Der Bibeltext:
(28,15) »Man kauft sie nicht, man tauscht sie auch nicht ein, für Gold und Silber ist sie nicht zu haben,
(28,16) mit allerfeinstem Gold nicht zu bezahlen, auch nicht mit Karneolen und Saphiren.
(28,17) Mit reinstem Glas lässt sie sich nicht vergleichen, Gerät aus bestem Gold reicht nicht zum Tausch.
(28,18) Korallen und Kristalle zählen nicht, sie übertrifft an Wert sogar die Perlen.
(28,19) Der feinste Topas und das reinste Gold sind unvergleichbar mit dem Wert der Weisheit.
(28,20) Wo ist ihr Ort? Wo kommt die Weisheit her? Und wer kann sagen, wo die Einsicht wohnt?
(28,21) Kein Lebewesen hat sie je gesehen, kein Vogel hat sie je im Flug erspäht.
(28,22) Sogar der Abgrund und der Tod bekennen: ›Wir haben bloß mal von ihr reden hören.‹
(28,23) Nur Gott, sonst niemand, kennt den Weg zu ihr. Er ganz allein weiß, wo die Weisheit wohnt.
(28,24) Gott sieht die Erde bis an ihre Enden, vom Himmel aus erblickt er alle Dinge.
(28,25) Als er dem Winde seine Wucht verlieh, dem Meer sein Maß und seine Grenze gab,
(28,26) als er dem Regen Zeit und Ort bestimmte und der Gewitterwolke ihren Weg,
(28,27) da sah er auch die Weisheit, prüfte sie, erkannte ihren Wert und nahm sie auf.
(28,28) Danach gab Gott den Menschen diese Regel: ›Den Herrn stets ernst zu nehmen, das ist Weisheit. Und alles Unrecht meiden, das ist Einsicht.‹«
Die erfahrenen Christen unter uns hatten ihre Erklärungen, die unser Freund aber nicht richtig verstand. Er meinte, Weisheit sei doch das Gleiche wie Intelligenz. Um weise sein zu können, müsse man intelligent sein. Einige von uns protestierten. »Weisheit hat sehr wenig mit Intelligenz zu tun, « meinten sie. »Na ja« lenkte Pedro ein: »Es gehört natürlich auch Studium dazu. Man muss auch viel gelernt haben, um weise werden zu können. « »Nein, « erwiderte jemand aus unserer Runde. »Es gibt Leute, die sind sehr intelligent und haben viel studiert - und doch sind sie nicht weise. Sie treffen dumme Entscheidungen, ruinieren ihre Existenz und Gesundheit, können ihre Zeit nicht einteilen und benehmen sich wie kleine Kinder. « »Also gut« räumte Pedro ein. »Zur Weisheit gehört mehr als Intelligenz und Wissen. Vielleicht ist Weisheit dann so etwas wie Erfahrung. Menschen, die alt geworden sind und viele Erfahrungen gesammelt haben sind eben weise. Man spricht ja auch von der Weisheit des Alters. « Es gab wieder Einwände: »Auch alte Menschen mit viel Erfahrung können manchmal Fehlentscheidungen treffen und große Dummheiten machen. Wie heißt es doch im Sprichwort: ‘Alter schützt vor Torheit nicht!’«
In der Debatte kam ein anderer Gedanke auf. Fernando meinte: »Vielleicht sind die Philosophen die Weisen. Philosoph bedeutet ja »Freund der Weisheit«. Und gelegentlich sagen wir: »Der weise Aristoteles hat gesagt. Auch Sokrates, Platon, Seneca und andere Philosophen sind für ihre Weisheit bis heute bekannt. « In unserer Runde wurde es still. Die Männer dachten nach.
Philosophen beschäftigten sich mit den grundlegenden Problemen des Lebens. Laut Kant geht es in der Philosophie um die Fragen: »Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch? « Das ist schon gut und hat mit Weisheit zu tun, aber wie weit uns das neue, Einsichten bringt und bei den täglichen Entscheidungen im Beruf und Familie hilft ist doch zweifelhaft.
Also gut, Weisheit ist nicht Intelligenz und nicht Studium und Wissen, es ist nicht Erfahrung und Alter, es ist nicht Philosophie, nicht Astronomie, nicht Mathematik, nicht Hellsehen und nicht Magie - und doch ist es von allem ein wenig.
Jemand unter uns kam auf die Idee, dass die Könige und Herrscher früher weise Männer bezahlten, die ihnen Rat gaben und beim Lösen schwerer Aufgaben halfen. Dabei denken wir an die Geschichten von Daniel. Daniel war ein junger Israelit aus der Oberschicht des Volkes. Als Nebukadnezar um 600 Jerusalem eroberte nahm er die wohlhabenden und gebildeten Leute mit.
Da heißt es in Daniel 1:
(1,3) »Nebukadnezzar befahl seinem Palastvorsteher Aschpenas, junge Israeliten aus der Verwandtschaft des Königs und aus den vornehmen Familien für ihn auszusuchen.
(1,4) »Sie müssen gesund sein und gut aussehen«, sagte er. »Außerdem müssen sie klug und verständig sein und eine umfassende Bildung haben, damit sie zum Dienst in meinem Palast geeignet sind. Und dann sollen sie auch unsere Sprache und Schrift lernen. «
(1,5) Drei Jahre lang sollten die jungen Leute ausgebildet werden, um dann in den Dienst des Königs zu treten. Der König ordnete an, dass sie jeden Tag Speisen und Wein von seiner eigenen Tafel bekamen.
(1,6) Unter den ausgesuchten jungen Männern aus Juda waren auch Daniel, Hananja, Mischaël und Asarja.«
(1,18)»Als der Palastvorsteher sie zu dem König brachte und er sich mit ihnen unterhielt, zeigte es sich, dass Daniel, Hananja, Mischaël und Asarja allen anderen überlegen waren. Sie wurden in den königlichen Dienst aufgenommen, und sooft der König in schwierigen Fragen ihren Rat suchte, merkte er, dass sie zehnmal klüger waren als alle Gelehrten und Magier in seinem ganzen Königreich.
(1,21) Daniel blieb im königlichen Dienst bis ins erste Regierungsjahr des Königs Kyrus«
Da lesen wir in Daniel 2:
(2,1) »In seinem zweiten Regierungsjahr hatte König Nebukadnezzar einen Traum, der ihn so beunruhigte, dass er nicht wieder einschlafen konnte.
(2,2) Er ließ alle seine Gelehrten, Magier, Wahrsager und Sterndeuter rufen, damit sie ihm seinen Traum erklären sollten. Sie kamen und traten vor den König. «
(2,12) »Da packte den König die Wut und er befahl, alle Weisen Babyloniens umzubringen.
(2,13) Auch Daniel und seine Freunde sollten getötet werden.«
Noch einmal lesen wir in Daniel 5 von den Weisen: Diesmal handelte es sich um die Flammenschrift an der Wand, die keiner der anderen Weisen lesen konnte. Da sagte einer:
(5,11) »Es gibt in deinem Reich einen Mann, der vom Geist der heiligen Götter erfüllt ist. Zur Zeit deines Vaters Nebukadnezzar zeigte sich, dass in ihm so viel Erleuchtung und Einsicht und Weisheit sind, wie sie sonst nur die Götter haben. Dein Vater machte ihn zum ersten seiner Ratgeber, der Weisen, Wahrsager, Magier und Sterndeuter. «
Im Neuen Testament erklärt uns Jakobus wie wir Weisheit erlangen können und woher sie kommt. Das heißt es: »Wenn es aber unter euch welche gibt, die nicht wissen, was sie in einem bestimmten Fall tun müssen, sollen sie Gott um Weisheit bitten, und Gott wird sie ihnen geben. Denn er gibt sie allen gerne, ohne ihnen Vorwürfe zu machen.« (Jakobus 1,5).
Die Weisheit kommt also direkt von Gott, sie wird uns gegeben und nicht erworben. Wir müssen darum bitten! Das sind schon mal wichtige Hinweise für Ursprung und Wesen der wahren Weisheit.
Im ersten Korintherbrief bringt uns Paulus auf noch einen anderen Gedanken: »Euch aber hat Gott zur Gemeinschaft mit Jesus Christus berufen. Mit ihm hat er uns alles geschenkt: Er ist unsere Weisheit – die wahre Weisheit, die von Gott kommt. « (1. Korinther 1,30)
Hier sagt er doch, dass die Weisheit eine Person ist. Wenn wir also Jesus und seinen Lehren folgen, besitzen wir die Weisheit; mehr noch, wenn wir Jesus in unser Leben aufnehmen, dann wohnt er in uns - und mit ihm die göttliche Weisheit. Im Kolosserbrief wird das noch einmal gesagt: »In ihm (Jesus) sind alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen. « (Kolosser 2,3).
Deshalb glaube ich, dass wir eine Wiedergeburt brauchen. In der Wiedergeburt schenkt Gott uns ein neues Leben. Das habe ich selbst sehr eindrücklich und radikal erlebt. Als ich Jesus einlud Herr und Führer meines Lebens zu werden veränderte sich plötzlich sehr viel. Ich hatte auf einmal ganz andere Interessen. Wo mir Bibel und Gottesdienst vorher ziemlich langweilig und unbedeutend vorkamen, gewannen sie jetzt eine zentrale Bedeutung. Ich las jeden Tag in der Bibel und ich merkte, wie die Worte lebendig wurden und zu meinem Herzen sprachen. Sie bewirkten eine große Freude in mir. Bald war das nicht genug, ich wollte auf einer Bibelschule konzentriert lernen, was Gottes Wort uns zu sagen hat. Was ich über Gott erfahren hatte, wollte ich anderen mitteilen
Die Ziele meines Lebens hatten sich verändert. Wo ich früher versuchte, eine interessante Arbeit, ein gutes Arbeitsklima und einen angemessenen Lohn zu bekommen, wollte ich auf einmal dem Herrn dienen. Vielleicht Missionar, Prediger, oder Evangelist werden - ein Beruf, der früher für mich überhaupt nicht infrage kam. -
Meine Bekehrung oder Wiedergeburt geschah nicht unmerklich und theoretisch. Viele Leute registrierten den Unterschied. Zuerst meine Mutter. Sie wunderte sich, was auf einmal mit mir passiert war. Dann auch meine Freunde. Manche waren erstaunt, verständnislos und andere schockiert. Ich gewann aber schnell neue Freunde, mit denen ich vielleicht früher nie gesprochen hätte, die mir einst als „Ducker“ oder Schwächlinge vorgekommen waren. Nun sah ich ihren Wert, ihre Liebe, ihr Verständnis, ihren Weitblick und ihre Weisheit.
Als Jesus in mein Herz kam, begann ein neuer Geist in mir zu wirken. Die Gemeinschaft mit Jesus veränderte mich; denn er ist anders als Menschen. Sein Denken und Urteilen, Sein Wünschen und Handeln prägte auch meine Sicht, meine Einstellung und mein Verständnis. In diesem Sinne verstehe ich was Paulus im 1. Kor. 1, 30 sagt (nach Luther) »30 Durch ihn aber seid ihr in Christus Jesus, der uns von Gott gemacht ist zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung,« Bei Jesus ist Weisheit für uns, ja mit ihm wohnt die Weisheit in uns.
Mit anderen Worten drückt es Paulus noch einmal so aus: Passt euch nicht den Maßstäben dieser Welt an. Lasst euch vielmehr von Gott umwandeln, damit euer ganzes Denken erneuert wird. Dann könnt ihr euch ein sicheres Urteil bilden, welches Verhalten dem Willen Gottes entspricht, und wisst in jedem einzelnen Fall, was gut und gottgefällig und vollkommen ist. « (Römer 12, 2).
Weisheit ist ein von Jesus verändertes Denken, eine neue Sicht der Dinge. Dadurch können wir uns ein sicheres Urteil bilden und wissen in jedem einzelnen Fall, was gut, richtig und vollkommen ist. Somit ist Weisheit ein durch Jesus verändertes Denken und Handeln. Weisheit ist Gott und seinen Willen und Rat zu erkennen und zu befolgen.
Hiob fragt in Kapitel 28 als er über die Weisheit nachdenkt: »Wo ist ihr Ort? Wo kommt die Weisheit her? Und wer kann sagen, wo die Einsicht wohnt? Kein Lebewesen hat sie je gesehen, kein Vogel hat sie je im Flug erspäht. Sogar der Abgrund und der Tod bekennen: ›Wir haben bloß mal von ihr reden hören.‹ Nur Gott, sonst niemand, kennt den Weg zu ihr. Er ganz allein weiß, wo die Weisheit wohnt. Gott sieht die Erde bis an ihre Enden, vom Himmel aus erblickt er alle Dinge. « und in Vers 28 sagt er: ›Den Herrn stets ernst zu nehmen, das ist Weisheit. Und alles Unrecht meiden, das ist Einsicht.‹«
Wir beten:
Herr, wie oft brauchen wir Weisheit für unsere Entscheidungen, für den Umgang mit anderen Menschen, und für das Erkennen Deines Willens. Danke, dass wir bei Dir die göttliche Weisheit finden können. Amen.
Rüdiger Klaue
... link
...bereits 1375 x gelesen
Nun wollte ich auch einmal alle Kapitel genau lesen und mir Zeit nehmen, die Reden Hiobs und seiner Freunde zu analysieren. So bin ich nun bis zum Kapitel 28 gekommen. Da heißt:» ›Den Herrn stets ernst zu nehmen, das ist Weisheit. Und alles Unrecht meiden, das ist Einsicht.‹« (Hiob 28,18).
Heute möchte ich einige markante Aussagen aus den Kapiteln 22 bis 28 auswählen.
Was mich eigentlich veranlasste das Buch Hiob zu lesen war: Ich suchte Trost darin. Es gibt so viele Enttäuschungen, Schmerzen und Leid nicht nur bei Hiob sondern in jedem Leben - und es gibt wenig wirklich gute Tröster. Trost fand ich - nicht so sehr in den Reden und Argumenten der Freunde und auch nicht in Hiobs Worten; aber indirekt entdeckte ich den Trost in Hiob. In seinen Qualen, in seinen Gefühlsausbrüchen, seiner Ehrlichkeit, aber auch Selbstüberschätzung und schließlich in seiner Treue zu Gott. Wenn er auch das Handeln Gottes nicht verstehen konnte und als ungerecht und willkürlich empfand, blieb er Gott doch treu!
Ich wollte auch einmal wissen, wie man in Leid gefallene Freunde am besten trösten kann. Viele von uns haben sich nie Gedanken darüber gemacht wie man tröstet. Dabei warten so manche Menschen auf Trost; aber statt Trost bekommen sie Vorwürfe, Belehrung und Ratschläge wie es mit Hiob geschah. All zuviel Gutes über die Kunst des Tröstens konnte ich im Buch Hiob nicht finden.
Zum anderen wollte ich sehen, welche Erklärungen es für das Leid in der Welt gibt. Auch darum geht es in diesem Buch. Hiobs Freunde wussten darauf nur eine Antwort: »Das Leid ist die Strafe Gottes für deine Sünde. « Davon ließen sie sich nicht abbringen, trotz aller Beispiele die Hiob aufführte, um diese Behauptung zu entkräften. Hiob selbst konnten die langen Erklärungen und Geschichten der Freunde aber keineswegs zufrieden stellen; und so wie ihm wird es auch vielen Menschen heute gehen.
Weiter dachte ich, ich könnte erfahren, wie ein gläubiger Christ damit fertig wird, wenn er plötzlich alles verliert und eine ekelhafte Krankheit bekommt. Hiob ist das passiert - und was hat er getan? Er hat geklagt und gejammert, er hat die Schuld bei Gott gesucht, er hat den Tag seiner Geburt verflucht und eine gerechte Behandlung eingefordert. In dem Sinne war er kein Held, der mit einem Lächeln auf den Lippen die größten Qualen erträgt.
Ich hatte auch gehofft, in diesem Buch etwas Gotteserkenntnis zu finden. Wo ein Mensch so viel Leid erdulden muss und sich mit so frommen Freunden in aller Länge austauschen kann, da muss doch auch Weisheit und Gotteserkenntnis zutage treten. Dieses Buch Hiob wird ja auch zur Weisheitsliteratur der Juden gezählt.
Und wirklich, man kann hier zum Teil auf sehr originelle und anschauliche Weise allerhand über Gott erfahren. Es hat mich auch berührt, wie alle Beteiligten in diesem Buch darum ringen, Gott zu verstehen, seinen Plan und Willen zu erkennen, ihn zu respektieren, zu ehren, ja ihn zu verteidigen. Selbst die schweren Anklagen Hiobs zeugen immer noch von Vertrauen in Gott und von Ehrfurcht und Achtung.
Es war mir auch interessant zu sehen, wie die Menschen früher über Sünde, Vergebung, ewiges Leben, Himmel, Hölle und Erlösung dachten - und all die Themen, die im Neuen Testament entfaltet werden. Immerhin war Jesus noch nicht erschienen, es gab noch keine Bibel, keine Kommentare, Theologen, keinen Katechismus und all diese Dinge, auf die wir heute zurückgreifen können. Es ist schon erstaunlich, was Hiob und seine Freunde über Gott, die Sünde und Gerechtigkeit wussten; doch es ist auch traurig zu sehen, wie das Leben ohne das Evangelium so dunkel bleibt.
Nun habe ich vieles im Buch Hiob gelernt. Aber der Reden sind doch viele. Mit der Zeit gehen den Beteiligten langsam die Argumente aus. Sie wiederholen sich. Es scheint, als hört schon keiner mehr zu. Jeder verteidigt seinen Standpunk mit immer wieder kehrenden Behauptungen. Noch sind die Reden voller Beispiele und Bilder, die wohl alle richtig und interessant sind, die aber doch nicht stichhaltig sind und widerlegt werden können. So drehen sich die Gespräche im Kreis, es kommen kaum noch neue Gedanken dazu. Es ist schon alles gesagt. Man wird langsam müde vom Argumentieren und vom Zuhören.
Und das ist gut so. Irgendwann erreicht man bei allen unlösbaren Fragen den Moment, wo man sich sagt: »Jetzt ist es genug! Ich bin satt! Wir haben das Problem von allen Seiten beleuchtet. Ich habe meine Argumente vorgebracht und auch die Meinungen der anderen angehört. Nun sind wir an einem toten Punkt angelangt. Ich brauche mich über diese Sache nicht mehr zu ereifern! «
Es gibt ja auch heute noch theologische Fragen, auf die es keine einfache, eindeutige Antwort gibt. Schon Martin Luther hatte andere Erkenntnisse als die kath. Kirche. Aber auch das evangelische Lager stimmt nicht mit allen Lehrmeinungen Luthers überein. Da sind zum Teil die Frage des Abendmahls, oder der Taufpraxis oder unserem Verständnis des Volkes Gottes, wo es unterschiedliche Auslegungen gibt.
Als ich zur Bibelschule kam, hatte ich mich gerade bekehrt und war noch jung und unwissend im Glauben. Vieles, was ich da im Unterricht hörte, war mir neu und fremd. Weil die Mitschüler aus verschiedenen Gemeinden und Kirchen kamen, vertraten sie auch verschiedene theologische Richtungen und Erkenntnisse. Da gab es dann im Unterricht und nachher genug Stoff für Diskussionen.
Viele Stunden haben wir damit verbracht, uns untereinander von unseren Erkenntnissen zu überzeugen. Gegenargumente wollten wir nicht gelten lassen - und doch waren auch die anderen Einsichten wichtig für unsere geistliche Entwicklung. Wenn ich heute mit solchen Themen in Berührung komme, brauche ich mich nicht mehr zu ereifern. Die meisten Erklärungen habe ich schon einmal gehört - und ich weiß, dass ich mein Gegenüber nicht so leicht von meiner Sicht der Dinge überzeugen kann.
Aber ich habe auch gesehen, dass Menschen, die anders denken als ich, sehr ergebene, treue, brennende Christen sein können, die Jesus lieben und ihm von ganzem Herzen dienen. So sind der Austausch, die Diskussionen, die Debatten über das Handeln Gottes doch auch wichtig zu unserer Reife. Das habe bestimmt auch Hiob und seine Freunde erfahren. Wenn sie im Moment auch zu keiner Einigung gelangt sind, so haben sie doch viele Stunden über Gottes Handeln nachgedacht.
In den Kapiteln 22 - 28 finden wir im Wesentlichen die gleichen Argumente, wie schon vorher. Deshalb wähle ich nur einige Verse aus, die mir aufgefallen sind.
Elifaz sagt zu Hiob:
(22,2) »Wie kann ein Mensch für Gott von Nutzen sein! Sich selber nützt der Mensch, der Einsicht hat!
(22,3) Was bringt es Gott, wenn du das Rechte tust? Hat er Gewinn, wenn du vollkommen bist? « Hier ist der Gedanke für mich so überraschend: »Was bringt es Gott, wenn du das Rechte tust? «
Ja es verursacht ihm noch nicht einmal einen Schaden, wenn wir sündigen, wenn wir rebellisch und ungehorsam sind, wenn wir an andere Götter glauben oder in Unmoral leben. Gott ist so groß und so souverän, dass ihm unser Verhalten, das gute, wie das böse, eigentlich nichts anhaben kann. Ob wir ihn lieben oder hassen, ob wir ihm glauben oder ihn verleugnen, das ändert nichts an seiner Heiligkeit, Macht und Herrlichkeit.
Und doch ist es Gott sehr wichtig, wie wir zu ihm stehen. Die Gebote, die er uns gegeben hat, sind ein Zeichen dafür, dass ER sich für uns, für unser Verhalten, für unser Wohlergehen interessiert. Alle Warnungen, alle Verheißungen, ja überhaupt das Reden durch sein Wort zeigt uns, dass Gott an einer guten Beziehung zu uns interessiert ist. Und weil das so ist, können unser Verhalten und unsere Worte Gott auch schaden oder nützen. Unser Gehorsam, unsere Liebe kann ihn erfreuen - unsere Sünde kann ihn verletzen und schmerzen.
Darüber hinaus kann unser Glaube, unsere Treue, unser Lob und Dank die Aufmerksamkeit der anderen Menschen auf ihn lenken. Unsere positive Einstellung zu Gott im Leiden, in Schmerz, Not und Verfolgung bringen ihm Ehre und vergrößern seinen Ruhm. In diesem Sinne nützt der Mensch sich nicht nur selber, wenn er Gott gehorcht und verehrt, sondern es bringt auch Gott einen Gewinn. Von daher müssen wir Elifaz antworten: »Doch, sogar ein kleiner, kranker, fehlerhafter, unvollkommener Mensch kann für Gott von Nutzen sein. «
In Hiob 23 finden wir noch einen interessanten Gedanken diesmal von Hiob. Da sagt er:
(23,13) »Doch Gott allein bestimmt – wer will ihn hindern? Was ihm gefällt, das setzt er einfach durch.
(23,15) Das ist es, was mich so erschrecken lässt. Sooft ich an ihn denke, zittere ich.
(23,16) Gott hat mir alle Zuversicht genommen; weil er so mächtig ist, macht er mir Angst.
(23,17) Gott ist's, der mich erdrückt, und nicht das Dunkel, auch wenn ich jetzt vor Dunkelheit nichts sehe.«
Dazu möchte ich drei Beobachtungen weitergeben.
1. Wir können froh sein, wenn es Menschen gibt, die vor Gott Respekt haben. Hiob kann noch vor Gott erschrecken und Angst haben.
Bei den Christen im Mittelalter war das auch so in Europa. Da hatten die Menschen Angst vor Gott, dem Allmächtigen, dem strengen Herrn und Richter. Oft hat die Kirche diese Angst noch weiter geschürt, um die Christen unter Kontrolle zu haben. Da war wenig Verlangen des Gläubigen nach Nähe zu Gott und Gemeinschaft mit ihm. Da war auch wenig Liebe und Zuneigung. Das war natürlich nicht gut und nicht richtig.
Aber langsam sind wir in den evangelischen Kirchen in das Gegenteil umgeschlagen. Wir fürchten uns überhaupt nicht mehr vor Gott. Vielen passt der Gott des Alten Testamentes gar nicht; er ist grausam, straft, droht, warnt und schickt Kriege und Katastrophen. Das Bild hat sich gewandet.
Für viele heute ist Gott der liebe, gütige Vater geworden, der nur Gutes tut, gnädig ist, vergibt, erlöst und unsere Bitten erfüllt. Das stimmt ja auch und ist schön und beruhigend. Aber deswegen dürfen wir die Ehrfurcht, das Erschrecken vor ihm nicht völlig ausklammern.
2.- Hiob sieht die Sache zu einseitig und zu dunkel. Klar, durch seine Verluste und Leiden ist er in eine große Krise geraten, und er kann den gnädigen, liebenden Gott gar nicht mehr erkennen. Er traut Gott nichts Gutes mehr zu, ja er fürchtet noch mehr Plagen, Leiden und Dunkelheit, denn er glaubt: »Gott allein bestimmt – wer will ihn hindern? Was ihm gefällt, das setzt er einfach durch. « Und das kann auch vernichtend sein - ab er es muss es nicht. Gott kann seine Allmacht ebenso gut auch zum Segen für uns einsetzen.
3.- Gott ist mächtig und groß, sagt Hiob mit Recht, aber er will uns mit seiner Macht nicht erdrücken, vernichten, verängstigen oder von ihm weg treiben. Gott liebt uns ja, er ist uns gnädig gesinnt, Er will uns erretten und erlösen. Dazu hat er die Macht und den guten Willen. Dazu hat er seinen Sohn geopfert.
Wenn wir in Not geraten sind, denken wir bald so wie Hiob: Es ist Gott, der mit mir macht, was er will, und das scheint nichts Gutes zu sein. Darum fürchten wir uns vor IHM. Dabei sollte uns die Not daran erinnern, dass es einen Erlöser gibt. Oft kann eben nur noch einer helfen, der wirklich stark ist und der durchsetzen kann, was ihm gefällt. Weil Gott so mächtig ist und niemand ihn hindern kann (Gutes zu tun und uns zu helfen.) sollten wir nicht Angst, sondern Hoffnung und Zuversicht haben.
Im Kapitel 27 beschreibt Hiob noch einmal, wie Gott diejenigen bestrafen wird, die ihn verlassen. Über den Gottlosen sagt er da:
(27,9) Wenn er in Not gerät und beten will, wird Gott auf seinen Hilfeschrei nicht achten.
(27,10) Er hätte immer bei Gott Freude suchen und zu ihm beten sollen, nicht erst jetzt!«
Aber was Hiob hier andeutet ist durchaus wahr und beachtenswert. Auch wir sollten immer daran denken: »Der Verzweifelte hätte immer bei Gott Freude suchen und zu ihm beten sollen, nicht erst jetzt! «
Wir sollen also mit unserer Suche, mit unseren Gebeten, mit unserem Glauben nicht warten bis es sehr dringend ist. Es gibt keine Garantie, dass wir uns dann noch an Gott erinnern und die Verbindung zu ihm finden werden. Deshalb ist es richtig: »Er hätte immer zu Gott beten sollen, nicht erst, wenn es ganz dringend ist. « Daran wollen wir denken und in guten wie in bösen Zeiten, die Gemeinschaft mit Gott pflegen und zum ihm beten.
Es ist schon so, wie Hiob im Kap 28 sagt: „Den Herrn stets ernst zu nehmen, das ist Weisheit. Und alles Unrecht meiden, das ist Einsicht.“
Wir beten:
Herr, wieder danken wir für das Zeugnis des Hiob. In seinem Leiden hatte er auch viele geistliche Kämpfe, Fragen und Zweifel. Doch immer hat er sich in seinen Gedanken mit Dir beschäftigt und nach Deiner Gerechtigkeit, Erlösung und Liebe gesucht. Hilf uns auch, im Leiden treu zu sein. Amen.
Rüdiger Klaue
... link
...bereits 1557 x gelesen
In den folgenden Kapiteln wird nicht mehr viel Neues gesagt. Bildad von Schuach macht im Kapitel 18 noch einmal seine Sicht der Dinge sehr anschaulich klar, wenn er beschreibt, wie es den bösen Menschen geht.
Er sagt da:
(18,11) »Von überall bedrängen ihn die Schrecken, sie jagen ihn auf Schritt und Tritt in Angst.
(18,12) Der Hunger raubt ihm seine letzte Kraft, das Unglück ist sein ständiger Begleiter.
(18,13) Und auch die Krankheit kommt, des Todes Tochter, lässt seine Haut und seine Glieder faulen.«
Doch Hiob wehrt sich vehement gegen diese Auslegung. In Kapitel 19 schildert er noch einmal ausführlich seine Krankheit und die Ausgrenzung und Demütigung die das mit sich bringt. Seine Ansicht ändert sich aber auch nicht. Er drückt es so aus:
(19,5) » Ihr aber spielt euch auf als meine Richter, nehmt meine Leiden als Beweis der Schuld. Seht ihr nicht ein, dass Gott mir Unrecht tut? Mit einem Netz hat er mich eingefangen. «
In Kapitel 21 widerlegt Hiob die Reden seiner Freunde damit, dass er ausführlich und sehr anschaulich beschreibt, wie es den Bösen doch so gut geht.
(21,7) »Warum lässt Gott die Bösen weiterleben? Sie werden alt, die Kraft nimmt sogar zu.
(21,8) Gesichert wachsen ihre Kinder auf, mit Freuden sehen sie noch ihre Enkel.
(21,9) Kein Unglück stört den Frieden ihrer Häuser, sie kriegen Gottes Geißel nie zu spüren.
(21,12) Sie singen laut zu Tamburin und Leier, sind voller Fröhlichkeit beim Klang der Flöte.
(21,13) Im Glück verbringen sie ihr ganzes Leben und sterben einen sanften, schönen Tod.«
Durch Elifas von Teman kommt am Ende des 22. Kapitels noch einmal ein neuer Gedanke in die Diskussion. Er sagt zu Hiob.
(22,21) »Hör endlich auf, in Gott den Feind zu sehen, und söhne dich doch wieder mit ihm aus! Nur so wirst du dein Glück zurückgewinnen. #
(22,22) Wenn er dich unterweist, dann nimm es an, behalte jedes Wort in deinem Herzen!
(22,23) Kehr um zu ihm, dann richtet er dich auf.
(22,26) Dein Gott ist dann die Quelle deiner Freude und voll Vertrauen blickst du zu ihm auf.
(22,27) Er gibt dir Antwort, wenn du zu ihm betest; dann wirst du dein Gelübde froh erfüllen.
(22,28) Was immer du beschließt, es wird gelingen; auf allen deinen Wegen wird es hell.«
Nun sagt Elifas: »Hör endlich auf, in Gott den Feind zu sehen, und söhne dich doch wieder mit ihm aus! « (Hiob 22,21) Das ist eine bemerkenswerte Wende in den Diskussionen. Was Elfas meint ist: »Auch im Leid ist es möglich, Gott zu vertrauen und ihn zu lieben. «
Dafür gibt es sehr viele Beispiele: Denken wir an Josef im Alten Testament. Er wurde von seinen Brüdern gehasst, verspottet und als Sklave verkauft. In Ägypten kam er unschuldig ins Gefängnis und schien von Menschen und Gott verlassen zu sein. Doch offenbar haderte er nicht mit Gott, beschuldigte ihn nicht, er behauptete auch nicht seine Unschuld und verwies nicht auf die ungerechte Behandlung, die Gott zuließ. Josef zeigte, dass man auch im Gefängnis, bei Demütigung und schlechter Behandlung Gott treu bleiben kann. Im geeigneten Moment konnte er seinen Mitgefangenen die Botschaft Gottes sagen.
Oder sehen wir uns David an. Er wurde vom König Saul verdächtigt, falsch beschuldigt und verfolgt. Er musste fliehen, war ständig in Lebensgefahr und führte zeitweise ein ärmliches, entbehrungsreiches Dasein. Da wäre Grund genug gewesen, aufzubegehren, sich zu beklagen, Gott zu beschuldigen, sich vom Glauben abzuwenden. Aber David vertraute Gott, betete, hoffte und gehorchte. Sicher hatte David auch seine Fragen und Kämpfe mit den Führungen Gottes. Er konnte das auch nicht so einfach und fröhlich wegstecken. Aber gerade in der Zeit seiner Ängste und Schwierigkeiten entstanden Lieder von einer besonderen Tiefe. Seine Beziehung zu Gott bekam neue Dimensionen.
Betrachten wir nur das Leben der Propheten: Sie waren nicht irgendwelche halbherzigen Christen, sondern auserwählte Boten Gottes. Man kann annehmen, dass sie ein besonders enges Verhältnis zu Gott hatten. Doch auch sie mussten oft sehr schwere Leidenszeiten durchleben.
Ein herausragendes Beispiel dafür ist Jeremia. Als er Gottes Pläne und Willen den Leitern des Volkes weiter gab, bekam er ihre Ablehnung und ihren Hass zu spüren. Man nannte ihn einen Landesverräter und Volksfeind. Der König behandelte ihn wie einen Verbrecher und wollte ihn schmählich umbringen. Doch Jeremia blieb seiner Botschaft und seinem Gott treu. Selbst als er das furchtbare Leid sah, das seinem Volk widerfuhr, und als er die Not selber zu spüren bekam, hielt er an Gott fest. Er trauerte zwar, klagte und weinte über das Elend, aber er rebellierte nicht gegen Gott. An seiner Haltung erkennen wir, dass er die Schuld für die Niederlagen und Leiden des Volkes nicht bei Gott, sondern bei den Menschen sah. Darum haderte er nicht mit Gott, sondern blieb ergeben und zu weiteren Diensten bereit.
Auch Daniel, der große Prophet und Staatsmann, musste Verleumdung und Verurteilung ertragen. Gerade weil er Gott verehrte und zu ihm betete, wurde er zum Tode verurteilt und in die Löwengrube geworfen. Wir hören nirgends, dass er sich verteidigt hätte, dass er sich bei Gott über die ungerechte Behandlung beklagt hätte - sondern in der Gefahr, in der Nähe des Todes blieb er nahe bei seinem Gott.
Wir könnten noch andere Persönlichkeiten aus dem Alten Testament nennen, die selbst in Verfolgung, Leiden und Qual ihrem Gott treu blieben, ihm vertrauten und ihre Liebe zu ihm zum Ausdruck brachten.
Auch im Neuen Testament finden wir immer wieder Menschen, die trotz Ablehnung, Verfolgung, Gefängnis und Leiden Gott die Ehre gaben. Da waren Paulus und Silas, die nach Folterung und Kerker ihrem Gott noch Loblieder sangen. Da waren andere Apostel, die im Angesicht des Todes Gott anbeteten und ihm willig ihr Leben opferten.
Überhaupt hatten die ersten Christen in den jungen Gemeinden viel um ihres Glaubens willen zu leiden. Aber alle Verfolgungen brachten sie näher zu Gott. Märtyrer hat es zu allen Zeiten gegeben - auch heute noch.
Es beeindruckt mich immer wieder, wie Menschen im Leiden, in Krankheit, in Entbehrungen, ungerechter Behandlung, Folterung und Tod noch solch eine Liebe und Hingabe zu Gott behalten können. Für mich ist das ein sehr starkes Argument, solch einem Gott zu vertrauen. Da ist etwas Besonderes an diesem Gott, dass Menschen befähigt, ihm zu folgen, ihn zu lieben, auch wenn es ihnen denkbar schlecht geht.
Nun müssen wir aber auch zugeben, dass nicht alle Menschen, die in Schwierigkeiten geraten sind, mit Gott im Frieden gelebt haben. Immer wieder gab es solche, die Gott beschuldigten, ihn verklagten und sich schließlich ganz von ihm abwandten.
Ein Beispiel dafür ist das Volk Israel bei der Wüstenwanderung. Die Menge wurde unzufrieden mit den Umständen, den Führungen Gottes und mit den Entbehrungen und Schwierigkeiten. So verwarfen sie ihren Gott und machten sich einen Götzen aus Gold in Form eines jungen Stiers.
Später gab es immer wieder Könige, die gottlos waren und beim Volk Götzen und Götter einführten. Das war nur möglich, weil unter den Menschen Kritik und Unzufriedenheit über den Willen und das Handeln Gottes herrschten. Durch Krisen, Armut, Krankheit und Leiden sind auch schon viele Menschen motiviert worden, Gott als Feind zu betrachten und sich von ihm loszusagen.
Hiob war noch nicht ganz so weit. Er wollte ja Gott anerkennen, verstehen und ihm gehorchen. Jetzt suchte er nach Argumenten und Hilfen für seinen angefochtenen Glauben. Doch eines wird mir bei diesen Überlegungen wichtig: Es ist möglich, Gott zu lieben und ihm zu vertrauen, selbst wenn die Umstände extrem schwierig und leidvoll sind. Wohl wäre es auch für Hiob möglich gewesen, sich still und ergeben in die Führungen Gottes zu schicken.
Am Anfang seiner Prüfungen war er noch stark und sagte: »Der Herr hat gegeben und der Herr hat genommen. Ich will ihn preisen, was immer er tut! « (Hiob 1,21-22)
Trotz allem, was geschehen war, versündigte sich Ijob nicht. Er machte Gott keinen Vorwurf. « Diese Glaubenshaltung wurde durch die Dauer und die Schwere seiner Leiden sehr stark erschüttert, was wir durchaus verstehen können, und wofür wir Hiob keinen Vorwurf machen. Aber ich will auch für mich festhalten, dass es möglich ist, Gott zu lieben und ihm zu vertrauen, wenn die Umstände extrem schwierig werden.
Noch eines will ich in diesem Zusammenhang erwähnen. Gott auch im Leiden zu lieben ist nicht nur möglich, sondern es ist auch besser. Durch die Nähe und den Frieden Gottes werden auch Stunden der Angst, der Schmerzen und des Leidens erträglicher. Selbst wenn Gott nicht heilt und uns nicht von der Not befreit, ist es immer noch besser im Frieden mit ihm zu leben. Er kann uns trösten, uns beistehen, uns Hoffnung geben und Kraft zum Überwinden schenken. Trotz aller äußeren Widerstände kann die Seele doch still und geborgen sein in Gott.
Andererseits werden Leid und Schmerz nur noch verschlimmert und verstärkt, wenn unsere Seele gegen Gott rebelliert. Kritik an Gott macht uns unglücklich, verbittert und hart. Solch eine Position trägt jedenfalls nicht zur Linderung der Leiden und zur Heilung bei.
Von daher war es ein sehr guter seelsorgerlicher Rat des Elifas wenn er zu Hiob sagt: »Hör endlich auf, in Gott den Feind zu sehen, und söhne dich doch wieder mit ihm aus! Nur so wirst du dein Glück zurückgewinnen. « (Hiob 22, 21).
Was Hiob brauchte war Versöhnung und Friede mit Gott. Selbst als Gläubiger und Gottes Diener brauchte er Versöhnung mit Gott.
Und Gott bietet uns diese Versöhnung mit sich jederzeit an. Hiob hätte nur demütig zu ihm zu kommen und zu sagen brauchen: »Es war nicht richtig, wie ich mich aufgeführt habe! Ich hätte nicht so von Dir sprechen sollen. Gib mir einen neuen Geist. «
Auch wir als Christen müssen immer damit rechnen, dass wir in Unglück, Verfolgung und Qual geraten - und auch damit, dass wir ungewollt gegen Gott aufbegehren. Dann dürfen wir aber auch darauf vertrauen, dass wir uns jederzeit wieder mit ihm versöhnen können.
Um zum Frieden mit Gott zu finden, sollten wir
1.- ehrlich sein bezüglich unserer Probleme. Eigentlich ist es sehr anerkennenswert wie Hiob offen seine Zweifel und Unzufriedenheit ausspricht. Wer seine Rebellion leugnet und versteckt, wird nie darüber Herr werden können.
2.- unsere Gefühle zugeben. Es ist ja doch klar, dass Hiob traurig, ärgerlich, empört und zornig war. Das kann er doch ruhig beichten. Und indem auch wir unsere Empfindungen ausdrücken, verlieren sie an Macht - und das ebnet den Weg zu Buße und Versöhnung.
3.- in Zeiten der Krise, der Krankheit, der Entbehrung und Kämpfe Glaubensgeschwister an der Seite haben. Leider haben die Freunde Hiobs diese Chance verpasst. Wenn uns der Glaube schwindet und versagt, dann brauchen Freunde, die für uns glauben oder mit uns glauben. Auf diese Weise werden wir gestärkt und befähigt, durch zu halten. Darum sollten wir schon in guten Zeiten die Gemeinschaft mit Glaubensgeschwistern schätzen und pflegen.
Lassen wir uns noch einmal an den Rat des Elifas erinnern. »Hör endlich auf, in Gott den Feind zu sehen, und söhne dich doch wieder mit ihm aus! «
Wir beten:
Herr, wir wollen auf keinen Fall leichtfertig über Menschen urteilen, die in Zweifel und Glaubenskämpfe geraten sind. Aber doch wollen wir daran festhalten, dass es auch im Leiden möglich ist, Dir zu vertrauen und in Deiner Nähe zu bleiben. Hilf uns bitte darin. Amen.
Rüdiger Klaue
... link
...bereits 1545 x gelesen
Der Bibeltext:
(16,10) »Die Leute rotten sich um mich zusammen, sie reißen ihre Mäuler auf und spotten, sie schlagen mir voll Feindschaft ins Gesicht.
(16,11) Gott hat mich an Verbrecher ausgeliefert, mich schlimmen Schurken in die Hand gegeben.
(16,12) Aus meinem Frieden riss er mich heraus, er packte mich im Nacken, warf mich nieder. Dann nahm er mich als Ziel für seine Pfeile,
(16,13) die mich von allen Seiten dicht umschwirren. Erbarmungslos durchbohrt er meine Nieren, lässt meine Galle auf die Erde fließen.
(16,14) Er schlägt mir eine Wunde nach der andern, so wie ein Kriegsheer Breschen in die Mauer.
(16,15) Das Trauerkleid ist meine zweite Haut, besiegt und kraftlos liege ich im Staub.
(16,16) Ganz heiß ist mein Gesicht vom vielen Weinen, die Augen sind umringt von dunklen Schatten.
(16,17) Und doch, an meinen Händen klebt kein Unrecht und mein Gebet ist frei von Heuchelei!«
(17, 1) »Das Atmen fällt mir schwer, mein Leben endet, der Docht verglimmt, mein Grab ist schon geschaufelt.
(17,2) Rings um mich höre ich den Hohn der Spötter, auch nachts lässt ihr Gezänk mich nicht mehr schlafen.
(17,6) Doch jetzt bin ich die Spottfigur der Leute, ich werde angespuckt; Gott stellt mich bloß.
(17,7) Vor Kummer ist mein Auge fast erblindet, ich bin nur noch ein Schatten meiner selbst.
(17,8) Ihr haltet euch für redlich, seid entsetzt; ihr meint, ihr hättet keine Schuld, erregt euch, in euren Augen bin ich ein Verbrecher.
(17,9) Ihr seid gerecht und lasst euch nicht beirren, seid rein und schuldlos, fühlt euch nur bestärkt. «
Jesus wurde tatsächlich von der Menge verspottet, ins Gesicht geschlagen, angespuckt. Das Atmen fiel ihm schwer am Kreuz, sein Leben endete, der Docht verglimmte. Erbarmungslos wurde Jesus durchbohrt und seine Galle floss gewissermaßen auf die Erde als er von einer Lanze durchbohrt wurde, sein Grab war praktisch schon geschaufelt. Er wurde als Verbrecher verurteilt von Leuten, die sich für redlich hielten und dachten, sie seien gerechter als er.
Da sind also erstaunlich viele Parallelen zwischen Hiobs und Jesu Leiden. Natürlich sind da aber auch grundlegende Unterschiede. Jesus war Gottes Sohn - Hiob nicht. Jesus hätte sich wehren können - tat es aber nicht um unsertwillen. Hiob konnte seine Lage nicht ändern. Jesus trug die Strafe für unsere Schuld freiwillig. Hiob hielt sich für schuldlos und ungerecht behandelt. Seine Leiden konnten uns nicht viel helfen - Jesu Leiden jedoch erlöste uns vor der Verdammnis und dem ewigen Tod.
Aber mir geht es gar nicht so sehr um die Parallelen im Leiden dieser beiden Männer. Mir geht es heute darum zu beobachten, wie Hiob sein Schicksal ertrug und meisterte.
Abgesehen von seinen schweren Verlusten durch den Raub seiner Viehherden und den Tod seiner Kinder, war Hiob jetzt krank. Das plagte ihn wohl am meisten. In seiner Klage geht es darum, wie zerschlagen, verletzt, verstümmelt und entstellt er war. Er litt Schmerzen am ganzen Körper, konnte nicht essen und nicht schlafen, über den ganzen Leib hatte er eiternde, furchtbar juckende Geschwüre. Er sah hässlich und unappetitlich aus, so dass er sich vor sich selber ekelte. Er saß in der Asche und fühlte sich verspottet und unverstanden.
Über diesem augenblicklichen, vordringlichen Schmerz geriet der Verlust seiner Kinder etwas in den Hintergrund. Hiob ist krank: er hat Fieber, kann nichts essen, ist schwach, es ist ihm unbequem in seiner Haut, er hat überall Schmerzen. Mit einer Genesung rechnet er schon nicht mehr; vielmehr sehnt er sich den Tod herbei. Das sollten wir immer vor Augen haben, wenn wir den Klagen und Argumenten dieses Mannes zuhören. Er war sehr schwer geprüft.
Solche gesundheitlichen Probleme, wie Hiob sie beschreibt, betreffen ja zunächst einmal den Körper. Es sind also physische Leiden. Aber diese wirken sich auch auf verschiedene Bereiche seiner Persönlichkeit aus.
So sehen wir bei Hiob wie körperliches Leiden
1.- zu emotionalen Turbulenzen führt. Seine Gefühle sind in Mitleidenschaft gezogen. Immer wieder spricht er von seinen Tränen. Eine tiefe Traurigkeit hat ihn befallen, seitdem er seine Gesundheit eingebüßt hat. Diese Traurigkeit führt zu einem Dauerzustand, zur Depression. Jeden Morgen erwacht er mit trüben Gedanken, die sich gar nicht mehr verscheuchen lassen. Sein Lebensmut ist dahin und er wünscht sich den Tod. Er kann kaum noch schlafen und hat keinen Appetit. Dieser emotionale Zustand beeinflusst wiederum seine physische Gesundheit.
Und bald weiß man nicht mehr, ob seine Appetitlosigkeit von seiner Krankheit herrührt, oder von seinem emotionalen Zustand - ob seine Schlaflosigkeit eine Folge seiner Schmerzen und Geschwüre ist, oder eine Auswirkung seiner Depression. Sicher hängt eines vom anderen ab - und ein teuflischer Kreislauf beginnt.
Wenn sein Körper ausgeruht und kräftig wäre, hätte er wohl auch keine Depression - und wenn er keine Depression hätte, wäre er sicher auch körperlich stabiler. Eine Person in solcher Lage wie Hiob - befindet sich in einer Spirale abwärts, die man nur sehr schwer aufhalten kann.
Man weiß auch gar nicht, wo man mit einer evtl. Hilfe ansetzen sollte. Soll man zuerst seelsorgerliche Beratung, psychologische Betreuung anbieten? Oder wäre es aussichtsreicher, wenn man mit einer Schlafkur mit folgender Diät anfangen würde. Oder einer Kombination von beidem?
Ein weiteres Zeichen seiner emotionalen Turbulenzen sind seine Wutausbrüche. Er fährt Hiob seine Freunde richtig an:
(2,2) »Was seid ihr doch für kluge Leute! Mit euch stirbt ganz bestimmt die Weisheit aus!
(2,3) Doch ich bin auch nicht auf den Kopf gefallen, ich hab genauso viel Verstand wie ihr! Was ihr gesagt habt, könnte jeder sagen! «
In Kapitel 13 schreit er seine Freunde förmlich an: »Ihr selbst seid ratlos, deckt es zu mit Lügen; Kurpfuscher seid ihr, die nicht heilen können! Es wäre besser, wenn ihr schweigen würdet, dann könnte man euch noch für weise halten! « (Hiob 13, 4-5). Aus diesen Worten spricht Wut, Verzweiflung und Frust. Wenn Hiob nicht solche Schmerzen gehabt hätte, wenn es ihn nicht überall so furchtbar gejuckt hätte, wären seine Reden bestimmt weniger aggressiv ausgefallen.
Hiobs Krankheit machte ihn aggressiv. Seine eigenen Freunde bekamen die Wutausbrüche zu spüren. Sie mussten sich beschimpfen und verhöhnen lassen. Wenn sie besser nachgedacht hätten, wären sie mit ihren Reaktionen vorsichtiger und verständnisvoller gewesen. Aber so haben sie ihm mit gleicher Münze zurück gezahlt.
Von Wut und Aggressivität wechseln Hiobs Emotionen plötzlich wieder zu Selbstmitleid und Minderwertigkeitsgefühlen. In Hiob 13, 25 sagt er: »Was bin ich denn? Ein abgefallenes Blatt, ein dürrer Strohhalm, fortgeweht vom Wind! «
Wer so krank ist wie Hiob, der fühlt sich unnütz, unwert, überflüssig und entbehrlich - wie ein abgefallenes Blatt, wie ein dürrer Strohhalm. Hiob jammert:
(7,5) » Mein Körper fault und ist bedeckt mit Krusten, die Haut bricht auf und eitert überall.
(7,6) Ganz ohne Hoffnung schwinden meine Tage, sie eilen schneller als ein Weberschiffchen.
(7,7) Gott, denk an mich: Mein Leben ist ein Hauch; mein Glück vergeht, ich sehe es nie mehr wieder!
(7,8) Noch siehst du mich, doch bald ist es zu spät.«
Zu den emotionalen Turbulenzen eines Kranken gehören wohl auch Angst vor der Zukunft, vor weiteren Leiden, vor Hilflosigkeit - und die Scham wegen seiner Schwachheit und seines äußeren Aussehens. Hiob war durch seine Krankheit hässlich, entstellt und unappetitlich geworden.
Seine durcheinander geratenen Gefühle führten zu gesellschaftlichen Konflikten. Durch seinen Frust und seinen Ärger, durch seine Aggressivität, griff er seine Freunde an und beleidigte sie; durch sein Selbstmitleid und Depression war er eine zusätzliche Last für seine Frau und für seine Freunde geworden.
Auf der einen Seite war er zänkisch und rechthaberisch auf der anderen Seite wehleidig, depressiv und mutlos. Das Zusammenleben mit ihm war schwer geworden. Schon wegen seiner Krankheit, aber noch mehr, wegen seiner Gefühlsschwankungen und -ausbrüche.
2.- Das körperliche Leiden führte zur geistlichen Krise. Am Anfang seiner Krankheit war Hiob noch sehr ergeben und vertrauensvoll. Als er von dem Verlust seines Besitzes und dem Tod seiner Kinder erfuhr sagte er:
(1, 21) »Der Herr hat gegeben und der Herr hat genommen. Ich will ihn preisen, was immer er tut!« und weiter heißt es von ihm:
(1,22) »Trotz allem, was geschehen war, versündigte sich Ijob nicht. Er machte Gott keinen Vorwurf. «
In Kapitel 7 fährt Hiob Gott an:
(7,12) »Weshalb, Gott, lässt du mich so streng bewachen? Bin ich das Meer? Bin ich ein Ungeheuer?
(7,13) Wenn ich auf meinem Lager Ruhe suche, der Schlaf mir meine Schmerzen lindern soll,
(7,14) dann quälst du mich mit schauerlichen Träumen und ängstigst mich mit schlimmen Schreckensbildern.
(7,15) Mir wäre es lieber, wenn du mich erwürgtest; der Tod ist besser als ein solches Leben!
(7,16) Ich bin es satt, ich mag nicht weiter kämpfen. Mein ganzes Leben ist doch ohne Sinn. «
(9,11) »Gott geht an mir vorbei – ich sehe ihn nicht, ich merke nicht, wie er vorübergeht.
(9,12) Er rafft hinweg und niemand hindert ihn. Wer wagt zu fragen: ›He, was machst du da?‹
(9,13) Gott muss nicht seinen Zorn in Schranken halten.
(9,15) Ich bin im Recht und darf mein Recht nicht fordern! Soll ich ihn etwa noch um Gnade bitten, ihn, der das Urteil schon beschlossen hat? «
Wenn wir uns so die Reden des Hiob lesen, könnten wir manchmal den Respekt vor ihm verlieren. Wir hören ihn, wie er klagt und jammert - wie er immer wieder von seiner Krankheit redet, wie er Mitleid und Verständnis sucht. Er klingt nicht wie ein tapferer Held der über die Schmerzen und Schwachheit seines Leibes erhaben ist.
Wir sehen seinen Zorn und seine Aggressivität. Er beschimpft und beleidigt seine Freunde. Sein Zorn richtet sich auch gegen Gott, sein Schweigen und sein Handeln. Er kritisiert Gottes Vorgehen, klagt ihn an, macht ihm Vorschriften.
Dann lesen wir auch, wie Hiob sich immer wieder rechtfertig. Er beteuert seine Unschuld, betont seine Frömmigkeit und seine guten Werke. Alle Hinweise auf Sünden und Fehler in seinem Leben weist er ab. Er ist nicht bereit, auf andere zu hören, Buße zu tun oder etwas zu verändern.
Er hat Selbstmitleid, ist resigniert, sieht keinen Sinn im Leben, verflucht den Tag seine Geburt und möchte am liebsten Sterben.
Alles dies sind Anzeichen einer tiefen Depression und die indirekte Folge seiner Krankheit und Schmerzen. Natürlich tut er uns leid, wie er da so in der Asche sitzt und seine Geschwüre mit einer Scherbe kratzt. Vom menschlichen Standpunkt aus können wir seine Gefühlsregungen und sein Reden total verstehen und entschuldigen.
Vielleicht haben wir ähnliche Reaktionen und Verhaltensweise in unserem eigenen Leben beobachtet, wenn wir krank waren, Kopf- oder Zahnschmerzen hatten und uns gar nicht wohl fühlten. Oder wir haben diese Gefühlsturbulenzen bei einem kranken Familienangehörigen oder einem Bekannten miterlebt. Der Umgang mit einem Leidenden oder Behinderten kann manchmal sehr anstrengend und ermüdend sein - nicht so sehr wegen der körperlichen Pflege die er braucht, als vielmehr wegen der Gefühlsausbrüche, des Ärgers, des Misstrauens, der Unzufriedenheit, der Trauer und Depression.
So sehr wir auch diese Äußerungen entschuldigen können, müssen wir doch auch sehen, dass sie nicht richtig sind. Sie sind nicht richtig bei anderen und sie sind nicht richtig bei uns. Kranke Leute haben eben auch ihre Sünden und Fehler; sie haben mit einer besonderen Art von Versuchung, bösen Gedanken und Rebellion zu kämpfen. Deshalb brauchen sie Liebe und Verständnis, Vergebung und Versöhnung. Aber sie dürfen sich auch nicht einfach hängen lassen. Sie brauchen Korrektur, Disziplin und Buße. Gerade auch für Kranke und Leidende ist es so wichtig zu wissen, dass Jesus unsere Krankheit und Schmerzen auf sich genommen hat und für alle Sünden, die ungewollten, die unbeabsichtigten, ja die unvermeidlichen mit seinem Blut bezahlt hat.
Wir beten:
Herr, wenn uns Krankheit und Leiden trifft, dann sei uns besonders nah und bewahre uns vor Egoismus, Auflehnung, Unzufriedenheit und Depression. Hilf uns dann Dir zu vertrauen, dass Du uns liebst, unsere Leiden siehst und am Ende alles gut machen wirst. Amen.
Rüdiger Klaue
... link
...bereits 1411 x gelesen
Beide haben recht - beide haben Beispiele. Es hat mit eigenen Erfahrungen zu tun. Es hat mit Wahrnehmung zu tun. Es hat mit Glauben zu tun. Für Gläubige ist die Gegenwart Gottes etwas sehr Tröstliches Beruhigendes für Hiob war es Leiden und Qual und Gericht und Strafe deshalb bittet er Gott, sich von ihm abzuwenden. Was ist passiert, dass Hiob Gottes Gegenwart im Leiden nicht als Trost sondern als Strafe empfindet.
Der große Konflikt in Psalm 1: Es wurde allgemein geglaubt: Gutes Handeln führt zu gutem Leben
Hiob will zeigen, dass es nicht so ist. die Freunde verteidigen mit allen Argumenten die »geistliche« Sicht der Dinge.
Hiob lernt Gott kennen, von Seiten, die er noch nicht kannte und die ihm unverständlich sind. Hiob sagt: den Bösen geht es gut -er hat dafür bestimmt Gründe. es ist im Vergleich zu seiner jetzigen Situation Es geht nicht allen Bösen gut, es gibt auch genug denen es schlecht geht. Das betont Elifaz
Es geht den Bösen auch nicht nur immer gut und nicht auf allen Gebieten.
Ebenso wie es den Guten nicht immer schlecht geht: Hiob ging es mal sehr gut. auch die Guten geht es gut, - kommt drauf an, was man darunter versteht. Den Guten geht es auf manchen Gebieten ihres Lebens gut (finanziell, gesundheitlich, gesellschaftlich, beruflich, etc.) - auf anderen Gebieten aber schlecht.
Rüdiger Klaue
... link
...bereits 1169 x gelesen
(1,1) »Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen noch tritt auf den Weg der Sünder noch sitzt, wo die Spötter sitzen,
(1,2) sondern hat Lust am Gesetz des HERRN und sinnt über seinem Gesetz Tag und Nacht!
(1,3) Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht. Und was er macht, das gerät wohl.
(1,4) Aber so sind die Gottlosen nicht, sondern wie Spreu, die der Wind verstreut.
(1,5) Darum bestehen die Gottlosen nicht im Gericht noch die Sünder in der Gemeinde der Gerechten.
(1,6) Denn der HERR kennt den Weg der Gerechten, aber der Gottlosen Weg vergeht.«
Dieser Glaube war im Alten Testament unbestritten. In den Psalmen, den Sprüchen und bei den Propheten finden wir immer wieder diesen Gedanken: »Wer Gutes tut und in den Wegen Gottes wandelt, der wird Segen und Lohn empfangen. « Das empfinden wir auch als natürlich und gerecht. Diese Überzeugung ist eine gute Motivation zu einem anständigen Lebenswandel.
Im Buch Hiob nun, das wir in dieser Reihe betrachten, wird diese Theologie infrage gestellt. Wir sehen einen Mann, der ein sehr schweres Leben hat. Zuerst verliert er allen Besitz, dann seine Angehörigen und schließlich wird er noch so krank, dass ihm vor sich selber ekelt. Dabei war er ein gottesfürchtiger Mann, jemand, der viel Gutes tat, der versucht hat, nach dem Willen und den Geboten Gottes zu leben. Nun versteht er die Welt und Gott nicht mehr. Er hat doch nach der Theologie des ersten Psalms gehandelt und mit dem Segen Gottes gerechnet. Was er jetzt erlebt ist praktisch das Gegenteil von dem was er als Gottes Verheißung verstanden hat.
Hiobs und seine Freunde sind alle Vertreter der Theologie des ersten Psalms: »Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen … der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht.« Für sie ist das eine unumstößliche Wahrheit und Verheißung Gottes. Wer »Lust am Gesetz des Herrn hat«, dem wird es gut gehen, der kann auch mit dem Segen Gottes rechnen.
Diese Denkweise ist bis heute noch sehr aktuell. Sie wird manchmal auch mit dem Begriff »Wohlstandsevangelium« bezeichnet. Das soll bedeuten: das Evangelium ist eine frohe Botschaft, die allen Glück und Segen bringt, die Gottes Gebote erfüllen. Daraus wird dann auch der Schluss gezogen: »Wem es schlecht geht, wer Sorgen und Leiden durchlebt, der ist selbst schuld, weil er ungehorsam, böse und gottlos war. «
So beschreibt Elifas von Teman im Kapitel 15 das Schicksal der bösen Menschen:
Der Bibeltext:
(15,20) »Der skrupellose Unterdrücker zittert sein Leben lang aus Angst vorm letzten Tag.
(15,21) In seinen Ohren gellen Schreckensstimmen; im tiefsten Frieden wartet er auf Räuber;
(15,22) er hofft nicht mehr, dem Dunkel zu entrinnen; das Schwert scheint über seinem Kopf zu schweben;
(15,23) schon sieht er Geier seinen Leichnam fressen. Er weiß, der Untergang ist ihm gewiss; der Tag der Finsternis
(15,24) stürzt ihn in Schrecken; verzweiflungsvolle Angst rückt auf ihn zu, bereit zum Angriff wie ein starker König.
(15,25) So geht's dem Mann, der seine Fäuste ballt, Gott, dem Gewaltigen, den Krieg erklärt. «
Nun kommt aber Hiob daher und stellt diese Überzeugung infrage: Er sagt: »Eure Theorie stimmt in meinem Fall nicht. « In Hiob 12, 6 lesen wir seine Worte: »Die Unheilstifter leben stets in Frieden; wer Gott zum Zorn reizt, ist in Sicherheit. Sie haben es geschafft, Gott einzufangen. «
Und Hiob klagt in Kapitel 16:
(16,7) »Gott hat sein Ziel erreicht: Ich bin am Ende, rings um mich ist es menschenleer geworden.
(16,8) Er gräbt mir tiefe Falten ins Gesicht, bis zum Gerippe bin ich abgemagert; und all das muss nun meine Schuld beweisen.
(16,9) Voll Zorn starrt er mich an, knirscht mit den Zähnen und reißt mir alle Glieder einzeln aus.
(16,10) Die Leute rotten sich um mich zusammen, sie reißen ihre Mäuler auf und spotten, sie schlagen mir voll Feindschaft ins Gesicht.
(16,11) Gott hat mich an Verbrecher ausgeliefert, mich schlimmen Schurken in die Hand gegeben.
(16,12) Aus meinem Frieden riss er mich heraus, er packte mich im Nacken, warf mich nieder. Dann nahm er mich als Ziel für seine Pfeile,
(16,13) die mich von allen Seiten dicht umschwirren. Erbarmungslos durchbohrt er meine Nieren, lässt meine Galle auf die Erde fließen.
(16,14) Er schlägt mir eine Wunde nach der andern, so wie ein Kriegsheer Breschen in die Mauer.
(16,15) Das Trauerkleid ist meine zweite Haut, besiegt und kraftlos liege ich im Staub.
(16,16) Ganz heiß ist mein Gesicht vom vielen Weinen, die Augen sind umringt von dunklen Schatten.
(16,17) Und doch, an meinen Händen klebt kein Unrecht und mein Gebet ist frei von Heuchelei! «
Er kontert:
(15,11) »Du lehnst es ab, wenn Gott dich trösten will, wenn wir statt seiner ruhig mit dir reden.
(15,12) Warum nur regst du dich so schrecklich auf und lässt so wütend deine Augen rollen?
(15,13) Du richtest deinen Ärger gegen Gott und klagst ihn an mit lästerlichen Worten.
(15,14) Meinst du im Ernst, es gäbe einen Menschen, der rein und schuldlos ist vor seinem Gott?«
Wie ich schon erwähnte war es in fast allen Religionen akzeptiert, dass der Böse von den Göttern, bzw. Gott bestraft wird und leiden muss. Das ist für uns logisch, verständlich und entspricht auch in etwa unserem Gerechtigkeitsempfinden.
Nun sagt Hiob: »In meinem Fall stimmt das nicht! Ich bin gerecht, ich lebe nach Gottes Geboten und mein Gewissen spricht mich frei. Trotzdem muss ich so viel leiden. « Hiob kommt durch seine Erfahrungen zu dem Schluss, dass es den Gottlosen nicht schlechter geht als ihm, ja dass sie sogar viel besser dran sind als er, der Gerechte. Sie sind nicht krank, arm, gedemütigt und verachtet wie er. Und sicher kann Hiob eine ganze Reihe Leute aus seinem Bekanntenkreis aufzählen, die nicht nach Gott fragen, ein unmoralisches Leben führen, korrupt sind und denen es trotzdem sehr gut geht.
Hier möchte ich Hiob - und alle, die so ähnlich denken - auf einiges aufmerksam machen.
1.- Längst nicht allen bösen Menschen geht es gut. Ich weiß nicht, ob es darüber Statistiken gibt, aber ich bin überzeugt, dass es nicht die Mehrheit ist. Bösen Menschen geht es oft sehr schlecht. Vielleicht durch ihr eigenes Verschulden und Verhalten, vielleicht durch Einflüsse für die sie nichts können.
Vielleicht aber auch, weil Gott sie in seine Schule genommen hat. Hiob - und viele enttäuschte und entmutigte Christen heute - sollten nicht so allgemein und so selbstverständlich sagen: »Den bösen Menschen geht es gut« - oder noch schlimmer: »Den bösen Menschen geht es besser als den Guten. « Das stimmt einfach nicht und wir sollten es nicht gedankenlos nachsprechen.
2.- Nicht alle Menschen, von denen wir meinen, es geht ihnen gut, geht es wirklich gut. Wir wissen selten, wie viele Sorgen und Ängste sie haben, wie viele schlaflosen Nächte, wie viele Feinde und Neider ihnen die Freude und Ruhe verderben. Nicht jeder, der ein teures Auto fährt, der einen feinen Anzug trägt, der ein großes luxuriös eingerichtet Haus bewohnt ist wirklich gut dran.
Viele von diesen Reichen sind in Wirklichkeit total verschuldet. Sie können etwas vortäuschen was gar nicht der Tatsache entspricht. Oft schon haben wir Bekannte oder Stars um ihr Geld und ihren Besitz beneidet, obwohl sie eigentlich bankrott waren und es ihnen schlechter ging als uns. Es geht nicht allen bösen Menschen gut, auch wenn es manchmal so den Anschein hat.
3.- Bösen Menschen geht es auch nicht immer gut! Es mag Zeiten geben, wo sie erfolgreich, stark und glücklich sind. Scheinbar gelingt ihnen alles ohne viel Mühe, es sieht so aus, als würden sie mit Betrug und Ausbeutung oder Gewalt ungestraft davon kommen und immer reicher und angesehener werden. Aber in ein paar Jahren mag das Bild völlig anders aussehen.
Dabei muss ich gerade an den libyschen Machthaber Gaddafi denken. Er war mächtig und reich und konnte tun und lassen was er wollte. Doch plötzlich ereilte ihn das Verderben. Wir dürfen nicht von dem augenblicklichen Zustand einer Person auf seine Zukunft und sein ganzes Leben schließen.
4.- Betrügerischen Geschäftsleuten, skrupellosen Machthabern, Schwindlern und Dieben mag es vielleicht nach unserer Wahrnehmung unverschämt gut gehen. Ihre Sünden werden offenbar nicht bestraft, sondern scheinbar noch belohnt. Sie werden immer reicher und selbstherrlicher und immer boshafter. Trotzdem ist das nicht das ganze Bild.
Vielleicht geht es ihnen finanziell gut, aber in ihren Beziehungen mit ihren Kumpels oder ihrer Familie haben sie die größten Schwierigkeiten. Vielleicht haben sie großen Besitz, Luxus und Macht aber im Verborgenen sind sie die Sklaven einer Sucht, oder Leidenschaft, die all ihren Reichtum und Luxus schnell zerstören und ihr Leben zu Ende bringen kann.
Andere scheinbar glückliche Bösewichte leiden vielleicht an Verletzungen aus der Zeit ihrer Kindheit, sie können Misshandlung und Enttäuschungen der Vergangenheit nicht überwinden. Sie sind wund und krank an ihrer Seele und in ihrem Gemüt. Wieder andere können sich nicht so annehmen wie sie sind, sie hassen sich, und ärgern sich über sich selbst - oder sie stehen mit Gott im Streit. Auf einem Gebiet ihres Lebens geht es ihnen wirklich gut, aber auf anderen Gebieten sind sie arm dran. Wenn wir - so wie Hiob - unseren Nächsten beurteilen oder beneiden, dann müssen wir auch sehen, dass nicht alles in seinem Leben zufriedenstellend verläuft.
Genau betrachtet stellen wir fest, dass es eigentlich nur sehr wenige böse Menschen gibt, denen es wirklich dauerhaft und ganzheitlich gut geht. Die meisten haben auch ihre Schmerzen und Krankheiten, ihre Begrenzungen und Verluste, so wie Hiob. Sie sind nicht erfolgreicher, mächtiger, glücklicher oder gesünder, als die Gottesfürchtigen. Allerdings müssen wir Hiob auch verstehen wenn er sagt. »Den aufrichtigen, friedfertigen, anständigen Menschen geht es auch nicht unbedingt besser als den bösen. « Das können wir an seinem Beispiel sehen.
In einem müssen wir Elifaz noch recht geben. Er fragt Hiob in Vers 14: »Meinst du im Ernst, es gäbe einen Menschen, der rein und schuldlos ist vor seinem Gott? « Die Antwort lautet: »Nein - es gibt keinen Menschen, der schuldlos ist. « Auch Hiob ist nicht schuldlos. Zwar mag er ein reines Gewissen haben und sich bemüht haben, nach Gottes Willen zu leben - aber sicher hat er es nicht geschafft, sündlos zu sein.
Darum braucht sich keiner zu beklagen. Wir alle haben uns von Gott entfernt und sind ihm ungehorsam geworden. Nun leben wir in einer gefallenen, korrupten Welt, in der es uns niemals wirklich dauerhaft gut gehen wird.
Aber gerade darum sind wir froh, dass Gott die Initiative ergriffen und uns eine Errettung und Erlösung erworben hat. Sein Sohn nahm unsere Sünden auf sich, damit wir die Gerechtigkeit haben können, die vor Gott gilt. Durch die Auferstehung Jesu hat Gott uns einen Weg frei gemacht, über den Tod hinaus in eine bessere Welt. Dort wird Gerechtigkeit wohnen. Dort wird es den ewigen Lohn für all unsere guten Taten geben, dort wird es auch die entsprechende Strafe geben, die alle gottlosen Menschen für ihre Vergehen und Schuld bekommen werden.
Hiob wird es noch einmal gut gehen. Er wird ohne Schmerzen und Krankheit, ohne Ängste und Zweifel in ewiger Herrlichkeit bei Gott wohnen; aber nicht, weil er so fromm und anständig war, sondern weil Jesus auch seine Schuld auf sich genommen und ihn erlöst hat.
Wir beten:
Herr, es gibt so vieles, was wir nicht verstehen, womit wir Probleme haben und wo wir meinen, es geschieht uns Unrecht. Hilf uns in unseren Krisen und Konflikten die Dinge nüchtern und mit Deinen Augen zu sehen. Wir wollen darauf vertrauen, dass Du noch alles gut machen wirst. Danke, dass Du unsere Schuld vergeben hast und uns eine herrliche Hoffnung auf den Himmel geschenkt hast. Amen.
Rüdiger Klaue
... link
...bereits 1277 x gelesen
So ging es Hiob. In seiner Rede in Kapitel 13 kommt sein ganzer Frust und Ärger über seine Leiden zum Ausdruck - und er sagt, was er fühlt und denkt. Ich vermute, dass mancher von uns gelegentlich ähnliche Empfindungen und Fragen hat, aber als gottesfürchtige Christen hätten wir Hemmungen, so frei darüber zu sprechen.
In den ersten Versen dieses Kapitels macht Hiob seinem Ärger über seine Freunde Luft. Er sagt:
(13,1) »Was ihr so redet, hab ich längst gehört, ich hab es selbst gesehen und mir gemerkt.
(13,2) Was ihr da wisst, das weiß ich allemal, darin nehme ich es gerne mit euch auf! - Ihr selbst seid ratlos, deckt es zu mit Lügen; Kurpfuscher seid ihr, die nicht heilen können!
(13,5) Es wäre besser, wenn ihr schweigen würdet, dann könnte man euch noch für weise halten! «
Aber ist es besser, seine Enttäuschung und seinen Ärger zu verbergen und zu verdrängen? Ich vermute, dass manch ein Gemeindeglied mit den Ratschlägen und Trostworten seines Pastors oder eines Freundes nicht einverstanden ist.
Vielleicht waren die Bemerkungen wirklich nur oberflächlich und lieblos. Doch selten findet jemand den Mut, das auch seinem Pastor oder einem Bruder ehrlich und schonungslos zu sagen. Viel öfter ärgern wir uns im Stillen über den leichtfertigen Trost, ziehen uns zurück oder reden hinter dem Rücken unserer Geschwister schlecht über sie.
Vielleicht ist beides nicht richtig. Weder die offene Konfrontation mit harten Anschuldigungen, noch das Verdrängen oder das Verbergen der wahren Gedanken und Gefühle. Aber es könnte helfen, wenn man erst einmal eine Nacht über die Provokationen schläft und betet und dann in Ruhe die Dinge anspricht.
Hiob hat noch eine Vermutung, warum seine Freunde ihn angreifen und ihm seine Sünden nachweisen wollen. Er drückt es selber so aus:
(13,7) »Tut ihr's für Gott, wenn ihr so schamlos lügt? Wollt ihr zu seinen Gunsten mich betrügen?
(13,8) Warum ergreift ihr denn Partei für ihn? Müsst ihr ihn etwa vor Gericht vertreten? «
Wer von uns hätte nicht auch schon versucht, sich hinter das Handeln und die Aussagen Gottes zu stellen? Das kann aus Liebe zu Gott geschehen, aber doch bei unseren Mitmenschen nicht gut ankommen. Sicher freut es Gott und ehrt ihn, wenn wir ihn verteidigen und uns für ihn einsetzen, aber letztendlich können und brauchen wir Gott nicht zu verteidigen. Er kann es selbst viel besser als wir.
Nachdem Hiob seinem Ärger über seine ratlosen Freunde Luft gemacht hat, erklärt er, was er eigentlich will. Er sagt in Vers. 18: »Ich bin bereit, den Rechtsfall vorzutragen. Ich bin im Recht, das weiß ich ganz genau! «
Also Hiob möchte sich vor einem Gericht aussprechen. Er möchte seine Argumente vorbringen, seine Gedanken darlegen. Er möchte angehört werden. Das geht wohl vielen Menschen so, die durch eine Krise oder Probleme gehen. Oft ist es nur das, was eine leidende Person möchte: von jemandem angehört und verstanden zu werden.
Doch Hiob konnte das Gefühl nicht loswerden, dass sich niemand die Mühe machte, seine Klagen anzuhören. Offensichtlich dachten die Freunde schon bei jedem Satz Hiobs darüber nach, was sie ihm entgegnen könnten. Sie legten ihre Argumente zurecht, noch ehe Hiob ausgeredet hatte.
Auch ich habe manchmal den Eindruck, als ob die Personen, denen ich von meinen Problemen erzählen möchte, mich mit leeren Augen anschauen. In ihrem Gehirn arbeitet es schon. Sie denken gleich: »Das stimmt nicht, was der da sagt! « oder »Er ist selbst schuld an seiner Situation! « oder »So schlimm, wie er es da macht, ist es doch wohl nicht. Andere Leute haben es noch viel schwerer; sie haben noch viel mehr mitgemacht. « oder sie vergleichen sich und sagen: »Ja genauso wie Hiob ist es mir auch schon gegangen. Da muss man durch! «
Hiob sagt zu seinen Freunden, nachdem er eine Weile ihre Ablehnung gespürt hat:
(13;13) »Seid still, lasst mich in Ruh! Jetzt rede ich! Was daraus wird, das ist mir völlig gleich!
(13,14) Und wenn ich mich um Kopf und Kragen rede: Ich bin bereit, mein Leben zu riskieren.
(13,17) Nun hört euch an, was ich zu sagen habe, dass ihr begreift, was ich erklären will!«
Hiob möchte auch, dass doch mal endlich jemand versteht, dass er ein reines Gewissen hat, dass er sein Leben lang versucht hat Gott zu gefallen. Er möchte, dass jemand anerkennt welche Mühe er sich gegeben und was es ihn alles gekostet hat. Dieser leidende Mann braucht Anerkennung, Empathie, Mitgefühl, Verständnis. Aber das ist überall schwer zu finden. Wie viele Menschen mag es in unserer Gemeinde geben, die auf ein Wort des Mitgefühls, der Anerkennung und des Trostes warten und stattdessen theologische Erklärungen oder gar Anschuldigungen und Zurechtweisungen erhalten.
Hiob wünscht sich so sehr, dass jemand sich in seine geistlichen Kämpfe hineinversetzt, diese Fragen, das Suchen nach Erklärungen, dieses Schwanken zwischen Vertrauen wollen und doch Zweifeln müssen. Er sehnt sich danach, dass mal jemand versteht, wie schwer der Kampf ist und wie mutig und tapfer er ihn gekämpft hat. Aber statt Anerkennung, Bewunderung und Lob bekommt er Spott und harte Anschuldigungen.
Das geschieht wohl überall. Wenn bei uns ein Bruder oder eine Schwester in der Gemeinde einen ähnlichen inneren Glaubenskampf ausfechten muss, sind auch wir leicht geneigt, sie zu verurteilen. »Wer Zweifel und Kämpfe hat, der sollte lieber Buße tun und um Erweckung beten, « so denken dann manche lieben Geschwister.
Ich will nicht sagen, dass ein zweifelnder Christ nur Mitleid und nicht auch Buße braucht - aber ich finde es wichtig, erst einmal richtig zu zuhören, was er sagt und wie er es meint, bevor wir ein Urteil fällen und einen Ausweg anbieten.
Bei allem, was Hiob gerne ansprechen möchte, seine Kämpfe, Ängste und Leiden: er fühlt sich gehemmt. Er sagt:
(13,18) »Ich bin bereit, den Rechtsfall vorzutragen. Ich bin im Recht, das weiß ich ganz genau!
(13,20) Nur dies, mein Gott, erbitte ich von dir, damit ich offen vor dich treten kann:
(13,21) Zieh deine schwere Hand von mir zurück und fülle mich nicht mehr mit Angst und Schrecken.
(12,22) Dann klage an und ich will Rede stehen. «
Krankheit und Schmerzen machen oft ein klares Denken und Einschätzen einer Situation unmöglich. Ungerechte Anschuldigungen und unbeantwortete Fragen lassen Enttäuschung und Unzufriedenheit aufkommen, so dass einem die Sicht für die Tatsachen verdunkelt wird. Darum bittet Hiob Gott: »Zieh deine schwere Hand von mir zurück und fülle mich nicht mehr mit Angst und Schrecken. Dann klage an und ich will Rede stehen. « (Verse 21-22).
Vielleicht sollten auch wir daran denken: In einer schweren Krise ist man leicht geneigt, Worte zu sagen die man unter normalen Umständen nicht sagen würde. Das müssen wir Leuten zugute halten, die in dunklen Stunden ihres Lebens unvernünftig oder irrational handeln. Auch wir selbst müssen damit rechnen, dass unsere Argumente und Reden, unser Handeln und Reagieren in Krisenzeiten getrübt sein können. Deshalb ist es besser, sich im akuten Unglück zurück zu halten und abzuwarten. Es ist besser, jetzt keine großen Dispute oder Diskussionen anzufangen und schwere Entscheidungen und Veränderungen erst einmal zu verschieben.
Nun kommt dem Hiob noch eine Frage oder ein Gedanke, den viele Menschen im Leiden auch haben. Sie vergleichen ihre Schuld mit der empfangenen Strafe. Wenn sie schon die Krankheit, den Verlust, die Schmerzen als eine Art Erziehungsmaßnahme oder Strafe akzeptieren wollen - so fragen sie sich doch, ob die Proportionen stimmen können.
Hiob drückt es so aus:
(13,23) »Wie viele Sünden habe ich begangen? Wie groß ist meine Schuldenlast bei dir?
(13,24) Weshalb siehst du mich nicht mehr freundlich an und tust, als wäre ich dein Feind geworden? «
Mit diesem Gefühl ist Hiob nicht alleine. Die meisten Menschen würden wohl zugeben, dass sie nicht vollkommen sind - aber als so große Sünder sehen sie sich nun auch nicht. Sie haben nicht gemordet, nicht geraubt, nicht Kinder misshandelt, nicht einmal geflucht und gelästert. Da wäre doch eine ewige Verdammnis eine viel zu harte und überhöhte Strafe.
Was wir alle wohl nicht richtig verstehen ist, was Sünde dem Wesen nach eigentlich ist. Ob groß oder klein, schwer oder leicht, aus bösen oder guten Motiven, unter erdrückenden Verhältnissen oder leichtfertig: Jede Sünde ist Schuld vor Gott, ist Zielverfehlung, Ungehorsam, Rebellion! Und darauf steht bei Gott die Todesstrafe. Demnach ist das Leiden des Hiob noch lange nicht die volle Strafe für seine Schuld. Es ist vielleicht nur eine Prüfung oder eine Vorwarnung, die Dinge ernster zu nehmen.
Noch eine Frage hat Hiob wenn er sein Leiden mit seiner tatsächlichen Schuld vergleicht. Er empfindet plötzlich, dass Gott sich sehr viel Mühe mit ihm macht - aber nicht, um ihm ein angenehmes Leben zu bescheren, sondern um ihn zu demütigen, zu strafen, zu ängstigen und ihm Schmerzen und Leid zu zufügen. So viel Aufmerksamkeit und Kraftanstrengung ist er doch gar nicht wert. Hiob sagt wörtlich: »Was bin ich denn? Ein abgefallenes Blatt, ein dürrer Strohhalm, fortgeweht vom Wind. Doch ständig scheuchst du mich und jagst mir nach!« (Vers 25).
Auch wir haben manchmal den Eindruck: »Wer bin ich schon im Vergleich zu dem allmächtigen, allwissenden Weltenherrscher. Ein abgefallenes Blatt, ein dürrer Strohhalm. Gott sieht mich doch gar nicht, ER interessiert sich doch gar nicht für mich. Ich bin nicht wert, dass ER mir Gutes tut, meine Bitten erhört und mir seine Gnade zuwendet. Genau so wenig dürfte es Gott interessieren, was ich gerade mache. Was sind schon meine kleinen Sorgen, Übertretungen und Sünden für IHN. Sie tun ihm doch gar nicht weh. Mein Fehlverhalten, mein Ungehorsam kann doch diesem großen allmächtigen Gott wirklich keinen Nachteil bringen, sie können ihn doch nicht einmal berühren. «
»Warum«, so fragt sich Hiob, »muss Gott mich verfolgen, mich vor sich her scheuchen und mir mit seiner Disziplin das Leben so schwer machen? «
So betrachtet ist es unangenehm, dass Gott um jeden einzelnen kleinen Menschen weiß: um seine Fehler, Vergehen, seine Unterlassungen, seine Motive, seine fragwürdigen Handlungen. Es bedrückt uns, schränkt unsere Freiheit ein. Andererseits ist es aber auch tröstlich zu wissen: Gott kennt jeden Menschen auf der weiten Welt. Er weiß, was ihn bedrückt, was ihn quält, was er vermisst, was er leidet. Das heißt nicht, dass Gott alle Mühsal und Not von den Menschen fern halten muss und wird. Oft tut Er es und wir dürfen ihn auch immer wieder darum bitten. Aber vor allem nimmt unseren Schmerz wahr, er sieht ihn, er bewahrt unsere Tränen in seinem Gedächtnis - und zu gegebener Zeit kommt auch der Lohn dafür.
Hiob hat sich in seinem Schmerz immer wieder gefragt, wozu er leiden musste, ob Gott ihm da nicht Unrecht tat. Und es sah wirklich oft so aus, als ob all sein Glaube und sein Bemühen um ein anständiges Leben umsonst waren. Wenn wir jetzt aber diese Ausführungen in der Bibel lesen, dann finden wir in ihnen bis heute noch Trost, Verständnis und Antwort für uns auf manche Rätsel und Konflikte.
Wir beten:
Herr, wir danken Dir für diesen Hiob, der an unserer Stelle manche Fragen an Dich richtete und manche Klagen offen aussprach. Wir danken Dir für Deine Geduld mit Leuten wie wir. Wir bewundern Deine Weisheit, Liebe und Gerechtigkeit, selbst wenn wir sie nicht immer nachvollziehen können. Steh uns bei, erhalte unseren Glauben, wenn wir in Prüfungszeiten geraten, wie Hiob. Amen .
Rüdiger Klaue
... link
...bereits 1289 x gelesen
Der Bibeltext:
(12,2) »So ist's! Was seid ihr doch für kluge Leute! Mit euch stirbt ganz bestimmt die Weisheit aus!
(12,3) Doch ich bin auch nicht auf den Kopf gefallen, ich hab genauso viel Verstand wie ihr! Was ihr gesagt habt, könnte jeder sagen!«
Seine Freunde glauben ihm nicht, dass er unschuldig ist. Nun ergreift er die Waffe Sarkasmus. Er macht sich lustig über sie, verletzt sie, schaut höhnisch auf sie herab. Sarkasmus ist sicher nicht gut und richtig. Man erhebt sich über den anderen, nimmt ihn nicht ernst.
Doch Hiob sucht einen Weg, sich verständlich zu machen. Er hofft vielleicht, wenn er seinen Freunden mal nicht widerspricht, sondern ihnen ihre eigenen Worte vorhält, merken sie selbst, welch Ungeheuerlichkeiten sie behauptet haben. Mit seinen Entgegnungen provoziert er sie, über ihre Argumente nachzudenken. –
So provoziert Hiob auch Gott, wenn er sagt. »Die Unheilstifter leben stets in Frieden; wer Gott zum Zorn reizt, ist in Sicherheit. Sie haben es geschafft, Gott einzufangen. « (Vers 6). Das stimmt im letzten Grunde nicht. Vielleicht sieht es manchmal oberflächlich betrachtet so aus. Aber wer Gott reizt lebt nicht in Sicherheit, Unheilstifter leben nicht in Frieden. Es ist jedoch zynisch oder sarkastisch gemeint. Hiob weiß sicher, dass man ihm widersprechen muss.
So wie Hiob reagieren wahrscheinlich viele Menschen, wenn sie die Botschaft des Evangeliums nicht verstehen: Sie machen sich lustig, verspotten die Bibel, beleidigen Gott und seine Boten. Sie erheben sich über die Aussagen und Ansprüche Gottes und ziehen sie ins Lächerliche. Der Sarkasmus mancher Leute kann zwei Ursachen haben: Einmal, sie wissen überhaupt nicht, was die Bibel sagt. Sie kennen den Willen Gottes nicht. Um Ihre Unwissenheit zu verdecken, spotten sie lieber. Unter Umständen haben sie auch falsche Informationen von den Feinden des Evangeliums bekommen und deshalb reagieren sie zynisch und beleidigend.
Ein anderer Grund kann sein, dass sie wohl die Bibel kennen, aber Gottes Wege und Handeln nicht nachvollziehen können. Das war ja bei Hiob der Fall. Er glaubte an Gott, aber er verstand ihn nicht. Bei manchen Menschen führt das eben dazu, dass sie höhnisch oder verächtlich über Gott reden. Da kann oft eine verständnisvolle, geduldige Erklärung oder Belehrung helfen und zu einer Sinnesänderung führen.
Doch ich möchte weiter aus Hiobs Rede lesen.
Hiob sagt:
(12,4) Obwohl ich mir nichts vorzuwerfen habe, muss ich mir diesen Hohn gefallen lassen, den meine eigenen Freunde auf mich schütten. Ich schrei zu Gott, der mich sonst stets erhörte!
(12,5) Wer Schaden hat, muss für den Spott nicht sorgen; das tun die anderen, denen alles glückt. Und wer schon wankt, bekommt noch einen Tritt.
(12,6) Die Unheilstifter leben stets in Frieden; wer Gott zum Zorn reizt, ist in Sicherheit. Sie haben es geschafft, Gott einzufangen.
(12,7) Du kannst das Vieh und auch die Vögel fragen, sie würden dir die rechte Auskunft geben.
(12,8) Die Erde sagt es dir, wenn du sie fragst, die Fische wüssten es dir zu erzählen.
(12,9) Die ganze Schöpfung weiß es, spricht es aus: ›Dies alles hat die Hand des Herrn gemacht!‹
(12,10) Von seiner Macht hängt jedes Leben ab, der Atem aller Menschen kommt von ihm.
(12,11) Der Gaumen prüft, ob eine Speise schmeckt; genauso muss das Ohr die Worte prüfen.
(12,12) Es heißt, die alten Leute hätten Weisheit, ihr hohes Alter gäbe ihnen Einsicht.
(12,13) Bei Gott ist wirklich Weisheit, Rat und Einsicht und auch die Macht, Geplantes auszuführen.
(12,14) Was Gott in Trümmer legt, baut niemand auf; wen er gefangen setzt, der kommt nicht frei.
(12,15) Hält er den Regen auf, wird alles trocken; lässt er ihn los, zerwühlt die Flut das Land.
(12,16) Gott hat die Macht und überlegenes Wissen, Verführte und Verführer sind sein Werk.
(12,17) Die klugen Ratsherren lässt er ratlos werden, die Rechtsgelehrten leere Sprüche reden.
(12,18) Die Fesseln harter Herrscher löst er auf und führt sie selber in Gefangenschaft.
(12,19) Sogar den Priestern nimmt er Amt und Würden; die ältesten Geschlechter löscht er aus.
(12,20) Berühmte Redner bringt er jäh zum Schweigen, den Alten nimmt er ihre Urteilskraft.
(12,21) Gott lässt Geachtete verächtlich werden und starke Helden macht er plötzlich wehrlos.
(12,22) Er zieht die dunkle Decke von den Tiefen und bringt die Finsternis ins helle Licht.
(12,23) Gott lässt Nationen wachsen und vergehen, er macht sie stark – und tilgt sie wieder aus.
(12,24) Aus ihren Führern lässt er Narren werden, die keinen Weg mehr aus der Wüste finden,
(12,25) die ohne Licht im Dunkeln um sich tasten und sich verirren wie Betrunkene.«
(12,9) Die ganze Schöpfung weiß es, spricht es aus: ›Dies alles hat die Hand des Herrn Herrn gemacht!‹
(12,10) »Von seiner Macht hängt jedes Leben ab,«
(12,14) »Was Gott in Trümmer legt, baut niemand auf; wen er gefangen setzt, der kommt nicht frei.«
(12,15) »Er hält den Regen auf.«
(12,17) »Die klugen Ratsherrn lässt er ratlos werden, die Rechtsgelehrten leere Sprüche reden.
(12,18) Die Fesseln harter Herrscher löst er auf und führt sie selber in Gefangenschaft.«
(12,19) »Sogar den Priestern nimmt er Amt und Würden; die ältesten Geschlechter löscht er aus.
(12,20) Berühmte Redner bringt er jäh zum Schweigen.
(12,23) Gott lässt Nationen wachsen und vergehen, er macht sie stark – und tilgt sie wieder aus.
(12,24) Aus ihren Führern lässt er Narren werden, die keinen Weg mehr aus der Wüste finden.«
Doch dann nimmt er ihnen auch wieder plötzlich alles weg und demütigt sie. Manchmal tut Gott es gewiss als Strafe für ihren Übermut und ihren Stolz. Manchmal will Gott sicher die Welt auch vor den Machenschaften der Bösen bewahren und schützen.
Manchmal erniedrigt Gott die Menschen, damit sie nicht zu mächtig und groß werden. Manchmal will ER wohl auch nur zeigen, dass er noch im Regiment ist und nicht einfach alles laufen lässt, wie es läuft. Ihn beeindrucken nicht der Menschen Klugheit, Macht, Einfluss, Position, Titel, Reichtum oder Stärke, wenn Er es für gut hält, dann macht er allem ein Ende.
Gott hat die Macht, Neues zu schaffen, in das Geschehen einzugreifen und alles plötzlich zu ändern; er kann plötzlich zerstören, was Menschen erreicht und aufgebaut haben.
Was aber Hiob noch außer der Macht Gottes bewundert, ist seine Weisheit. So sagt Hiob: »Es heißt, die alten Leute hätten Weisheit, ihr hohes Alter gäbe ihnen Einsicht. Bei Gott ist wirklich Weisheit, Rat und Einsicht. « (Verse 12-13)
Nur so kann der Herr das Universum kontrollieren und im Gleichgewicht erhalten. So kann er die vielen Menschen auf der Welt überblicken und ihre Bedürfnisse erkennen und ihren Nöten begegnen.
Er hat uns seine Weisheit mitgeteilt und daher können wir wissen, wie wir leben müssen. Bei ihm ist Rat und Einsicht. Das bezweifeln die Freunde Hiobs nicht. Sie geben sogar zu, dass Gott klüger und erfahrener ist als alle Menschen. Deshalb ist es auch anmaßend, ihn zu kritisieren, ihm Vorschriften zu machen und ihn zur Rechenschaft zu ziehen. Hiob sah schon, dass ihm und seinen Freunden die Weisheit fehlte, um die Ursache und den Sinn seines Leidens zu verstehen.
Also mit Gottes Macht haben Hiob und seine Freunde kein Problem; auch fällt es ihnen nicht schwer, Seine Weisheit an zu erkennen. Womit sie allerdings Probleme haben, ist die Gerechtigkeit Gottes.
Wenn Gott die Guten straft und die Bösen aufblühen und gedeihen lässt - wo bleibt da die Gerechtigkeit?
Hiob hat manche Beispiele von Leuten, die gottlos und egoistisch sind, die keine Gesetze und Ordnungen respektieren, die gewalttätig und brutal sind und ihre Mitmenschen unterdrücken — und denen - so glaubt Hiob zu erkennen, es gut geht. Sie sind reich, gesund und mächtig. Er dagegen hat immer versucht Gottes Willen und Gebot zu beachten, er war friedfertig und wohltätig, verständnisvoll und demütig. Und gerade er muss krank, verachtet, verabscheut und unverstanden sein. Wo bleibt da Gottes Gerechtigkeit??
Die Freunde versuchen immer noch, Hiob zu zeigen, dass er auch ein Sünder ist und Strafe verdient hat. Damit haben sie wohl recht, aber sie können Hiob nicht überzeugen und ihm nicht helfen. Wenn wir nun die Situation, die Leiden und Schmerzen dieses gottesfürchtigen Hiob sehen - oder auch, wenn wir uns heute in der Welt umschauen, dann müssen wir wohl auch fragen: Wo ist hier die Gerechtigkeit Gottes? Warum lässt er all das Unrecht und das Leiden zu, ohne ein Machtwort zu sprechen? Ist es richtig, dass der Gerechte leidet und der Boshafte erfolgreich ist?
Hiob und seine Freunde konnten unmöglich die richtige Antwort auf diese Fragen finden. Sie konnten es nicht verstehen und nicht erklären, was sie hier im Leben des Hiob sahen. Es gab nämlich zwei wichtige Faktoren, die sie nicht kannten: Das eine war das Gespräch Gottes im Himmel mit dem Satan. Hiobs Leiden war keine Strafe, sondern eine Prüfung. Der Teufel wollte nicht glauben, dass ein Mensch Gott vertrauen kann, wenn es ihm schlecht geht. Er meinte, Hiob würde Gott die Freundschaft kündigen, wenn Gott ihm den Wohlstand und die Gesundheit nehmen würde. Darum ging es hier. Alle Weisheit diese Welt reichte nicht aus, um diese Hintergründe des Leidens zu erklären. Kein Mensch konnte wissen, was da im Himmel vereinbart worden war.
Das zweite Missverständnis besteht darin, dass die Menschen zu Hiobs Zeiten noch nicht wussten, dass es eine Ewigkeit gibt. Alle ihre Argumente und Spekulationen reichen nur bis zum Ende ihres irdischen Lebens. Deshalb meinen sie auch, alles Böse müsste zu Lebzeiten bestraft werden — und alles Gute, müsste schon jetzt und hier belohnt werden. Sie konnten nicht sehen, dass dieses Leben nur eine Vorbereitung auf die Ewigkeit ist. Der eigentliche Lohn für ein göttliches Leben wird nicht hier ausgezahlt. Dazu wäre diese vergängliche, gefallene Welt auch zu mangelhaft. So würde auch der Lohn nur begrenzt und unvollkommen sein können. Er wäre mangelhaft, unbefriedigend und unbeständig.
Es wäre keine wirkliche Anerkennung für Männer und Frauen, die für ihren Glauben an Jesus gefoltert und hingerichtet worden wären - oder für solche, die ihr ganzen Leben für die Mission, für die armen und Gefangenen dahin gegeben haben; die auf Komfort und Luxus verzichteten und ihr Kreuz auf sich nahmen und Jesus folgten. Ein zeitlicher, weltlicher Lohn wäre da viel zu wenig.
Genau so wenig wäre es eine befriedigende Strafe, wenn Verbrecher nur für kurze Zeit ins Gefängnis kämen. Unmenschliche Gewalttaten wie sie in Kriegszeiten, unter Verfolgung und der Schreckensherrschaft von grausamen Despoten begangen werden, können nicht so einfach in dieser Zeit entsprechend geahndet werden.
Dazu braucht es ein Jenseits, eine Hölle, eine Ewigkeit. Väter, die Kinder missbraucht haben, Ehepartner, die sich gegenseitig verletzt und gedemütigt haben, Chefs, die ihre Angestellten unterdrückten und skrupellos ausbeuteten, Diebe und Mörder sollten gerechterweise mehr Strafe bekommen, als nur eine Geldbuße oder eine Gefängnisstrafe. Selbst Demütigungen, Folter und Leiden wären für manche Untaten noch zu wenig Vergeltung. Die Ewigkeit ist der Platz, wo Gott seine Gerechtigkeit zeigen und ausführen kann.
Wer nichts von einer Ewigkeit in einer anderen Wirklichkeit weiß, oder wer nicht daran glauben will, der wird Gott immer ungerecht finden. So eine Person wird auch alles versuchen, ihr Leben hier auf der Welt so schön wie möglich zu gestalten, sie wird keinen Grund darin sehen können, den Geboten zu gehorchen und Gutes zu tun. Und sie wird wahrscheinlich auch versuchen, allen Schaden, der ihr von anderen zugefügt wurde, schon hier zu rächen.
Welch eine ganz andere Perspektive hat unser Leben, wenn wir mit der Ewigkeit rechnen. Ohne Jüngstes Gericht, ohne Aussicht auf ein ewiges Leben im Himmel oder der Hölle fehlt uns nicht nur eine Motivation, das Rechte zu tun, nicht nur eine Erklärung für die vielen Ungereimtheiten auf dieser Welt, sondern es fehlt uns auch die Antwort auf die Frage nach dem Sinn unseres Lebens.
An den Diskussionen des Hiob mit seinen Freunden können wir deutlich sehen, wie wichtig es ist, um eine ewige Strafe und einen ewigen Lohn zu wissen. Und wie dankbar können wir sein, dass Jesus kam, um uns das ewige Leben zu bringen.
Wir beten:
Danke, Vater im Himmel, dass es eine Auferstehung und ein ewiges Leben gibt, wo Sünde bestraft und Gehorsam wirklich belohnt wird. Wir möchten täglich mit dieser Wahrheit rechnen. Amen.
Rüdiger Klaue
... link
...bereits 1545 x gelesen
Der Bibeltext:
(11,1) Da sagte Zofar von Naama:
(11,2) »Soll dieser Unsinn ohne Antwort bleiben? Hat einer Recht, nur weil er dauernd redet?
(11,3) Meinst du, dass dein Geschwätz uns mundtot macht, wir auf dein Spotten nichts erwidern können?
(11,4) Du hast behauptet, was du sagst, sei wahr, vor Gottes Augen seist du ohne Schuld.
(11,5) Ich wünschte nur, dass Gott jetzt selber spräche und dir darauf die rechte Antwort gäbe!
(11,6) Er würde dir sein Handeln offenbaren, das unserm Wissen unbegreiflich ist. Dann würdest du sehr schnell zur Einsicht kommen, wie viel von deiner Schuld dir Gott erlässt.
(11,7) Die Tiefen Gottes, kannst du sie ergründen? Kennst du die Größe des Gewaltigen?
(11,8) Gott reicht noch höher als der Himmelsdom, zu dessen Grenze du nie hingelangst. Gott reicht noch tiefer als die Totenwelt, von der du doch so gut wie gar nichts weißt.
(11,9) Gott ist viel größer als die ganze Erde, viel breiter als das ganze weite Meer.
(11,10) Holt er den Schuldigen vor sein Gericht, so gibt es niemand, der ihn daran hindert.
(11,11) Er kennt die Taugenichtse und ihr Treiben, das Unrecht kann sich nicht vor ihm verstecken.
(11,12) Jedoch ein Dummkopf kommt erst dann zur Einsicht, wenn wilde Esel zahm geboren werden!
(11,13) Du, Ijob, musst dein Herz zu Gott hinwenden und deine Hände ihm entgegenstrecken.
(11,14) Doch reinige sie erst von allem Unrecht und lass in deinem Haus nichts Böses zu.
(11,15) Dann kannst du frei von Schuld den Blick erheben; dann stehst du fest und brauchst dich nicht zu fürchten.
(11,16) Das Unheil, das dich traf, kannst du vergessen wie Wasserfluten, die verlaufen sind.
(11,17) Dein Leben zeigt sich dann in neuem Licht und strahlt noch heller als die Mittagssonne; nach aller Dunkelheit kommt Morgenglanz.
(11,18) Du lebst in Sicherheit, mit neuer Hoffnung; du bist beschämt, doch kannst du ruhig schlafen.
(11,19) In deinem Frieden wird dich niemand stören, doch viele werden kommen, dir zu schmeicheln.
(11,20) Den Bösen aber bleibt nur die Verzweiflung, sie suchen Zuflucht, ohne sie zu finden, und ihre einzige Hoffnung ist der Tod.«
Zofar sagt hier: »Soll dieser Unsinn ohne Antwort bleiben? ... und: »Meinst du, dass dein Geschwätz uns mundtot macht? « Anstatt hinzuhören, sich in die Lage des leidenden Hiob zu versetzen, ihn zu bedauern und zu trösten, verurteilen, verspotten und beschimpfen sie ihn. Wie leicht sind auch wir in der Gefahr, die Gefühle des anderen zu übersehen und ihn mit unseren Argumenten trösten und überzeugen zu wollen. Dabei geht es uns wohl weniger darum, zu helfen, als vielmehr darum, das letzte Wort zu haben und selber Recht zu behalten.
Das andere, was mir auffällt ist, wie überzeugt jeder Freund davon ist, dass er die Antwort hat, dass er mehr weiß als der andere und klüger und verständiger ist. Zofar sagt z.B. »Meinst Du, dass wir auf dein Spotten nichts erwidern können? « Er glaubt, er weiß es besser als Hiob und stellt ihm dann eine ganze Reihe provokativer Fragen, die er wohl selber nicht beantworten kann.
Ich will nicht behaupten, dass Hiob und seine Freunde eingebildet und arrogant sind, aber es wundert mich doch, mit welch einer Überzeugung sie die Ansichten des anderen angreifen und ihre eigenen vertreten können. Dabei kann ich oft gar keinen großen Unterschied in ihrer Theologie entdecken.
Allerdings sehe ich, dass Hiob nicht sehr vorsichtig ist, Gott wegen seiner Leiden anzuklagen, ihn zu beschuldigen und ihm Vorhaltungen zu machen. Das wiederum reizt die Freunde zum Widerspruch. Sie glauben dann, Gott verteidigen zu müssen. So ist es auch hier.
Als Argument stellt Zofar dem Hiob einige rhetorische Fragen, die ihm zeigen sollen, wie wenig er über Gott weiß und wie anmaßend seine Reden sind. Zofar fragt: »Die Tiefen Gottes, kannst du sie ergründen? Kennst du die Größe des Gewaltigen? Gott reicht noch höher als der Himmelsdom. « So versucht Zofar sich schützend vor Gott zu stellen und ihn zu verteidigen. Das tun wir sicher auch sehr oft, wenn wir merken, dass jemand Probleme mit dem Glauben hat und sich in einem geistlichen Konflikt befindet.
Aber wir brauchen Gott nicht zu schützen und sein Handeln nicht zu rechtfertigen. Der Schöpfer und Herrscher der Welt kann sich allein verteidigen. Er kann sich selber offenbaren. Mit Angriffen, Beschuldigung und Zurechtweisung lässt sich meist keine Glaubensgewissheit einfordern und kein Frieden mit Gott erzeugen.
Hiob kannte wohl auch die Größe und Macht Gottes, aber er ging durch schwere Prüfungen und fragte sich wohl, wie diese Lehre oder dieses Wissen auf seine Situation anzuwenden sei. Er brauchte Hilfe, Erbarmen, Trost und Heilung. - Er brauchte nicht Anklage, Schuldzuweisung und arrogante Belehrung.
Andererseits freut es uns auch, wenn Freunde einen schwer Geprüften nicht mit menschlichen psychologischen Rezepten überreden. Sie erklären nicht, wie man sich selbst lieben muss, wie man durch Meditation zu sich selber finden kann, wie man seine Gefühle beherrschen oder herauslassen sollte. Sie empfehlen dem Hiob auch keine Droge, kein Opium und noch nicht einmal Wein, um seinen Schmerz zu betäuben und zu vergessen. Sie weisen dafür aber immer wieder auf Gott hin.
Ich finde es so beispielhaft, wie sich hier alle bemühen, Gott zu erkennen und zu verstehen. Darum geht es doch wohl auch in unserem Leben. Und dazu sind sicher auch die Prüfungen und Leidenszeiten. Dabei ist es erstaunlich, wie viel die Leute zu Hiobs Zeiten schon über Gott nachgedacht und erkannt haben. Davon könnte sich heute manch ein moderner Christ eine Scheibe abschneiden. Wir sehen hier bei Hiobs Freunden doch sehr viel Ehrfurcht vor der Größe und Souveränität Gottes.
Und bei Hiob sehen wir eine erstaunliche Offenheit und Ehrlichkeit im Umgang mit Gott. Er sagt, was er denkt und empfindet, auch wenn er weiß, dass er eigentlich Gott nicht so begegnen dürfte. Aber er hat das Vertrauen, dass Gott diese provokativen Fragen und Anklagen verstehen und aushalten wird und dass er die Konflikte und das Herz seines Knechtes richtig einschätzen kann. Wir sehen auch später im Buch Hiob noch, wie Gott diese Offenheit und unverkrampfte Haltung Hiobs anerkennt.
Nachdem Zofar versucht hat, dem Hiob die Größe und Weisheit des Schöpfers klar zu machen, ermahnt er ihn, sich an diesen im Gebet zu wenden. Er sagt: »Du, Ijob, musst dein Herz zu Gott hinwenden und deine Hände ihm entgegenstrecken. « Das ist wirklich ein guter Rat und wir wollen noch etwas über die verändernde Kraft des Gebets nachdenken.
Ich glaube, Zofar meinte, Hiob sollte beten. Er sollte mit Gott sprechen: über seine Klagen und Kämpfe, seine Fragen und Sünden. Es ist immer besser, mit Gott selbst über unsere Zweifel und Zorn oder anderen Gefühle zu sprechen, als mit Menschen darüber zu diskutieren. Bei Gott ist Hilfe und Antwort und Heilung. Gebet verändert vieles!
1. Zunächst verändert Gebet unsere Einstellung zu uns selbst; zu unserer eigenen Bedeutung und Wert. Das ist zwar nicht das wichtigste, aber es ist vielleicht das erste, was geschieht. Wir können fast nicht mit einem stolzen und rechthaberischen Herzen in die Gegenwart Gottes treten. Schon wenn wir an unseren Schöpfer denken, und mit ihm reden wollen, werden wir ganz klein. Dann fühlen wir uns gar nicht mehr so sicher, so mächtig und so sündlos.
Jesaja sagte, als er in die Gegenwart Gottes kam: »Vor Angst schrie ich auf: »Ich bin verloren! Ich bin unwürdig, den Herrn zu preisen, und lebe unter einem Volk, das genauso unwürdig ist. Und ich habe den König gesehen, den Herrscher der Welt! « (Jesaja 6, 5).
Am Schluss des Buches Hiob kommt es zu einer persönlichen Begegnung zwischen Hiob und dem Herrn. In Hiob 42, 5 und 6 bekennt Hiob: »Ich kannte dich ja nur vom Hörensagen; jetzt aber hat mein Auge dich geschaut. Ich schäme mich für alles, was ich sagte; in Staub und Asche nehme ich es zurück.«
Im Gebet in der Gegenwart Gottes wird uns deutlich, wie gering wir sind, wie schwach, wie unwissend. Wir können Gott keinen Rat geben, keine Anklage erheben, keine Fragen stellen, das steht uns nicht zu. So wie Hiob müssen wir dann auch sagen: »Ich schäme mich für alles, was ich sagte. «
2.- Unsere Einstellung zu Gott und seinem Handeln verändert sich. Erst wenn wir nicht mehr über Gott reden, philosophieren und diskutieren, sondern uns direkt an ihn wenden, sehen wir die Lage im richtigen Licht.
Wir erkennen, dass Gott souverän ist, dass seine Gedanken höher sind als unsere, wir begreifen, dass er die Welt regiert und einen ganz anderen Überblick hat als wir. Es wird uns klar, dass er uns liebt und dass ER höhere Motive für sein Handeln hat. Wenn Gott uns Leid und Not schickt, dann ist es nicht aus Freude daran uns zu quälen. Es gibt einen Grund, eine liebevolle Absicht steht dahinter.
Im Gebet merken wir, wie so anders Gott ist als wir dachten oder wie wir ihn uns vorgestellt haben, und wie wir unsere Ansichten über ihn revidieren müssen. Ich weiß noch, als ich mein Leben Jesus übergab, da hörten meine Fragen und meine Kritik an Gott auf. Ich wurde sein Freund, ich konnte ihn verstehen, ich wollte mich für ihn einsetzen, ich wollte es nicht mehr zulassen, dass andere über ihn spotteten oder ihn verachteten. Wo ich mich früher gegen ihn aufgelehnt hatte, da wollte ich ihm jetzt von ganzem Herzen dienen.
3.- Gebet verändert unsere Einstellung zur Situation. Welche Einstellung Hiob zu seiner Krankheit hatte, sehen wir deutlich in den Kapiteln, die wir schon gelesen haben. Er klagte, er beschwerte sich, er pochte auf seine Gerechtigkeit und sein Recht auf eine bessere Behandlung. Er konnte es nicht annehmen, dass er als Unschuldiger (wie er dachte) so viel Verluste und Schmerzen hinnehmen sollte.
Wenn er versucht hätte zu beten, anstatt seinen Freunden seine Lage immer wieder zu erklären, er wäre viel eher zum Frieden gekommen. In der Gegenwart Gottes fällt Licht von einer anderen Seite auf unsere Situation.
Asaf sagt in Psalm 73:
(73,16) »Ich mühte mich ab, das alles zu verstehen, aber es schien mir ganz unmöglich.
(73,17) Doch dann kam ich in dein Heiligtum. Da erkannte ich, wie es mit ihnen ausgeht:
(73,21) Als ich verbittert war und innerlich zerrissen,
(73,22) da hatte ich den Verstand verloren, wie ein Stück Vieh stand ich vor dir. «
4.- Gebet ändert die Einstellung zu unserer Zukunft. Hiob hatte in seiner Not und Krankheit keine Perspektive mehr für die Zukunft. Er wünschte sich nur noch den Tod. Für ihn gab es keine Hoffnung auf bessere Zeiten, keinen Glauben an Veränderung und Heilung, keine Erwartung mehr an das Leben. Solange er sich und seine Krankheit und Verluste betrachtete, sah er nur Trauer, Enttäuschung und Schmerz.
Wer im Gebet in die Gegenwart Gottes geht, der erlebt, was David so ausdrückte: »Und muss ich auch durchs finstere Tal – ich fürchte kein Unheil! Du, Herr, bist ja bei mir; Vor den Augen meiner Feinde deckst du mir deinen Tisch; festlich nimmst du mich bei dir auf und füllst mir den Becher randvoll. « (Psalm 23, 4-5). In der Nähe des Herrn haben wir eine freudige und festliche Zukunft, trotz aller Bedrängnis hier.
5.- Gebet ändert die Einstellung zu unserem Nächsten. Hiob war unzufrieden mit seinen Freunden, sie waren leidige Tröster, eingebildete Besserwisser, Lehrer und Mahner. Ich bin überzeugt, Hiobs Einstellung zu seinen Freunden hätte sich verändert, wenn er für sie gebetet hätte.
Im letzten Kapitel des Buches muss Gott Hiob auffordern für seine Freunde zu beten. Zu Elifaz sagt er: »Mein Diener Ijob soll für euch beten; denn auf ihn werde ich hören und euch nicht für euren Unverstand bestrafen. Denn ihr habt nicht die Wahrheit über mich gesagt wie mein Diener Ijob.«
Vielleicht kostete es Hiob noch einmal eine Überwindung für seine Freunde, die ihn so beschuldigt haben, zu beten. Aber indem er das tut, wird seine Beziehung zu ihnen geheilt.
6.- Gebet verändert nicht nur unsere Einstellung zu unserer Situation und unseren Mitmenschen, sondern es verändert auch wirklich die Umstände und unsere Lage. Durch das Gebet wird Krankheit tatsächlich geheilt. Dafür gibt es viele Beispiele auch heute noch. Durch das Gebet wird die Krankheit erträglicher oder nimmt einen leichteren Verlauf.
Gebet kann uns auch Verlorenes wieder ersetzen, uns von Sünden, Sorgen und Belastungen befreien und uns zu neuer Lebensfreude helfen. Hätte Hiob den Rat des Zofar gleich befolgt, und gebetet so wären die Diskussionen mit seinen Freunden bestimmt ganz anders verlaufen.
Wir beten:
Herr, erinnere uns bitte immer wieder daran, dass wir zu Dir kommen können, wenn wir in Not und schwierige Lagen geraten. Danke, dass Du unser Gebet hörst und auf unsere Bitten antwortest. Amen.
Rüdiger Klaue
... link
...bereits 1735 x gelesen
Der Bibeltext:
(9,15) »Ich bin im Recht und darf mein Recht nicht fordern! Soll ich ihn etwa noch um Gnade bitten, ihn, der das Urteil schon beschlossen hat?
(9,16) Selbst wenn er sich dem Rechtsverfahren stellte – dass er mich hören würde, glaub ich nicht.
(9,17) Gott sendet seinen Sturm und wirft mich nieder, ganz ohne Grund schlägt er mir viele Wunden.
(9,19) Soll ich Gewalt anwenden? Er ist stärker! Zieh ich ihn vor Gericht? Wer lädt ihn vor?
(9,20) Ich bin im Recht, ich habe keine Schuld, doch was ich sage, muss mich schuldig sprechen.
(9,24) Gott hat die Erde Schurken übergeben und alle Richter hat er blind gemacht. Wenn er es nicht gewesen ist, wer dann?
(9,27) Wenn ich mir sage: ›Gib das Klagen auf, vergiss den ganzen Jammer, lach doch wieder!‹,
(9,28) dann packt mich gleich die Angst vor neuen Qualen; ich weiß es ja, Gott spricht mich doch nicht frei.
(9,29) Er will mich unbedingt für schuldig halten. Was hilft es, meine Unschuld zu beweisen?
(9,32) Ach, wäre Gott doch nur ein Mensch wie ich, ich wüsste, welche Antwort ich ihm gäbe: er müsste mit mir vor Gericht erscheinen!
(9,33) Gäbe es doch einen Schiedsmann zwischen uns, dem wir uns alle beide beugen müssten!
(9,34) Dann dürfte Gott mich nicht mehr weiterprügeln und würde mir nicht länger Angst einjagen.
(9,35) Ich könnte reden, ohne mich zu fürchten. Jedoch in meinem Fall geht Macht vor Recht! »
Andererseits denke ich, dass manch ein Christ sich scheuen würde, solche Worte in den Mund zu nehmen. Er würde es als Gotteslästerung empfinden, wenn er z.B. sagen würde. »ich weiß es ja, Gott spricht mich doch nicht frei. Er will mich unbedingt für schuldig halten. Was hilft es, meine Unschuld zu beweisen? « (Verse 28-29).
Hiob sieht in seiner Not zwar die Allmacht und Souveränität Gottes; das bewundert er! Gott herrscht über das Weltall und die ganze Natur. Das vermittelt uns Vertrauen und Geborgenheit, weil wir wissen, Gott ist stark und mächtig und hält die ganze Welt in seiner Hand. Auch wissen wir, dass Gott uns liebt und es immer gut mit uns meint. Niemals wird er uns etwas Böses antun.
Auf der anderen Seite zeigt Gottes Souveränität auch unsere Abhängigkeit von ihm und seinen Entscheidungen. Es zeigt unsere Machtlosigkeit, weil wir nichts von ihm fordern oder einklagen können. Wenn wir Gottes Souveränität bedenken wird uns klar, dass wir völlig an ihn ausgeliefert sind. Das gilt einmal
1.- für unser Leben. Wir können nicht bestimmen, ob und wann wir geboren werden. Das entscheidet ein Höherer für uns. Wir können unser Äußeres und unseren Charakter nur wenig verändern. Unsere Neigungen, Fähigkeiten, Gaben, Interessen sind uns zum großen Teil mitgegeben. Und sie sind bei uns allen verschieden. Gott hat uns so gemacht, wie ER wollte - und nicht so, wie wir gerne sein möchten, oder nicht sein möchten.
In Matthäus 6, 27 erinnert Jesus uns daran, dass wir unser Leben nicht in der Hand haben wenn er sagt: »Wer von euch kann durch Sorgen sein Leben auch nur um einen Tag verlängern?«
2.- In Bezug auf unser Wohlergehen sind wir Gott ausgeliefert. Ja, er liebt uns und möchte uns glücklich sehen und Leiden und Not von uns fern halten. Es ist für mein Verhältnis zu Gott sehr wichtig, dass ich grundsätzlich weiß, Gott liebt mich. Ich brauche seine Größe und Stärke, seinen Ärger und seine plötzlichen Einfälle nicht zu fürchten. Er liebt mich.
Aber Gott ist nicht verpflichtet, sich den ganzen Tag darum zu bemühen, dass ich happy bin. Gott liebte Hiob und Hiob liebte Gott. Daran ist kein Zweifel. Trotzdem musste Hiob durch schwere Prüfungen gehen, dass er fast am Leben verzagte. Gott kann immer nach seiner Weisheit und seiner Souveränität mit uns verfahren und wir haben keine Autorität, ihn zur Rechenschaft zu ziehen.
3.- Auch unsre Gesundheit ist in seiner Hand. Zwar hat Jesus viele Kranke geheilt und manche erstaunliche Wunder getan, aber er ist nicht verpflichtet alle Menschen gesund zu machen. Wir können uns auf Verheißungen in der Bibel berufen, die damit zu tun haben, dass Jesus unsere Krankheit getragen hat und uns heil und gesund machen möchte. Wir haben auch viele Beispiele davon in der Bibel wie Jesus Menschen geheilt hat.
Aber wir haben vielleicht auch eben so viele Beispiele von Personen, die nicht geheilt wurden, die sehr gelitten haben und schließlich gestorben sind. Eine Reihe Könige im Alten Testament waren krank und sind an ihrem Leiden gestorben. Propheten haben oft viel gelitten, sind gefoltert und eingesperrt worden.
Nicht viel anders ging es den Aposteln im Neuen Testament. Und Christen durch alle Jahrhunderte haben die Erfahrung von Schmerzen, Krankheit, Missbildung, Siechtum und Behinderung machen müssen. Und sie sind dabei gereift und haben durch ihre Ergebenheit und Anbetung zu Gottes Ehre beigetragen. Gott ist souverän und unsere Gesundheit ist in seiner Hand.
4.- Ähnlich verhält es sich auch mit dem Reichtum. Immer noch gelten Fleiß und Sparsamkeit als Grundpfeiler für Wohlstand und Reichtum. Gehorsam gegen Gottes Gebote, Gebet, Barmherzigkeit und Gebefreudigkeit haben die Verheißung der Bibel, dass Gott Segen ausschütten wird.
Allerdings fällt manchen Leuten der Reichtum auch ohne Mühe einfach zu. Dann geht es ihnen so, wie dem reichen Kornbauern. Ohne irgendwelche Anstrengung und Verdienst hat Gott ihn auf einmal reich gemacht.
Andererseits werden auch Leute ohne eigenes Verschulden arm - oder sie kommen aus ihrer Armut nicht heraus, trotz aller Bemühungen. Hiob war es ja so ergangen. Er war sehr reich! Und ohne sein Verschulden hatte er auf einmal alles verloren. Seine Reaktion darauf war: »Der Herr hat gegeben und der Herr hat genommen. Ich will ihn preisen, was immer er tut! «
Natürlich berechtigt uns Gottes Souveränität nicht zu Tatenlosigkeit und Faulheit - aber sie erinnert uns daran, dass wir nicht alles in der Hand haben, dass nicht alles machbar ist.
5.- Gerechtigkeit ist Gottes Domäne. Es ist, wie Hiob sagt: »Ich bin im Recht und darf mein Recht nicht fordern! Selbst wenn er sich dem Rechtsverfahren stellte – dass er mich hören würde, glaub ich nicht. « (Verse 15-16).
Was Sünde ist und wer schuldig ist, das zu sagen steht allein Gott zu. Wir können nicht mit ihm diskutieren. Unsere Logik, unser Moralverständnis, unsere Vorstellungen von Gut und Böse können zwar in unseren Augen richtig sein, aber Gott fällt das endgültige Urteil. Er ist der letzte Richter. Und er schaut nicht darauf, wie reich ein Mensch ist, wie viel Einfluss er hat, was er alles geleistet hat, er schaut nicht darauf, was der Mensch zu seiner Verteidigung vorbringen mag, was für Erklärungen und Entschuldigungen er hat.
Gott spricht gerecht oder verurteilt, nach seinem souveränen Ratschluss. Und er braucht nicht einmal einen Zeugen. Aber das Gute ist, dass wir einen Fürsprecher haben. Auch wenn Gott uns verurteilt, so reinigt uns doch Jesu Blut.
6.- Gott ist souverän auch in Bezug auf unsere Erlösung. In Römer 3, 23+24 sagt Paulus: »Alle sind schuldig geworden und haben die Herrlichkeit verloren, in der Gott den Menschen ursprünglich geschaffen hatte. Ganz unverdient, aus reiner Gnade, lässt Gott sie vor seinem Urteil als gerecht bestehen – aufgrund der Erlösung, die durch Jesus Christus geschehen ist. « -
Da sagt die Bibel, dass alle Menschen schuldig sind vor Gott - das ist klar. Sie haben die Herrlichkeit verloren. Doch weil Gott souverän ist und gnädig, kann er den Menschen gerecht sprechen. Das betont Paulus noch einmal in Römer 9, 16: »Es kommt also nicht auf den Willen und die Anstrengung des Menschen an, sondern einzig auf Gott und sein Erbarmen.« -
Und noch deutlicher in Römer 9, 18-21:
(9,18) »Gott verfährt also ganz nach seinem freien Willen: Mit den einen hat er Erbarmen, die andern macht er starrsinnig, sodass sie ins Verderben laufen.
(9,19) Vielleicht wird mir jemand entgegenhalten: »Warum zieht uns dann Gott für unser Tun zur Rechenschaft? Wenn er bestimmt, dann kann doch niemand dagegen ankommen!«
(9,20) Du Mensch, vergiss nicht, wer du bist! Du kannst dir doch nicht herausnehmen, Gott zu kritisieren! Sagt vielleicht ein Gebilde aus Ton zu seinem Bildner: »Warum hast du mich so gemacht?«
(9,21) Und hat ein Töpfer nicht das Recht, aus einem Tonklumpen zwei ganz verschiedene Gefäße zu machen: eines, das auf der Festtafel zu Ehren kommt, und ein anderes als Behälter für den Abfall?«
Ich möchte noch kurz auf die Frage eingehen, ob Hiob wirklich unschuldig war, wie er behauptete, oder ob der schuldig war, wie seine Freunde behaupteten. Dazu lesen wir uns Kapitel. Hier klagt Hiob:
(10,2) »Du kannst mich doch nicht einfach schuldig sprechen! Gott, sag mir jetzt, was wirfst du mir denn vor?
(10,3) Was bringt es dir, dass du so grausam bist?
(10,6) Was suchst du dann so eilig meine Schuld und spürst voll Eifer meinen Sünden nach,
(10,7) obwohl du weißt, dass ich nicht schuldig bin und niemand mich aus deiner Hand errettet?
(10,8) Mit deinen Händen hast du mich gestaltet und nun verschlingst du mich mit Haut und Haar.
(10,9) Vergiss es nicht: Du formtest mich wie Ton. –
(10,13) Und doch, ich weiß, dass du bei alledem ganz im Geheimen etwas anderes plantest:
(10,14) Du wolltest sehen, ob ich schuldig würde, um mir dann jeden Fehler vorzuhalten.
(10,15) Tu ich nun Unrecht, so ergeht' s mir schlecht. Tu ich das Rechte, lässt du's auch nicht gelten. Von Schmach und Schande bin ich wie benommen.
(10,16) Gelingt mir etwas und ich fühle Stolz, so machst du wie ein Löwe Jagd auf mich und ängstigst mich mit deiner Übermacht.
(10,17) Dir fehlt es nie an Zeugen gegen mich, damit du Grund hast, mir noch mehr zu grollen und immer neue Strafen zu verhängen.«
Aber offenbar hat er nicht verstanden, was Schuld und Sünde in Gottes Augen ist. Hiob kannte ja auch die 10 Gebote, die Auslegung des Gesetzes durch Jesus und auch nicht den Römerbrief, in dem Paulus genau erklärt, was Sünde ist und dass alle Menschen Sünder sind.
Hiob war schuldig, obwohl er ein anständiger, gottesfürchtiger Mann war. Er war schuldig, weil alle Menschen schuldig sind. Seit Adam und Eva Gottes Gebot im Paradies übertreten haben, sind wir von Gott getrennt. Wir leben außerhalb des Paradieses in einer gefallenen und verlorenen Welt. Unsere Neigungen und Veranlagungen sind seitdem korrupt. Deshalb können wir auch gar nicht ohne Sünde leben.
Hiob hatte bestimmt unbewusste Schuld auf sich geladen. Man kann es sich fast nicht vorstellen, dass er nie einen Streit mit seiner Frau gehabt haben sollte, dass er nie in seinem ganzen Leben gelogen hat, dass er nicht auch mal seine Geschäftspartner übervorteilt hat, dass er seine Knechte immer gerecht und wohlwollend behandelt hat, dass er immer selbstlos war und Gott an erste Stellt setzte. Seine Freunde versuchten ihm klar zu machen, dass er irgendwo gefehlt haben muss. Jedoch konnten sie ihn nicht überzeugen. Sie kannten wohl auch nicht die wahren Fehler Hiobs.
Neben den verborgenen Sünden und Schwächen musste Hiob sich bestimmt auch für seine Unterlassungssünden verantworten. Ohne Zweifel hatte er auch schon mal geschwiegen, wo er hätte reden sollen, er hat nicht Zeugnis abgelegt und allen erzählt, was Gott ihm bedeutet, er hat in bestimmten Entscheidungen nicht den Willen Gottes gesucht usw. All das war ihm vielleicht gar nicht so bewusst.
Er kannte auch den Anspruch Gottes auf Vollkommenheit nicht. Es war ihm nicht klar, wie genau Gott es mit der Sünde nimmt und wie folgenschwer eine Übertretung sein kann. Auch wenn Hiob seine Unschuld beteuerte und seine Vergehen nicht sah oder nicht so ernst nahm: er war schuldig.
Natürlich können wir ihn verstehen. Wir können sein Bemühen und seinen guten Willen sehen, wir können mit ihm sympathisieren. Aber das nimmt ihm nicht die Schuld ab. Gott hat ein anderes Mittel gefunden, um den Menschen heilig und rein zu machen. Er hat Jesus gesandt, der kam, um unsere Sünde auf sich zu nehmen und für unsere Schuld zu bezahlen.
Im Buch Hiob geht es immer wieder um die Frage »Warum muss der Mensch leiden? « Muss Hiob so leiden, weil er mehr gesündigt hat als andere? Kann oder soll er damit seine Schuld bei Gott bezahlen? Nein, Hiob kann seine Schuld nicht durch Leiden und Schmerzen abbezahlen. Das kann kein Mensch! Hiob wurde nicht wegen seiner Sünde gestraft. Sein Leid und seine Not war keine Strafe für seine Schuld. Es war eine Prüfung, ob Hiob Gott treu bleiben würde, auch wenn Gott ihm alle guten Gaben entzieht.
Wir alle sind schuldig vor Gott. Niemand von uns kann seine Sünde selbst bezahlen oder durch Leiden und Not büßen. Das Gericht über unsere Taten kommt erst am Ende der Zeit. Wer jedoch seine Schuld schon hier bekennt, bei durch Jesu Tod Vergebung und ewiges Leben erhalten.
Wir beten.
Herr, wir wissen, dass wir vor Dir schuldig sein. Aber Du kamst, um uns vor dem Gericht und der ewigen Strafe zu erretten. Dafür danken wir Dir und bitten Dich, erleuchte viele Hörer durch Deinen Heiligen Geist, damit ihnen Dein Erlösungswerk klar wird. Amen.
Rüdiger Klaue
... link
...bereits 1465 x gelesen