,23) Sollt ihr Erpressern Lösegelder zahlen, um mich aus ihren Händen freizukaufen?

(6,24) Belehrt mich doch, dann will ich gerne schweigen. Wo hab ich mich vergangen? Sagt es mir!

(6,25) Durch Wahrheit bin ich leicht zu überzeugen, doch euer Redeschwall beweist mir nichts!

(6,26) Wollt ihr mich wegen meiner Worte tadeln und merkt nicht, dass Verzweiflung aus mir spricht?

(6,27) Ihr würdet noch um Waisenkinder würfeln und euren besten Freund für Geld verschachern!

(6,28) Seht mir doch einmal richtig in die Augen! Wie käme ich dazu, euch anzulügen?

(6,29) Hört auf zu richten, seid nicht ungerecht! Noch habe ich das Recht auf meiner Seite!

(6,30) Ich gehe nicht zu weit mit meinen Worten, ich kann doch Recht und Unrecht unterscheiden! «

Nicht immer sagt uns eine Person, die leidet, was sie genau denkt, was sie fühlt und was sie sich wünscht. Ich sprach mal mit einem Pastor, der wegen seines Glaubens in ein kommunistisches Gefängnis gesteckt wurde. Ich deutete vorsichtig an, dass ich bereit sei, etwas von seinen Erfahrungen aus dieser Zeit zu hören. Doch der Mann war sehr wortkarg und sehr verschlossen. Er sagte nur: »Die Dinge, die ich da erlebt habe, die kann man keinem erzählen! «

Nun, es gibt doch immer wieder Leute, die versucht haben zu berichten, wie es in der Gefangenschaft zuging. Es sind auch manche Bücher und Berichte darüber geschrieben und manche Zeugnisse darüber in der Öffentlichkeit abgelegt worden. Einer der bekanntesten Gefangenen war wohl Solchenizin in der UdSSR. Oder auch Corrie ten Boom, die von ihren Erlebnissen in deutschen KZs erzählte.

Wenn der Pastor sagte: »Die Dinge, die ich in kommunistischen Gefängnissen erlebt habe, kann man keinem erzählen«, dann kann das ein Mehrfaches bedeuten.

1.- Es würde mich zu sehr aufwühlen, wenn ich wieder davon erzählen würde. Natürlich sind die Umstände in den meisten Gefängnissen unmenschlich, erschreckend, qualvoll und zermürbend. Wir wissen ja, dass viele Leute unter der Folter gestorben sind oder den Verstand verloren haben. Wozu sollte jemand, der das alles lebend überstanden hat, sich noch einmal in seiner Erinnerung dahin zurück versetzen?

Die Zeit war so demütigend, so entwürdigend, so peinlich, dass man es lieber für sich behält. Für manche ist es eben Gnade, wenn sie nicht mehr daran denken und davon erzählen müssen. Es ist überstanden und soll in der Vergessenheit bleiben. Um ihrer selbst willen ist es besser, sie sagen nichts mehr zu dem Thema.

2.- Eine andere Erklärung könnte sein, der Pastor wollte nichts erzählen, um seine Zuhörer zu schonen. Wer hören würde, was passiert ist, wie es zuging und warum all diese Ungerechtigkeit möglich war, der würde entweder empört oder in tiefster Seele berührt werden, ohne wirklich etwas ändern zu können. Da sind so grausame und furchtbare Dinge geschehen, welche die Phantasie und die Emotionen der anderen zu sehr belasten würden.

3.- Ein weiterer Grund könnte das Empfinden sein, dass jeder Versuch zu erklären was da geschah, immer hinter der Wirklichkeit zurück bleiben würde. Man kann wohl sagen: »Wir haben gehungert, wir sind geschlagen worden, wir mussten arbeiten, bis zum Umfallen« aber was sind Worte im Vergleich zum Erleben?

Es gibt keine Worte dafür, was ein Gefangener oder Gefolterter wirklich empfindet. Die Qualen beschreiben zu wollen, wäre angesichts der Tiefe der Erfahrung so etwas wie Hohn, wie ein Witz. Man sagt ja auch manchmal: »Das spottet jeder Beschreibung. « Warum also etwas mitteilen, das man gar nicht so mitteilen kann, wie es wirklich war.

4.- Weshalb manch einer von seinen traumatischen Erfahrungen nicht berichten möchte, könnte noch einen Grund haben. Leid ist etwas ganz Persönliches, ja etwas Heiliges. Man erzählt nicht jedem seine intimsten Erfahrungen, seine wirklichen Gefühle und Gedanken, die man unter dem unmenschlichen Druck gehabt hat. Man rührt diese Dinge nicht mehr an. Sie gehören nicht mehr zu diesem Leben und dem Alltag, in dem man jetzt steht. Die Erfahrungen im Leid sollen ihren Platz - vielleicht ihren Ehrenplatz - behalten und nicht in die profane Welt gezogen werden.

Was auch immer der Grund des Pastors gewesen sein mag, nicht über seine Erfahrungen in der Gefangenschaft zu berichten - es hat mich tief berührt.

Andererseits gibt es aber auch Menschen, die ihr Leid und ihre schweren Erfahrungen nicht für sich behalten können. Sie möchten, dass andere Leute erfahren, wie es ihnen erging, was sie empfunden, gefühlt, gedacht und sich gewünscht haben. Sie verarbeiten auf diese Weise ihre Enttäuschung, ihren Zorn, ihre Angst und ihr Trauma. Nun, Hiob war wohl einer von den Menschen, die ihre Qualen und ihr Leid mit anderen Leuten teilen müssen. Jedenfalls redet er mit seinen Freunden über seine Empfindungen.

Hiob beginnt seine Rede mit den Worten: »Wenn jemand meinen Kummer wiegen wollte und meine Leiden auf die Waage legte – sie wären schwerer als der Sand am Meer. « (Verse 2-3) Damit möchte er wohl seinen Freunden zu verstehen geben, dass sie gar nicht ermessen können, wie schwer und groß seine Qual ist. Wenn er unvernünftige Dinge sagt und nicht richtig logisch argumentieren kann, dann liegt das daran, dass seine Schmerzen zu groß sind.

Dann braucht er diesen Vergleich, um seinen Freunden klarzumachen, dass da ein Grund für seine Klage sei. Er sagt in Vers 5 »Kein Esel schreit auf saftig grüner Weide und jeder Stier ist still, hat er sein Futter. « - Er meint, wenn jemand klagt gibt es bestimmt auch eine Ursache.

Sein Leid ist so groß, dass er am liebsten Sterben möchte. Er fragt: »Warum gibt Gott mir nicht, was ich erbitte? Und warum tut er nicht, worauf ich warte? Wenn er sich doch entschlösse, mich zu töten und mir den Lebensfaden abzuschneiden! Darüber würde ich vor Freude springen, das wäre mir ein Trost in aller Qual. « (Verse 8-10) Es sind nicht direkt Selbstmordgedanken, die Hiob hier äußert. Aber er möchte doch sterben. Er erbittet von Gott diesen Gefallen. Natürlich gerät ein Mensch mit solchen körperlichen Schmerzen in eine tiefe Depression und Verzweiflung.

Und er fragt sich wie Hiob: Woher nehm ich die Kraft, noch auszuhalten? Wie kann ich leben ohne jede Hoffnung? - Ein Mann, der in einem Nazi-Gefängnis schwer gefoltert wurde hat einmal versucht zu erklären, was jemand empfindet, wenn er nach der Folter wie ein schmutziger Sack wieder in seine Zelle geworfen wird. Da lag er dann und der körperliche Schmerz hatte ganz und gar von ihm Besitz ergriffen. Doch dann sagte der Mann, sobald er wieder einigermaßen bei Besinnung war, begann er sich so schrecklich allein und verlassen zu fühlen. Genau das war auch das Empfinden des Hiob; denn er sagt: »Wer so am Boden liegt, braucht treue Freunde, dass er nicht aufhört, sich an Gott zu halten. « Ein verletzter, geschundener Mensch braucht jemand an seiner Seite, braucht Freunde.

Er braucht einmal jemand, der den Schaden sieht und ein wenig beurteilen kann. Ich erinnere mich noch daran, als ich einmal einen Unfall hatte und mein Bein verletzt war. Im ersten Schock und Schreck weiß man gar nicht, was einem wirklich passiert ist, wie schlimm der Schaden ist. Gedanken gehen einem durch den Kopf: »Werde ich jetzt sterben? Werde ich mein Bein verlieren? Wird die Verletzung zu behandeln sein? Werde ich je wieder richtig gehen können? « In solchen Momenten braucht man jemand der sagt: »Wir haben die Wunde gesehen. Es sieht nicht lebensgefährlich aus. Wir werden Dich jetzt ins Krankenhaus bringen und da wird sich der Arzt gleich der Sache annehmen. « Wenn aber keiner da ist und Du liegst so blutend auf der Erde, dann erfasst Dich schnell die Panik.

Er braucht jemand, der ihn bedauert, vielleicht jemand, der seinen Kopf hält, ihn streichelt und sagt: »Du tust mir schrecklich leid. Die haben Dich furchtbar zugerichtet. Das muss ja alles entsetzlich weh tun. Du bist ein armer gequälter Mensch. Ich bewundere Dich, Du bist ein Held in meinen Augen. « Vielleicht hätte Hiob das Mitleid seiner Freunde zurückgewiesen und etwa gesagt: »Ist schon gut, andere müssen auch leiden. Macht Euch keine Sorgen um mich! « Aber es hätte ihm bestimmt gut getan, wenn die Freunde in bedauert und ihm ihr Mitgefühl gezeigt hätten anstatt ihn zu verklagen.

Ein Mensch, der gefoltert und misshandelt wurde braucht jemand, der ihn verteidigt. Der Mann in dem Nazi-Gefängnis dachte auf einmal: »Hier ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit mit mir passiert. Man hat mich geschlagen wie einen kleinen Jungen, gedemütigt, verletzt, mir meine Freiheit geraubt und Schaden zugefügt, nur weil ich ein Jude bin. Ich habe kein Verbrechen begangen. Wer erlaubt diesen Folterknechten so etwas zu tun. - Wo ist denn der eine, der mich vor der brutalen Gewalt dieser Herren beschützt? Wo ist jemand der meine Seite vor Gericht vertritt und mir Recht verschafft? « -

So muss auch Hiob empfunden haben: »Wo ist jemand, der mein Recht vertritt? Ich bin ohne meine Schuld in Krankheit und Elend gestürzt worden. Sieht das denn keiner? Ergreift denn keiner meine Seite? Sind auch meine Freunde gegen mich? « So kommt zu den Qualen der Krankheit bei Hiob noch das Gefühl dazu, seiner Rechte und seiner Würde beraubt zu sein und niemand zu haben, der ihn verteidigt.

Weiter sagte der gefolterte Mann aus seiner Erfahrung, man wünscht sich dringend jemand, der sich der Wunden und Verletzungen annimmt. Wir brauchen einen barmherzigen Samariter, der Wein und Öl in die Wunden gießt und sich darum kümmert, dass die Blutung gestillt wird, dass es keine Infektion gibt und dass Knochenbrüche geschient werden und dass bleibender Schaden verhindert wird.

Ein Verletzter, ein Kranker braucht einen Arzt, einen Heiler, einen, der sich um die Wunden kümmert. Daran haben die Freunde des Hiob überhaupt nicht gedacht. Sie haben sich die Wunden und Geschwüre gar nicht näher angeschaut. Sie haben nicht nach einem Desinfektionsmittel gegriffen, eine lindernde Salbe aufgetragen und einen schützenden Verband angelegt.

Dafür haben sie diskutiert, philosophiert, Ratschläge erteilt und Hiob beschuldigt. Kein Wunder dass Hiob sagt: »Doch ihr enttäuscht mich wie die Steppenflüsse, die trocken werden, wenn es nicht mehr regnet« (Vers 15) und weiter »Wollt ihr mich wegen meiner Worte tadeln und merkt nicht, dass Verzweiflung aus mir spricht? « (Vers 26).

Die Freunde des Hiob waren so sehr von dem Gedanken beseelt, ihren im Unglück gelandeten Freund zu trösten, ihm zu helfen, ihm Antworten zu geben und zum Segen zu sein, dass sie das Einfachste, das Nächstliegende, die praktische Hilfe ganz vergaßen.

Ich fürchte, so geht es uns auch manchmal, wenn wir mit leidenden Menschen konfrontiert werden. Wir machen es ähnlich wie Elifas und seine Freunde: wir philosophieren, argumentieren, erklären, geben Rat oder predigen den Armen an. Dabei vergessen wir die einfachsten Dinge.

Es ist natürlicher und wirksamer, ihn zu umarmen, ihn mitleidvoll anzuhören, seine Schmerzen zu lindern, praktisch für ihn sorgen. Trösten ist heute eine sehr nötige Aufgabe. Möge Gott uns helfen, die Gelegenheiten richtig zu nutzen.

Wir beten:
Herr, wie oft sind wir ratlos, wenn wir Not sehen, oder einem trauernden, leidenden Menschen gegenüber stehen. Und wie oft haben wir schon Fehler gemacht. Hilf uns barmherzig zu sein wie der Samariter, von dem Du uns erzählt hast. Amen.

Rüdiger Klaue

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Predigtreihe über Hiob – Teil 7: Elifas Rat (Hiob 5,6-27)
Im Kapitel 5 des Buches Hiob geht die Rede des Elifas weiter.

Der Bibeltext:

(5,6)»Des Menschen Unglück wächst nicht aus der Erde, und was ihm Not macht, trifft ihn nicht von außen.

(5,7) Aus seinem eigenen Wesen kommt das Leid, so wie der Funkenwirbel aus dem Feuer.

(5,8) Ging's mir wie dir, ich wüsste, was ich täte: Ich brächte meine ganze Not vor Gott.

(5,9) Er ist's, der Wunder tut, unzählbar viel, so groß, dass wir sie nicht verstehen können.

(5,10) Er lässt den Regen auf die Erde fallen, damit das Wasser alle Felder tränkt.

(5,11) Wer niedrig ist, den hebt er hoch hinauf; wer weint und klagt, den lässt er Freude finden.

(5,12-13) Er fängt die Listigen mit ihrer List; was ihre klugen Köpfe stolz ersinnen, das stellt er auf den Kopf und macht's zunichte.

(5,14) Am hellen Mittag schlägt er sie mit Blindheit und lässt sie tappen wie in dunkler Nacht.

(5,15) Er hilft den Schwachen, schützt sie vor Verleumdung und reißt sie aus der Hand der Unterdrücker.

(5,16) Den Armen gibt er Zuversicht und Hoffnung, jedoch den Bösen wird das Maul gestopft.

(5,17) Wie glücklich ist der Mensch, den Gott zurechtweist! Wenn er dich jetzt erzieht, lehn dich nicht auf!

(5,18) Die Wunden, die er schlägt, verbindet er; denn seine Hand schlägt zu, doch heilt sie auch.

(5,19) Sooft dich auch das Unglück treffen mag, er wird dir helfen und dem Schaden wehren.

(5,20) In Hungerzeiten hält er dich am Leben, im Krieg lässt er das Schwert nicht an dich kommen.

(5,21) Er schützt dich vor dem Zischeln böser Zungen; du musst nichts fürchten, wenn das Unheil naht.

(5,22) Gewalt und Hunger kannst du stolz verlachen; vor wilden Tieren hast du keine Angst.

(5,23) Auch auf dem freien Felde bist du sicher und jedes Raubtier lässt dich dort in Frieden.

(5,24) In Haus und Hof bleibt alles unversehrt, auf deinen Weideplätzen fehlt kein Tier.

(5,25) Du siehst, wie deine Kinderschar sich mehrt, so zahlreich wie die Halme auf der Wiese.

(5,26) In hohem Alter kommst du dann ins Grab, so wie man Korn erst einfährt, wenn es reif ist.

(5,27) Das alles, Ijob, haben wir erforscht. Du solltest es dir merken, denn es stimmt! «

Elifas antwortet hier noch auf die erste Rede des Hiob. In dieser Rede verwünscht Hiob den Tag seiner Geburt. Er meint, wenn es diesen Tag nur nicht gegeben hätte, wenn er nicht im Kalender erschienen wäre, dann wäre er nicht geboren worden. Er hätte zwar das Licht der Welt nicht erblickt und nie erfahren was es heißt zu leben, aber er wäre auch von all dem schweren Leid bewahrt geblieben, das ihn jetzt trifft. Das will Elifas so nicht stehen lassen.

Zu Beginn seiner Antwort erinnert Elifas seinen Freund daran, dass er doch so vielen anderen Menschen geholfen habe. Und nun, wo er selber im Unglück steckt, wird er schwach: wörtlich sagte Elifas »Du hast doch viele Menschen unterwiesen und schlaff gewordene Hände stark gemacht. Wenn jemand strauchelte, du halfst ihm auf, den weichen Knien gabst du Halt und Kraft. Jetzt, wo du selber dran bist, wirst du schwach und kannst dem Unglück nicht ins Auge sehen. « (Verse 3-5)

Ja, aber so ist das. Es ist leicht, den Leidenden Mut und Trost zuzusprechen, aber wenn es einen selber trifft, sieht die Sache ganz anders aus. Deshalb sollte man vorsichtig sein und den Mund nicht zu voll nehmen. Erst wer selber durchs Unglück und schwere Zeiten gegangen ist, hat eine gewisse Autorität etwas dazu zu sagen.

Nun sagt Elifas noch etwas Interessantes: »Des Menschen Unglück wächst nicht aus der Erde, und was ihm Not macht, trifft ihn nicht von außen. Aus seinem eigenen Wesen kommt das Leid. « (Verse 6-7)

Ich glaube, was Elifas meint ist, dass jeder selber einen gewissen Teil schuld an seiner Lage hat. Die Entscheidungen, die er in seinem Leben getroffen hat, die Freunde, die er sich gesucht hat, die Bücher, die er gelesen hat, die Musik, die er gehört hat, die Filme, die er sich angeschaut hat, die Vorbilder, die er sich genommen hat, all das hat dazu beigetragen, ihn an den Ort und die Position zu bringen, in der er sich jetzt befindet.

Das heißt, der Mensch ist nicht nur einem blinden Schicksal ausgeliefert. Oft hat er selber daran mitgewirkt, dass es ihm schlecht geht. Das hatten wir schon im vorigen Teil der Rede gehört, als Elifas etwa sagte: »Was der Mensch sät, das wir er ernten. « Das mag in vielen Fällen so sein, und wir tun wohl gut daran uns zu fragen, wo wir unser Unheil selbst verschuldet haben.

Doch im Falle Hiobs stimmt das nicht. Er hatte seine Verluste und Schmerzen nicht selber verschuldet. Gott hatte es vielmehr zugelassen, dass Satan ihn auf die Probe stellen sollte.

Und nun hat Elifas noch einen sehr guten Vorschlag. Er sagt: »Ging's mir wie dir, ich wüsste, was ich täte: Ich brächte meine ganze Not vor Gott. « Das finde ich nun mal einen guten Rat. Bisher hatte Hiob auch nur den Tag seiner Geburt verwünscht und spekuliert, wie es wäre, wenn er tot wäre. So weit berichtet wird, hatte er noch nicht mit Gott über seine Not gesprochen.

Die Bibel ermutigt die Menschen, ihre Lasten und Sorgen im Gebet vor Gott zu bringen und bei ihm abzuladen. Selbst Jesus hat das getan, wie uns in Hebräer 5, 7 berichtet wird: »Als er noch auf der Erde lebte, hat Jesus sich im Gebet mit Bitten und Flehen an Gott gewandt, der ihn vom Tod retten konnte; mit lautem Rufen und unter Tränen hat er seine Not vor ihn gebracht. Weil er treu zu Gott hielt, ist er schließlich auch erhört worden. «

Wenn wir jemanden trösten wollen sind wir geneigt, ihm Versprechen zu machen: »Es ist ja nicht so schlimm. Warte noch ein Weilchen, es wird alles wieder gut werden. Gott wird dein Leid noch ändern« - oder wie der Freund Zofar von Naama sagt: »Das Unheil, das dich traf, kannst du vergessen wie Wasserfluten, die verlaufen sind. Dein Leben zeigt sich dann in neuem Licht und strahlt noch heller als die Mittagssonne; nach aller Dunkelheit kommt Morgenglanz. « (Hiob 11, 16-17)

Das sind so typische Trostworte. Aber oft sagen wir das so ohne Fundament, als ein vages Versprechen, ein Wunschdenken, von dem wir selbst nicht so recht überzeugt sind. Beim Trösten müssen wir immer aufpassen, dass wir nicht leere Behauptungen aufstellen oder unrealistische Erwartungen wecken.

Das ist oft so ein Balanceakt. Wir wissen und glauben auf der einen Seite, dass Gott Wunder tun und heilen kann, dass er viel mehr schenken kann, als wir uns träumen lassen. Auf der anderen Seite ist Gott aber auch souverän und lässt sich von unseren Wünschen und Vorstellungen nicht manipulieren. Es kann immer sein, dass Gott andere Pläne mit uns hat, als wir es uns denken und begehren.

Auch dafür gibt es viele biblische Beispiele, wie z.B. Paulus und Jesus selbst. Aber auch Hiob ist ein Beispiel dafür, dass Gott bestimmte Gründe hatte, ihn Armut und Unglück erleben zu lassen.

Wer glaubt, dass Gott immer alle Krankheiten heilen muss, wird enttäuscht werden. Oder er muss fragwürdige, menschliche Erklärungen finden, wenn Gott nicht nach seinen Vorstellungen handelt. Trost kommt oft nicht an, weil der Betroffene fühlt, dass es nur leere Worte sind, die jeder Autorität entbehren.

Nun rät Elifas aber dem leidenden Hiob: »Bring Deine Not vor Gott! « Damit meint er wohl auch: ‘Sage Gott nicht, was er tun soll, sondern schütte ihm Dein Herz aus und überlass es IHM, was er damit tun möchte.’ -

Ich finde es immer wichtig, dass man die Not mit Gott in Verbindung bringt, dass man also Gott mit hinein nimmt in seine Situation, seine Gefühle, Gedanken, Fragen und Sorgen. Natürlich weiß er schon, was uns bedrückt und was wir wollen, aber wir brauchen jemand, dem wir das alles sagen können. Wir brauchen jemand, der uns versteht, der mitfühlt, der unsere Kämpfe sieht. –

Hiob beschuldigt nicht Gott direkt für seine Situation, er klagt ihn nicht an und verlangt nicht direkt eine Änderung seiner Handlungsweise. Doch indirekt klingt es immer wieder durch. Er ist mit Gott nicht zufrieden, er fühlt sich ungerecht behandelt, er empfindet, dass Gott hier einen Fehler begeht und etwas falsch macht.

Ja, dass Hiob ihm etwas vergeben müsse. Natürlich hat Hiob unrecht! Gott macht keine Fehler! Und wir - als gute Christen - würden es überhaupt nicht wagen, so etwas zu denken oder auszusprechen. Wir würden es als Gotteslästerung empfinden - und so unterdrücken wir solche Gedanken - was aber unser Verhältnis zu Gott nicht gerade verbessert.

Manchmal ist es schwer, in solchen Leiden und Schmerzen selber zu Gott zu beten und ihm sein Herz auszuschütten. Da ist es meist hilfreich, wenn ein Freund kommt und sagt: »Lass uns zusammen beten und alle Deine Sorgen und Fragen, Deine innere und äußere Not, Deine Wünsche und Hoffnungen vor Gott bringen. « Das kann schon sehr erleichtern.

Nachdem Elifas gesagt hat, dass Hiob seine Lage vor Gott bringen soll, fängt er an Gottes Eigenschaften und Taten aufzuzählen. Es bewegt mich, wie Hiob und seine Freunde immer wieder versuchen, Gott zu erkennen und zu verstehen. Sie hatten damals noch nicht viele Hilfsmittel dazu, aber sie haben fleißig geforscht, beobachtet und nachgedacht und mit dazu beigetragen, uns ein kompletteres Gottesbild zu zeigen.

Im Vers 17 dieser Rede finden wir noch einen Hinweis, der uns nachdenklich macht. Elifas sagt da: »Wie glücklich ist der Mensch, den Gott zurechtweist! « Elifas hat das wohl auf Hiob und sein Leid bezogen. Er möchte das Unglück als eine Erziehungsmaßnahme Gottes, als eine Zurechtweisung und Korrektur verstehen. Vielleicht haben die Erfahrungen des Hiob im Leid auch eine gewisse reinigende Wirkung in seinem Leben gehabt, aber wir wissen aufgrund der Vorgeschichte, dass das nicht Gottes Absicht war.

Ich möchte den Ausspruch des Elifas aber ganz allgemein und grundsätzlich verstehen. Es hat immer einen Wert, wenn Gott einen Menschen erzieht und zurechtweist. Wie er das tut und woran wir das merken ist jetzt nicht unser Thema.

Also hier sind einige Vorteile oder Ergebnisse der Züchtigung Gottes:

(1) Wir begehen weniger Fehler. Eine gute Erziehung der Eltern erkennt man daran, wie sich die Kinder benehmen. Höflichkeit, Zurückhaltung, Hilfsbereitschaft, Dankbarkeit und viele andere Tugenden sind zum großen Teil anerzogen. Von sich aus würden die Kinder sich eher zänkisch, egoistisch, frech und ungenießbar zeigen. Es wäre schwer mit ihnen zusammen zu leben; und sie selber würden sich manche Konflikte und Schwierigkeiten ins Haus holen.

So ist es auch bei Gott. Wo er die Menschen erzieht, kommen die Tugenden zum Vorschein und die Untugenden werden unterdrückt. Disziplinarische Maßnahmen sind nicht immer angenehm, sie tun oft sogar weh. Aber wenn sie im rechten Geist angewandt und angenommen werden, können sie zum großen Segen werden.

(2) Erziehung und Disziplin bewahren den Menschen vor manchen Fehlern. Ich denke da an Mose. Er war ein ungestümer Mann, der sogar an einem Mord schuldig wurde. Gott schickte ihn für einige Jahre in die Schule. In der Wüste, bei den Schafen lernte er Selbstbeherrschung, Geduld, Abhängigkeit von Gott, er lernte mit Entbehrungen zu leben, auf Luxus zu verzichten und zu dienen. Hätte Mose die göttliche Erziehung früher genossen, wäre es sehr wahrscheinlich nie zu dem Mord gekommen. Aber durch die Disziplin wurde er vorbereitet für einen Dienst als Leiter, für die Aufgaben und die Konflikte, die ihn da erwarteten. So kann Gottes Schule auch unser Leben auf die rechte Bahn lenken, uns vor Fehlern und Sünden bewahren und für größere Aufgaben zubereiten.

(3) Durch Gottes Erziehungsmaßnahmen werden wir fruchtbarer und brauchbarer. Nur wenigen Schülern fällt es wirklich leicht, ihre Hausaufgaben zu machen. Wenn sie sich nicht selber dazu disziplinieren, müssen es die Eltern tun. Aber ohne Disziplin und Erziehung würden sie nie so viel lernen und ihre Examen bestehen.

Jeder Musiker, jeder Spitzensportler, jeder Wissenschaftler weiß, wie viel eiserne Disziplin, Zucht und Verzicht nötig ist, um es in seinem Fach zu etwas zu bringen. Wer aber fleißig trainiert, studiert und praktiziert, der wird ein brauchbarer, leistungsstarker Profi werden. So können uns Gottes Zucht und Korrektur auch zu effektiveren und besser geeigneten Gliedern seiner Gemeinde machen.

Wie glücklich ist der Mensch, den Gott zurechtweist! Wenn er dich jetzt erzieht, lehn dich nicht auf!» Sagt Elifas zu Hiob. Wer Gottes Korrektur und Disziplin annimmt, wird viel lernen. Sein Wandel als Christ wird erprobter und authentischer sein, sein Zeugnis vor der Gemeinde und vor der Welt wird überzeugender sein. Ihm selbst wird es leichter fallen, in den Konflikten und Kämpfen des Lebens zu bestehen.

Nun waren die Leiden und Schmerzen des Hiob aber keine Erziehungsmaßnahmen Gottes. Das wissen wir aus der Vorgeschichte. Doch so etwa, wie Hiobs Erfahrungen, könnten die Erziehungsmaßnahmen Gottes auch wirklich aussehen. Wer durch die Schule der Leiden gegangen ist, hat oft einen viel tieferen, festeren Glauben und er hat Vollmacht und Autorität über gewisse Probleme etwas zu sagen.

Elifas versucht noch dem Hiob deutlich zu machen, dass Gott nicht immer vor Unglück bewahrt, sondern dass er die Menschen sehr oft im oder durch das Unglück bewahrt. Er sagte: »Sooft dich auch das Unglück treffen mag, er wird dir helfen und dem Schaden wehren. In Hungerzeiten hält er dich am Leben, im Krieg lässt er das Schwert nicht an dich kommen. Er schützt dich vor dem Zischeln böser Zungen; du musst nichts fürchten, wenn das Unheil naht. « (Verse 19-21)

Hiob war zwar ganz nahe am Rande des Todes und er wünschte sich auch zu sterben, aber Gott hat ihn nicht umkommen lassen.

Das Beste, was Elifas in dieser Rede sagte war wohl diese Satz: Ging's mir wie dir, ich wüsste, was ich täte: Ich brächte meine ganze Not vor Gott.

Wir beten:
Herr wir danken Dir, dass Du auf unsere Gebete hörst und Dich für unser Schicksal interessierst. Nicht immer wirst Du eingreifen wie wir es wünschen, aber wir wollen es lernen, uns Deinem Willen zu unterordnen. Amen.

Rüdiger Klaue

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Predigtreihe über Hiob – Teil 6: Elifas Gesicht (Hiob 4, 1-21)
Hier sitzen Hiob und seine drei Freunde seit 7 Tagen und 7 Nächten in der Asche und trauern. Schließlich fing Hiob an zu reden - und es war eine düstere Rede die er hielt, in der er sich wünschte tot zu sein, oder nie geboren worden zu sein. Jetzt kommt die Antwort.

Der Bibeltext:
(4,1) »Jetzt nahm Elifas von Teman das Wort:

(4,2) »Erträgst du es, wenn ich dir etwas sage? Ich kann beim besten Willen nicht mehr schweigen!

(4,3) Du hast doch viele Menschen unterwiesen und schlaff gewordene Hände stark gemacht.

(4,4) Wenn jemand strauchelte, du halfst ihm auf, den weichen Knien gabst du Halt und Kraft.

(4,5) Jetzt, wo du selber dran bist, wirst du schwach und kannst dem Unglück nicht ins Auge sehen.

(4,6) Hast du nicht Gott zu jeder Zeit geehrt? War nicht dein Leben frei von jedem Tadel? Dann könntest du doch Mut und Hoffnung haben!

(4,7) Denk einmal nach: Ging je ein Mensch zugrunde, der treu und ehrlich war und ohne Schuld?

(4,8) Ich kann nur sagen, was ich selber sah: Da pflügen Leute auf dem Feld der Bosheit, sie säen Unheil – und das ernten sie!

(4,9) Die solches tun, erregen Gottes Zorn, der sie hinwegfegt wie ein heißer Sturm.

(4,10) Die Unheilstifter brüllen wie die Löwen, doch Gott bricht ihnen alle Zähne aus.

(4,11) Sie gehen ein wie Löwen ohne Beute und ihre Kinder werden weit zerstreut. Beuge dich unter das allgemeine Menschenlos!

(4,12) Ganz heimlich ist ein Wort zu mir gekommen, wie leises Flüstern drang es an mein Ohr,

(4,13) so wie ein Traum den Menschen überfällt und ihm die Ruhe seines Schlafes raubt.

(4,14) Das Grauen packte mich, ließ mich erschaudern, ich zitterte vor Angst an allen Gliedern.

(4,15) Ein kalter Hauch berührte mein Gesicht, die Haare sträubten sich mir vor Entsetzen.

(4,16) Vor meinen Augen sah ich etwas stehen, doch konnt' ich nicht erkennen, was es war, und eine leise Stimme hörte ich:

(4,17) ›Wie kann ein Mensch vor seinem Gott bestehen? Wie kann er schuldlos sein vor seinem Schöpfer?

(4,18) Gott traut nicht einmal seinen eigenen Dienern, selbst seinen Engeln wirft er Fehler vor.

(4,19) Meinst du, er traute dem Geschöpf aus Lehm, das aus dem Staub hervorgegangen ist, das man zerdrücken kann wie eine Motte?‹

(4,20) Am Morgen munter, sind sie abends tot, sie gehen dahin für immer, unbeachtet.

(4,21) Wenn Gott die Seile ihres Zeltes löst, ist ihre Zeit vorbei, sie müssen fort. «

Elifas war wohl der Älteste der Freunde Hiobs. Deshalb durfte er als erster das Wort ergreifen. Offenbar war Elifas ein besonnener, vorsichtiger, mitfühlender Mann. Aber es fiel ihm doch sehr schwer, dem Hiob bei seiner langen Klage zuzuhören. Zu jedem neuen Gedanken seines Freundes fallen ihm gleich Antworten und Gegenargumente ein. Immerhin kann er warten, bis Hiob ausgeredet hat.

Dann sagt er: »Ich kann beim besten Willen nicht mehr schweigen! « Aber gerade in der Seelsorge, oder wenn man jemanden beraten und trösten will, ist es so wichtig, dass man schweigend zuhören kann. Ungeduld und vorschnelle Antworten können den Leidtragenden eher verletzen als ihm helfen.

Doch hat es hier den Anschein, als ob Elifas, obwohl er geschwiegen hat, nicht richtig zugehört hat. Aktives Zuhören ist mehr als nur Schweigen und den anderen Reden lassen. Rechtes Zuhören ist ein Mitgehen mit den Worten des anderen, es ist mitfühlen, der Versuch zu verstehen, was der andere empfindet, was er wirklich sagen will.

Ich habe den Eindruck, dass Elifas und seine Freunde die Kunst des rechten Zuhörens nicht so gut verstanden. Sie haben kaum aufgepasst, was Hiob wirklich sagen wollte; und sie hatten ihre Antworten und Behauptungen schon fertig, bevor Hiob ausgeredet hat. Deshalb trafen ihre Argumente das Problem nicht, sie waren keine Hilfe und kein Trost. Hiob fühlte sich unverstanden, allein gelassen, ungerecht kritisiert und zurechtgewiesen.

Dass er überhaupt noch so geduldig mit seinen Freunden debattiert hat, ist schon bewundernswert. Na, ja, trösten heißt nicht immer Streicheleinheiten verteilen, bedauern und zu allem »Ja« sagen. Manchmal müssen wir auch einen Trauernden korrigieren, ihn zu Recht weisen, ihm zu einer realistischen Schau seiner Lage verhelfen und ihn entschlossen in die Wirklichkeit zurück holen. Aber das darf nur mit großer Vorsicht und Liebe geschehen.

Elifas versucht nun als erster sein Glück als Seelsorger. Er leitet seine Rede mit den Worten ein: »Erträgst du es, wenn ich dir etwas sage? « Das war eine gute und berechtigte Frage. Verletzte und leidende Menschen sind oft sehr empfindlich. Verkehrte Worte können die Wunde aufreißen und den Schmerz nur noch vergrößern.

Mit dieser Einleitung bereitet Elifas den Hiob vor. Der kann sich ein wenig wappnen, denn auf solch eine Frage kommt meistens Kritik und Zurechtweisung. Bestätigung und Bewunderung kann jeder ohne Vorwarnung gut vertragen. Eigentlich war die Frage ja auch mehr rhetorisch. Elifas wollte reden, und er hätte es wohl auch getan, wenn Hiob es ihm verwehrt hätte. Elifas sagt ja auch gleich schon zu Anfang: »Ich kann beim besten Willen nicht mehr schweigen! « Also erübrigt sich die Anfrage.

Immerhin hat es die Lage etwas entspannt und die Gesprächspartner versöhnlicher gestimmt. Was Elifas sagen will, ist wirklich nicht so leicht zu schlucken. Doch zuerst beginnt er mit einer Anerkennung. »Du hast doch viele Menschen unterwiesen und schlaff gewordene Hände stark gemacht. Wenn jemand strauchelte, du halfst ihm auf, den weichen Knien gabst du Halt und Kraft. « Damit bestätigt Elifas den guten Charakter und den positiven Einfluss den Hiob bisher auf seine Mitmenschen gehabt hat.

Und dann kommt die Frage: »Ging je ein Mensch zugrunde, der treu und ehrlich war und ohne Schuld? « Diese Frage kann man einesteils als Ermutigung verstehen. Sinngemäß etwa so: »Du als treuer und ehrlicher Mensch brauchst keine Angst zu haben, Du wirst schon nicht zugrunde gehen. « Aber es könnte auch eine Verdächtigung und Anschuldigung sein mit der Bedeutung: »Wenn Du ein anständiger Mensch und ohne Schuld wärest, dann würde es Dir jetzt nicht so schlecht gehen. Hiob, Du hast gesündigt, deshalb leidest Du. «

Dass gute Menschen gesegnet und böse bestraft werden, wird auch in 5. Mose 28,1-6 verkündet, wo Mose sagt: »Wenn ihr auf den Herrn euren Gott, hört und alle seine Gebote, die ich euch heute verkünde, sorgfältig befolgt, wird er euch hoch über alle Völker der Erde erheben. Die ganze Fülle seines Segens wird euch zuteil werden, wenn ihr den Weisungen des Herrn, eures Gottes, gehorcht. In der Stadt und auf dem Feld schenkt er euch Gedeihen: Gesunde Kinder gibt er euch und reiche Ernten; eure Rinder, Schafe und Ziegen werden sich vermehren, Korb und Backtrog nicht leer werden. Das Glück wird euch begleiten, wenn ihr auszieht und wenn ihr wieder heimkehrt. « - Hier verspricht Gott ganz klar, dass es denen, die seine Gebote halten, gut gehen wird.

Allerdings hätten wir auch manche Beispiele bereit die zeigen, dass auch fromme, gütige, treue, aufrichtige Menschen in Unglück gerieten und leiden mussten. Dazu könnten wir die Propheten nennen, Paulus, die Apostel und die ersten Christen. Sie alle führten ein Leben im Gehorsam und in der Nachfolge Jesu und wurden doch verfolgt und mussten viel leiden. Das gilt für dieses Erdenleben. Aufgrund des Evangeliums können wir aber sagen, dass alles Leid einmal enden wird, und ewige Freude und Lohn denen zuteil wird, die hier auf Jesus vertraut haben.

Die nächste Beobachtung des Elifas können wir schon besser verstehen. Hier geht es darum, dass die bösen, gottlosen Menschen sich oft selbst ins Unglück stürzen. »Ich kann nur sagen, was ich selber sah«: - sagt Elifas - »Da pflügen Leute auf dem Feld der Bosheit, sie säen Unheil – und das ernten sie! Die solches tun, erregen Gottes Zorn, der sie hinwegfegt wie ein heißer Sturm. « (Verse 8-9)

Ja, auch im Neuen Testament wird diese Wahrheit bestätigt in Galater 6,7-8 steht: »Macht euch nichts vor! Gott lässt keinen Spott mit sich treiben. Jeder Mensch wird ernten, was er gesät hat. Wer auf den Boden der menschlichen Selbstsucht sät, wird von ihr den Tod ernten. Wer auf den Boden von Gottes Geist sät, wird von ihm unvergängliches Leben ernten. «

Das heißt: Bosheit, Hinterlist, Lüge und Betrug finden wirklich schon oft in diesem Leben ihre Strafe, ganz bestimmt aber in der Ewigkeit. Die ungerechten Menschen säen Unheil - und sie ernten Unheil. –

Natürlich gibt es auch hier wieder Ausnahmen. Ich denke da an den Psalm 73, wo es in den Versen 3-5 heißt: »Ich war eifersüchtig auf die Menschen, die nicht nach dem Willen Gottes fragen; denn ich sah, dass es ihnen so gut geht. Ihr Leben lang kennen sie keine Krankheit, gesund sind sie und wohlgenährt. Sie verbringen ihre Tage ohne Sorgen und müssen sich nicht quälen wie andere Leute. « -

Das gibt es also auch, dass es Gottlosen, Betrügern und Sündern gut geht. Elifas und seine Freunde haben einen schweren Stand, wenn sie Hiobs Unglück mit seiner Schuld und Ungerechtigkeit erklären wollen.

Nun möchte ich noch auf die Erscheinung eingehen, die Elifas in seiner Rede erwähnt. Es klingt alles ein wenig schaurig und unheimlich. Er hört plötzlich ein leises Flüstern und dann fährt er fort: »Das Grauen packte mich, ließ mich erschaudern, ich zitterte vor Angst an allen Gliedern. Ein kalter Hauch berührte mein Gesicht, die Haare sträubten sich mir vor Entsetzen. Vor meinen Augen sah ich etwas stehen, doch konnt' ich nicht erkennen, was es war, und eine leise Stimme hörte ich:« (Verse 14-16)

Was mag das gewesen sein? Ob ihm hier Gott oder der Heilige Geist begegnet ist? Gewöhnlich packt die Menschen ja nicht ein Grauen und Entsetzen, wenn Gott ihnen begegnet. Wohl eher Sündenerkenntnis, wie bei Jeremia oder bei Petrus. Oder Erschrecken vor dem Licht und der Herrlichkeit Gottes, wie Paulus bei seiner Bekehrung.-

Aber ein kalter Hauch, Erschaudern und zittern vor Angst, die Haare sträuben sich und eine unheimliche, undefinierbare Gestalt. Könnte es auch etwas anderes gewesen sein?

Ich glaube daran, dass Gott Menschen erscheint und ihnen eine Botschaft sagt. Das hört man auch heute immer wieder. Es geschieht besonders da, wo es keine Bibeln und kaum ein christliches Zeugnis gibt.

Ein Araber (Muslim) hat mir einmal erzählt, wie er durch eine Erscheinung, ein Gesicht, auf Gott aufmerksam wurde und sich schließlich bekehrte. Er meinte, dass es vielen seiner Landsleute so gehe, die keine Möglichkeit haben, die Bibel zu lesen, einen Gottesdienst oder Evangelisationsversammlung zu besuchen.

Missionare berichten aus Afrika, dass viele Menschen durch übernatürliche Erscheinungen, durch Träume, Gesichte und Wunder zu Gott finden. –

Ja auch zu den Propheten im Alten Testament, und zu den Aposteln im Neuen Testament hat Gott oft auf übernatürliche Weise gesprochen. Sogar zu Pharao, dem heidnischen Herrscher, hat Gott im Traum mit den fetten und mageren Kühen gesprochen und zu dem bösen König Nebukadnezar.

Allerdings brauchten diese heidnischen Machthaber einen von Gottes Geist erfüllten Deuter. Es sollte uns also nicht wundern, wenn Elifas hier wirklich auf geheimnisvolle, unerklärliche Art eine Botschaft von Gott erhalten hätte. –

Andererseits müssen wir auch daran denken, dass der Teufel ebenfalls Träume, Erscheinungen, Bilder und so etwas schicken kann. Bei der Versuchung Jesu zeigte Satan Jesus alle Reiche der Welt in einem Augenblick und in der Offenbarung wird berichtet, dass der Teufel viele Zeichen und Wunder tut. –

Und noch eins wäre zu bedenken. Schon oft haben religiöse Leiter ihre Nachfolger verführt indem sie behaupteten, von Gott eine Weisung erhalten zu haben. Sie sagen, es war eine Stimme, die sie zu einem bestimmten Ort rief, sie auf ein bestimmtes Datum bestellte, - oder sogar unmoralische Handlungen, oder Kriege und Gewalttaten von ihnen verlangte. Wer sagt: »Gott hat zu mir gesprochen; Er hat mir gesagt ... « Der hat eine gewisse Macht und Autorität über andere Menschen. Man kann ihm nicht widersprechen; und wer die Stimme in Zweifel stellt gilt als einer, der sich gegen Gott selbst stellt. Es kann also durchaus sein, dass manch einer gar nichts gehört hat und doch behauptet, Gott habe ihm eine Botschaft gegeben.

Nun, im Fall von Elifas hat sich die Sache mit dem unheimlichen Gesicht doch als recht harmlos erwiesen. Die Stimme sagte: »Wie kann ein Mensch vor seinem Gott bestehen? Wie kann er schuldlos sein vor seinem Schöpfer? « Dazu sagt Paulus im Neuen Testament: »Kein Mensch kann vor Gott als gerecht bestehen; kein Mensch hat Einsicht und fragt nach Gottes Willen. Alle haben den rechten Weg verlassen; verdorben sind sie alle, ausnahmslos. Niemand ist da, der Gutes tut, nicht einer. « (Römer 3, 10-12) Und das gilt auch für Hiob. –

Was Elifas da in seinem Gesicht erfahren hat, ist eine grundlegende, biblische Wahrheit, die er und seine Freunde wohl auch ohne dramatische Erscheinung hätten wissen können: Alle Menschen sind Sünder, alle sind schuldig, aber allen gilt auch die Gnade und Vergebung Jesu.

Hiob war schuldig - so wie wir alle schuldig und verdammt sind. Sein Unglück war sicher eine Konsequenz davon, dass der erste Mensch sich von Gott entfernt hatte. Aber es war nicht eine persönliche, spezifische Strafe Gottes für eine bestimmte Sünde Hiobs. Für mich ist einer der besten Sätze oder Weisungen des Elifas für Hiob dieser Rat: Beuge dich unter das allgemeine Menschenlos!

Wir beten:
Herr, gebe, dass wir in unserem Leiden, das uns als Menschen trifft, geduldig, demütig und vertrauensvoll bleiben und allezeit im Bewusstsein Deiner Nähe leben können. Amen.

Rüdiger Klaue

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Predigtreihe über Hiob – Teil 5: Sinnfrage – Warum lässt Gott das zu? (Hiob 3,1-26)
Hiob hatte die sechs Schreckensbotschaften vernommen. All sein Besitz und seine Kinder waren ihm genommen. Seine Reaktion darauf war erstaunlich. Er sagte spontan: »Nackt kam ich aus dem Schoß der Mutter, nackt geh ich wieder von hier fort. Der Herr hat gegeben und der Herr hat genommen. Ich will ihn preisen, was immer er tut! « Diese Demut und Ergebenheit ist fast unbegreiflich angesichts der schweren Schicksalsschläge die Hiob erduldet hatte.

Nun kommen seine Freunde, um ihn zu trösten. Alle sitzen erst einmal sieben Tage in betroffenem Schweigen. Es scheint, als ob erst in dieser Zeit dem Hiob die Tragweite seines Unglücks voll bewusst wurde. Nun fällt es ihm nicht mehr so leicht zu sagen: »Der Herr hat gegeben und der Herr hat genommen. Ich will ihn preisen, was immer er tut! «

Schwere Fragen und Probleme bewegen den armen Mann nachdem er sich von dem Schock erholt hat. Er hadert nicht gerade mit Gott aber als erstes verflucht er den Tag seiner Geburt.

Der Bibeltext:

(3,1) »Danach öffnete Hiob seinen Mund und verfluchte seinen Tag.

(3,2) Und Hiob begann und sagte:

(3,3) Vergehen soll der Tag, an dem ich geboren wurde, und die Nacht, die sprach: Ein Junge wurde empfangen!

(3,4) Dieser Tag sei Finsternis! Gott in der Höhe soll nicht nach ihm fragen, und kein Licht soll über ihm glänzen!

(3,5) Dunkel und Finsternis sollen ihn für sich fordern, Regenwolken sollen sich über ihm lagern, Verfinsterungen des Tages ihn erschrecken!

(3,6) Diese Nacht - Dunkelheit ergreife sie! Sie freue sich nicht unter den Tagen des Jahres, in die Zahl der Monate komme sie nicht!

(3,7) Siehe, diese Nacht sei unfruchtbar, kein Jubel soll in sie hineinkommen!

(3,8) Es sollen sie die verwünschen, die den Tag verfluchen, die fähig sind, den Leviatan zu reizen!

(3,9) Verfinstert seien die Sterne ihrer Dämmerung; sie hoffe auf Licht, und da sei keines; und sie schaue nicht die Wimpern der Morgenröte!

(3,10) Denn sie hat die Pforte meines Mutterschoßes nicht verschlossen und Unheil nicht vor meinen Augen verborgen.

(3,11) Warum starb ich nicht von Mutterleib an, verschied ich nicht, als ich aus dem Schoß hervorkam?

(3,12) Weshalb kamen Knie mir entgegen und wozu Brüste, dass ich sog?

(3,13) Denn dann läge ich jetzt da und wäre still. Ich schliefe - dann hätte ich Ruhe –

(3,14) mit Königen und Ratgebern der Erde, die sich Trümmerstätten erbauten,

(3,15) oder mit Obersten, die Gold hatten, die ihre Häuser mit Silber füllten.

(3,16) Oder wie eine verscharrte Fehlgeburt wäre ich nicht da, wie Kinder, die das Licht nie erblickt haben.

(3,17) Dort lassen die Gottlosen ab vom Toben, und dort ruhen die, deren Kraft erschöpft ist.

(3,18) Sorglos sind dort die Gefangenen allesamt, sie hören nicht mehr die Stimme des Treibers.

(3,19) Klein und Groß sind dort gleich, und der Knecht ist frei von seinem Herrn.

(3,20) Warum gibt er dem Mühseligen Licht und Leben den Verbitterten

(3,21) - denen, die auf den Tod warten, und er ist nicht da, und die nach ihm graben mehr als nach verborgenen Schätzen,

(3,22) die sich bis zum Jubel freuen würden, Wonne hätten, wenn sie das Grab fänden -,

(3,23) dem Mann, dem sein Weg verborgen ist und den Gott von allen Seiten eingeschlossen hat?

(3,24) Denn noch vor meinem Brot kommt mein Seufzen, und wie Wasser ergießt sich mein Schreien.

(3,25) Denn ich fürchtete einen Schrecken, und er traf mich, und wovor mir bangte, das kam über mich.

(3,26) Ich hatte noch keine Ruhe und hatte noch keinen Frieden, und ich konnte noch nicht ausruhen - da kam ein Toben. «

Die Reden in diesem Buch Hiob spiegeln sehr stark die Kultur und die Umstände des Orient wieder. Die Sprache ist sehr bildhaft und blumenreich. Viele Aussagen wiederholen sich in verschiedenen Bildern und Vergleichen mit der Natur. Die Weisheit und Erkenntnis dieser Männer kam nicht aus Schulen und Büchern sondern aus dem Leben, aus der Beobachtung der Menschen und ihrer Umwelt.

Nun ist Hiob in großes Unglück geraten, das erste Mal so richtig in seinem Leben. Was er am Anfang wohl selber nicht geglaubt hat, ist eingetroffen: Es fällt ihm sehr schwer, das Leiden zu ertragen. Trauer und Schmerz lassen in fast verzagen. Und elementare Fragen fangen an, ihn zu quälen. »Wozu bin ich auf der Welt? Was soll mein Leiden? Es ist alles so traurig, so hoffnungslos, so schrecklich schmerzhaft und leidvoll. Warum bin ich nicht gleich gestorben - oder besser noch: ich wäre überhaupt nie geboren. «

Bei diesen Gedanken beginnt er den Tag seiner Geburt zu verwünschen. Er argumentiert: Wenn es diesen einen Tag nicht gegeben hätte, dann würde ich nicht existieren und hätte meine Ruhe. In Vers 3 sagt er: »Vergehen soll der Tag, an dem ich geboren wurde! « und in Vers 4. »Dieser Tag sei Finsternis! Dunkel und Finsternis sollen ihn für sich fordern, Regenwolken sollen sich über ihm lagern. –

Er freue sich nicht unter den Tagen des Jahres, in die Zahl der Monate komme er nicht! « Hiob wünscht also, diese Nacht, in der er empfangen wurde, möge es überhaupt nicht geben. Dann würde es auch ihn nicht geben. Keiner würde ihn vermissen und um ihn trauern - und er bräuchte jetzt diese Pein nicht zu erleiden. »Wie eine verscharrte Fehlgeburt wäre ich nicht da, « meint Hiob, »wie Kinder, die das Licht nie erblickt haben. « -

Warum starb ich nicht von Mutterleib an, verschied ich nicht, als ich aus dem Schoß hervorkam? « So fragt Hiob in seinem Unglück. Da war noch Zeit, denkt er, wo er vom Leben noch nichts wahrgenommen hatte. Er existierte zwar, aber er war sich dessen nicht bewusst. Er fühlte keinen Schmerz und keine Angst und es wäre leicht gewesen zu sterben. Wenn er schon im Mutterleib empfangen worden war, warum ist er nicht bei der Geburt gestorben? –

Und bei diesem Stichwort versucht Hiob sich vorzustellen, wie es im Reich der Toten aussieht. In Versen 17 bis 19 heißt es: »Dort lassen die Gottlosen ab vom Toben, und dort ruhen die, deren Kraft erschöpft ist. Sorglos sind dort die Gefangenen allesamt, sie hören nicht mehr die Stimme des Treibers. Klein und Groß sind dort gleich, und der Knecht ist frei von seinem Herrn. «

Hiob glaubt also, dass mit dem Tod alles aus sei. Das ist so eine Vorstellung, wie sie auch heute noch viele Leute haben. »Dann ist alles aus, dann hat man keine Sorgen mehr, keine Schmerzen, keine Behinderungen und Begrenzungen mehr. Dann ist es still und alle sind zufrieden. « Das ist aber nicht, was Jesus uns im Neuen Testament lehrt. Jesus spricht von einem Gerichtstag, wo wir vor Gott erscheinen müssen. Danach gibt es nur: ewiges Leben in Herrlichkeit - oder ewige Pein in der Verdammnis.

Woran Hiob hier wahrscheinlich denkt ist der Scheol oder das Totenreich, das ist weder die Hölle, noch der Himmel. Es ist so eine Art Warteraum für sowohl Gute als auch Böse bis zum Jüngsten Tag, wo Gott über alle Menschen Gericht halten wird. Im Scheol schlafen die Toten, sie befinden sich in einem Zustand der Ruhe, wo sie auch nichts wahrnehmen.
Deshalb meint Hiob, dass sie keine Sorgen und keine Schmerzen haben und still und zufrieden sein werden.

Wenn es denn so einen Warteraum für die Verstorbenen gibt, dann müssen wir beachten, dass das nicht das ewige Leben ist. Es ist ein vorübergehender Zustand bis zu einer endgültigen Entscheidung. Verschiedene Stellen in der Bibel, besonders im Alten Testament, lassen den Gedanken zu, dass es solch ein Totenreich gibt, welches noch nicht mit der Hölle gleichzusetzen ist. Andererseits wird dieser Ort nur erwähnt, aber es gibt keine besondere Lehre Jesu oder der Apostel darüber.

Hiob und seine Freunde haben offenbar an diesen Scheol geglaubt - aber nicht weiter gesehen. Es fehlte ihnen mehr Licht über die Zukunft. Sie standen am Anfang der Gottesoffenbarungen. Von Verdammnis und Hölle, von Erlösung und Himmel wussten sie noch so gut wie nichts. Hiob wünschte sich den Tod, weil er dachte, er würde dann für immer Ruhe haben, keine Schmerzen und Ängste mehr spüren.

In diesem 3. Kapitel verwünscht Hiob also den Tag seiner Geburt. Er meint, es wäre besser gewesen, er wäre nicht geboren worden. So zu denken ist verständlich angesichts der Leiden und des Elends auf der Welt.

Und viele Menschen mögen so seufzen: »Ach, wenn ich doch nur nicht geboren worden wäre! « Auch ich habe mir das schon oft gewünscht. Aber der Wunsch ist zwecklos und vergeblich. Es geht bei unserer Existenz nicht darum, ob wir wollen oder nicht. Keiner von uns wurde gefragt, ob wir auf die Welt kommen wollten. Es geschah einfach völlig ohne unser Zutun oder Zustimmung. Wir hatten keine Möglichkeit Abzulehnen oder Bedingungen zu stellen.

In dieser Sache gab es für uns keine Entscheidung, die wir hätten treffen müssen. - Und das ist gut so, denn wenn wir die Möglichkeit gehabt hätten, was hätten wir gesagt? Wenn Gott Dich gefragt hätte, ob du ein Leben auf dieser Erde wagen möchtest, was hättest Du gesagt? Ja, wenn Du von vorne herein wüsstest, dass es Dir wie Hiob ergehen und Du viel Schmerz und Qual durchmachen müsstest, würdest Du vielleicht abwinken. »Angesichts solcher Aussichten möchte ich lieber nicht geboren werden! « -

Dann würde es schon lange keine Menschen mehr geben. Aber wer weiß, vielleicht wären wir neugierig und würden auf jeden Fall die Gelegenheit wahrnehmen wollen. Das Leben kann ja auch sehr schön sein. Viel Freude und Glück und die ganze Palette der Gefühle würde mancher bestimmt nicht verpassen wollen. Und selbst wenn wir wüssten, dass ein Leben auf Erden Kämpfe, Leiden, Ängste und Probleme mich sich bringen würde, so kann es doch sein, dass wir diese Erfahrung würden machen wollen. Es ist also müßig und nutzlos darüber nachzudenken, welche Entscheidung wir treffen würden, wenn wir gefragt werden würden,

Keiner von uns wurde gefragt, wir alle sind hier, weil ein Höherer für uns entschieden hat. Und nun müssen wir damit fertig werden. Wir können unser Leben als Geschenk und Gelegenheit ansehen, um etwas daraus zu machen. Oder wir können es vergeuden, hassen, wegwerfen und vernichten.

Ich sagte, keiner wurde gefragt, ob er auf dieser Erde leben wolle. Das stimmt nicht ganz. Es gab einmal Einen, der wurde gefragt. Er hatte die Möglichkeit zu entscheiden, er konnte Ja oder Nein sagen. Dieser Eine war Jesus Christus, der Sohn Gottes. Und er kannte die Zukunft. Er wusste genau, dass ihn hier Ablehnung, Feindschaft, Spott, Leiden und viel Schmerzen erwarten würden. Er hätte »Nein« sagen können, er hätte weiter ein ruhiges Dasein in Glück und Herrlichkeit führen können. Aber er sagte ganz bewusst »ja«. Er wollte sein Leben geben um die Menschen zu erretten.

Hiob war reich, es ging ihm gut. Er hatte keinen Grund sich über den Sinn des Lebens Gedanken zu machen. Doch eines Tages traf ihn das Unglück. Er verlor all seinen Besitz und wurde bettelarm. Er verlor sein Ansehen und seine Würde. Er verlor seine große Familie und schließlich noch seine Gesundheit. Seine jetzige Lage brachte ihm Trauer, Schmach und Scham und vor allem Schmerzen und Leiden. Nun sitzt er auf einem Trümmerhaufen und hat Zeit sich fundamentale Fragen zu stellen. Er fragt: Warum bin ich zur Welt gekommen? Was ist der Sinn meines Lebens. Es kann doch nicht sein, dass ich zum Leiden und zur Qual geboren wurde! Wer kann mir Antworten geben? Wie kann ich meiner schrecklichen Lage entkommen?

So ist es oft. Erst wenn wir in Probleme und Prüfungen geraten, beginnen wir unserer Existenz auf den Grund zu gehen. Wir überdenken unsere Werte, unsere Ziele, unsere Lebensphilosophie und unseren Glauben.

Manche Leute verlieren in der Hitze der Leiden und Schmerzen ihren Glauben an Gott, an seine Liebe, Gnade und Gerechtigkeit und zum Schluss auch noch an seine Existenz. Sie verlieren ihren inneren Halt und alle Hoffnung. Dann werfen sie ihr Leben weg oder ersticken ihr Leid in Alkohol, Drogen, Vergnügen und Rausch.

Andere werden verbittert, klagen Gott und ihre Mitmenschen an, werden hart, üben Gewalt und verletzten andere wo sie nur können. Wieder andere - und dazu gehört wohl auch Hiob - fragen nach der Ursache für ihr schweres Schicksal, sie suchen Erklärungen für ihr Leiden und für den Grund ihres Daseins, und sie fangen an, Gott zu suchen. Und schließlich hören sie auf zu fragen, zu argumentieren und nach Erklärungen zu forschen und liefern sich und ihr Leben ganz dem Allmächtigen, Allwissenden und Allgegenwärtigen Gott aus.

Ich nehme an, dass die erste Rede Hiobs, sein Fragen nach dem Sinn seiner Geburt und seines Lebens und schließlich seines Unglücks, nicht einem trotzigen, rebellischen Herzen entsprang. Es war vielmehr ein Suchen nach Antworten, ein Erforschen des Ratschlusses Gottes, ein Versuch, sich Gott zu nähern, ihn besser zu verstehen und Hilfe und Beistand von ihm zu bekommen.

Es ist wichtiger, dass uns unsere Leiden zu Gott bringen, als dass wir Antworten auf komplizierte Fragen bekommen. Hiobs Prüfungen und Leid geschahen ja nicht, damit er sich reinigen und heiligen sollte, wie die Freunde Hiobs vermuteten, sondern es sollte dazu führen, dass Gottes Ehre groß werde. Und darum geht es in dieser ganzen Geschichte.

Satan will beweisen, dass der Mensch Gott nur liebt und folgt, solange es ihm gut geht. Doch Gott möchte sehen, dass das nicht stimmt und dass es auch Menschen gibt, die Gott lieben und ehren, selbst wenn er sie durch Leiden gehen lässt. Es gibt Männer und Frauen, die trotz unbeantworteter Fragen und mancher Rätsel fest an Gott glauben, ihn ehren und lieben. Und das ist wirklich etwas Großes.

Wir beten:
Herr, da sind sicher noch viele unbeantwortete Fragen über unser Dasein, den Sinn des Lebens und des Leidens. Wir wissen auch nicht, wie wir uns verhalten, wenn wir in solche Prüfungen geraten wie Hiob. Aber wir möchten auf jeden Fall in Deiner Nähe bleiben. Amen.

Rüdiger Klaue

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Predigtreihe über Hiob – Teil 4: Hiob und seine Freunde (Hiob 2, 11 – 13)
Der Bibeltext:

(2,11) »Ijob hatte drei Freunde: Elifas aus Teman, Bildad aus Schuach und Zofar aus Naama. Als sie von all dem Unglück hörten, das Ijob getroffen hatte, beschlossen sie, ihn zu besuchen. Sie wollten ihm ihr Mitgefühl zeigen und ihn trösten.

(2,12) Sie sahen ihn schon von ferne, doch sie erkannten ihn nicht. Als sie näher kamen und sahen, dass er es war, fingen sie an, laut zu weinen. Sie zerrissen ihre Kleider und warfen Staub in die Luft und auf ihre Köpfe.

(2,13) Dann setzten sie sich neben Ijob auf die Erde. Sieben Tage und sieben Nächte blieben sie so sitzen, ohne ein Wort zu sagen; denn sie sahen, wie furchtbar Ijob litt.«

Zwei Themen werden mich hier beschäftigen. Das eine ist: Freundschaft. Hiob hatte drei sehr wertvolle Freunde. Woher kamen sie? Wer waren sie? - Das zweite Thema ist »Trost«. Hiob brauchte Trost in seinem Leid. Wie schwer es auch für Freunde sein kann zu trösten, sehen wir in diesem Abschnitt.

Von den drei Freunden des Hiob wissen wir die Namen und den Ort, woher sie stammen. Elifas aus Teman, Bildad aus Schuach und Zofar aus Naama. Diese Männer waren offenbar Fürsten oder Scheichs. Jedenfalls von hoher Herkunft, vornehme und gelehrte Leute. An ihrer Sprache und ihren Argumenten merkt man, dass sie gebildet waren. Außerdem waren es fromme Leute. Sie hatten sich bemüht, Gott kennen und verstehen zu lernen. In allen ihren Überlegungen geht es darum, dass Gott heilig und gerecht ist, und dass er es mit Sünde und Schuld ernst nimmt. Woher Hiob diese Freunde kannte, wie lange er mit ihnen befreundet war, wie oft sie sonst zusammen kamen, wird hier ja nicht erwähnt.

Der erste Freund nennt sich Elifas aus Teman. Der Name Elifas kommt einmal in 1. Mose 36,15 vor, wo es heißt: »Dies sind die Stammesfürsten der Söhne Esaus. Die Söhne des Elifas, des ersten Sohnes Esaus: der Fürst Teman, der Fürst Omar, der Fürst Zefo, der Fürst Kenas,« Die waren also Söhne Edoms. Edom ist die gleiche Person wie Esau, ein Sohn des Isaak und Bruder Jakobs.

Nun heißt das nicht, dass der Freund Hiobs ein Sohn Esaus war. Aber der Name deutet doch in die Richtung der Verwandtschaft von Abraham und in das Land Edom. Edom lag im Süden auf der Ostseite des Jordan. Eine Stadt mit Namen Teman hat es dort gegeben. Sie wird in Jeremia 49,7 erwähnt. Da heißt es: »So spricht der HERR Zebaoth: Ist denn keine Weisheit mehr in Teman? Ist denn kein Rat mehr bei den Klugen? Ist ihnen die Weisheit ausgegangen?« Die Einwohner von Teman waren in alten Zeiten berühmt wegen ihrer Weisheit.

Der zweite Freund hieß Bildad von Schuach. Den Namen Bildad konnte ich in der ganzen Bibel nicht noch einmal finden. Er wird nur bei Hiob erwähnt. Den Ort Schuach vermutet man am oberen Tigris - Richtung Iran. Das liegt schon ziemlich weit ab vom Land Abrahams.

Der dritte Freund hieß Zofar aus Naama. Der Name Zofar erscheint auch nur hier bei Hiob. Die Stadt Naama wird im Nordwesten vermutet, etwa in der Nähe von dem heutigen Beirut. Was bei diesen Ortsangaben auffällt ist, dass die Freunde Hiobs aus verschiedenen Himmelsrichtungen kamen und in einer verhältnismäßig großen Entfernung wohnten. Da fragt man sich schon, wie diese Männer haben Freunde werden können.

Irgendwie erinnern mich die Freunde Hiobs an die Weisen aus dem Morgenland, die nach Bethlehem kamen, um Jesus anzubeten. Es waren auch Fürsten aus dem Orient, reiche, gelehrte Männer. Man weiß nicht, wo sie her kamen und wie lange sie gereist waren und was sie motivierte, den Erlöser zu suchen und anzubeten.

Die Freunde Hiobs waren entweder Viehzüchter und Großgrundbesitzer so wie er, vielleicht auch Farmer oder Händler, die im Orient ihre Geschäfte machten. Jedenfalls gehörten sie zu etwa der gleichen gesellschaftlichen Schicht wie Hiob. Vielleicht trafen sie sich gelegentlich bei ihren Geschäften.

Es muss ziemlich lange gedauert haben, bis die Freunde von dem Unglück Hiobs erfahren hatten. Die schnellste Nachrichtenübermittlung in der Wüstengegend war das Kamel. Schuach lag vielleicht 800 km von Hiobs Heimat entfernt. Da muss schon einige Zeit vergangen sein, bis die Freunde von dem Unglück Hiobs hörten, und bis sie dann schließlich auf Pferden oder Kamelen zu im kamen.

Beachtenswert an diesen Freunden finde ich, dass sie Hiob in seiner Not besuchten. Beim verlorenen Sohn im Neuen Testament war es anders. Er hatte Freunde, solange es ihm gut ging und er Geld hatte. Als er aber arm wurde, wollte keiner mehr etwas von ihm wissen. Echte Freunde sind Leute, die auch und gerade in schweren Zeiten zu einem stehen.

Die Freundschaft zwischen diesen Männern bestand sicher schon lange. Und jetzt in der Not war sie von unschätzbarem Wert. Hiob war in seinem Elend nicht alleine, er hatte jemand, dem er all sein Leid klagen und alle Fragen vortragen konnte. Obwohl die Freunde den geplagten Hiob oft mit ihren Argumenten und Anklagen verletzten, so war doch jemand da, der ihn anhörte. In gewisser Hinsicht erfuhr Hiob durch die Reden der drei Weisen auch Anregungen, Denkanstöße und Korrektur. Er musste über manches nachdenken, was die Freunde sagten, musste ihre Argumente prüfen, und seine Gedanken zurecht legen. Zwar ärgerte sich Hiob manchmal über die frechen und unbegründeten Anklagen, aber doch haben ihn die Gespräche bestimmt davor bewahrt, zu verzweifeln und sich aufzugeben.

Nun ist es nicht immer leicht zu sagen, wen man als Freund bezeichnet. In der deutschen Kultur ist ein Freund meist etwas ganz Besonders. Viele Leute haben Kollegen, Sportkameraden, Nachbarn, Bekannte, Stammtischkumpel - aber Freunde?

In Deutschland würden nur wenige Menschen sagen, dass sie einen Freund haben. In anderen Kulturen wird das nicht so streng genommen. Alle Personen mit denen man sich immer wieder trifft und gut versteht, sind eben Freunde. Sie gehören in gewisser Weise zu einer Auslese, oder Kategorie, die eben mehr ist als Nachbar und Kollege.

Freundschaften entstehen oft schon früh, als Kinder oder Schulkameraden. Manchmal auch in Vereinen oder in der Gemeinde. Freunde sich wichtig für unsere Persönlichkeitsentwicklung und für die Bestätigung bzw. Korrektur unserer Ansichten und unseres Handelns. Wenn Freundschaften erfolgreich sein und lange dauern sollen, dann muss man sie auch pflegen und Zeit in die Beziehung investieren.

Es war damals für Hiob sicher nicht leicht gewesen, bei solch großen Entfernungen in Kontakt zu bleiben. Schließlich gab es keine Post, kein Telefon und kein Internet. Aber wir brauchen eine Gruppe von Menschen, mit denen wir uns austauschen können zu denen wir uns dazu gehörig fühlen.

Wir sind in unserem Leben oft mit unserer Familie umgezogen, jedes Mal haben wir Freunde verloren. Das war schmerzlich und hinterließ eine Lücke in unserem Dasein. Jedes Mal haben wir aber auch bewusst in unserer Umgebung nach neuen Freunden gesucht. Wir haben Zeit investiert und die Kontakte gepflegt. –

Eigentlich erwarten wir von unseren Freunden, dass sie uns verstehen. Sie sollen zuhören können, Anteil an unseren Sorgen und Freuden nehmen, Rat geben, uns trösten und evtl. auch korrigieren. Wir erwarten, dass sie uns helfen und beistehen in Zeiten der Krankheit, in wirtschaftlichen Krisen, in finanziellen Nöten, oder ganz praktisch bei einem Umzug oder einer Arbeit am Haus. Jeder, der solche Bereitschaft von seinem Freund erwartet, sollte auch damit rechnen, selber Opfer bringen zu müssen und zur Verfügung zu stehen.

Die Bibel spricht z.B. von Daniel und seinen Freunden, die willig waren, gemeinsam um ihres Glaubens willen zu sterben. Oder von David und Jonathan, die beiden ungleichen Freunde, die mit ihrem Leben füreinander einstanden. Und wir sehen, dass Gott Abraham seinen Freund nannte und Jesus seine Jünger - Freunde.

Doch viel öfter spricht die Bibel von untreuen Freunden, auf die man sich nicht verlassen kann, die sich gegen den Kameraden wenden, wenn er in Missgunst fällt, die ihren Gefährten verraten, oder ihn verlassen, wenn er in Not gerät. In dieser Weise waren die Freunde Hiobs vorbildlich. Sie ließen ihren in Armut und Krankheit geratenen Freund nicht im Stich, sondern wollten ihm helfen, beistehen und ihn trösten.

Wie man an der Geschichte des Hiob sehen kann, ist trösten gar nicht so leicht. Viele Tröster begehen den Fehler wie Hiobs Freunde, dass sie anstatt zu trösten - kritisieren, beschuldigen und belehren. Sie holten die Vergangenheit hervor und untersuchten den Lebenswandel Hiobs. Sie zeigten dem Betroffenen, wo er falsche Entscheidungen getroffen oder Fehler und Sünden begangen hatte. So machen es auch heute noch viele Tröster. Sie suchen nach Erklärungen und Schuld, und sagen dann gerne »Warum hast Du nicht auf mich gehört? - Ich sagte Dir doch gleich!« Nun ist das sicher wahr, dass fast jeder, der in Not geraten ist, auch einen gewissen Teil Schuld an seinem Ergehen trägt. Aber was die Geplagten am meisten brauchen ist nicht Belehrung und Anklage, sondern Trost.

Viele, viele Menschen in unserem Umkreis, die wir vielleicht beschuldigen oder beraten wollen, brauchen in erster Linie Trost. Vielleicht scheinen sie stolz und selbstgerecht oder ungezogen und anspruchsvoll, wie Hiob. Aber im Inneren schreien sie nach Trost, den sie viel zu selten bekommen. Wir müssen wieder alle lernen, den Traurigen, den Mühseligen und Beladenen Trost zu zusprechen.

Aber es ist in der Praxis gar nicht so leicht, jemanden wirklich zu trösten. Man ist selbst sehr betroffen, hat eine gewisse Scheu vor dem Leiden, fühlt sich hilflos und weiß nicht, was man sagen soll, oder fürchtet Missverständnisse und Ablehnung. Wohl deshalb bekommen viele Betrübte und trauernde Menschen oft nur billigen Zuspruch, leere Phrasen, oberflächliche Sprüche, Plattheiten oder gut gemeinte aber unpassende Bibelworte zu hören. Manch ein Freund versucht auch, mit seinen eigenen Erfahrungen oder Geschichten den anderen zu trösten, was aber sehr oft nicht gelingt.

Weil wir normalen Bürger nicht mehr so richtig wissen, wie man jemanden trösten kann, ist aus dieser Not ein ganzer Berufszweig entstanden: Ärzte, Psychiater, Therapeuten, Psychologen, Trauerberater etc. Sie haben es gelernt, sich die Beschwerden und Leiden anderer Leute anzuhören, ohne gleich mit fertigen Antworten zu kommen. Das erleichterte schon viele verzweifelte Menschen. Aber ob es wirklich hilft und heilt bleibt eine Frage.

Wer wirklich Trost spenden können sollte, sind die Christen. Sie kennen den einzigen, wahren Tröster und haben schon selber Seinen Trost erfahren. Allerdings ist es nicht mit einem üblichen Bibelversen oder allgemein bekannten biblischen Wahrheiten getan. Wir sollten uns von dem Gedanken frei machen, dass ein schnell daher gesagtes Bibelwort gleichbedeutend mit trösten ist.

Die Freunde Hiobs wollten den Trauernden auch mit frommen Sprüchen, Erkenntnissen und Erklärungen trösten. Gerieten dabei aber selbst in Widersprüche, Verstrickungen und Probleme. Dem armen Hiob half das wenig, denn er fühlte sich vor allem unverstanden, ungeliebt, allein gelassen und obendrein noch falsch beschuldigt. Wer wirklich trösten will, darf kein Besserwisser sein, keine hochmütige, oberflächliche, ichbezogene Person, und nicht jemand der es eilig hat.

Der Ansatz oder Beginn der Tröstungsversuche der Freunde war wirklich sehr gut und vorbildlich. Im biblischen Bericht heißt es: »Als sie näher kamen und sahen, dass es Hiob war, fingen sie an, laut zu weinen. Sie zerrissen ihre Kleider und warfen Staub in die Luft und auf ihre Köpfe. Dann setzten sie sich neben Ijob auf die Erde. Sieben Tage und sieben Nächte blieben sie so sitzen, ohne ein Wort zu sagen; denn sie sahen, wie furchtbar Ijob litt.«

Ich glaube, man kann es nicht besser machen. Erst einmal mittrauern und weinen, seinem Schmerz und Mitgefühl Ausdruck verleihen, sich zu dem Verzweifelten setzen und Schweigen. Nichts sagen. Das Leid spüren und aushalten. Wenn die Freunde weiter nichts getan hätten als das, hätten sie keine Fehler gemacht und Hiob wäre getröstet und still geworden.

Wer jedoch noch ein Übriges tun möchte, der kann einige vorsichtige Fragen stellen und dann zuhören. Der Trauernde möchte gewöhnlich erzählen, was sich zugetragen hat, wie es geschehen ist und was er dabei empfunden hat. Indem er erzählt, verarbeitet er das Furchtbare und es verliert etwas an Wucht und Macht über sein Leben. Mitgefühl, und Bedauern das sind die Zauberworte für einen, der Trost braucht. Unser Mitgehen müssen wir nicht mit vielen überschwänglichen Worten bekunden; ein Seufzer, eine Träne sind mehr wert als Argumente.

Was ich aber noch für sehr wichtig halte ist, dass wir den in Not und Elend geratenen Freund in Verbindung mit Gott oder Jesus bringen. Jesus ist der, der wirklich das Ausmaß des Leidens versteht und sieht, und der aus der Ewigkeit her Trost und Hoffnung spenden kann. Das Bewusstsein, dass Jesus der Sohn Gottes mit geht, dass er dabei ist,- das ist das, was wirklich tröstet. Wenn es uns gelingt, das in aller Demut, Unbefangenheit und Natürlichkeit zu vermitteln, haben wir einen wichtigen Dienst getan.

Wir beten:
Herr, schenke uns offene Augen für Menschen um uns, die Trost brauchen, und gebe uns die Gnade in zurückhaltender, verständnisvoller und mitfühlender Art den Freund in Not mit Dir in Verbindung zu bringen. Amen.

Rüdiger Klaue

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Predigtreihe über Hiob – Teil 3: Ergebenheit (Hiob 2,1 – 10)
Noch einmal betreten wir den Himmelssaal mit all den Engeln und dem Satan. Wir lauschen dem Dialog zwischen Gott und dem Teufel und staunen, wie hier über Hiobs Leben verhandelt wird.

Der Bibeltext:

(2,1) Eines Tages kamen die Gottessöhne wieder zur himmlischen Ratsversammlung und stellten sich vor dem Herrn auf. Auch der Satan war wieder dabei.

(2,2) Der Herr fragte ihn: »Was hast denn du gemacht? « »Ich habe die Erde kreuz und quer durchstreift«, antwortete der Satan.

(2,3) Der Herr fragte: »Hast du auch meinen Diener Ijob gesehen? So wie ihn gibt es sonst keinen auf der Erde. Er ist ein Vorbild an Rechtschaffenheit, nimmt Gott ernst und hält sich von allem Bösen fern. Du hast mich ohne jeden Grund dazu überredet, ihn ins Unglück zu stürzen. Aber er ist mir treu geblieben. «

(2,4) »Er hat ja keinen schlechten Tausch gemacht! «, widersprach der Satan. »Ein Mensch ist bereit, seinen ganzen Besitz aufzugeben, wenn er dafür seine Haut retten kann.

(2,5) Aber taste doch einmal ihn selber an! Wetten, dass er dich dann öffentlich verflucht? «

(2,6) Da sagte der Herr zum Satan: »Gut! Ich gebe ihn in deine Gewalt. Aber sein Leben darfst du nicht antasten! «

(2,7) Der Satan ging aus der Ratsversammlung hinaus und ließ an Ijobs Körper eiternde Geschwüre ausbrechen; von Kopf bis Fuß war er damit bedeckt.

(2,8) Ijob setzte sich mitten in einen Aschenhaufen und kratzte mit einer Scherbe an seinen Geschwüren herum.

(2,9) Seine Frau sagte zu ihm: »Willst du Gott jetzt immer noch die Treue halten? Verfluche ihn doch und stirb! «

(2,10) Aber Ijob antwortete: »Du redest ohne Verstand wie eine, die Gott nicht ernst nimmt! Wenn Gott uns Gutes schickt, nehmen wir es gerne an. Warum sollen wir dann nicht auch das Böse aus seiner Hand annehmen? «


Trotz aller Schmerzen versündigte Ijob sich nicht. Er sagte kein Wort gegen Gott. « - Und im Kap 1 heißt es von Hiob, nachdem er die Trauerbotschaften erhalten hatte:


(1,20) Da stand Ijob auf, zerriss sein Gewand und schor sich den Kopf kahl. Dann warf er sich nieder, das Gesicht zur Erde,

(1,21) und sagte: »Nackt kam ich aus dem Schoß der Mutter, nackt geh ich wieder von hier fort. Der Herr hat gegeben und der Herr hat genommen. Ich will ihn preisen, was immer er tut! «

(1,22) Trotz allem, was geschehen war, versündigte sich Ijob nicht. Er machte Gott keinen Vorwurf. «

So weit dieser außergewöhnliche Bericht über die Reaktionen des leidgeprüften Gottesmannes. -

Wenn´s geht möchte ich mich in diesem Zusammenhang zwei Fragen zuwenden.

1.- Welche Rolle spielt Satan bei unseren Problemen.

2.- Die zweite Frage lautet: Wie sollten oder könnten wir uns verhalten, wenn uns Unglück trifft? Hiob jedenfalls sagte: »Der Herr hat gegeben und der Herr hat genommen. Ich will ihn preisen, was immer er tut! «

Und vielleicht kommen wir auch noch dazu, etwas über die Kraft zu sagen, die uns hilft, das Leiden recht zu tragen.

Es ist ja schon viel über die Ursache des Leides gerätselt worden. Manche Menschen beschuldigen Gott, dass er seine Aufsichtspflicht an uns versäumt. Manche identifizieren die Sünde als Ursache für Krankheit und Probleme (wie es übrigens die Freunde des Hiob taten). Andere wieder sehen in Krankheit und Verlust ganz klar einen Angriff des Teufels auf unsere Existenz. Er ist es, der unser Verderben will.

1.- Nun, wenn wir die Geschichte so nehmen, wie sie im Buch Hiob steht, dann müssen wir sagen: Der Teufel brachte Hiob die Verluste, den Schaden, den Tod seiner Kinder und Angestellten und verursachte seine furchtbare Krankheit.

Wir können sicher davon ausgehen, dass Gott nicht unser Verderben will. Er liebt uns doch, und er meint es gut mit uns. Nun kommt der Teufel dazu und ruiniert den Menschen durch Verlust und Schmerzen. Ich weiß nicht, ob man immer und in jedem Fall sagen kann, dass der Teufel Krankheit und Leid verursacht. In diesem Fall war es jedoch so.

Und ganz offensichtlich hat der Teufel auch die Macht und Fähigkeit dazu, uns allen möglichen Schaden zuzufügen. Wollen und dürfen wir uns das gefallen lassen - oder sollen wir uns in der Kraft Gottes gegen ihn stellen? Im Blick auf diese Frage haben einige Christen immer wieder versucht, dem Teufel zu widerstehen, ihn aufzuhalten, zurückzuweisen oder auszutreiben. Wenn man es jedoch in diesem Kontext versucht hätte, den Teufel zu vertreiben, hätte man sich gegen die Pläne und Absichten Gottes gewendet.

2.- Fragen wir uns mal, wie Hiob die Sache sieht, dann zeigt sich ein anderes Bild. Hiob sagt ganz ergeben: »Wenn Gott uns Gutes schickt, nehmen wir es gerne an. Warum sollen wir dann nicht auch das Böse aus seiner Hand annehmen? « Für Hiob kam also all sein Unglück aus der Hand Gottes. Er konnte sich offenbar nicht vorstellen, dass Gott ihm Leid zufügen würde. Und da müssen wir ihm auch recht geben.

Letztlich kam die Katastrophe über Hiob, weil Gott dem Satan die Autorität dazu gab. Satan wollte es und er durfte, mit göttlicher Genehmigung, all seine grausamen Schreckenstaten an Hiob verüben. Wenn er es nicht getan hätte, wäre Gottes Absicht nicht zum Tragen gekommen. -

Wer hat nun Hiob den Schaden zugefügt? Ja, es war der Teufel, - aber es war auch Gott, der seine Zustimmung dazu gegeben hatte. Beide Sichtweisen sind wohl richtig, wobei wir uns aber einig sind, dass allein Gott, der Allmächtige, der Richter der Welt, das letzte Wort spricht.

3.- Nun waren die Freunde des Hiob aber noch einer anderen Meinung. Bei ihnen klingt es immer wieder durch, dass die Sünde die Ursache für Hiobs Verderben ist. Sie sehen die Qualen ihres Freundes als Strafgericht Gottes. Diese Ansicht ist verständlich und auch heute sehr verbreitet.

Katastrophen, Kriege, Leiden und Tod werden oft als Strafe Gottes verstanden. Sei es, dass der Betroffene selbst sich sagt: »Was habe ich nur verbrochen, dass Gott mich so strafen muss? « Sei es, dass andere sagen: »Das ist die Strafe Gottes für seinen Lebenswandel und seine Sünden. «

Wir sehen ein, dass Sünden Folgen im Leben haben. Ehebruch hat gesellschaftliche Folgen, ein ausschweifender Wandel hat gesundheitliche Folgen, Lüge und Betrug führt zu Vertrauensbruch und manchmal auch zu zivilen Strafen. Aber es ist immer sehr schwer zu sagen, ob ein Unglück eine Strafe Gottes ist und wofür. Hiob und seine Freunde lebten lange vor Jesus. Sie wussten noch nichts davon, dass der Sohn Gottes gekommen war, um unsere Schuld und Strafe auf sich zu nehmen.

Obwohl wir sehr vorsichtig sein müssen, Katastrophen, Krankheiten und Leiden als ein Strafgericht Gottes zu sehen, müssen wir doch auch zugeben, dass Gott straft. Dafür gibt es viele Beispiele in der Bibel.

Ein Beispiel dafür, dass und wie Gott straft ist die Arche Noah. Hier schickte der Herr eine Flutkatastrophe ungeheuren Ausmaßes als Gericht über eine gottlos gewordene Welt. –

Das Volk Israel musste als Strafe 40 Jahre verloren in der Wüste umherirren, weil es einmal gegen Gott gemurrt hatten. - Später wurde das Volk Gottes in die babylonische Gefangenschaft geführt, weil es den Ruf der Propheten zur Umkehr nicht beachtet hatte. –

Auch im Neuen Testament finden wir die Androhung von Strafen in der Offenbarung. In der Apostelgeschichte wird uns der Fall von Ananias und Saphira berichtet, die wegen eines Betrugs auf der Stelle getötet wurden. Und oft genug warnt Jesus vor der Hölle, dem ewigen Strafgericht.

So lag die Vermutung nahe, dass das Unglück, das Hiob traf, eine disziplinarische Maßnahme oder eine Strafe Gottes war. Zumal ein Teil der Verluste des Hiob durch Naturkatastrophen entstanden war.

In Vers 16 von Kap 1 lesen wir: »Feuer ist vom Himmel gefallen und hat die Schafe und Ziegen und ihre Hirten getötet. « und in Vers 18 und 19: »Deine Kinder waren im Haus deines Ältesten zusammen, um zu essen und Wein zu trinken. Da kam ein Sturm von der Wüste her und packte das Haus an allen vier Ecken. Es ist über den jungen Leuten zusammengestürzt und hat sie alle erschlagen. «

Hier waren es zwei Naturkatastrophen, veranlasst durch den Teufel, die Hiob Verluste und Leid brachten. Es waren jedoch keine Strafgerichte Gottes. Nur wir, die wir die Vorgeschichte kennen, wissen, dass Hiobs Verluste und Krankheit auf einer Wette beruhten, die im Himmel geschlossen worden war.

Das Leiden Hiobs hätte auch von Menschenhand herrühren können. Verbrecher, Gewalttäter, Räuber und Mörder gibt es überall. Und wirklich, ein großer Teil der Verluste dieses reichen Viehzüchters waren durch räuberische Banden entstanden.

In Kapitel 1 Vers 14 und 15 heißt es in dem Bericht: »Da kam ein Knecht zu Ijob gelaufen und meldete: »Wir waren gerade mit den Rindern beim Pflügen und die Esel weideten ganz in der Nähe. Da sind plötzlich Beduinen aus Saba über uns hergefallen. Sie haben alle Tiere mitgenommen und deine Knechte mit dem Schwert erschlagen. «

Also dieser Schicksalsschlag war Hiob durch Menschen, durch Räuber zugefügt worden. Ebenso wie in Vers 17 wo es heißt: »Er hatte noch nicht ausgeredet, da kam schon der nächste und sagte: »Drei Horden von Nomaden haben uns überfallen. Sie haben die Kamele gestohlen und deine Knechte erschlagen. « Da waren böse Menschen im Spiel, die Hiob Leid brachten. Sicherlich waren diese Räuber von Satan beeinflusst und gelenkt, aber doch waren es Menschen. Es ist erstaunlich, welche Möglichkeiten dem Satan zur Verfügung stehen, um uns zu schaden.

Aber nun wollte ich mich noch einmal dem Hiob zuwenden und seine Reaktion auf all diese Schläge analysieren. Als er die vernichtenden Botschaften hörte sagte er ja: »Der Herr hat gegeben und der Herr hat genommen. Ich will ihn preisen, was immer er tut! « Es überrascht uns, dass Hiob nicht sagt: Der Herr hat gegeben, Satan hat genommen... « So war es doch eigentlich. Aber Hiob führt alle schweren Erfahrungen und Leiden auf Gott zurück und akzeptiert demütig und ergeben sein Handeln. Das ist schon eine bemerkenswerte Einstellung.

Es gibt ja viele Möglichkeiten, wie ein Mensch auf die Katastrophen in seinem Leben reagieren kann.

Eine sehr verbreitete Art auf Schicksalsschläge zu reagieren ist, Gott zu beschuldigen. Da machen die Betroffenen ihn für alles verantwortlich, kritisieren ihn, klagen ihn an oder wenden sich sogar ganz von ihm ab. –

Weinen und Jammern über alles Unglück ist auch eine häufige Antwort auf Leiden. Die Menschen werden dann depressiv und wie gelähmt. Andere sehen ihr schweres Los als eine Herausforderung zum Kämpfen. Sie setzten alle Mittel ein, um ihren Zustand gewaltsam zu ändern. Wieder andere ergehen sich in Selbstvorwürfen. Sie bereuen alle Entscheidungen die sie in der Vergangenheit getroffen haben. Sie bedauern ihre Fehler, und ihre Unfähigkeit ihr Leben besser zu meistern. Sie versuchen dann auch, andere Menschen vom Glauben fern zu halten und ihre Zweifel und Unzufriedenheit alle anderen wissen zu lassen. –

Hiob reagierte anders. Er war kein Rebell, kein Kämpfer, keiner, der andere beschuldigt. Wenn wir uns seine Reaktion anschauen, dann müssen wir sagen: Er war ein ergebener Dulder. Er sagte: »Der Herr hat gegeben und der Herr hat genommen. Ich will ihn preisen, was immer er tut! «

Trotz allem, was geschehen war, versündigte sich Ijob nicht. Er machte Gott keinen Vorwurf. « Das war eine gute Einstellung und ein großer Sieg auch für Gott. Wie kann jemand zu solch einer demütigen und fügsamen Gesinnung und Haltung kommen? Ich denke, verschiedene Faktoren spielen dabei eine Rolle.

1.- Zunächst hatte Hiob wohl ein klares Gottesbild. Er dachte nicht, dass Gott nur dazu da ist, um uns unsere Wünsche zu erfüllen und Gutes zu tun. Er sah wohl ein, dass die Liebe Gottes sich auch in schweren Wegen und Leiden zeigen kann. Wie viele Menschen beschuldigen Gott, weil sie ihn überhaupt nicht kennen. Sie haben irgendeine selbst gemachte Vorstellung darüber, wie Gott sein muss. Dieses falsche Bild, das sie selber gemacht haben, führt zu Unverständnis, Bitterkeit und Hass.

2.- Hiob hatte auch ein rechtes Verständnis über seine eigene Position. Der Mensch ist ein Geschöpf Gottes, ein Diener und Anbeter, aber nicht der Herr. Gott ist König und Herrscher, Richter und Herr über alles. Wir können niemals Ratgeber oder Lehrer Gottes sein wollen. Das erlaubt unsere Position ihm gegenüber nicht. Es steht uns nicht zu, Gott zu belehren und zu kritisieren. Dazu sind wir viel zu dumm und unwissend.

Tausende Jahre später sagt Petrus, der Jünger Jesu in seinem ersten Brief Kapitel 4,19 »Darum sollen alle, die nach dem Willen Gottes zu leiden haben, sich ganz ihrem Schöpfer anvertrauen und nicht davon ablassen, das Rechte zu tun« oder in Kapitel 5,6 »Beugt euch also unter Gottes starke Hand, damit er euch erhöhen kann, wenn die Zeit gekommen ist. «

Hiob hatte begriffen, welches seine Stellung war, deshalb konnte er demütig Gottes Handeln akzeptieren.

3.- hatte Hiob ein lebendiges Vertrauensverhältnis zu Gott. Er glaubte fest, dass Gott es gut mit ihm meinte, auch wenn die Umstände dagegen sprachen. Hiob liebte und verehrte den Herrn, auch wenn es ihm nicht gut ging. Und das ist es gerade, was Satan angezweifelt hatte. Er behauptete, Hiob würde nur so lange Gott vertrauen und lieben, wie es ihm gut ginge, und er würde Gott verfluchen, wenn Leiden und Schmerzen kommen würden.

Hiob aber wusste, was Paulus viel später so ausdrückte: »Was auch geschieht, das eine wissen wir: Für die, die Gott lieben, muss alles zu ihrem Heil dienen. « (Römer 8, 28). In diesem Glauben und Vertrauen konnte Hiob auch im Leiden ruhen.

Wir beten:
Herr, wir haben nicht alle Antworten auf die Frage nach dem Leid, aber wir haben das Vertrauen zu Dir, dass Du auch im Leiden bei uns bist, dass Du es gut mit uns meinst und dass Du uns trotz allem zum Leben und Sieg führen wirst. Amen.

Rüdiger Klaue

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Predigtreihe über Hiob – Teil 2: Die Wette! (Hiob 1, 6 – 12)
Eine Wette mit schlimmen Folgen für Hiob. Im folgenden Abschnitt haben wir eine sehr seltene und interessante Schilderung. Wir werden in den Thronsaal Gottes geführt. Es findet gerade eine Ratsversammlung statt zu der die Engel und Diener Gottes erschienen sind. Unter den Engeln befindet sich auch Satan, der Erzfeind Gottes. Was hier bei dieser Besprechung verhandelt wird, möchte ich direkt aus der Bibel vorlesen. Es steht in Hiob 1, 6 - 12 nach der Guten Nachricht:

Der Bibeltext:
(1,6) »Eines Tages kamen die Gottessöhne zur himmlischen Ratsversammlung und jeder stellte sich an seinen Platz vor dem Herrn. Unter ihnen war auch der Satan.

(1,7) Der Herr fragte ihn: »Was hast denn du gemacht?« »Ich habe die Erde kreuz und quer durchstreift«, antwortete der Satan.

(1,8) Der Herr fragte ihn: »Hast du auch meinen Diener Ijob gesehen? So wie ihn gibt es sonst keinen auf der Erde. Er ist ein Vorbild an Rechtschaffenheit, nimmt Gott ernst und hält sich von allem Bösen fern.«

(1,9) Der Satan entgegnete: »Würde er dir gehorchen, wenn es sich für ihn nicht lohnte?

(1,10) Du hast ihn und seine Familie und seinen ganzen Besitz vor jedem Schaden bewahrt. Du lässt alles gelingen, was er unternimmt, und sein Vieh füllt das ganze Land.

(1,11) Taste doch einmal seinen Besitz an! Wetten, dass er dich dann öffentlich verflucht?«

(1,12) Da sagte der Herr zum Satan: »Gut! Alles, was er besitzt, gebe ich in deine Gewalt. Aber ihn selbst darfst du nicht antasten!« Danach verließ der Satan die Ratsversammlung.«

Dies ist wirklich eine sehr seltsame Geschichte. Zunächst frage ich mich: Wer hat das alles beobachtet? Wer hat es für uns aufgeschrieben? Hiob kann es nicht gewesen sein. Das Buch trägt seinen Namen, weil er die Hauptperson darin ist.

Normalerweise hat kein lebender Mensch Zutritt zu Gottes Wohnung. In 1. Timotheus 6, 16 heißt: »Er ist der Herr aller Herren, der allein Unsterblichkeit besitzt, der in einem unzugänglichen Licht wohnt, den kein Mensch je gesehen hat und kein Mensch jemals sehen kann. «

Umso mehr wundert es uns, dass Satan da plötzlich in der Runde der Engel erscheint. Wir würden denken, dass der Teufel doch der Letzte sei, der in die heilige Gegenwart Gottes treten darf - und treten will. Er wurde ja schon einmal aus dem Himmel hinausgeworfen, weil er sich gegen Gott erhoben hatte.

Ja, einst gehörte er zu den Dienern Gottes, zu den heiligen Engeln. Er war sogar ein Fürst unter ihnen, schön und klug und mächtig. In Jesaja wird er mit einem Morgenstern verglichen. Aber er wollte sein wie Gott - und wenn möglich sogar noch über Gott stehen. Das war die Ursache zu seinem Fall. Seitdem ist Satan ein Feind Gottes und ein Feind der Menschen. Er will Gottes Pläne vereiteln und durcheinander bringen. Er ist verurteilt und gerichtet. Einst wird er im ewigen Feuer brennen.

Aber noch läuft er frei auf dieser Welt herum. Er unternimmt alles, um Menschen davon abzuhalten, Gott zu vertrauen und zu lieben. Sie sollen nicht gerettet werden, sondern ins Verderben gerissen werden, zusammen mit ihm, für alle Ewigkeit.

Satan ist der Ankläger der Menschen. Er steht neben dem Richterstuhl Gottes und zeigt auf uns und klagt uns an. Sacharja 3, 1 heißt es: » Darauf ließ der Herr mich den Obersten Priester Jeschua sehen. Er stand vor dem Engel des Herrn und rechts von ihm stand der Satan und wollte ihn anklagen. « Das ist seine Hauptaufgabe, und das wollte er auch bei Hiob tun. Doch er fand nichts, wofür er ihn anklagen konnte.

Satan verklagt die Menschen vor Gottes Thron. Deshalb hat er auch noch Zugang zu Gott. Aber Satan verklagt nicht nur die Menschen, sondern er verleitet sie auch zum Ungehorsam und zur Sünde. Er versucht sie, mit List und Lüge, mit Drohungen und Gewalt von Gott abzubringen.

Das sehen wir ganz deutlich in der Versuchungsgeschichte Jesu in Matthäus 4. Da heißt es ab:

(4,2) »Nachdem Jesus vierzig Tage und Nächte gefastet hatte, war er hungrig.

(4,3) Da trat der Versucher an ihn heran und sagte: »Wenn du Gottes Sohn bist, dann befiehl doch, dass die Steine hier zu Brot werden!«

Der Teufel scheut nicht einmal davor zurück, den Sohn Gottes zu verführen. Er kam mit einem sehr subtilen Vorschlag. Es ging nicht um Sünde, oder Unmoral, sondern um verstecktes Misstrauen gegen Gott. Satan lügt immer: Er lügt Gott an, und er lügt die Menschen an. So hofft er das Reich Gottes aufhalten oder zerstören zu können.

In dieser Szene im Himmelssaal sehen wir auch, dass Gott den Teufel wahr nimmt. Er spricht ihn sogar an, stellt ihm Fragen und lässt ihn zu Wort kommen. Das ist auch so ein Rätsel für mich, dass Gott den Satan beachtet, dass er ihn ernst nimmt und mit seinen boshaften Absichten gewähren lässt.

Es wäre doch alles viel einfacher, wenn Gott den Satan gleich in den Feuersee geworfen und vernichtet hätte. Wie viel leichter wäre dann für uns das Leben: Keine Versuchungen, keine Lügen über Gott, keine Verfolgungen, keine Kriege, Krankheiten, keine Verbrechen und kein Streit. Aber es gehört zu Gottes Plan, dass es einen Ankläger und einen Verführer geben muss. Nur so kann sich unser Glaube bewähren.

Gott nimmt den Teufel ernst, er spricht mit ihm und er lässt sich auf eine Wette mit ihm ein. Also hier im Himmel, wenigstens in dieser Szene, sehen wir nichts von der großen Feindschaft zwischen Gott und dem Teufel. Wir sehen kein Kräftemessen, keine Gewalt, keine bewaffneten Heere, kein Kriegsgeschrei. Hier sind keine Anklagen keine Hasstiraden, keine Befehle und kein Exorzismus.

Der Teufel erscheint hier weder als dunkle, hasserfüllte, blutdürstige Bestie oder brüllender Löwe, noch als räudiger Hund mit eingezogenem Schwanz. Gott und der Teufel unterhalten sich gewissermaßen auf Augenhöhe miteinander. Doch beide, sowohl Gott als auch der Teufel wissen, wer hier der Herr ist und wer wen richten wird. Eigentlich ist der Teufel schon gerichtet. Er ist zum ewigen Tode verurteilt. Daran ist nicht mehr zu rütteln. Es ist gut, wenn wir uns das immer wieder vor Augen halten.

In dieser Begegnung im Himmelssaal macht Gott den Satan auf den Hiob aufmerksam. Er nennt ihn in Vers 8 »Ein Vorbild an Rechtschaffenheit, nimmt Gott ernst und hält sich von allem Bösen fern. « Satan bestreitet das nicht, er sucht nicht nach verborgenen Sünden und Fehlern im Leben des Hiob. Aber er stellt Gottes Handeln und die Motive von Hiob infrage. Satan deutet an, dass die Rechtschaffenheit des Hiob eigentlich durch materiellen Segen und Reichtum erkauft ist. Wörtlich sagt der er: »Würde er dir gehorchen, wenn es sich für ihn nicht lohnte? Du hast ihn und seine Familie und seinen ganzen Besitz vor jedem Schaden bewahrt. Du lässt alles gelingen, was er unternimmt, und sein Vieh füllt das ganze Land. 11 Taste doch einmal seinen Besitz an! Wetten, dass er dich dann öffentlich verflucht?« (Verse 9-11)

Dies ist eine Frage, die wir uns auch stellen lassen müssen. Glauben wir Gott nur solange es uns gut geht? Bei vielen Nachfolgern Jesu ist das sicherlich der Fall. Sie gehen in die Kirche, lesen in der Bibel, beten und dienen Gott - solange es alles gut geht und Gott ihre Wünsche und Vorstellungen erfüllt. Kommen aber Leiden, Verlust und Krankheit, dann hadern sie und sagen sich von Gott los.

Wahrer Glaube, wahres Christsein und Jüngerschaft besteht eben darin, dass der Mensch Gott nachfolgt, auch wenn seine Wünsche nicht erfüllt werden, auch wenn es schwer wird und sich Verfolgungen, Leiden und Verluste einstellen. Das wollte Satan auch bei Hiob herausfinden. Und auch Gott war daran interessiert zu erfahren, wie Hiob in Notzeiten reagieren würde. Deshalb ließ er sich wohl auch auf die Wette mit Satan ein.

Ich denke, bei dieser Wette war wirklich alles offen. Es hätte durchaus sein können, Satan würde recht behalten. Hiob würde sich von Gott abwenden, so wie seine Frau es ihm vorgeschlagen hatte. Hiob selbst war oft nahe daran, seine Hoffnung und sein Vertrauen in Gott aufzugeben. Es war eine schwere Prüfung für Hiob - und Gott mutete ihm wirklich viel zu. –

Andererseits bestand die Möglichkeit, dass Hiob trotz aller Not, Zweifel und Fragen an seinem Glauben festhalten würde. Es lag in der Hand des Hiob, es war seine eigene Entscheidung. Ein Versagen wäre eine große Niederlage für Gott geworden. Seine Standhaftigkeit wäre ein großer Sieg Gottes. Die Wette mit Satan war für Gott ein großes Risiko. Bei all unseren Anfechtungen und Leiden ist es auch heute noch so, dass jede Prüfung, die wir bestehen, nicht nur ein persönlicher Sieg für uns ist, sondern auch ein großer Triumph Gottes. Je schwerer die Prüfung, desto größer Gottes Ehre.

Es ist mir sehr wichtig zu betonen, dass hier, in diesem himmlischen Thronsaal, in dem Gespräch zwischen Gott und Satan der Leidensweg des Hiob begann. Hier lag auch die Antwort auf die Frage: »Warum musste Hiob leiden? «

In langen Diskussionen versuchten Hiob und seine Freunde eine Erklärung dafür zu finden, warum Gott all dieses Unglück zuließ. Die Männer in der Runde hatten viele gute Gedanken, sie haben manche Erkenntnisse über Gott, den Menschen, das Leid und die Schuld gewonnen. Ohne Zweifel war die leidvolle Lage des Hiob der Anlass zu vielen wertvollen Beobachtungen und Einsichten. Allein, alle Weisheit, alle Vermutungen und Erklärungen konnten das Rätsel des Leides nicht lösen.

Die Lösung lag nämlich auf einer Ebene, die den Menschen verborgen war. Niemand wusste, was da im Himmel verhandelt worden war. Niemand konnte es wissen oder erahnen. Es lag außerhalb der menschlichen Reichweite. Deshalb können wir auch niemandem einen Vorwurf für seine unbeholfenen Erklärungsversuche machen. Es gab und gibt keine endgültige, befriedigende Antwort in dieser Welt auf die Frage nach dem Leid. Die Antwort ist in einer anderen Dimension zu finden, die wir nicht betreten können.

Dennoch haben Hiob und seine Freunde sich redlich bemüht, ihr Schicksal zu erklären und es irgendwo einzuordnen. Sie brauchten einen Anhaltspunkt, etwas, um das Unbegreifliche zu deuten. Das ist sicher menschlich, natürlich und wohl auch nicht verkehrt, solange wir wissen, dass es auch noch andere Dimensionen gibt.

Wir wollen doch noch lesen, was Hiob widerfuhr, nachdem Satan den Thronsaal Gottes mit der Erlaubnis verlassen hatte: »Alles, was Hiob besitzt, gebe ich in deine Gewalt. Aber ihn selbst darfst du nicht antasten!« - Das Unglück ließ nicht lange auf sich warten.

Lesen wir, was passierte:

(1,13) »Eines Tages waren die Kinder Ijobs wieder einmal im Haus ihres ältesten Bruders zusammen, um zu essen und Wein zu trinken.

(1,14) Da kam ein Knecht zu Ijob gelaufen und meldete: »Wir waren gerade mit den Rindern beim Pflügen und die Esel weideten ganz in der Nähe.

(1,15) Da sind plötzlich Beduinen aus Saba über uns hergefallen. Sie haben alle Tiere mitgenommen und deine Knechte mit dem Schwert erschlagen. Ich allein konnte mich retten, um es dir zu sagen. «

(1,16) Er hatte noch nicht ausgeredet, da kam schon ein anderer und sagte: »Feuer ist vom Himmel gefallen und hat die Schafe und Ziegen und ihre Hirten getötet. Ich allein konnte mich retten, um es dir zu sagen. «

(1,17) Er hatte noch nicht ausgeredet, da kam schon der nächste und sagte: »Drei Horden von Nomaden haben uns überfallen. Sie haben die Kamele gestohlen und deine Knechte erschlagen. Ich allein konnte mich retten, um es dir zu sagen. «

(1,18) Er hatte noch nicht ausgeredet, da kam ein vierter und sagte: »Deine Kinder waren im Haus deines Ältesten zusammen, um zu essen und Wein zu trinken.

(1,19) Da kam ein Sturm von der Wüste her und packte das Haus an allen vier Ecken. Es ist über den jungen Leuten zusammengestürzt und hat sie alle erschlagen. Ich allein konnte mich retten, um es dir zu sagen. «

So weit der Bericht der sprichwörtlich gewordenen Hiobsbotschaften. Satan hatte gründliche Arbeit getan. Wie würde Hiob jetzt reagieren? Die Bibel berichtet in Vers 20+21: »Da stand Ijob auf, zerriss sein Gewand und schor sich den Kopf kahl. Dann warf er sich nieder, das Gesicht zur Erde, und sagte: »Nackt kam ich aus dem Schoß der Mutter, nackt geh ich wieder von hier fort. Der Herr hat gegeben und der Herr hat genommen. Ich will ihn preisen, was immer er tut! «

Das ist eine unglaubliche Antwort! Sie zeigt ein mustergültiges Vertrauen, eine beispielhafte Ergebenheit in Gottes Willen und Handeln. Ohne zu wissen, warum ihn das Unglück traf, ohne zu rebellieren oder zu lamentieren nahm Hiob das schwere Schicksal aus Gottes Hand und dankte ihm noch dafür. Das war ein großartiger Sieg des Hiob - aber auch ein Triumph für Gott.

Wenn wir bisher etwas aus dem Buch Hiob lernen können, dann ist es:

1.- einmal die Rolle Satans. Ich glaube in kaum einem anderen Buch oder Abschnitt der Bibel wird uns so viel - auch Überraschendes - über Satan, den Feind Gottes und der Menschen berichtet.

2.- Gott mutet uns Menschen manchmal sehr viel zu. Unser Vertrauen wird auf das härteste geprüft. Wenn wir diese Prüfung bestehen, ist das ein Sieg für Gott. Es bringt ihm Ehre, wenn seine Geschöpfe ihn nicht nur lieben, wenn er ihnen Gutes tut.

3.- Die Frage nach der Ursache und dem Sinn des Leidens kann auf dieser Erde nur immer bruchstückhaft oder individuell beantwortet werden. Die eigentliche Lösung liegt auf einer anderen Ebene, in einer anderen Dimension, zur der wir keinen Zugang haben.

Wir beten:

Herr, wir danken Dir für diese ganz spezielle Offenbarung im ersten Kapitel des Hiobsbuches. Hier erfahren wir viele Dinge, die uns helfen können das Leid und Dich selber besser zu verstehen. Gib uns in aller Not und Anfechtung die Haltung des Hiob, der sagen konnte: »Der Herr hat gegeben und der Herr hat genommen. Ich will ihn preisen, was immer er tut!« Amen.

Rüdiger Klaue

Weitere Predigten von Rüdiger Klaue findest Du unter http://www.rklaue.com/

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