«Das große Dankgebet» Es ist der Psalm 103 von David:
(103,1) «Auf, mein Herz, preise den HERRN! Alles in mir soll den heiligen Gott rühmen!
(103,2) Auf, mein Herz, preise den HERRN und vergiss nie, was er für mich getan hat!
(103,3) Meine ganze Schuld hat er mir vergeben, von aller Krankheit hat er mich geheilt,
(103,4) dem Grab hat er mich entrissen, hat mich mit Güte und Erbarmen überschüttet.
(103,5) Mit guten Gaben erhält er mein Leben, täglich erneuert er meine Kraft und ich bleibe jung und stark wie ein Adler.»
Wir stehen ja noch an der Schwelle eines neuen Jahres. Unbekannt liegt die Zukunft vor uns. Da ist es gut, sich an die Wohltaten des Herrn in der Vergangenheit zu erinnern und mit Lob und Dank nach vorne zu blicken. David jedenfalls ist dankbar – und er ruft sich selbst dazu auf.
Wie schön ist es doch, einem dankbaren Menschen zu begegnen. Er verbreitet Optimismus, Freude, Hoffnung, Wertschätzung. Von ihm geht eine positive Ausstrahlung aus. Die Mitmenschen fühlen sich wohl, ermutigt und erleichtert in seiner Nähe. Eine dankbare Person vermittelt die Botschaft, dass alles in Ordnung ist, dass sie über den Dingen steht, dass sie zufrieden ist, dass sie in Harmonie mit den Umständen lebt.
Eine undankbare Person dagegen verbreitet Unzufriedenheit, schlechte Laune, Überheblichkeit. Sie wirkt unangenehm, weil sie anspruchsvoll und egoistisch zu sein scheint und überhöhte Erwartungen an Gott, die Umstände und ihre Mitmenschen stellt. Wer undankbar ist, weiß seine Position meist noch recht gut zu verteidigen. Er meint, es gäbe in seinem Leben und in der Welt so viel Elend, Schmerz, Armut und Krankheit; wer kann da dankbar sein? Außerdem – so meint er - sei Dankbarkeit ein Zwang, eine Forderung, und das bedeutet eine weitere Last in unserem Leben. Man selber werde dadurch gedemütigt und abhängig gehalten, wenn man für alles «Danke» sagen müsse.
Verstehen kann ich eigentlich beide Seiten: Dankbare Menschen sind angenehme Zeitgenossen! Aber zur Dankbarkeit zwingen lassen möchte ich mich auch nicht. So ist meine Frage: Wie kann ich dankbar werden, ohne dass ich dazu gedrängt werden muss, ohne dass mir ein Druck auferlegt wird und ohne dass ich dabei heucheln muss.
Für einige Menschen ist Dankbarkeit ein Bedürfnis. Es fällt ihnen nicht schwer! Sie brauchen nicht viel zu überlegen. Sie erinnern sich schnell an viele Zuwendungen und Geschenke in ihrem Leben. Schon gar nicht ist Dankbarkeit für sie eine Pflichtübung. Es kommt ihnen einfach so aus vollem Herzen. Sie können sich über alles freuen und ihr Herz sprudelt über vor Dank. Das ist aber nicht bei allen so.
Manche Leute tun sich sehr schwer mit der Dankbarkeit. Sie denken: «Bei allem Guten und Schönen bisher habe ich auch viel Traurigkeit und Mühe erlebt. Mir ist es längst nicht immer gut gegangen. Mal wurde ich ungerecht kritisiert, verleumdet, beschimpft; mal unterdrückt, ausgenutzt und betrogen. Finanziell geht es mir schlecht und auch die Gesundheit lässt zu wünschen übrig. Ich habe keine Ansprüche gestellt, nichts erwartet und um nichts gebeten. Warum sollte ich «danke» sagen?»
Von ihnen trotzdem Dankbarkeit zu fordern, ist nicht weise. Es ändert ihre Einstellung wenig, vielmehr macht es sie mürrisch, oder rebellisch, weil man von ihnen etwas fordert, was sie nicht bringen können. Trotzdem so zu tun, als wäre man dankbar, führt nur zu Heuchelei und Betrug. Ein falscher, erzwungener, oder auch nur routinemäßiger Dank kann Gott nicht gefallen.
Amos, der Prophet, sagt es deutlich im Kapitel 5 seines Buches:
(5,21) «Der Herr sagt: »Ich hasse eure Feste und kann eure Feiern nicht ausstehen.
(5,22) Eure Brandopfer und Speiseopfer sind mir zuwider; das gemästete Vieh, das ihr für das Opfermahl schlachtet, kann ich nicht mehr sehen.
(5,23) Hört auf mit dem Geplärr eurer Lieder! Euer Harfengeklimper ist mir lästig!
(5,24) Sorgt lieber dafür, dass jeder zu seinem Recht kommt! Recht und Gerechtigkeit sollen das Land erfüllen wie ein Strom, der nie austrocknet»
Andererseits muss Dankbarkeit nicht immer etwas Lautes, Sichtbares und Überschwängliches sein. David war wohl begeistert über Gottes Gaben und Wundertaten und er jauchzte und sang laute Lieder. Aber nicht alle Leute können ihre Gefühle so offen zur Schau tragen. Sie drücken ihre Dankbarkeit anders aus, vielleicht leise, ohne Worte und Lieder, in einem Lächeln, einer Geste, einer Tat, einem Geschenk, einem Liebesbeweis. Und wollen wir doch ehrlich sein: Wir wissen manchmal selber, dass wir jetzt dankbar sein sollten, und wir sind es doch nicht oder können es nicht ausdrücken und zeigen. Der Dank kommt nicht immer so einfach, wenn er kommen sollte.
Nun ist es ja einmal so, dass wir jemandem Dank schulden für etwas, was er für uns getan hat. Dann aber kommt es auch vor, dass uns jemand Dank schuldet, und wir von ihm Dank erwarten. Wie oft schon habe ich gedacht, dass mir meine Angehörigen, meine Freunde oder Nachbarn dankbar sein sollten für irgendeinen Gefallen, den ich ihnen getan habe. Aber da kommt nichts. Vielleicht sind sie undankbar, oder sie schätzen nicht, was ich für sie getan habe. Vielleicht wollten sie gar nicht die Aufmerksamkeit.
Für manche ist es schon schwer genug, Hilfe, ein Geschenk, einen Gefallen anzunehmen. Sie fühlen sich dadurch irgendwie abhängig oder schuldig. Oder sie sehen sich als Versager, wenn sie jemandem für etwas danken müssen. Oft genug ist es auch demütigend, wenn man sich bedanken muss. Ich habe mal gehört, dass reichen oder aristokratischen Leuten absichtlich nicht beigebracht wird, «danke» zu sagen. Mit einem «Danke» würden sie ihre Unfähigkeit zeigen, für sich selber zu sorgen. Es ist erniedrigend für sie, von einem Geringeren Hilfe anzunehmen.
Da kam mir ein dummer Vergleich, der aber vielleicht den Konflikt zeigen kann. Also wir verstehen schon, dass wir Gott Dank schuldig sind. Er hat viel für uns getan, wir können ihm nicht genug für alles danken. - Jedoch würden wir niemals erwarten, dass Gott uns für etwas danken sollte. Vielleicht tut er es ja, aber ich habe noch nie so etwas gehört. Wir sind viel zu gering, als dass wir Dank von Ihm annehmen könnten – und ER ist viel zu groß und erhaben, als dass ER jemandem Dank schulde.
Wenn jemand so freudig dankt wie David im Psalm, dann ist das gleichzeitig ein Ausdruck des Staunens. Als David sang:
(103,1) «Auf, mein Herz, preise den HERRN! Alles in mir soll den heiligen Gott rühmen!
(103,2) Auf, mein Herz, preise den HERRN und vergiss nie, was er für mich getan hat!»
Wenn jemand so freudig dankt, wie David in den Psalmen, dann ist das auch meist ein Ausdruck der Anerkennung und Freude. Es bedeutet: «Ich schätze das, was man an mir getan hat und freue mich darüber.» Dank ist damit auch Kommunikation und Gemeinschaft mit dem Geber oder Wohltäter. Es heißt: «Ich will mit ihm in Kontakt bleiben, seine Gegenwart und Einfluss sind mir angenehm.»
So ähnlich ist es auch, wenn ich Menschen danke: einem Bekannten, einem Nachbarn, einem Bruder oder einer Schwester in der Gemeinde. Wenn ich mich nicht bedanken würde, könnte das bedeuten: «Ich will nichts mit dir zu tun haben, ich schätze dich gering und will nicht weiter mit Dir reden.»
Wenn jemand so dankbar ist, wie David, dann drückt er damit auch aus, dass er zufrieden ist. Er hat bekommen, was er braucht. Für ihn ist gesorgt. Da sind nicht mehr viele Wünsche und Erwartungen offen. Ein dankbarer Mensch ist ein ausgeglichener, zufriedener Mensch. Oder umgekehrt: Ein zufriedener Mensch ist auch immer ein dankbarer Mensch, auch wenn er das nicht in jedem Satz betont. Wer immer noch mehr erreichen will, wer immer noch höher hinaus will, wer große und noch größere Erwartungen an sich selbst, an seine Mitmenschen, an die Umstände und an Gott hat, der kann schwerlich ein dankbarer und zufriedener Mensch genannt werden.
Dankbarkeit ist oft ein Impuls, ein plötzlich aufwallendes Gefühl der Freude z.B. wenn ich an die Vergangenheit denke, und mir viel Gutes einfällt. Sie ist die Reaktion auf eine Wohltat oder ein Geschenk. Irgendwie können wir nicht gleichgültig und unbeweglich bleiben, wenn wir merken, jemand meint es gut mit uns. - Dankbarkeit ist auch so etwas wie ein Zahlungsmittel – wenigstens in vielen Kulturen. Wir sagen ja z.B. manchmal: «Ich schulde jemandem Dank - für seine Hilfe, Geschenke oder Rettung.» Wenn das so ist, dann ist Dankbarkeit eine Pflicht, eine Verantwortung die wir haben. Und das gefällt den meisten von uns nicht so gut.
David, in seinem Psalm 103 erinnert uns nicht an die Pflicht zur Dankbarkeit. Und das finde ich gut. So wird es nicht zu einer toten Form oder einer unangenehmen, peinlichen Handlung. Dafür aber verkündigt David laut seine eigene Dankbarkeit. Er lässt andere teilhaben an seinen Gefühlen und Freuden. Für Dank braucht man eigentlich immer auch die Gemeinschaft. Es ist dem Dankenden ein Bedürfnis, sich mitzuteilen, mit anderen seine Gefühle und Erfahrungen zu teilen, und dann gemeinsam mit ihnen Gott zu danken. Was ist ein stummer Dank, von dem niemand etwas erfährt? Es ist das Zeugnis einer dankbaren Person, das auch andere dankbar stimmt.
Also verzichten wir lieber darauf, andere Menschen an ihre Pflicht zur Dankbarkeit zu erinnern. Erwarten wir nicht von ihnen, dass sie uns für alles mögliche danken sollen, was wir ihnen – unserer Meinung nach – Gutes getan haben. Wer Dankbarkeit verlangt, fordert oder einklagt, der hat das Wesen der Dankbarkeit nicht verstanden.
Nun möchte ich noch ein Wort darüber sagen, wie wichtig ein dankbares Herz ist. Dankbarkeit ist eine Grundvoraussetzung für unser geistliches Wachstum. Wer dankbar ist, lebt in Harmonie mit Gott, der Umwelt und sich selbst. Und das ist, meiner Ansicht nach, der beste Nährboden für Glauben, Vertrauen und Offenheit. So sind wir bereit, auf Gott zu hören, ihm zu gefallen, von ihm zu lernen und seinen Willen zu tun.
Ich begegne immer wieder Christen, die scheinbar meinen, sie müssten dauernd mit ihrem geistlichen Leben unzufrieden sein. Sie glauben, sie müssten immer noch mehr von Gott erwarten. Sie möchten Wunder und große Dinge tun, mehr als bisher und mehr als andere. Dadurch werden sie undankbar, unzufrieden, unruhig und verpassen oft gerade das, was Gott ihnen schon gegeben hat. Nun möchte ich auf keinen Fall sagen, dass wir nichts Großes mehr von Gott erwarten sollen, dass wir selbstzufrieden und träge sein sollen. Aber doch ist ein dankbarer und zufriedener Geist eine der besten Voraussetzungen für unser geistliches Wachstum, für mehr Erkenntnis, mehr Liebe, mehr Frucht.
Ein dankbares Herz ist eine Voraussetzung für geistliches Wachstum, aber auch für einen fruchtbaren Dienst. Ich denke da an einen Pastor, zu dem wir für einige Zeit in die Gottesdienste gingen. Die sonntägliche Begrüßung bestand meist darin, dass er die Leute ausschimpfte, die zu spät kamen. Dann ließ er seinen Unmut an der Versammlung aus über alle Gemeindeglieder, die mal wieder nicht zur Predigt erschienen waren. Er war unzufrieden mit der Situation und der Gemeinde. Er hatte vieles zu kritisieren, zu wünschen und zu erwarten. Natürlich machte das die Gottesdienstbesuche nicht angenehm und bald schon duckten sich die wenigen, die noch kamen unter seiner Strafpredigt, die eigentlich nicht ihnen, sondern denen galt, die nicht anwesend waren. Man merkte, wie dem Pastor der Dienst schwer fiel, wie er seine Verantwortung als eine Last und Mühe empfand. Wie er enttäuscht und unzufrieden mit den Erfolgen seiner Anstrengungen war. Wer seinen Dienst für den Herrn nicht aus Dankbarkeit ausführen kann, hat es schwer. Wer aber Gott dankbar ist für seine Vergebung, Erlösung, seine Begabungen und Berufung, der geht mit einer ganz anderen Haltung an seine Aufgaben. Die Menschen, mit denen er zu tun hat, und denen er dienen will, merken es, und er selbst hat es viel leichter.
Wir wollen lernen, dankbar zu sein. Vielleicht werden auch im neuen Jahr Zeiten kommen, wo es uns schwer fällt, das Gute zu sehen und dankbar zu sein. Dann brauchen wir uns nicht zu quälen und ein schlechtes Gewissen zu haben. Aber wir sollten uns auch nicht dagegen verschließen, dankbar zu sein. Es muss nicht unbedingt ein überschwänglicher Lobgesang sein, aber ein leises Zeugnis, ein Wort, ein Gebet in der Gemeinde sollte schon möglich sein. Wir wollen auch hören lernen, wo und wie andere ihre Dankbarkeit ausdrücken. Lassen wir auch darin Gott wirken.
Wir beten:
Wirklich, Herr, es gibt so vieles, wofür wir Dir dankbar sein können. Lehre uns, Dir unseren Dank so auszudrücken, wie es uns gegeben ist und wie es Dir gefällt, - dass auch andere dadurch ermutigt werden. Wir vertrauen Dir auch für das Neue Jahr, dass Du uns viel Anlass für Dankbarkeit geben wirst. Amen.
Rüdiger Klaue
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Der Bibeltext:
(3,1) «Außerdem sollst du wissen, Timotheus, dass in den letzten Tagen der Welt schwere Zeiten kommen werden.
(3,2) Denn die Menschen werden nur sich selbst und ihr Geld lieben. Sie werden stolz und eingebildet sein, Gott verachten und ihren Eltern ungehorsam und undankbar begegnen. Nichts wird ihnen heilig sein.
(3,3) Sie werden lieblos sein und zur Vergebung nicht bereit; sie werden andere verleumden und keine Selbstbeherrschung kennen; sie werden grausam sein und vom Guten nichts wissen wollen.
(3,4) Ihre Freunde werden sie verraten, leichtsinnig handeln, sich aufspielen und ihr Vergnügen mehr lieben als Gott.
(3,5) Sie werden so tun, als seien sie fromm, doch die Kraft Gottes, die sie verändern könnte, werden sie ablehnen. Von solchen Leuten halte dich fern!
(3,6) Das sind genau die Leute, die sich in Häuser einschleichen und das Vertrauen von Frauen gewinnen, in deren Leben sich viel Schuld angesammelt hat und die sich von ihren Leidenschaften beherrschen lassen.
(3,7) Solche Frauen wenden sich ständig neuen Lehren zu, ohne dass sie je die Wahrheit verstehen könnten.
(3,8) Und so wie Jannes und Jambres sich Mose entgegengestellt haben, so leben auch diese im Widerspruch zur Wahrheit. Ihr Geist ist verdorben und ihr Glaube nur geheuchelt.
(3,9) Aber sie werden damit nicht weit kommen. Eines Tages wird für jeden sichtbar werden, was für Narren sie waren, so wie es auch bei Jannes und Jambres geschah.»
Wir stehen wohl oft unter dem Eindruck, dass das Böse immer stärker wird und mehr und mehr Menschen beherrscht, aber dieser Eindruck kann auch recht subjektiv sein. Unsere Wahrnehmung kann davon abhängen, in welchem Land, unter welchen Umständen und in welcher Nachbarschaft wir wohnen.
Wohl aber können wir den Worten des Paulus entnehmen, dass es hier auf dieser Erde kein Paradies geben wird. Sünde und Gesetzlosigkeit werden nicht aufhören und das große Friedensreich kann unter den bisherigen Bedingungen nicht geschaffen werden.
Das ist einesteils bedrückend und entmutigend: zu wissen, dass «in den letzten Tagen der Welt - schwere Zeiten kommen werden. dass die Menschen nur sich selbst und ihr Geld lieben, dass sie stolz und eingebildet sein werden, Gott verachten und ihren Eltern ungehorsam und undankbar begegnen werden, dass ihnen nichts heilig sein wird, dass sie lieblos und zur Vergebung nicht bereit sein werden. » Das sind düstere Aussichten. Aber wir erleben es fast täglich um uns herum.
Ich gehe nun mal davon aus, dass wir nicht zu diesen Leuten gehören, die nur sich selbst und ihr Geld lieben, die stolz und eingebildet sind und Gott verachten. Jedoch leben wir in einer Gesellschaft, in der das alles zutrifft. Das bedeutet, dass wir, jeder Mensch, der anständig und in Frieden leben will und jeder Nachfolger Jesu, der den Geboten Gottes gehorsam sein will, unter der Lieblosigkeit und Unmoral, den Verbrechen und Sünden der anderen leiden wird. Diejenigen, die auf Gottes Seite stehen, werden sich von dem unmoralischen Verhalten der anderen distanzieren, sie werden aber auch versuchen, die Lage zu ändern und Buße und Sinnesänderung in der Gesellschaft zu erreichen, und die Gottesfurcht wieder aufzurichten. Dazu sind wir ja schließlich auch da.
In der Welt ist es dunkel geworden. Die Menschen beachten nicht den Willen Gottes, sie lieben die Finsternis mehr als das Licht. - Das ist traurig. Aber wie sieht es in unseren christlichen Gemeinden aus? Hier wenigstens sollte Eintracht, Liebe, Vertrauen, Hilfsbereitschaft und Harmonie herrschen. Doch was ist die Wirklichkeit? Auch hier finden wir Machtkämpfe, Neid, üble Nachrede, Streit, Kritik und Verletzungen. Nicht einmal hier ist das Bild vorzufinden, das Gott uns in der Bibel vorgezeichnet hat. Die ganze Welt ist korrupt, von der großen Politik, über die Finanzwelt bis hin in die Familien und Ehen.
Angesichts dieser erdrückenden Zustände ist meine Frage: „Wie sollen wir uns hier als gute Christen benehmen? - Um uns ist Sünde und Unrecht, Orientierungslosigkeit und Schmerz. Was können wir tun?
Viele von uns wollen ja etwas tun. Sie sind nicht zufrieden mit dem wie es ist und wünschen sich eine bessere Welt. Sicher gibt es sehr verschiedene Möglichkeiten auf die Missstände zu reagieren. Das hängt wohl auch von unserem Charakter, den Fähigkeiten, unserer gesellschaftlichen Stellung, den finanziellen Mitteln und vielen anderen Umständen ab.
Welches ist jedoch die für uns beste Reaktion? Darüber möchte ich nachdenken.
1.- Wir können resignieren. Das Unrecht und Durcheinander ist so groß - unsere Kraft und unser Einfluss jedoch so klein, dass es kaum eine Chance für uns gibt. Ein Einzelner ist da gar nicht in der Lage, irgendeine Veränderung zu bewirken. Also, lassen wir die Sache wie sie ist. Vielleicht beklagen wir uns noch über all das, was nicht gut und richtig ist, wir stöhnen unter der Last der Korruption und des Verfalles.
Im Übrigen haben wir es aber aufgegeben, etwas erreichen zu wollen. So ging es wohl auch dem Priester Eli in 1. Samuel 2, 22-24 da heißt es: «Eli war mittlerweile sehr alt, doch er war sich darüber im Klaren, was seine Söhne dem ganzen Volk Israel antaten. Eli sagte zu ihnen: »Ich habe von den Leuten über die schlimmen Dinge, die ihr macht, gehört. Warum tut ihr so etwas? Ihr müsst damit aufhören, meine Söhne! Die Berichte, die ich über euch im Volk des Herrn höre, sind nicht gut.»
Und damit ließ Eli es bewenden. Er hatte es wohl aufgegeben, hier noch etwas ändern zu wollen. Vielleicht ist es auch typisch für das Alter, dass man sich dann eher in das Unvermeidliche schickt. Natürlich wird sich durch dieses Verhalten nichts in unserer Umgebung ändern.
2.- Wir können mitmachen. Das tat ja auch der sogenannte Verlorene Sohn. Er suchte das Vergnügen und wollte so leben, wie die anderen, die fern von Gott waren. Warum sollte er auch ein Außenseiter sein? Man darf sich doch auch an der Freiheit und der weltlichen Unterhaltung freuen – argumentieren sie. Manche konnten noch nie den Druck der Gesetze und Regeln ertragen. Nun fühlen sie sich in ihrem Element, wenn sie mit der Verschwendung, der Ausschweifung und Unmoral mitmachen können. Sie wollten schon immer ihrem Ärger Luft machen und ihren Wünschen, ihrem Verlangen freien Lauf lassen.
Aber auch solche Leute, die nicht gerade ein zügelloses, sündhaftes Leben führen wollen, ergeben sich manchmal doch in den Trend der Zeit. Wenn sie schon nichts gegen die Bosheit ausrichten können, so wollen sie doch wenigstens keine Spielverderber und Moralprediger sein. Manchmal ist es wohl einfach Charakterschwäche, dass auch ein Gemeindeglied sich verführen und in die weltlichen Vergnügen hinein ziehen lässt. Man könnte denken, dass besonders für die Jugendlichen diese Gefahr besteht, das Leben der Gottlosen kennen lernen zu wollen.
3.- Wir können uns absondern. Das Gegenteil von Mitmachen ist Absondern. Die Welt ist böse und korrupt, sie ist gottlos und reif für das Gericht. Wer da nicht mitmachen will, der muss sich von ihr fernhalten. Und das ist es ja auch, was einige Personen, Gemeinden oder Gruppen tun. Sie verschließen sich vor der Welt. Sie meiden den Umgang mit den Medien, (Fernsehen, Radio, Computer, Zeitschriften etc.), sie meiden außer-christliche Einflüsse wie z.B. die Schule, Vereine etc. Sie wollen nichts mit Kunst, Politik, Sport und Spielen zu tun haben. Vor allem meiden sie die Menschen und die gesamte Gesellschaft in der das Böse wohnt. Aus Angst sich zu verunreinigen oder aus Stolz und Selbstgerechtigkeit ziehen sie sich von der Welt zurück und suchen die Einsamkeit.
Eigentlich ist die Abkehr von der Welt ein biblisches Gebot. Schon das Wort «Heiligung» bedeutet ja so viel wie Absonderung. Im Alten Testament ging es immer wieder darum, dass das Volk Israel, das Heilige Volk, anders sein sollte, als die Nachbarvölker. Gottes Volk sollte sich vom Götzendienst, der Lebensweise, den Bräuchen und dem unsittlichen Wandel der Heiden fern halten. Es sollte sich nicht mit den Völkern, Religionen und Kulturen der umliegenden Nationen vermischen. Offenbar will Paulus dem Timotheus in den eingangs gelesenen Versen das auch sagen, wenn er schreibt: (Die Leute in der letzten Zeit werden) leichtsinnig handeln, sich aufspielen und ihr Vergnügen mehr lieben als Gott. Sie werden so tun, als seien sie fromm, doch die Kraft Gottes, die sie verändern könnte, werden sie ablehnen. Von solchen Leuten halte dich fern! - sagt Paulus eindringlich.
4.- Wir können kritisieren und Schuld zuweisen. Das ist, was heute viele Leute tun – nicht nur die selbstgerechten, moralischen Mitbürger, sondern leider auch viele Glieder der Kirchen und Gemeinden. Sie beschuldigen die Regierungen, die Gesellschaft, die Unternehmer, die Ärzte, die Geschäftsleute, die Nachbarn, die Arbeitgeber - alle. Damit haben sie auch recht, denn die Welt ist böse und korrupt. Aber ob Kritisieren und Schuld zuweisen das Benehmen und den gottlosen Wandel ändern, ist sehr fraglich. Nörgeln und Kritik bewirkt oft eher Zorn, Trotz und Verhärtung.
Damit erreichen wir das Gegenteil von dem, was wir eigentlich wollten. Außerdem wird Kritik auch als ein Ausdruck für die eigene Selbstgerechtigkeit und Überlegenheit gesehen. - Trotzdem müssen wir vielleicht auch manchmal die Menschen um uns auf ihre Sünden und Fehler aufmerksam machen. In diesem Bemühen können wir uns auf die Propheten im Alten Testament berufen. Auch sie haben den korrupten Leitern ihres Volkes, den unmoralischen Geschäftsleuten, den Betrügern und Ausbeutern deutlich ihre Meinung gesagt. Sie haben den Menschen das Gesetz Gottes vor Augen gehalten und ihre Taten daran gemessen. Allerdings muss man deutlich dazu sagen, dass die Propheten im Auftrag Gottes gehandelt und gesprochen haben. Wer heute seine Stimme als Mahner und Moralprediger erhebt, der sollte sich auch sicher sein, dass er nicht im eigenen Auftrag kommt. Er sollte demütig sein und sich auch seiner eigenen Unvollkommenheit bewusst sein.
5.- Wir können kämpfen. Es gibt immer und überall Leute, die sich mit den Umständen nicht abfinden wollen. Sie suchen die Veränderung oder Verbesserung der Situation und empfinden es als ihre Pflicht, sich dafür einzusetzen. Also kämpfen sie gegen das Unrecht und das Chaos in dieser Welt. Zuerst vielleicht noch mit Worten und im Rahmen des Zulässigen. Mit der Zeit kämpfen viele aber auch mit schmutzigen Waffen wie Verleumdung, Lüge, Intrigen und schließlich auch mit Gewalt. Es geschieht so leicht, dass man von den Methoden und den Waffen der Gegner lernt und schließlich selbst ungerecht und kriminell wird. Sie meinen dann der Zweck heilige die Mittel.
So ganz können wir den Kampf gegen das Böse auch nicht verurteilen, denn Paulus ermutigt uns immer wieder, den guten Kampf zu kämpfen – und er empfiehlt dazu sogar die geistliche Waffenrüstung in Ephesus 6, 14 ff «Sorgt dafür, dass ihr fest steht, indem ihr euch mit dem Gürtel der Wahrheit und dem Panzer der Gerechtigkeit Gottes umgebt. Eure Füße sollen für die gute Botschaft eintreten, die den Frieden mit Gott verkündet. Setzt den Glauben als einen Schutzschild ein, um die feurigen Pfeile des Satans abzuwehren. Setzt den Helm eurer Rettung auf und nehmt das Wort Gottes, euer Schwert, das der Geist euch gibt. Betet immer und in jeder Situation mit der Kraft des Heiligen Geistes. Bleibt wachsam.»
Das sind also die Waffen, mit denen wir gegen das Böse in der Welt kämpfen können. Aber bei jedem Kampf müssen wir uns auch sicher sein, dass wir nicht mit eignen Waffen, oder den gleichen Waffen wie die Welt kämpfen, sondern mit den geistlichen Waffen, die Gott uns zur Verfügung stellt. Der Kampf gilt auch nicht Menschen oder Organisationen, sondern dem Bösen und vor allem dem Satan. Gottes Rüstung ist dann wohl in erster Linie zu unserer persönlichen Verteidigung gedacht, damit wir unverletzt bleiben von den feurigen Pfeilen des Bösen. Darüber hinaus ist uns noch das Schwert gegeben, das Wort Gottes, mit dem wir auch Angriffe ausführen können.»
6.- Andere Reaktionen auf die Korruption und den moralischen Verfall der Gesellschaft könnten sein: persönliche Kontakte zu den Gottlosen knüpfen, Gespräche über Gott und die Bibel suchen, Diskussionen über Konflikte und Probleme, oder auch Belehrung und Schulung anbieten. Es ist nicht selten, dass Menschen ihre Gesinnung und ihren Lebenswandel ändern, nachdem sie mit wahren Nachfolgern Jesu in näheren Kontakt gekommen sind. Absonderung hilft und bewahrt uns, aber der persönliche Kontakt zu dem Sünder kann zu einem besseren gegenseitigen Verständnis führen.
Oft sind die gottlosen Menschen, die uns heute umgeben, unwissend über die Lehren der Bibel. Niemand hat ihnen je die Wahrheit gesagt oder das Evangelium erklärt. Nicht selten werden die Ungläubigen von den Christen einfach ohne Liebe, Mitgefühl und Verständnis verurteilt. Diese Methode des persönlichen Kontaktes ist sicher empfehlenswert für Leute, die das Evangelium noch nicht kennen. Aber Paulus spricht zu Timotheus offenbar über Zeitgenossen, die Gott und sein Wort gekannt und sich dann von ihm abgewandt haben. Da hilft dann auch kein Gespräch und keine Diskussion weiter.
7.- Gibt es noch die Möglichkeit die verschiedenen Reaktionen zu mischen. Jede Situation ist anders, jede Person ist anders. Die Interessen, die Gaben, die Erfahrungen sind unterschiedlich. So wird man als junger Mensch anders auf die Verweltlichung der Gesellschaft reagieren als ein erfahrener, älterer Mensch. Wenn man selber durch Glaubenskämpfe und Konflikte geht, wird man vielleicht auch ein anderes Verhältnis zu den rebellischen, undankbaren, ungehorsamen Mitbürgern haben. Manche Nachfolger Jesu werden von dem Verhalten einer atheistischen, säkularisierten Gesellschaft abgestoßen – aber andere wieder werden davon angezogen und versucht, mitzumachen.
Wir können über den Abfall unserer Nation von Gott lamentieren, wir können Gericht und Schrecken heraufbeschwören und den «Teufel an die Wand malen», wie man so sagt. Wir können aber auch die Situation nüchtern sehen und sie nutzen, dafür beten und das Beste daraus machen.
Was das Beste für den Umgang mit der Korruption in der Welt ist, kann man nicht mit einem Wort sagen. Es lohnt sich aber, darüber nachzudenken. Bestimmt gibt es zahlreiche gute Möglichkeiten, dem Verderben, dem Chaos und Unrecht auf dieser Welt zu begegnen. Irgendwie hat ja jede Situation auch eine positive Seite und bietet die Gelegenheit, unseren Glauben an Jesus und seinen Willen und seine Macht zu bezeugen. Mögen uns die Warnungen des Apostel Paulus dahingehend inspirieren und motivieren.
Wir beten:
Danke, Herr, für die Warnungen in Deinem Wort über die schweren Zeiten, die uns noch bevor stehen. Hilf uns, dass wir uns in dieser Welt und Gesellschaft als wahre Zeugen des Evangeliums bewähren möchten. Amen.
Rüdiger Klaue
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Der Bibeltext:
Der Missionsgedanke, den eigentlich mein Bruder bei mir gesät hatte, wurde auf der Bibelschule erweitert und vertieft. Wir studierten die Bibel, hörten Missionare von verschiedenen Ländern berichten und lasen Missionsbücher. So wurde der Grund dafür gelegt, dass ich 1968 als Missionar nach Südamerika ging.
Mein erstes Land war Paraguay. Ich wusste praktisch nichts über dieses Land. Als ich dann das erste Mal die Hauptstadt verließ und ins Innere kam, lernte ich doch eine ganz andere Welt kennen. Paraguay ist dünn besiedelt und hatte riesige Gebiete ohne Anzeichen von Menschen oder Zivilisation. Als ich mich eines Tages so irgendwo in der Wildnis wieder fand, dachte ich fast, ich war am Ende der Welt angekommen. Einsamkeit, Verlassenheit und Angst überkamen mich. Wie gut war es da zu wissen: ‘Jesus ist bei uns bis an der Welt Ende.’
Damals verstand ich die Verheißung aus dem Missionsbefehl noch als örtlich begrenzt. Das Ende der Erde waren für mich die entlegensten Orte in der Pampa Argentiniens, im Chaco von Paraguay, in einem einsamen Tal in den Anden oder im Amazonasurwald. Natürlich meint Jesus hier mit dem Ende der Welt nicht eine Landschaft oder einen Ort, sondern das Ende der Weltzeit. Deshalb sagt er auch: Ich bin bei Euch Jeden Tag – oder alle Tage – bis an der Welt Ende. Dieses Weltende ist also zeitlich zu verstehen. Das macht aber eigentlich keinen Unterschied, denn wenn Jesus alle Tage bei uns ist, dann ist er auch an allen Orten bei uns.
Früher hörte ich in diesen letzten Versen aus dem Matthäusevangelium nur den Missionsbefehl: Gehet hin in alles Welt! Heute höre ich auch die tröstliche Verheißung in diesen Versen: Ich bin bei euch, alle Tage. Jesus scheint hier daran zu denken, dass die Zeit aus einzelnen Abschnitten, aus Tagen und Epochen besteht. Die Tage unseres Lebens können sehr unterschiedlich sein. Es gibt da Regentage und Sonnentage, Winter und Sommer, Frühling und Herbst. Diese Tage können sehr unterschiedlich sein.
Jesus könnte aber auch wirklich die Wochentage meinen: «Ich bin bei Euch am Sonntag, im Gottesdienst, aber auch am Montag, am Alltag und Werktag, ebenso wie am Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag oder Samstag. An jedem Wochentag gibt es besondere Freuden, Sorgen und Herausforderungen. In diesem Sinne stehen die einzelnen Wochentage in unserem Leben für gewisse Erfahrungen, Episoden, Stimmungen oder Epochen. Es lohnt sich, über diese Wochentage nach zu denken.
Jesus verspricht seinen Nachfolgern bei ihnen zu sein an allen Tagen. Das gilt einmal sicherlich für die
* guten Tage. Die Tage der Freude, der Feier, des Festes. Jesus ist dabei, wenn es uns gut geht. Er freut sich mit uns, er nimmt teil an unseren Gefühlen und Erfahrungen. Die Sonnentage in unserem Leben sind die Gelegenheit, Jesus an unserer Freude teilhaben zu lassen und ihm für alles Gute zu danken. Oft vergessen wir allerdings Jesus gerade in den guten Tagen. Darum ist es sicher ein guter Gedanke, Jesus in unsere Feiertage ein zu beziehen. Am Tage der Freude eine besondere Andacht zu halten, einen Gottesdienst zu feiern oder wenigstens eine Gebetszeit, in der wir bewusst unseren Herrn an der Freude teilhaben lassen und ihm danken
* Jesus ist bei uns auch am Montag, am Alltag, dem Tag der Arbeit. Er ist da in der Hektik und der Aufregung des Berufslebens, der Schule oder der Familienereignisse. Oft ist gerade an diesen Tagen wenig Zeit, um über Gott und seine Gegenwart in unserem Leben nachzudenken. Entscheidungen sind zu treffen, Probleme zu lösen, Antworten zu geben, die Zeit drängt. Aber selbst wenn wir keine Zeit haben und von anderen Dingen bestürmt werden, ist Jesus bei uns. Er drängt sich nicht in die Hektik hinein oder fordert nach unserer Aufmerksamkeit, aber er sieht, wie es uns geht. Er sieht, wie wir im Stress reagieren, wie wir antworten, wie wir miteinander umgehen. Er nimmt wahr, wie wir um ein gutes moralisches Verhalten kämpfen, wie wir uns bemühen, eine geistliche Haltung zu bewahren und seinen Geboten gehorsam zu sein. Und durch seine Gegenwart möchte er uns zum Guten stärken.
* Jesus ist bei uns am Tag des Versagens, der Schande, der Scham und der Sünde. Das sind vielleicht die Tage, wo wir am wenigsten mit Jesus zu tun haben wollen. Wir wissen, wir haben uns nicht richtig verhalten und möchten unsere Taten und Reaktionen am liebsten verstecken. Dann ist es vielleicht bedrückend zu wissen, Jesus ist bei uns. Wir wollen uns lieber nicht daran erinnern lassen, dass Jesus jetzt an unserer Seite ist und sieht, was wir angestellt haben. Und doch ist Jesus auch dann bei uns. Er verlässt und nicht, er wendet sich nicht enttäuscht und voll Abscheu von uns, obwohl wir das manchmal so erwarten. Aber es sind gerade diese Momente der Schande und Scham, wo wir IHN brauchen. Gerade dann brauchen wir Vergebung, Versöhnung und Wiederherstellung.
* Jesus ist bei uns am Tage des Verlustes, der Trauer und Depression. Ich erinnere mich noch gut an den Tag, wo ich bestohlen wurde. Plötzlich stand ich ohne Papiere und Geld in einer großen, fremden Stadt. In solchen Momenten denkt man zuerst über seine Situation und einen Ausweg nach. Ich fühlte mich so schrecklich verlassen, so enttäuscht und hilflos. Wer würde mir hier weiterhelfen können? Aber Jesus ist bei bei uns. Er gibt uns seinen Frieden, seinen Trost. Und irgendwie findet er auch einen Ausweg für uns.
* Jesus ist bei uns am Tage der Krankheit und der Schmerzen. Das sind wohl die Tage, wo wir am meisten Hilfe, Trost und Heilung brauchen. Dann erinnern sich die Menschen gewöhnlich an Gott. Sie sind sich ihrer Hilflosigkeit und Grenzen bewusst und wünschen sich, wieder schnell gesund und stark zu sein. Viele suchen dann nach einem Arzt, einem Heiler und jemanden, der ihre Lage verändern und ihren Zustand verbessern kann. Andere aber schauen nach einen Schuldigen aus und erinnern sich dabei an Gott. Sie klagen und fragen: Warum hat Gott das zugelassen? Womit habe ich das verdient? Warum greift er nicht ein. Wo ist Gott? Aber Gott ist da! Auch wenn wir es nicht merken, wenn er ferne und untätig zu sein scheint. Jesus sieht unser Leiden und unsere Krankheit. Er kann sehr gut mitfühlen, hat er doch selbst am Kreuz gelitten. Bei uns zu sein heißt ja nicht immer, dass Jesus alles Leid und alle Not von uns abwendet. Trotzdem ist er da und nimmt von all unseren Kämpfen, Schmerzen und Qualen Notiz.
* Jesus ist da auch am Tage der Todesschatten, der Zweifel und Ängste. Er versteht uns und stärkt uns. Jesus kennt auch die Schrecken der letzten Stunde. Er kennt die Einsamkeit und das Entsetzen vor dem Unbekannten. In diesem Moment brauchen wir die Hand, die uns hält und hinüber führt ans andere Ufer. Jesus lässt uns nicht allein.
Jesus ist bei uns, alle Tage, bis an der Welt Ende. Er leidet mit uns, er freut sich mit uns, er nimmt unsere Gefühle wahr, er sieht unsere Kämpfe, Niederlagen und Siege. Jesus war schon immer da, wo Menschen mit ihm rechneten. Im Alten Testament gibt es viele Männer und Frauen, die es in den verschiedenen Situationen ihres Lebens erfahren haben, dass Jesus da war. Ich denke da z.B. an.
* Hiob. Er war ein sehr reicher Mann. Auf seine große Familie und die vielen Herden Viehs konnte er wirklich stolz sein. Doch eines Tages nahm man ihm aller Reichtum und seine Familie. Er fiel in ein tiefes Loch und konnte sich sein Schicksal nicht erklären. Es schien so, als habe Gott ihn ganz und gar verlassen. - Aber das war nicht so. Gott beobachtete ihn sehr genau. Er hielt seine Hand über ihn und ließ nicht zu, dass der Teufel diesen Hiob ganz vernichtete. Am Ende bekommt Hiob wieder zurück, was er verloren hat und erkennt: Gott war da, er hat es alles gesehen, und als der Moment gekommen war, hat er zu meinem Besten gehandelt.
* Sehen wir uns Mose an. Er hatte von Gott eine große, schwere Aufgabe bekommen. Seine Verantwortung war es, das ganze Volk Israel durch eine weite, unwirtliche Wüste zu führen. Menschlich gesehen war es unmöglich so viele Leute mit Wasser und Nahrungsmitteln in solch einer Umgebung zu versorgen. Aber immer wieder, wenn Mose an ein unlösbares Problem kam, war Gott da und griff ein.
* Gehen wir weiter zu Daniel am Hofe des Königs Nebukadnezar. Als Daniel und seine beiden Freunde sich nicht vor der Statue des Königs verneigen wollten, wurden sie zum Tode verurteilt. Sie sollten im Ofen verbrannt werden. Und wer gehofft hatte, dass sie im letzten Augenblick vor den Flammen verschont bleiben würden, hatte sich geirrt. Gott bewahrte sie nicht vor dem Feuer. Aber siehe da, als die Männer in den Ofen geworfen wurden, brannten sie nicht. Ja, es waren sogar auf einmal vier Männer in den Flammen zu sehen. Der vierte war Jesus. Er hat versprochen: «Ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende.» In jeder Situation, an jedem Ort ist Jesus immer dabei. Er geht auch mit uns durchs Feuer und die Hitze der Not.
* Bei einer anderen Gelegenheit hatte Daniel sich wieder einmal nicht vor dem König gebeugt. Er hatte dem Verbot zu beten nicht gehorcht. Dafür wurde er zum Tode verurteilt. Diesmal bestand die Strafe darin, dass Daniel den Löwen vorgeworfen wurde. Und wirklich, Daniel landet in der Grube bei den Raubtieren. Hätte Gott das nicht verhindern können, wenn er gewollt hätte? Gott ist doch bei uns alle Tage? Nun, Gott hat noch größeres getan: Er war bei Daniel in der Löwengrube. Er roch den Geruch der Tiere, hörte ihr Knurren, fühlte ihr Fell... Gott stand neben Daniel, stärkte ihn, verteidigte ihn und errette ihn. Wir brauchen auch nicht zu erwarten, dass Gott uns vor der Löwengrube bewahrt. Aber er ist ganz nah bei uns mitten in der Gefahr. Und Seine Gegenwart macht uns ruhig und sicher.
* Auch im Neuen Testament finden wir viele Beispiele davon, wie Jesus seinen Nachfolgern nahe ist. Ich möchte da nur an Paulus und Silas erinnern, als sie in Philippi im Gefängnis saßen. Das war eine schmerzhafte, finstere, hoffnungslose Lage. Und doch sah Jesus sie dort, er war an ihrer Seite und fühlte mit ihnen. Als der richtige Zeitpunkt gekommen war, befreite Jesus Paulus und Silas und noch viele andere Gefangene.
* Bei Stephanus war die Lage etwas anders. Er wurde aufgrund seines Bekenntnisses zu Jesus zum Tode verurteilt. Aber er kam nicht mit dem Leben davon. Er wurde gesteinigt und starb. Ob Jesus ihn vergessen hatte? Ob er nicht bei ihm war in dieser schweren Stunde? Ob Jesus vielleicht nicht eingreifen konnte? - Nachdem was wir bisher gesehen haben, können wir ganz sicher annehmen, dass Jesus da war. Er stand neben Stephanus im Verhör und ganz besonders auch als er gesteinigt wurde. Jesus gab ihm die Kraft und den Mut treu zu bleiben und seinen Glauben nicht zu verleugnen. Und sicherlich trug der Herr seinen Diener dann sanft und friedvoll ans andere Ufer, in das unsichtbare Reich Gottes.
So wie Jesus bei all diesen Männer in der Bibel war, auch und gerade in den schweren Stunden ihres Lebens und an den bösen Tagen, so wird er auch mit uns sein. Er wird an unserer Seite stehen und mit uns leiden und wahrnehmen, was wir wahrnehmen. Der besondere Trost liegt aber in dem Wissen, dass Jesus, der König der Könige, der Herr aller Herren, der Allmächtige, der Unsterbliche, der Gott des Universums bei uns ist. Nichts ist ihm unmöglich und nichts zu schwer.
Fragen wir uns noch, ob wir wirklich alle mit der Gegenwart Jesu in unserm Leben rechnen können. Ist es nicht doch so, dass dieses Vorrecht, die Verheißung Jesu nur bestimmten Menschen vorbehalten bleibt? Das ist eine berechtigte Frage, denn zunächst wird die Verheißung ja im Zusammenhang mit dem Missionsbefehl gegeben. Also diejenigen Jünger Jesu, die hinaus gegangen sind, die das Evangelium verkündigt, die andere gelehrt und getauft haben, die dürfen also sicher damit rechnen, dass Jesus bei ihnen ist. An jedem Ort und zu jeder Zeit!
Aber an anderen Stellen in der Bibel ist das Kommen Jesu zu uns nicht an diese Bedingung verknüpft. Da heißt es in Johannes 1, 12 «Aber allen, die ihn aufnahmen und ihm Glauben schenkten, verlieh er das Recht, Kinder Gottes zu werden.» Wer Jesus bei sich aufgenommen hat, der wird auch mit ihm leben. Da wird Jesus auch immer gegenwärtig sein.
In Offenbarung 3:20 stehen diese Worte Jesu: «Gebt Acht, ich stehe vor der Tür und klopfe an! Wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet, werde ich bei ihm einkehren. Ich werde mit ihm das Mahl halten und er mit mir.» Auch mit dieser Aussage versichert Jesus uns, dass er allezeit bei uns sein wird.
Die Bedingung ist allein, dass wir Jesus einlassen und nicht aus unserem Leben verbannen, oder ausschließen. Wenn wir ihn aufgenommen haben, dann ist er bei uns, ob wir in Verfolgung leben, ob wir krank sind oder irgendwo auf der Welt in einem mehr oder weniger erfolgreichen Missionsdienst stehen. Darum wollen wir uns ganz sicher sein, dass wir Jesus in unser Leben eingeladen haben,- dass wir möchten, dass er allezeit bei uns ist. Wer sich darüber noch nicht ganz sicher ist, der kann Jesus heute mit einem einfachen Gebet bei sich einladen.
Wohnt Jesus in unserem Herzen können wir der Zukunft getrost entgegen sehen, wir können Risiken eingehen, Glaubensschritte wagen, seinem Wort ohne Rückhalte vertrauen, wir können Feinden furchtlos begegnen und immer und überall mit seiner Gegenwart rechnen. Er ist immer bei uns.
Wir beten:
Herr, wir danken dir für die wunderbare Verheißung, dass Du selbst allezeit bei uns sein willst. Nun hilf uns bitte auch, dass wir uns in allen Lebenslagen daran erinnern und Deiner Gegenwart bewusst sind – und Herr, hilf uns auch dieser großen Ehre gemäß, als Menschen zu leben, in denen Jesus, der Herr der Welt, gegenwärtig ist. Amen.
Rüdiger Klaue
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Der Bibeltext:
(7,2) Aber der Herr sagte zu Gideon: »Dein Heer ist zu groß! So kann ich die Midianiter nicht in eure Hand geben. Sonst werden die Leute von Israel am Ende prahlen und sagen: Der eigenen Hand verdanken wir unsere Rettung!
(7,3) Darum lass im ganzen Lager ausrufen, dass alle, die Angst haben, nach Hause gehen.« Da gingen 22000 wieder heim, nur 10000 blieben bei Gideon.
(7,4) Doch der Herr sagte zu Gideon: »Dein Heer ist immer noch zu groß.
(7,5) Führe die Männer hinunter zur Quelle, dort will ich selbst die Auswahl treffen. Ich werde dir sagen, wer mit dir gehen soll und wer nicht.«
(7,6) Der Herr sagte zu Gideon: »Durch die 300 Männer, die das Wasser mit der Zunge geleckt haben, will ich Israel retten und die Midianiter in deine Hand geben. Die anderen sollen nach Hause gehen.«
(7,9) Das Lager der Midianiter war unten in der Ebene. In der Nacht sagte der Herr zu Gideon: »Auf, greif das Lager an, ich gebe es in deine Hand!
(7,10) Wenn du aber Angst hast, dann geh vorher mit deinem Diener Pura hinunter
(7,11) und hör dir an, was sie dort miteinander reden. Das wird dir Mut machen, sie anzugreifen. « Gideon und sein Diener gingen hinunter und schlichen sich bis an die äußeren Lagerwachen heran.
(7,12) Die Midianiter, die Amalekiter und die Beduinen aus dem Osten, die dort lagerten, bedeckten die ganze Ebene wie Heuschrecken und ihre Kamele waren unzählbar wie die Sandkörner am Meeresstrand.
(7,13) Als nun Gideon bei den Wachtposten ankam, erzählte gerade einer seinem Kameraden einen Traum. »Stell dir vor«, sagte er, »ich habe im Traum gesehen, wie ein Gerstenbrot vom Berg herab in unser Lager rollte. Es stieß an unser Zelt, warf es um und kehrte das Unterste zuoberst. «
(7,14) Sein Kamerad antwortete: »Das kann nur eine Bedeutung haben: Der Israelit Gideon wird uns besiegen; Gott hat uns und unser Lager in seine Hand gegeben! «
(7,15) Als Gideon den Traum und seine Deutung gehört hatte, warf er sich nieder und dankte Gott. Dann kehrte er ins Lager Israels zurück und rief: »Steht auf! Der Herr hat das Lager der Midianiter in eure Hand gegeben.«
(7,16) Er teilte die 300 Mann in drei Gruppen auf; jeder bekam ein Widderhorn und eine Fackel, dazu einen Krug, um die brennende Fackel zu verbergen. Gideon schärfte ihnen ein: «Wenn ihr hört, wie ich und die Männer bei mir ins Horn stoßen, dann stoßt auch ihr ins Horn, rings um das Lager, und ruft: Für den Herrn und für Gideon! « (So taten sie.) -- Im Lager (der Feinde) liefen alle durcheinander, schrien und ergriffen die Flucht.
(7,22) Denn als die dreihundert in die Widderhörner stießen, ließ der Herr im Lager eine Panik entstehen und alle gingen mit dem Schwert aufeinander los. Darauf floh das ganze Heer in Richtung auf Bet-Schitta. «
Die Bibel spricht viel über Angst. Schon Adam und Eva fürchteten sich nach dem Sündenfall, als sie Gottes Stimme hörten. Dieses Thema der Angst zieht sich durch alle Bücher der Bibel bis dem letzten Buch, der Offenbarung. Da haben die Menschen Angst vor den furchtbaren Strafgerichten Gottes die dem Untergang der Welt vorausgehen.
Angst an sich ist keine Sünde. Sie ist wohl ein Fluch, eine Strafe für die Sünde. Aber manchmal ist sie auch ein Segen. Was die Angst bewirken kann und soll und wie wir damit umgehen können, darüber wollen wir in den folgenden Minuten sprechen. Was mich eigentlich veranlasst hat über dieses Thema nachzudenken ist die Erkenntnis, dass ich viele Dinge in meinem Leben aus Angst tue. Damit ist die Angst ein guter Motivator, ein Mittel, dass uns zu guten oder schlechten Taten anspornen kann. Und in dieser Hinsicht ist es schon wichtig, dass wir beobachten, wovor wir Angst haben und wohin die Angst uns treibt.
Eigentlich brauchen wir in unserem Land keine Angst zu haben. Es geht uns gut. Da ist im Moment kein Krieg und keine Hungersnot. Wir leben ziemlich sicher! Es gibt gute Ärzte und Krankenhäuser. Außerdem sind wir versichert. Wovor sollten wir uns fürchten. Deshalb führen auch viele Menschen ein sehr behäbiges und selbstzufriedenes Leben. Sie fühlen sicher und meinen, dass es für lange Zeit so bleiben könnte.
Und doch ist auch hier bei vielen Personen die Angst ihr ständiger Begleiter. Jeder hat so seine Ängste. Ich habe z.B. oft Angst vor der Meinung der Menschen. Ich frage mich: „Was werden die anderen denken, wenn ich dies oder das sage oder tue.“ (Mode). So fürchte ich mich vor dem Urteil der Nachbarn, der Verwandten, Mitarbeiter. Ich habe Angst vor Krankheit und Schmerzen, vor Krebs, vor einem Herzinfarkt oder Schlaganfall. Ich habe Angst vor dem Altwerden, vor der Zukunft, vor dem Sterben.
Angst auch vor einem Autounfall, vor dem Fliegen im Flugzeug, der Umweltverschmutzung und dem Klimawandel. Ich habe Angst um meinen Besitz, um unsere Kinder, um die politische und wirtschaftliche Situation unseres Volkes- und ich habe Angst um meinen Glauben. Vielleicht werde ich lau, oder falle in Sünde, gerate in eine Sekte oder auf theologische Abwege. Es gibt so viele Gründe Angst zu haben.
Nun heißt es in der Bibel immer wieder «Fürchtet Euch nicht!» Daraus schließen manche Leute, dass ein Christ keine Angst mehr haben darf. Ich finde aber, Ängste sind natürlich. Und wenn Gott uns ermutigt, uns nicht zu fürchten, so ist das doch auch eine Bestätigung dafür, dass selbst Christen Ängste haben und sich fürchten.
Ängste sind teilweise sehr nützlich und gut. Die Gottesfurcht z.B. bewahrt uns vor Fehlern und Sünden. Angst vor Strafe kann uns von Gesetzesübertretung und Verbrechertum abhalten. Gott rechnet damit, dass wir Angst haben. All die Drohungen der Propheten im Alten Testament hatten das Ziel, die Hörer zur Umkehr von ihren bösen Wegen zu veranlassen oder sich vor Ungehorsam zu hüten. Wenn die Menschen sich erst nicht mehr vor dem Zorn Gottes oder der Hölle fürchten, dann überschreiten sie alle Grenzen und werden zu einer großen Gefahr.
Ängste sind manchmal auch eine Strafe Gottes, wie wir in der Geschichte von Gideon sehen. Die Feinde des Volkes Gottes fühlten sich überlegen und griffen ihre Nachbarn grundlos an. Israel hatte nicht so viel dagegen zu setzen. Aber obwohl das Heer der Midianiter größer und stärker war, konnte es doch nicht über die Israeliten siegen. Ein Grund dafür war, dass Gott eine große Furcht in das Heer der Feinde sandte. Sie bekamen solche Angst, dass sie in Panik gerieten und nicht mehr wussten, wohin sie fliehen sollten. So erschlugen sie sich gegenseitig. Ohne einen Mann zu verlieren, besiegte das Volk Gottes das große, feindliche Heer.
Ängste können einen Menschen beherrschen und zu unüberlegten, unvernünftigen Handlungen hinreißen. So war es bei dem Heer der Midianiter geschehen. Ihre Furcht hatte sie kopflos werden und unkontrolliert handeln lassen. - Ängste bleiben ja nicht nur in unserer Seele oder Gefühlswelt eingeschlossen, sondern sie bestimmen unser Denken, Planen und Handeln.
Ängste setzen aber auch Kräfte frei für den Kampf. Als Gideon und die Israeliten Angst vor ihren Feinden bekamen, rüsteten sie zum Kampf. Sie wollten sich nicht einfach ergeben und töten lassen. Sie erkannten aber auch die Gefahr, in die sie ein militärischer Konflikt bringen konnte. Der Kampf war ein Risiko und hätte mit ihrem Untergang enden können. Deshalb riefen sie in ihrer Not zu Gott. So wandten sie sich wieder ihrem Gott zu; sie lernten auf IHN zu vertrauen und nicht auf ihre eigenen Fähigkeiten.
Ängste gelten als eines Mannes unwürdig, man schämt sich ihrer. Und das nicht ohne Grund, denn oft genug wird man wegen seiner Furcht verspottet. Deshalb verstecken oder verdrängen manche Personen auch ihre Ängste. Und weil sie zeigen wollen, wie mutig sie sind, machen sie oft die größten Dummheiten. Sag nur mal zu einem Jungen: «Du hast ja Angst von der Brücke zu springen. Du bist ein Feigling.» Und schon wird er sich herausfordern lassen und evtl. sein Leben für irgendeine sinnlose Mutprobe riskieren. So kann man Menschen mit der Angst manipulieren.
Manchmal merken wir, dass unsere Ängste schädlich sind. Sie hindern uns daran das Gute zu tun und Gottes Geboten zu gehorchen. Oder wir begreifen, dass wir uns vor Gefahren fürchten, vor Menschen oder Umständen, die wir nicht zu fürchten brauchen, und die wir nicht fürchten sollen. Es kann auch sein, dass wir von uns selber viel zu gering denken, uns zu schwach fühlen und unsere Fähigkeiten unterbewerten. Darum ist es für uns so wichtig, dass wir uns nicht von der Angst versklaven oder terrorisieren und tyrannisieren lassen. Wir müssen frei von ihrer Herrschaft werden. Und dazu will Gott uns auch helfen.
Nun gibt es aber verschiede Versuche oder Wege, uns von Angst zu befreien.
1.- Wir können warten, bis unsere Ängste von alleine verschwinden. Das tun sie häufig. Als Kind hat man noch manche Ängste, die man als Erwachsener nicht mehr hat. Die Angst vor dem Dunkeln, vor dem Keller, vor Gespenstern oder Monstern etc. Wenn man größer wird, hört diese Angst oft von ganz alleine auf. Auch die Angst vor dem Examen verschwindet, sobald die Prüfung vorbei ist.
2.- Wir können die Angst ignorieren und unbeirrt unseren Weg gehen. Ja, da ist Angst, aber wir lassen uns davon nicht beeinflussen. Wir folgen einem Ziel, einem Auftrag. Darauf richten wir den Blick und widmen der Angst keine Aufmerksamkeit und keine Gedanken.
3.- Wir können die Angst unterdrücken, überwinden oder besiegen. Das ist es wohl auch, was Gott von Gideon und seinen Soldaten erwartete. Sie sollten ihre Ängste überwinden und im Vertrauen auf Gott kämpfen. Manchmal ist es besser, Angst zu haben und sie zu besiegen, als gar keine Angst zu haben. Von Seeleuten, die mit ihrem Schiff in einen fürchterlichen Sturm geraten waren, hörte ich einmal diese Äußerung: «Wir haben Angst, weil wir Männer sind.» Das bedeutet, sie wussten um die Gefahr und was alles passieren konnte. Deshalb hatten sie auch Angst. Das kleine Kind weiß eben noch nicht, was alles geschehen kann. Und so fehlt ihm oft die Angst vor den wirklichen Gefahren. Aber das ist kein Zeichen von Mut oder Heldentum. Übrigens Helden sind nicht Typen, die keine Angst haben, sondern die es gelernt haben, ihre Angst zu beherrschen.
4.- Wir können mit Freunden oder Seelsorgern über unsere Ängste reden. Oft bekommen wir dadurch eine neue Perspektive und die von uns gefürchteten Gefahren sehen nicht mehr so bedrohlich aus. Manche Ängste sind auch total unbegründet – und wenn wir darüber nachdenken oder mit jemandem sprechen, wird uns klar, wie sinnlos sie sind. Also gewisse Ängste können durch Therapie und Training überwunden werden.
5.- Das Gebet ist ein sehr wirksames Mittel gegen unsere Ängste. Im Gebet geben wir unsere eigene Schwäche und Machtlosigkeit zu, wir gestehen unsere Angst und suchen bei Gott Hilfe und Schutz. Vor Gott können wir unser Herz ausschütten und ihm unsere Befürchtungen sagen. Schon das allein nimmt eine Menge Druck und Stress von uns. Dann können wir ihn auch bitten, uns zu stärken und beizustehen. Gott erhört und kann unsere Situation ändern.
6.- Gehorsam kann auch helfen, die Angst zu überwinden und Siege zu erringen. Wie oft sagt Gott in der Bibel «Fürchte dich nicht!» Wenn wir diesem Befehl gehorchen, dann muss die Angst fliehen. Eine sehr bekannte Stelle steht in Jes 43, 1. Da heißt es: »Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst! Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du gehörst mir!“ - oder auch in Jes 41,10: «Fürchte dich nicht, ich stehe dir bei! Hab keine Angst, ich bin dein Gott! Ich mache dich stark, ich helfe dir, ich schütze dich mit meiner siegreichen Hand!» Der Befehl, uns nicht zu fürchten, wird hier mit der ganzen göttlichen Autorität und Vollmacht in Verbindung gebracht. Es ist nicht irgendein Mensch, der uns hier einen gut gemeinten Rat gibt. Vielmehr erinnert uns Gott an seine Größe und Allmacht mit der er uns zur Seite steht.
Wer es immer wieder mit Angstzuständen zu tun hat, oder wer sich aus Angst vor den Gefahren des Lebens scheu zurückzieht, findet in der Bibel viel Ermutigung. Das Gebet, die Verheißungen Gottes, den Zuspruch eines verständnisvollen Christen – das alles sind Mittel, die unsere Ängste vertreiben können. Als weitere Hilfe möchte ich noch das Vertrauen erwähnen.
7.- Vertrauen lässt erst gar keine Angst aufkommen. Im so bekannten Psalm 23 finden wir im vierten Vers diesen Gedanken: Und muss ich auch durchs finstere Tal – ich fürchte kein Unheil! Du, HERR, bist ja bei mir; du schützt mich und du führst mich, das macht mir Mut.» Dieses Vertrauen in die Nähe Gottes kann uns alle Angst nehmen. - In der Geschichte von der Stillung des Sturmes, wird ausdrücklich fehlendes Vertrauen (oder der Glaube) als Ursache für Angst genannt.
In Matthäus 8,26 sagt Jesus zu seinen Jüngern: »Warum habt ihr solche Angst? Ihr habt zu wenig Vertrauen! « Dann stand er auf und sprach ein Machtwort zu dem Wind und den Wellen. Da wurde es ganz still.» - Wenn wir Jesus wirklich vertrauen, werden wir keine Angst mehr haben.
8.- Liebe. Es ist interessant, dass Johannes sagt, dass die Liebe die Angst vertreibt. Wörtlich heißt es in 1. Johannes 4, 18 «Die Liebe kennt keine Angst. Wahre Liebe vertreibt die Angst. Wer Angst hat und vor der Strafe zittert, bei dem hat die Liebe ihr Ziel noch nicht erreicht.»
Hier meint Johannes wohl, dass ein gutes Verhältnis zu Gott und unsere Liebe zu Ihm keine Angst vor der Strafe aufkommen lässt. Jedenfalls gibt es keinen Platz für Angst vor Gott, dem Herrn und Richter der Welt, wenn wir ihn lieben. Ob die Liebe zu Gott auch die Angst vor Naturkatastrophen, Verfolgung und Tod oder vor bösen Menschen vertreiben kann, sagt er nicht ausdrücklich. Doch ist anzunehmen, dass wenn die Liebe zu unserem Erlöser groß genug ist, dann spüren wir keine Angst weder vor anderen Menschen oder Umständen noch vor irgendwelchen Gefahren.
9.- Angst. Eine seltsame Waffe gegen die Angst ist die Angst. In der Bibel ist auch diese Erkenntnis zu finden, dass die größere Angst, die kleinere Angst vertreibt. Jesus sagt z.B. in Lukas 12,5 «Ich will euch sagen, wen ihr fürchten sollt: Fürchtet den, der nicht nur töten kann, sondern auch noch die Macht hat, euch ins ewige Verderben zu schicken. Ja, ich sage euch, den sollt ihr fürchten!»
Also hier fordert die Bibel uns auf, Angst vor Gott zu haben, die Furcht nicht zu verdrängen oder zu unterdrücken. Es kommt nur darauf an, dass wir vor den richtigen Personen oder Ereignissen Angst haben. Auch in Psalm 96,4 kommt dieser Gedanke zum Ausdruck, wenn der Psalmist sagt: «Der HERR ist mächtig, groß ist sein Ruhm; mehr als alle Götter ist er zu fürchten.»
Indem wir uns also vor dem mächtigen Herrn und Schöpfer der Welt fürchten, können uns Götter, Geister, Dämonen und selbst der Teufel keine Angst mehr einjagen. Natürlich werden dann auch die Einschüchterungsversuche von menschlichen Autoritäten bei uns wirkungslos bleiben. Das drückt der Psalmist so aus in Psalm 118,6 «Der HERR steht mir bei; nun fürchte ich nichts mehr. Was könnte ein Mensch mir schon tun?» Jesus selbst sagt es ganz deutlich in Matthäus 10,28 «Fürchtet euch nicht vor denen, die nur den Leib, aber nicht die Seele töten können. Fürchtet euch vor Gott, der Leib und Seele ins ewige Verderben schicken kann.»
Trotz aller guten Worte und Verheißungen, weiß Jesus auch, dass wir Angst haben werden. Es ist tröstlich von ihm in Johannes 16, 33 zu hören: «In der Welt habt ihr Angst, aber verliert nicht den Mut: Ich habe die Welt besiegt!» Wir wollen also nicht zu selbstsicher sein und behaupten, dass wir niemals und vor nichts Angst haben. Aber wir wollen aufpassen, wovor wir Angst haben und zu welchen Entschlüssen und Handlungen sie uns motiviert.
Wir beten:
Herr, die Angst ist ein Segen. Sie ist ein Gefühl, das Du uns gegeben hast, um Dich zu respektieren und uns vor Sünde zu hüten. Wir danken Dir dafür. Die Angst kann aber auch ein Fluch sein. Sie kann uns knechten und gefangen halten. Danke für die vielen Beispiele und Verheißungen in Deinem Wort, die uns Mut zusprechen. Danke, dass Du uns liebst und immer bei uns bist. Amen.
Rüdiger Klaue
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Der Bibeltext:
(148,1) Halleluja! Lobet im Himmel den HERRN, lobet ihn in der Höhe!
(148,2) Lobet ihn, alle seine Engel, lobet ihn, all sein Heer!
(148,3) Lobet ihn, Sonne und Mond, lobet ihn, alle leuchtenden Sterne!
(148,4) Lobet ihn, ihr Himmel aller Himmel und ihr Wasser über dem Himmel!
(148,5) Die sollen loben den Namen des HERRN; denn er gebot, da wurden sie geschaffen.
(148,6) Er lässt sie bestehen für immer und ewig; er gab eine Ordnung, die dürfen sie nicht überschreiten.
(148,7) Lobet den HERRN auf Erden, ihr großen Fische und alle Tiefen des Meeres,
(148,8) Feuer, Hagel, Schnee und Nebel, Sturmwinde, die sein Wort ausrichten,
(148,9) ihr Berge und alle Hügel, fruchttragende Bäume und alle Zedern,
(148,10) ihr Tiere und alles Vieh, Gewürm und Vögel,
(148,11) ihr Könige auf Erden und alle Völker, Fürsten und alle Richter auf Erden,
(148,12) Jünglinge und Jungfrauen, Alte mit den Jungen!
(148,13) Die sollen loben den Namen des HERRN; denn sein Name allein ist hoch, seine Herrlichkeit reicht, so weit Himmel und Erde ist.
(148,14) Er erhöht die Macht seines Volkes. Alle seine Heiligen sollen loben, die Kinder Israel, das Volk, das ihm dient. Halleluja!
Worship-Songs und Anbetungs-, beziehungsweise Lobpreislieder sind eine ganz eigene Musikgattung. Viele Gottesdienste wurden dadurch verändert. In großen, alten Kirchen wie in neuen, jungen Gemeinden, in Hauskreisen und im Kämmerlein einsamer Christen wird eine neue Art des Lobpreises praktiziert. Viele Bücher mit Anleitungen und Erklärungen sind über dieses Thema entstanden. Christen aus allen Denomi-nationen vereinen sich im Geiste der Anbetung. Es sind Formen der Kommunikation mit Gott, die es vor 1970 in dieser Art nicht gab. Das Thema „Anbetung“ ist damit ganz neu in den Vordergrund gerückt.
Dabei ist Anbetung nicht eine neue Sache. Es hat sie schon immer gegeben – solange es Menschen gibt. Da waren Kain und Abel, die dem Herrn Opfer darbrachten und ihn damit anbeteten. Da waren Abraham und besonders Isaak, die dem Herrn einen Altar bauten und ihn da anbeteten. Mose führte den geordneten Gottesdienst mit Priestern, Opfern und einer regelrechten Liturgie ein. Zur Zeit der Könige war die Anbe-tung Gottes im Tempel ein bedeutender Teil im kulturellen und religiösen Leben des Volkes Gottes. Aus dieser Zeit stammen ja auch die Psalmen David, die Lieder und Gebete der israelitischen Gemeinde.
So könnten wir mit Beispielen fortfahren. Auch im Neuen Testament finden wir Menschen, die Gott anbe-ten. Denken wir nur an das Bekenntnis des Petrus, an den Hauptmann Cornelius an Paulus und Silas im Gefängnis von Philippi, an Lydia und die erste Gemeinde.
Anbetung gehört zum Christen – es ist der Sinn unseres Lebens. Wir existieren nur, um Gott zu verherrli-chen, ihn anzubeten und zu loben. Anbetung ist mehr als nur eine besondere Zeit Gottesdienst oder eine bestimmte Art von Gesang, es ist unser ganzes Sein. Die Formen haben sich im Laufe der Jahrhunderte geändert und werden sich weiter ändern. Aber die Tatsache bleibt, dass es zu jeder Zeit unsere höchste Pflicht und Aufgabe ist, unseren Schöpfer anzubeten und zu verherrlichen.
Rufen wir uns noch einmal ein paar Grundprinzipien der Anbetung ins Gedächtnis. Zunächst überrascht es uns vielleicht, wenn wir uns klar machen, wer überhaupt anbeten kann und darf. Wir denken manch-mal, dass nur die Christen das Bedürfnis und die Verpflichtung der Anbetung haben. Aber das ist nicht so.
Wer betet an? Die Anbeter!
Anbetung ist in vielen Religionen bekannt. Sogar bei den Heiden und Spiritisten wird eine Art Anbetung praktiziert. Die heidnischen Völker um Israel hatten ihre eigene Form der Götzenverehrung. Und auch heute sehen wir Menschen, die keine Christen sind und nicht an den Schöpfergott glauben, wie sie ihre Rituale der Anbetung mit Zauberformeln und mysteriösen Handlungen vollziehen.
Von den Muslimen wissen wir, dass sie sehr strenge Regeln der Anbetung haben. Da müssen täglich be-stimmte Zeiten und Formen eingehalten werden. Dazu gehört auch dass Knien und Verneigen in Richtung Mekkas. Auch Spiritisten haben eine große Ehrfurcht vor den unsichtbaren Geistern. Sie beten zu einer Vielzahl von Göttern und Götzen. Wohl in allen Religionen gibt es das Bewusstsein, dass da höhere We-sen existieren, von denen wir abhängig sind und die wir verehren und anbeten müssen.
Interessant ist aber, dass nicht nur Menschen aller Kulturen und Religionen anbeten, sondern auch die Na-tur selbst. In dem eingangs gelesenen Psalm fordert der Sänger zunächst alle gläubigen Israeliten und alle Menschen zum Lobpreis Gottes auf, dann aber auch die Engel und alle himmlischen Mächte - sogar Son-ne, Mond und Sterne sollen Gott verehren und anbeten. Später ruft er noch Hügel und Obstbäume und Wälder sowie auch Blitze, Hagel, Schnee und Wolken zur Anbetung.
Der Aufruf an die übrige Schöpfung ist eigentlich unnötig, denn Berge und Hügel, Bäume, Feuer, Hagel und Schnee sind nicht beseelt und können nicht sprechen und nicht anbeten. Und doch loben sie Gott, in-dem sie nur da sind und das tun, wozu Gott sie geschaffen hat. Die Natur betet Gott an, indem sie ist wie sie ist – ohne besondere Anstrengungen und Vorbereitung.
Warum ist es dem Psalmisten nur so wichtig, dass alle Menschen, Tiere, Pflanzen und Naturerscheinun-gen Gott anbeten sollen? Ich vermute, es ist wegen der überwältigenden Größe, Macht und Herrlichkeit Gottes. Einer alleine oder nur eine kleine Gruppe ist viel zu wenig - alle, die ganze Schöpfung ist Gott das Lob schuldig. Und nur so wird die Herrlichkeit Gottes deutlich.
Anbetung ist also eine Verpflichtung, die alle Menschen, Tiere und die ganze Schöpfung hat. Gott selbst ermutigt uns dazu, er ruft uns auf, ja fordert sie von uns. Anbetung ist aber auch ein Bedürfnis aller Krea-turen. Vielerorts geschieht sie unaufgefordert, spontan und freiwillig.
Wen oder was beten wir an
Nun wollen wir uns noch über das Gegenüber, das Ziel der Anbetung nachdenken.
Während die einen Gott, den Schöpfer anbeten, beten andere den Teufel, den großen Widersacher Gottes an. Manche beten Götter an oder Geister.
Ps. 150 zeigt uns, wen wir anbeten sollen wenn es heißt: Lobt den Herrn in seinem Heiligtum, lobt ihn in der Feste Seiner Macht.“ Gott, und er allein ist würdig Anbetung anzunehmen. Deshalb ist es auch nach biblischem Verständnis eine Sünde, wenn wir etwas anderes verehren als ihn allein.
Und doch kommen die Menschen auf allerhand seltsame Ideen. Sie wenden sich der Schöpfung zu oder anderen Menschen oder sich selbst. Sehen wir noch einige Dinge, die als anbetungswürdig verehrt wur-den:
Wenn wir von den Dingen sprechen, die alle von Menschen angebetet werden, da müssen wir einmal die Natur erwähnen; also Sonne, Mond und Sterne. In 2. Könige 21, 3 lesen wir: und der König Manasse bau-te wieder die Höhen auf, die sein Vater Hiskia zerstört hatte, und richtete dem Baal Altäre auf und machte ein Bild der Aschera, wie Ahab, der König von Israel, getan hatte, und betete alles Heer des Himmels an und diente ihnen.“
Da sehen wir, dass sogar das Volk Gottes sich von seinem Herrn abgewandt hatte und die Natur anbetete. Scheinbar liegt ein besonderer Reiz darin, Sonne, Mond und Sterne anzubeten. Von den Incas in den An-den wissen wir, dass sie die Sonne verehrten. Sie sahen in ihr die größte Leben spendende Kraft, die sie sich vorstellen konnten. Wärme und Licht kommen von diesem Gestirn. Ohne Sonne würde alles Leben auf dieser Erde zugrunde gehen.
Aber die Incas beteten auch die Berge an. In den Anden gibt es sehr viele Vulkane. Aus Erfahrung wussten die Indios, dass in diesen Bergen ungeheure Kräfte wohnten - zerstörerische Kräfte, die man besänftigen musste; die man aber auch evtl. Für seine Zwecke gebrauchen konnte.
Bei den Naturvölkern werden oft auch Tiere verehrt: Elefanten, Kühe, Tiger und Löwen. Meistens ge-schieht diese Verehrung aus Unwissenheit über den wahren Gott und Schöpfer. Es zeigt ein Suchen nach der eigentlich Kraft, die alles geschaffen hat und erhält. Besonders traurig ist es allerdings, wenn ein Volk, wie Israel, das sehr viel über den wahren Gott wusste, wieder zurückfällt in den Götzendienst. Und das ist immer wieder geschehen. Mal war es ein goldenes Kalb, mal die Gestirne, mal die Götter ihrer Nachbar-völker, mal selbstgefertigte Standbilder aus Holz oder Lehm.
Heute betrachten wir uns ja als aufgeklärt und wissen, wie die Natur entstanden ist. Einem gebildeten Menschen wird es kaum noch einfallen, sich vor Gegenständen, vor Himmelskörpern oder vor der Natur zu verneigen und sie anzubeten. Es gibt aber auch noch andere Gegenstände unserer Verehrung oder Göt-zen. Dazu gehören die Menschen selber.
Dabei denken wir vielleicht zuerst an Menschen wie Michael Jackson, oder an Barak Obama, vielleicht auch an den Dalai Lama. Das sind Persönlichkeiten, die es im Ansehen in der Gesellschaft schon fast zu Halbgöttern gebracht haben. Sie sind Idole geworden. Ein Idol ist ein Bild, ein Abbild, eine Ikone, viel-leicht auch ein Vorbild oder Götzenbild. In diesem Sinne haben wir ja noch mehr Götter auf Lager: Schauspieler, Fußballstars, Popmusiker oder die Prominenten aus den Königshäusern.
Aber wir brauchen gar nicht so weit aus unserem Haus zu gehen. Manchmal ist es die Geliebte, die ver-göttert wird, manchmal die Ahnen, die eigenen Kinder oder sogar wir selbst: unser Verstand, unser Erfolg, unsere Leistung. Na, die Liste ließe sich noch lange fortführen. Anbetung braucht einen Gegenstand und wir können überall so etwas finden. Natürlich sind solche Götter nur ein schwacher Ersatz für den wahren Schöpfergott. Alle Götzen sind vergänglich, mit Fehlern behaftet und unwürdig, Verehrung zu empfangen. Sie alle werden uns eines Tages enttäuschen.
Um das Thema „Anbetung“ noch weiter zu ergänzen, sollten wir auch über die verschiedenen Formen der Anbetung nachdenken.
Wie beten wir an
Also Anbetung findet viele verschiedene Ausdrucksformen. Als erstes denken wir da vielleicht an das Ge-bet, wie es ja auch schon in dem Begriff „Anbetung“ mitklingt. Das würde bedeuten, dass wir Gott mit unserer Stimme, mit unseren Gedanken und Gefühlen unsere Ehrerbietung beweisen. Aber es gibt noch viele andere Möglichkeiten. Sehr oft wird Gott heute in den Gemeinden durch Lieder und Musik geehrt. Dabei spielen Instrumente, Dichter, Musiker, Künstler eine Rolle. Sie alle setzen ihre Begabungen und ihr Können für die Anbetung Gottes ein. Aber auch Leute die nicht am Gottesdienst, in der Liturgie, in Ritua-len oder in der Anbetungszeit beteiligt waren, können Gott mit ihren Gaben verehren. Maler, Bildhauer, Schriftsteller, Komponisten und andere Künstler haben schon auf bedeutende Weise mit ihren Werken zur Verherrlichung Gottes beigetragen.
Nun muss Anbetung aber nicht immer durch unseren Dienst, durch unsere Werke und Anstrengungen ge-schehen. Manchmal können wir Gott auch durch einen Verzicht, durch ein Opfer oder das Ruhen und Stil-le verehren. Überhaupt wird Gott vielleicht mehr durch unser sein, durch unser Wesen, unsere Einstellung geehrt, als durch viele Bemühungen und Taten.
Im Psalm 148 werden wir sehr enthusiastisch zur Anbetung aufgefordert: Wir Menschen und die ganze Schöpfung. Und vielfach geschieht schon sehr lebendige Anbetung in manchen christlichen Gemeinden. Aber, wenn wir ehrlich sind, fällt doch vielen von uns das Gebet und die Anbetung doch recht schwer. Entweder wir sind bald am Ende mit unserem Lobpreis oder wir gleiten ab in Klagen und Bitten. Nun können Bitte und Fürbitte auch eine Art Anbetung sein, aber der Psalmdichter erwartet hier wohl etwas anderes.
Was brauchen wir zur Anbetung?
Eigentlich brauchen wir nichts zur Verehrung unseres Gottes. Wir können so kommen wie wir sind, wir können da Anbeten, wo wir gerade stehen. Und doch brauchen wir auch Hilfsmittel, die uns in die rechte Verfassung bringen. Deshalb gibt es auch eine Vielzahl von Möglichkeiten die in unseren Gemeinden an-gewendet werden, um unsere Anbetung wirkungsvoller zu machen. Schon in dem eingangs gelesenen Psalm finden wir eine deutliche Aufforderung und einen Ansporn, den Schöpfer mit aller Kraft zu ehren. So haben wir auch heute in den Gemeinden so genannte „worship leader“ oder Anbetungsteams, die mit Musik und aufmunternden Reden die Versammlung anfeuern, Gott zu verherrlichen. Auf diese Weise sol-len die Gemeindeglieder in eine bestimmte Verfassung, Gemütsbewegung und Stimmung versetzt werden. Damit soll das Lob Gottes überzeugender und vielleicht wirkungsvoller sein.
In eine entsprechende Stimmung kommt man aber nicht nur durch das Anfeuern eines Lobpreisleiters. Bei mir hilft das gewöhnlich wenig. Doch kann ich manchmal auch durch eine Predigt, durch das Abendmahl oder auch das einfache Lesen des Wortes Gottes zum Lob angeregt werden. Es kann uns auch helfen, uns in der Stille auf Gott einzustellen, zu meditieren und uns von Hektik und Stress zu distanzieren.
Anbetung braucht Hilfsmittel. Es ist auch nicht falsch, solche Mittel zu suchen und einzusetzen. Sie trei-ben uns manchmal unerwartet und überraschend in die Anbetung. Das kann z.B. eine sehr schöne Land-schaft sein, eine See, eine Berglandschaft, eine Blume, ein Sonnenuntergang, ein Regenbogen, ein Natur-schauspiel. Da kommen dann ganz automatisch Worte über die Lippen wie diese: „Oh Gott, wie groß und wunderbar bist du. Wir herrlich hast du die Welt gemacht. Ich Danke dir dafür.“
Ein andermal werden wir durch schöne Musik, eine besonders feierliche Atmosphäre, oder vielleicht auch Bilder bewegt, dankbar an Gott zu denken. Oder wir haben ein Wunder erlebt, eine Gebetserhörung oder Bewahrung. Das führt uns dann automatisch zum Lobpreis Gottes. Aber auch Krankheit, Not und schwere Erfahrungen können einen Menschen Gott näher bringen und ihn zur Beugung und Anbetung bewegen.
Wenn wir heute hier anbeten, dann wissen wir, dass wir in einem Heer von anderen Menschen, Wesen und Werken Gottes stehen, die anbeten.
Wir wissen, dass wir den wahren, lebendigen, allmächtigen Gott anbeten, den Schöpfer der Welt und Va-ter unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus.
Wir wissen, dass Anbetung alles sein kann und muss, was wir in unserem Leben tun, aber dass es auch eine besondere Zeit sein muss, die wir extra dafür zur Seite setzen.
Wir wissen, dass die wirkliche vollkommene Anbetung erst im Himmel stattfinden wird, in der Gegen-wart Gottes, für alle Ewigkeit – bis dahin brauchen wir noch Hilfsmittel, Ansporn, Aufforderung etc.
Anbetung gehört zum Christen – es ist der Sinn unseres Lebens überhaupt. Wir existieren nur, um Gott zu verherrlichen, ihn anzubeten und zu loben.
Wir beten:
Herr, wir beten Dich an, und nur alleine Dich! Bewahre unsere Herzen davor, uns nichtigen Idolen und Göttern zuzuwenden und ihnen mehr Aufmerksamkeit zu schenken als Dir. Und schenke uns ein dankba-res Herz, das Dich gerne und ansteckend verehrt. Amen.
Rüdiger Klaue
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...bereits 2134 x gelesen
Aber Gott legt hier keine Rechenschaft ab, er gibt weder logische oder philosophische noch theologische Argumente für sein Handeln an Hiob. Er sagt auch nichts zu den langen Reden und Diskussionen der Freunde. Er sagt nicht, wer recht hat und warum.
Er kritisiert auch nicht ihre Theologie, an der doch offensichtlich manches nicht in Ordnung war. Er beanstandet nicht ihren moralischen Wandel oder ihre Lieblosigkeit. Gott gibt hier keine Warnungen, keine Verheißungen, er spricht kein Urteil aus. Es ist, als habe er gar nicht hin gehört.
Gott reagiert mit einem Thema, das scheinbar nichts mit der Problematik und den Diskussionen der Menschen um das Leid in der Welt zu tun hat.
Vor allem stellt Gott jetzt einmal dem Hiob ein paar Fragen. Er fragt:
(38, 4) »Wo warst du denn, als ich die Erde machte?
(38,5) Wer hat bestimmt, wie groß sie werden sollte? Wer hat das mit der Messschnur festgelegt?
(38,6) Auf welchem Sockel stehen ihre Pfeiler?
(38,19) Kennst du den Weg zum Ursprung des Lichtes? Von welcher Stelle kommt die Dunkelheit?
(38,22) Hast du die Vorratskammern schon gesehen, wo ich den Schnee und Hagel aufbewahre?
(38,23) Ich halte sie bereit für Unheilstage; mit ihnen greif ich ein in Kampf und Krieg.
(38,24) Wo ist der Weg zum Ort, an dem die Sonne aufgeht und wo der Platz, von dem der Ostwind kommt?
(38,25) Wer bahnte dem Gewitter seinen Weg?
(38,27) Wer stillt den Durst der ausgedörrten Erde, damit sie grünes Gras aufsprießen lässt?
(38,28) Denk an den Regen: Hat er einen Vater? Und sieh den Tau: Hat jemand ihn gezeugt?
(38,29) Wo kommt das Eis her? Wer ist seine Mutter? Und welcher Schoß gebar den Reif und Frost,
(38,31) Kannst du das Siebengestirn zusammenbinden? Löst du den Gürtel des Orions auf?
(38,32) Lenkst du den Großen und den Kleinen Wagen? 33 Kennst du die Ordnung, der der Himmel folgt?
(38,34) Rufst du den Wolken dort Befehle zu, damit sie Regen auf dich strömen lassen?
(38,35) Schickst du die Blitze auf die Erde nieder? 37 Wer zählt die rechte Zahl von Wolken ab?
(38,39) Treibst du der Löwin ihre Beute zu? Stillst du die heiße Gier der jungen Löwen,
(38,40) wenn sie sich in den Höhlen niederkauern, in dichten Büschen auf der Lauer liegen?
(38,41) Wer ist es, der den Raben Futter gibt, wenn ihre Jungen nichts zu fressen finden und mir laut schreiend ihren Hunger klagen? «
Es sind eher Examensfragen, wo das Wissen des Schülers getestet wird. Hiob soll zeigen, was er alles weiß. Außerdem sind es Rätsel und Geheimnisse, von denen der Lehrer genau weiß, dass der Schüler sie nicht lösen kann. Es sind also rhetorische Fragen.
Gott sucht keine Antworten von Hiob, sondern er möchte ihn damit etwas lehren, auf etwas aufmerksam machen. Hiob muss ehrlicherweise zu allem sagen: »Ich weiß es nicht, ich kann es nicht«. Das ist demütigend für ihn.
Er glaubte, Gott Fragen stellen zu können und auf einige Fehler aufmerksam machen zu müssen. So als ob Gott ihm eine Antwort schuldig wäre. Nun zeigt Gott ihm, dass das, was er weiß, nur ein ganz kleiner Teil ist von dem, was er nicht weiß.
Die Fragen, die Gott hier stellt, sind zugleich auch Antworten. Die Antwort ist immer gleich und lautet: »Gott kann es, Gott weiß es. « So wird durch die Fragen die Weisheit Gottes offenbar; seine Allwissenheit, seine Allmacht und seine Allgegenwart. Es wird deutlich: Gott ist der Architekt, der Schöpfer, Herr, Erhalter und Überwacher der Welt.
Mit den Fragen wird uns die Welt in Bildern vorgestellt, die sehr originell und anschaulich sind. Gott fragt Hiob z.B.
(38,19) »Kennst du den Weg zum Ursprungsort des Lichtes? Von welcher Stelle kommt die Dunkelheit?
(38,22) Hast du die Vorratskammern schon gesehen, wo ich den Schnee und Hagel aufbewahre? «
Auch das Bild der Familie wird gebraucht, um Naturerscheinungen zu erklären.
(38,28) »Denk an den Regen: Hat er einen Vater? Und sieh den Tau: Hat jemand ihn gezeugt?
(38,29) Wo kommt das Eis her? Wer ist seine Mutter? Und welcher Schoß gebar den Reif und Frost.«
Nun wendet sich Gott dem Firmament zu. Er fragt Hiob:
(38,31) »Kannst du das Siebengestirn zusammenbinden? Löst du den Gürtel des Orions auf? Lenkst du den Großen und den Kleinen Wagen?
(38,33) Kennst du die Ordnung, der der Himmel folgt, und machst sie gültig für die ganze Erde?«
Aber Gott gebraucht die Sprache und die Vorstellungen der Menschen, um zu zeigen, wie ohnmächtig wir sind. Wir können die Himmelskörper nicht erreichen, nicht verändern, organisieren und schon gar nicht herstellen. Aber Gott ist der Herr auch über den Weltraum.
In Kapitel 39 wendet sich Gott den Tieren zu. Er fragt:
(39,1) »Kannst du mir sagen, wann die Gämse wirft? Sahst du der Hirschkuh beim Gebären zu?
(39,2) Weißt du, wie viele Monate sie tragen? Wann kommt für sie die Stunde der Geburt?
(39,3) Sie kauern nieder, werfen ihre Jungen und schnell sind sie den Schmerz der Wehen los.
(39,4) Die Jungen wachsen, werden groß und stark, sie laufen fort und kehren nicht zurück.«
Jede Tierart hat eine bestimmte Zeit bis zur Geburt der Jungen. Die Dauer des Tragens ist nach Größe, Umwelt, Lebensbedingungen und Jahreszeit berechnet. Und diese Information ist in den Tieren eingebaut. Sie ist schon in ihren Genen und niemand muss sie lehren oder erinnern, wann ihre Zeit zum Gebären ist.
In den Versen 9 - 12 spricht Gott davon, dass der Mensch eben doch nicht Herr über alle Tiere ist und sie sich untertan machen kann.
Gott formuliert seine Fragen fast mit Humor und einem Augenzwinkern:
(39,9) »Meinst du vielleicht, der Wildstier wird dir dienen? Verbringt er wohl die Nacht in deinem Stall?
(39,10) Und lässt er sich von dir am Leitseil führen, damit er Furchen pflügt auf deinem Feld?
(39,11) Darfst du ihm trauen, seine Kräfte nutzen, dass er den Wagen mit den Garben zieht?
(39,12) Kannst du erwarten, dass er deine Ernte dir schön gehorsam auf die Tenne bringt?«
Man merkt Gott bei seinen Fragen an, wie stolz er auch auf seine Schöpfung ist. Im Kapitel 40 erwähnt er den Behemot, von dem wir nicht genau wissen, was für ein Tier das war, das aber oft mit ‘Nilpferd’ wiedergegeben wird:
(40,15) »Sieh dir als Beispiel doch das Nilpferd an, das mein Geschöpf ist gradeso wie du! Es frisst zwar Gras, nicht anders als ein Rind,
(40,16) doch achte auf die Kraft in seinen Lenden und sieh die starken Muskeln seines Bauches!
(40,17) Sein Schwanz ist kräftig wie der Stamm der Zeder, die Sehnen seiner Schenkel stark wie Seile.
(40,18) Die Knochen gleichen festen Bronzeröhren, die Rippen sind so hart wie Eisenstangen.
(40,19) Es ist ein Meisterwerk in meiner Schöpfung, und niemand als sein Schöpfer kann's bezwingen.«
Gott fragt:
(40,25) »Fängst du das Krokodil mit einer Angel, dass ihm die Schnur die Zunge niederdrückt?
(49,26) Ziehst du ein Binsenseil durch seine Nase und schlägst ihm einen Haken durch den Kiefer?
(40,27) Wird es dich vielmals um Erbarmen bitten und dir mit vielen Zärtlichkeiten schmeicheln?
(40,28) Schließt du mit ihm gar einen Dienstvertrag, dass es als Knecht für immer bei dir bleibt?«
Er erwähnt nicht nur, was er sieht, sondern Gott vergleicht sehr poetisch und anschaulich jedes Glied mit irgendeinem anderen Element oder Gegenstand aus der Natur. Dazu zeigt er, wie menschliche Waffen und Werkzeuge so machtlos sind gegen dieses Wesen.
Zum Schluss von Kapitel 41 sagt Gott:
(41:25)»Auf Erden kannst du nichts mit ihm vergleichen; so furchtlos ist kein anderes Geschöpf.
(41:26) Selbst auf die Größten blickt es stolz herab, es ist der König aller wilden Tiere. «
Nun endlich erkennt Hiob, dass er ein Sünder ist. Er sagt zu Gott:
(42, 2)»Ich weiß jetzt, dass dir nichts unmöglich ist; denn alles, was du planst, führst du auch aus. In meinem Unverstand hab ich geredet von Dingen, die mein Denken übersteigen.
(42,5) Ich kannte dich ja nur vom Hörensagen; jetzt aber hat mein Auge dich geschaut.
(42,6) Ich schäme mich für alles, was ich sagte; in Staub und Asche nehme ich es zurück.«
So wie ihm ist es schon manch einem Sünder ergangen: die Buße kam mit der Erkenntnis Gottes. Ich denke da gerade an den großen Propheten Jesaja. Er schreibt: »Es war in dem Jahr, als König Usija starb. Da sah ich den Herrn; er saß auf einem sehr hohen Thron« (Jesaja 6,1), und dann beschreibt er die Heiligkeit und Herrlichkeit Gottes, die er gesehen hat: »Vor Angst schrie ich auf: »Ich bin verloren! Ich bin unwürdig, den Herrn zu preisen, und lebe unter einem Volk, das genauso unwürdig ist! « (Jesaja 6,5). Seine Sündenerkenntnis kam, als er die Herrlichkeit Gottes sah. Ähnlich ging es anderen Propheten, wie z.B. Mose, Gideon und Hesekiel oder im Neuen Testament Paulus.
Der Schluss des Buches birgt noch einmal eine Überraschung. Gott verurteilt die Freunde Hiobs. Es heißt da:
(42,7)»Nachdem der Herr das alles zu Ijob gesagt hatte, wandte er sich an Elifas von Teman und sagte: »Ich bin zornig auf dich und deine beiden Freunde; denn ihr habt nicht die Wahrheit über mich gesagt wie mein Diener Ijob.
(42,8) Darum holt euch jetzt sieben junge Stiere und sieben Widder, geht damit zu Ijob und opfert sie mir als Brandopfer für eure Schuld. Mein Diener Ijob soll für euch beten; denn auf ihn werde ich hören und euch nicht für euren Unverstand bestrafen.«
Doch Gott sieht das anders; er sieht das Herz an und hat bei den Freunden wohl auch Stolz, Rechthaberei und Selbstgerechtigkeit entdeckt. Nun soll Hiob für sie beten. Was mag er gebetet haben? Wahrscheinlich ein priesterliches Gebet um Gnade, Vergebung und Frieden für seine Freunde.
Ob es ihm leicht gefallen ist, für die zu beten, die ihn so missverstanden und beschimpft hatten? Es war noch eine Prüfung, in der er seine neue Bereitschaft zum Gehorsam unter Beweis stellen konnte.
Aber auch die Freunde wurden auf eine harte Probe gestellt. Sie sollten sich demütigen, Opfer bringen und Hiob für sich beten lassen. Sie nahmen das Urteil Gottes an. Es heißt:
(42,9) »Elifas aus Teman, Bildad aus Schuach und Zofar aus Naama taten, was der Herr ihnen gesagt hatte, und der Herr nahm Ijobs Gebet für sie an. «
Wir beten:
Herr, wir danken Dir für diese Geschichte und alle Lehren, die wir auch heute noch daraus ziehen können. Wir danken Dir, dass Du auch uns in diesem Buch begegnet bist. Amen.
Rüdiger Klaue
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...bereits 1418 x gelesen
(31,1) »Die drei Männer gaben es auf, mit Ijob zu reden, weil er sich selbst für unschuldig hielt.
(32,2) Aber ein anderer, der dabeistand, Elihu, der Sohn Barachels, ein Busiter aus der Sippe Ram, konnte nun nicht länger an sich halten. Er war zornig auf Ijob, weil der sich im Recht sah und Gott die Schuld zuschob.
(32,3) Er war aber auch zornig auf die Freunde Ijobs, weil sie es nicht fertig brachten, Ijob seine Schuld nachzuweisen.
(32,4) Weil Elihu jünger war als die anderen, hatte er sich zurückgehalten, solange sie mit Ijob redeten.
(32,5)Doch als er sah, dass sie nichts mehr zu sagen wussten, ließ er seinem Zorn freien Lauf.«
Auch konnte er seine Freunde nicht von seiner Gerechtigkeit überzeugen. Trotzdem hatten beide Seiten in gewisser Weise recht. Hiob war ein gottesfürchtiger Mann, das wird ihm schon zu Beginn des Buches von höchster Stelle bestätigt. Da sagt Gott zu Satan: »Hast du auch meinen Diener Ijob gesehen? So wie ihn gibt es sonst keinen auf der Erde. Er ist ein Vorbild an Rechtschaffenheit, nimmt Gott ernst und hält sich von allem Bösen fern.« (Hiob 1,8)
Andererseits hatten aber auch die Freunde recht, wenn sie behaupteten, Hiob sei ein Sünder. Alle Menschen sind Sünder, das sagt auch Paulus deutlich im Neuen Testament: »Kein Mensch kann vor Gott als gerecht bestehen,« (Römer 3, 10) - auch Hiob nicht. Und Jesaja sagt: »Wir alle sind von Unrecht befleckt; selbst unsere allerbesten Taten sind unrein wie ein schmutziges Kleid.« (Jesaja 64,5).
Beide Standpunkte gaben aber nicht eine zufrieden stellende Antwort auf die Frage nach dem Leid. Warum sollte Hiob so viel erleiden, wenn er doch ein guter Mensch war? Wofür sollte er hier bestraft werden? Anderseits: wenn doch alle Menschen Sünder waren, warum sollte es nur Hiob so schlecht gehen?
Nachdem nun alle ihre Argumente und Erklärungen hervor gebracht haben, wird es still. Das heißt nicht, dass eine Antwort gefunden war, es bedeutete wohl mehr, dass es hier keine einfache Antwort gab. Keiner spricht es aus und keiner möchte sich als besiegt ergeben, aber doch sagt das Schweigen: »Wir wissen es nicht, wir haben keine Erklärung für die Leiden von Hiob. Alles sind Versuche, es ist ein Raten und Vermuten. « Aber völlig befriedigt ist keiner, weder Hiob noch seine Freunde - und das Elend Hiobs besteht weiter. Es wird wohl grundsätzlich sehr schwierig sein, eine allgemein gültige Antwort auf das Leiden zu finden.
Nun meldet sich Elihu zu Worte. Bisher hat er noch nichts gesagt. Es ist auch nicht klar, woher er auf einmal auftaucht. Richtig zu Hiobs Freunden zählte er nicht, zumal er auch zur jüngeren Generation gehörte. Ich könnte mir vorstellen, dass die Unterhaltungen der Freunde hier halbwegs öffentlich geführt wurden. Es ist anzunehmen, dass Zuhörer irgendwo im Hintergrund standen und alles mit verfolgten. So lernte man. Hiob und seine Freunde wussten das und wahrscheinlich motivierte die Anwesenheit von anderen Leuten sie zu weiteren Erklärungen und Argumenten.
Bei Elihu - sein Name bedeutet »Gott ist Jehowa«, was vermuten lässt, dass er aus einer frommen Familie stammte - hatte sich mit dem Fortgang der Gespräche immer mehr Zorn aufgestaut. Er war zornig auf Hiob, dass er sich immer noch rechtfertigte und seine Sünden nicht zugeben wollte - und er war zornig auf die Freunde, die Hiob nicht von seiner Sünde überzeugen konnten. So weist er beide Seiten zurecht.
Elihu beginnt mit einer langen, ausführlichen, blumenreichen Einleitung über das ganze Kapitel 32. Er rechtfertigt sein Eingreifen damit, dass er neue Argumente ins Gespräch bringen könnte. So überzeugt ist er von seiner Weisheit, dass er sie unbedingt los werden muss. Nun sagt er:
(32,6) »Ich bin noch jung, bin nicht so alt wie ihr; drum hielt ich mich zurück und scheute mich, mein Wissen vor euch Männern auszubreiten.
(32,7) Ich sagte mir: ›Erst soll das Alter reden, Erfahrung langer Jahre hat den Vortritt.‹
(32,8) Doch was den Menschen klug macht, ist der Geist, der Hauch, den Gott ihm eingeblasen hat.
(32,9) Ob einer weise ist, liegt nicht am Alter; was recht ist, weiß man nicht aufgrund der Jahre.«
Aber, wenn wir die Rede des Elihu lesen fragen wir uns, ob dieser Mann wirklich die Weisheit Gottes weiter gab. Es hat den Anschein, als hätte er zwar gewusst, wo Weisheit zu bekommen ist, aber er hat diese Quelle nicht angezapft.
Elihu sagt, er will Hiobs die rechten Antworten geben. Zuerst nimmt er Bezug auf die Behauptung:
(33,9) »9 Ich weiß von keiner Schuld und keinem Unrecht, unschuldig bin ich, frei von jedem Tadel.
(33,10) Doch Gott erfindet immer neue Gründe, damit er mich als Feind behandeln kann. «
(33,12) »Ich muss dir sagen, Ijob, du hast Unrecht. Mit Menschenmaß lässt Gott sich niemals messen!
(33,13) Was hast du ihm denn letztlich vorzuwerfen? Dass er zu allen deinen Fragen schweigt? «
(33,19) »Gott mahnt (oder warnt) die Menschen auch durchs Krankenlager, wenn jemand Schmerz in allen Gliedern fühlt.«
Als nächstes möchte Elihu einen weiteren Satz widerlegen, den Hiob gesprochen hat:
(34,6) Das Urteil über mich hat er gefälscht, sein Pfeil bringt mir den Tod ganz ohne Schuld! «
Elihu entgegnete:
(34,12) »Gott tut gewiss kein Unrecht, nie und nimmer! Er, der Gewaltige, verdreht kein Recht! «
Er begeht den Fehler, den viele wohlmeinende Tröster in einer ähnlichen Lage begehen würden. Anstatt dem Leidenden Verständnis und Trost zu bringen, schleudert Elihu ihm zornig und überheblich die Wahrheit an den Kopf.
Der arme Hiob. Ihn plagen die Schmerzen in den Knochen, die Haut juckt, es ist ihm übel, das Fieber brennt in seinem Innern und er fühlt sich schlapp und krank. Und hier kommt einer nach dem anderen mit langen Reden, komplizierten Argumenten, Erklärungen, Anklagen, Kritik, Schuldzuweisung und dem Ruf zur Buße. Sie sind zornig und arrogant und verstehen sich als Gottes Advokaten - aber es fehlt ihnen das wichtigste: Die Liebe.
Trotzdem haben wir hier viel über Gott erfahren. Das Ringen der Männer um Erklärung für das Leid hat zum Studium des Wesens Gottes geführt, zum Beobachten, Suchen, Lernen. Und es hat manche neuen Erkenntnissen gebracht. So ist es wohl immer: Wenn wir uns in dringenden Fragen und in Not und Verzweiflung an Gott wenden, lernen wir neue Seiten an ihm kennen und unser Gottesbild wird nach und nach kompletter und vollständiger.
In einem müssen wir Elihu aber auch recht geben. Er sagt über Hiob:
(34, 37) »Zu seinen Sünden fügt er Rebellion; in unserer Mitte sät er Zweifel aus und häuft die bösen Worte gegen Gott.‹«
So sehr wie wir seine Lage, seine Leiden und Versuchungen verstehen und Ausschreitungen entschuldigen können, sie waren nicht richtig. Diesen Aspekt im Leben des Hiob dürfen wir nicht verschweigen; denn wer gerecht sein will, darf nicht verwerfen, was gut und richtig ist auf beiden Seiten; er darf aber auch nicht gut heißen oder verteidigen, was falsch ist.
Hiob hat gegen Gott rebelliert, er hat Gott angeklagt und hat Gottes Gerechtigkeit und Liebe infrage gestellt. Einem ungläubigen Beobachter hätte er damit das Bild von Gott verdunkelt und manch einen schwachen Christen ebenfalls zu Zweifel und Unglaube verleiten können. Zum Glück hatten Hiobs Freunde sehr starke Überzeugungen und standen ganz entschieden auf Gottes Seite.
Noch einmal greift Elihu eine Frage Hiobs auf und beantwortet sie:
(34,3) »Du sagst zu ihm: ›Was nützt mir meine Unschuld? Sie fällt bei dir ja doch nicht ins Gewicht!‹
(34,4) Auf diese Frage will ich Antwort geben; sie gilt zu gleicher Zeit für deine Freunde:
(34,6) Mit deiner Sünde kannst du Gott nicht schaden und alle deine Fehler tun ihm nichts.
(34,7) Ihm bringt' s auch nichts, wenn du das Rechte tust; er ist auf dein Geschenk nicht angewiesen.
(34,8) Dein Mitmensch leidet unter deiner Bosheit und ihm nur nützt das Gute, das du tust. «
Schon vorher in Kap. 22 wurde dieser Gedanke von Elifaz angesprochen:
(22, 2)»Wie kann ein Mensch für Gott von Nutzen sein! Sich selber nützt der Mensch, der Einsicht hat!
(22,3) Was bringt es Gott, wenn du das Rechte tust? Hat er Gewinn, wenn du vollkommen bist? «
Andererseits stimmt diese Behauptung aber auch nicht! Denn Gott ist wohl interessiert an dem was wir sagen, was wir tun, wie es uns geht. Er liebt uns doch. Seine Aufmerksamkeit, seine Fürsorge, sein Erbarmen ist uns zugewandt. Wenn Hiob auch Gott nicht verstehen konnte und Ihn nicht zum Reden und Handeln bewegen konnte, Gott war doch da, er war sehr interessiert an Hiobs Verhalten, er hatte Mitleid mit ihm und er plante schon etwas sehr Schönes für Hiobs Zukunft.
In den Kapiteln 36 und 37 finde ich kaum noch neue Gedanken, alles wurde schon vorher von Hiobs Freunden angesprochen. Nun versucht Elihu noch sehr ausführlich in bilderreicher Sprache die Größe und Macht Gottes zu veranschaulichen. In diesen Versen erhalten sicherlich viel Stoff und ein paar kernige Aussagen, die sich für heutige Anbetungslieder eignen.
Der letzte Gedanke seiner Rede lautet:
(37,23) »Wir können niemals zu ihm hingelangen; er ist so mächtig, so gerecht und stark, zu keiner Zeit tritt er das Recht mit Füßen.
(37,24) Darum muss jeder Ehrfurcht vor ihm haben! Doch alle, die sich selbst für weise halten, die sieht er nicht, sie gelten nichts bei ihm. «
Aber im nächsten Kapitel ergreift Gott das Wort. Er stellt Hiob viele Fragen, die ihm zeigen, wie wenig er weiß, und wie hoch Gott über ihm ist.
Wir beten:
Herr, in diesem Buch sehen wir, wie schwer es ist, einem leidenden Menschen eine befriedigende, tröstliche Antwort auf seine Fragen zu geben. Vielleicht geht es auch gar nicht um eine Antwort, sondern viel mehr darum, dass Du selbst ihn mit Deiner Gegenwart und Wärme tröstest. Lass auch uns nicht auf Argumente und Beweise warten, sondern auf Deine Gnade, Deinen Beistand und Deine Nähe in unserer Not. Amen.
Rüdiger Klaue
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...bereits 1519 x gelesen
Hiob steht also auch heute noch für jemand, der durch Boten von seinem überraschenden, unfassbaren Ruin informiert wird. Das waren die sprichwörtlichen Hiobsbotschaften. Er lebte, nach meiner Erkenntnis, in einer Zeit in Palästina, als es noch kein Volk Israel, keinen Tempel, keine Erzväter, und vor allem keine Zehn Gebote gab. Trotzdem war Hiob ein gottesfürchtiger Mann mit einer hohen Moral. Man könnte fast meinen, dass er einer strengen, christlichen Gemeinde unserer Tage angehört hätte, die es mit den Geboten sehr genau nimmt.
In Kapitel 31 erläutert er, was für ihn ein tadelloses Leben, ein reiner Wandel vor Gott ist. Das müssen wir uns etwas genauer ansehen.
Da sagt Hiob:
(31,1) »Mit meinen Augen schloss ich den Vertrag, niemals ein Mädchen lüstern anzusehen.
(31,2) Was hätte ich von Gott sonst zu erwarten? Was wäre seine Antwort auf mein Tun?
(31,3) Er schickt Verderben, straft mit Missgeschick, wenn jemand böse ist und Unrecht tut.
(31,4)Gott sieht doch, was ich tue und was nicht; er zählt doch alle meine Schritte nach!«
Dieses Verhalten erinnert uns Jesus Worte in der Bergpredigt (Matthäus 5):
(5,27) »Ihr wisst, dass es heißt: ›Du sollst nicht die Ehe brechen!‹
(5,28) Ich aber sage euch: Wer die Frau eines anderen begehrlich ansieht, hat in seinem Herzen schon die Ehe mit ihr gebrochen.
(5,29) Wenn dich dein rechtes Auge zur Sünde verführt, dann reiß es aus und wirf es weg! Es ist besser für dich, du verlierst eines deiner Glieder, als dass du ganz in die Hölle geworfen wirst. «
Noch eins fällt mir auf: Hiob macht einen Bund mit seinen Augen. Ein Bund ist ein Vertrag oder ein Versprechen. Wir kennen das noch vom Ehebund, wo zwei Partner sich versprechen, ein Leben lang treu zu sein, sich zu tragen und zu lieben. Auch zwischen Gott und uns besteht ein Bund. Der Alte Bund und der Neue Bund (oder Testament). Da hat Gott einen Vertrag mit den Menschen geschlossen. In dem Vertrag wird festgelegt, wie das Verhältnis zueinander sein soll und welche Verpflichtungen jeder übernimmt.
Im Alten Testament beruhte dieser Bund noch ziemlich auf Bedingungen. Da gab Gott die Gesetzte und Verordnungen, die das Volk einhalten musste. Wenn es das nicht tat, konnte Gott auch seine Versprechen und Segnungen nicht erfüllen. Der Neue Bund oder das Neue Testament ist da schon einseitiger. Hier verspricht Jesus uns Segen und Heil nicht durch das, was wir leisten, sondern durch das was er am Kreuz für uns getan hat.
Nun ist ein Bund immer eine zwiespältige Sache. Einmal ist es gut, einen Bund zu machen. Das gibt uns Sicherheit. Denken wir z.B. an einen Arbeitsvertrag, der uns ein bestimmtes Einkommen, feste Arbeitszeiten und Urlaub zusichert. Denken wir an einen Mietvertrag. Er garantiert uns das Recht für eine bestimmte Zeit eine Wohnung oder Haus zu einem festgelegten Betrag zu bewohnen.
Im Fall eines Eheversprechens kann der Bund uns die Sicherheit geben, auf unseren Partner rechnen zu können, wenn wir ihn brauchen, wenn es schwierig wird. Der Gefährte wird uns nicht verlassen, wenn es ein Problem gibt, wenn wir verachtet oder verklagt werden; er wird uns nicht verlassen, wenn wir schwach und krank werden. Ein Versprechen bindet uns an ihn. Das gibt beiden Sicherheit. Andererseits verpflichtet uns ein Vertrag. Da können wir nicht so einfach unsere Meinung ändern, wir können nicht auf einmal unseren eigenen Interessen und Wünschen folgen. Wir müssen uns an Regeln und Abmachungen halten, auch wenn uns gar nicht danach zumute ist. Das ist gut.
Ein Bund kann unseren Charakter stärken und uns helfen das, was wir als gut eingesehen haben, auch auf die Dauer zu praktizieren. Das Abkommen, das Hiob mit seinen Augen geschlossen hat, war sicher auch einseitig; aber es hat ihm geholfen, sich daran zu erinnern, was er einmal als gut und richtig erkannt hat - und sich danach zu benehmen.
Das Problem bei einem Bund ist, dass man ihn auch brechen kann. Dann hat man viel verloren. Außerdem wird unser Gewissen belastet. Man fühlt sich als unzuverlässig, als Lügner, Schwächling und Versager. Wenn man einen Bund oder ein Versprechen bricht, ist das schlimmer, als wäre man nie solch eine Verpflichtung eingegangen. Deshalb sollten wir uns der Bedeutung eines Bundes bewusst sein und nicht leichtfertig und unbedacht einen Vertrag abschließen.
Aber es geht auch nicht, dass wir alle Verträge und Verpflichtungen vermeiden. Es geht z.B. auch nicht, ein Christ zu sein, ohne einen Bund mit Jesus zu haben. Der Vertrag, den wir mit ihm schließen, gründet sich auf Glauben, Gehorsam und Nachfolge. Wir wollen unsere Sünde und eigenen Wege aufgeben und von Jesus lernen. Wir wollen ihn bekennen, bezeugen, verkündigen. Das ist unsere Seite des Vertrages, ohne den wir nicht zu Jesus gehören können. Jesus hat uns dafür auch Verheißungen gegeben: Wir dürfen Gottes Kinder sein. Er wird uns beschützen bewahren und segnen und am Ende ewiges Leben in Herrlichkeit schenken. Jesus hat diesen Bund mit seinem Blut und Leben besiegelt; er wird ihn nicht brechen. Aber wir? Wir sind schwach, können nicht halten, was wir versprochen haben und sind in Gefahr alles aufzugeben und zu verlieren. Trotzdem wird der Bund mit Jesus uns immer eine Hilfe und eine Verpflichtung sein.
In der alten zerlesenen Bibel meiner Mutter fanden wir nach ihrem Tod so einen Vertrag mit Jesus schriftlich. Wenn man es selber aufschreibt und formuliert ist es vielleicht noch fester.
Es war Hiob ernst mit seiner sexuellen Reinheit:
(31,9) »Wenn ich für meines Nachbarn Frau entbrannte und auf sie lauerte an seiner Tür,
(31,10) soll meine Frau für einen andern kochen und andere Männer sollen mit ihr schlafen!
(31,11) Denn mein Vergehen wäre eine Schandtat, die jeder Richter hart bestrafen müsste;
(31,12) ein Feuer wäre es, das mich vernichtet und restlos niederbrennt, was mir gehört. «
Aber Hiob hat richtig erkannt, dass Ehebruch und Leidenschaft ein Feuer sind, das restlos niederbrennt, was ihm gehört: nicht nur Besitz und Familie, sondern auch Ehre, Gewissen und Glaubwürdigkeit. Hiob war es also ernst mit der sexuellen Reinheit aber auch mit der Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Er sagt:
(31,5) »Ich schwöre, dass ich nie zur Lüge griff und nie versuchte, andere zu betrügen.
(31,7) Wenn ich vom rechten Weg gewichen bin, wenn ich mein Herz den Augen folgen ließ, wenn meine Hände schmutzig sind von Schuld,
(31,8) dann soll ein anderer essen, was ich säte, oder die Ernte soll vernichtet werden.«
Sein Verständnis von sozialer Gerechtigkeit zeigt Hiob, wenn er in den Versen 13 - 22 folgendes erklärt:
(31,13) »Wenn einer meiner Knechte sich beklagte, wenn eine Magd sich über mich beschwerte, hab ich zu keiner Zeit ihr Recht missachtet.
(31,15) Derselbe, der mich schuf im Mutterleib, hat doch auch die geschaffen, die mir dienen!
(31,16) Den Armen schlug ich keine Bitte ab und keine Witwe ging verzweifelt fort.
(31,17) Mein Mittagsmahl war nie für mich allein, kein Waisenkind blieb ohne seinen Anteil.
(31,18) Von Jugend auf, solang ich denken kann, nahm ich es wie ein Vater bei der Hand.
(31,19) Wenn einer nichts mehr anzuziehen hatte, zu arm war, eine Decke zu bezahlen,
(31,20) dann half ich ihm und gab ihm warme Kleidung, gewebt aus Wolle meiner eigenen Schafe; er aber dankte mir mit Segenswünschen.
(31,21) Wenn ich die Elternlosen unterdrückte, weil alle Richter meine Freunde waren,
(31,22) dann soll mein Arm am Ellenbogen brechen und meine Schulter sich vom Rücken lösen! «
Bettler hat Hiob nie abgewiesen, Witwen ließ er nie ohne Nahrung und Hilfe gehen und auch die Waisenkinder wurden väterlich von ihm versorgt. Wohltätige Arbeitgeber waren die Sozialversicherung jener Zeit. Und wir sehen hier, dass nicht alle Reichen Ausbeuter und böse Menschen sind. Ein barmherziger Patron sah dazu, dass es auch den Armen und Kranken in seiner Umgebung gut ging.
Nun könnten wir meinen, dass Hiob ein arroganter Mann ist, der hier mit seinen guten Werken prahlt. Wir haben in unserer Kultur gelernt: Eigenlob stinkt. Man darf sich nicht selber rühmen. - Ich weiß nicht genau, woher wir diese Einsicht haben. Es stimmt schon, dass es ein wenig seltsam in unseren Ohren klingt, wenn da jemand alle seine guten Taten hervorholt. Wir meinen, wir haben die Bibel auf unserer Seite, wenn wir unsere Leistungen herunterspielen oder verschweigen:
Denn Paulus sagt in 2. Korinther 11:
(11,27) »Gibt es da noch irgendeinen Grund, sich mit etwas zu rühmen? Nein, alles Rühmen ist ausgeschlossen! Durch welches Gesetz? Etwa durch das Gesetz der Werke, das vom Menschen Leistungen fordert? Nein, sondern durch das Gesetz des Glaubens, das den Menschen zum Vertrauen einlädt!
(11,28) Denn für mich steht fest: Allein aufgrund des Glaubens nimmt Gott Menschen an und lässt sie vor seinem Urteil als gerecht bestehen. Er fragt dabei nicht nach Leistungen, wie das Gesetz sie fordert.«
(11,22) Womit andere prahlen, damit kann ich auch prahlen.
(11,23) Sie dienen Christus? Ich diene ihm noch viel mehr! Ich habe härter für Christus gearbeitet. Ich bin öfter im Gefängnis gewesen, öfter geschlagen worden. Häufig war ich in Todesgefahr.
(11,24) Fünfmal habe ich von den Juden die neununddreißig Schläge bekommen.
(11,25) Dreimal wurde ich von den Römern mit Stöcken geprügelt, einmal wurde ich gesteinigt. Ich habe drei Schiffbrüche erlebt; das eine Mal trieb ich eine Nacht und einen Tag auf dem Meer.
(11,26) Auf meinen vielen Reisen haben mich Hochwasser und Räuber bedroht. Juden und Nichtjuden haben mir nachgestellt. Es gab Gefahren in Städten und in Einöden, Gefahren auf hoher See und Gefahren bei falschen Brüdern.
(11,27) Ich hatte Mühe und Not und oftmals schlaflose Nächte. Ich war hungrig und durstig, oft hatte ich tagelang nichts zu essen. Ich fror und hatte nichts Warmes anzuziehen.«
Auch Jesus hat Dinge gesagt, die wir als Überheblichkeit und Arroganz interpretieren können. Die Pharisäer empörten sich sehr über das Zeugnis, das Jesus über sich selbst gab - aber er hatte recht! Und er musste es in Demut bezeugen, auch wenn es den anderen nicht passte.
Weiter spricht Hiob den Götzendienst an:
(31,26) »Wenn ich die Sonne sah in ihrem Glanz, den Mond auf seiner Bahn in voller Pracht,
(31,27) dann war ich nie versucht, sie zu verehren und ihnen eine Kusshand zuzuwerfen.
(31,28) Der Richter müsste solche Sünde strafen, weil ich den höchsten Gott verleugnet hätte! «
In den restlichen Versen des Kapitels spricht er noch von seiner Gastfreundschaft, von seiner Zurückhaltung seinen Feinden gegenüber und vom Fluchen, von seiner Demut und Bußfertigkeit. Alles in allem sehen wir in diesem Kapitel deutlich, was für ein moralisches Verständnis Hiob hatte. Er verabscheute die Sünde und verurteilte sich selbst, wo er nicht nach diesen Maßstäben gehandelt hatte.
Moral, welch ein verstaubter Begriff für viele Freidenker. Aber welch ein Segen für einen selber und für die Mitmenschen.
Wir beten:
Herr, das Zeugnis des Hiob beschämt uns und hilft uns auch, es mit unserer eigenen Moral wieder ernster zu nehmen. Hilf uns, dass uns Deine Gnade und Barmherzigkeit nicht gleichgültig unseren Verpflichtungen gegenüber macht. Amen.
Rüdiger Klaue
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...bereits 1379 x gelesen
Jesus verachtete Arme und Elende nicht. Er sandte sogar seine Jünger aus mit dem ausdrücklichen Befehl »Macht Kranke gesund, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt böse Geister aus. Umsonst habt ihr's empfangen, umsonst gebt ihr es auch. « (Matthäus 10, 8).
Die Einstellung der Christen zu Menschen in Not war immer von Barmherzigkeit und Hilfsbereitschaft geprägt. So gehören Krankenhäuser, Kinder- und Altenheime, Heilanstalten für Suchtkranke und Rehabilitationszentren zu den ersten Aufgaben, die in der christlichen Mission wahrgenommen werden. Nicht alle Religionen und Kulturen haben so eine positive Einstellung zu kranken, behinderten und schwachen Menschen.
Daran musste ich denken, als ich das Kapitel 30 im Buch Hiob las. Hiob war ja nun einer geworden, den man mit Recht zu den Armen, Kranken, Verachteten und Elenden zählen konnte. Im Kapitel 29 hat er von seinen früheren Erfahrungen als reicher, wohlhabender und geachteter Bürger berichtet.
Jetzt in Kap. 30 beschreibt er seine Position als kranker und verarmter Mann. Er sagt:
(30,9) »Jetzt singen sie ihr Spottlied über mich, ich bin der Redestoff für ihren Klatsch.
(30,10) Sie ekeln sich und rücken von mir ab, sie haben keine Scheu, mich anzuspucken.
(30,11) Ganz schwach und wehrlos hat mich Gott gemacht, drum lassen sie auch jede Hemmung fahren.
(30,12) Nun kommt die Schlangenbrut und greift mich an; sie zwingen mich, die Stellung aufzugeben; sie schütten Dämme auf zum letzten Sturm.
(30,13) Sie haben mir den Fluchtweg abgeschnitten; zu meinem Sturz trägt jeder fleißig bei, sie brauchen dazu keine fremde Hilfe.
(30,14) Sie dringen durch die Breschen meiner Mauer und drängen durch die Trümmer auf mich zu. «
Diese Typen beschreibt er so:
(30,1) »Jetzt aber verlachen mich, die jünger sind als ich, deren Väter ich nicht wert geachtet hätte, sie zu meinen Hunden bei der Herde zu stellen,
(30,2) deren Stärke ich für nichts hielt, denen die Kraft dahinschwand; Aus der Menschen Mitte werden sie weggetrieben; man schreit ihnen nach wie einem Dieb;
(30,6) an den Hängen der Täler wohnen sie, in den Löchern der Erde und in Steinklüften;
(30,7) zwischen den Büschen schreien sie, und unter den Disteln sammeln sie sich –
(30,8) gottloses Volk und Leute ohne Namen, die man aus dem Lande weggejagt hatte.
(30,9) Jetzt bin ich ihr Spottlied geworden und muss ihnen zum Gerede dienen.
(30,10) Sie verabscheuen mich und halten sich ferne von mir und scheuen sich nicht, vor meinem Angesicht auszuspeien. «
Das Verhalten dieser gottlosen Spötter brachte mich zu der Frage, wie man eigentlich so einen armen Mann wie Hiob richtig behandeln soll. Wie sollen und können wir ihm begegnen? Oder andersherum: wie wollen wir, dass unsere Mitmenschen auf unsere Not und Hilflosigkeit reagieren sollen?
Dabei sind mir mehrere Möglichkeiten eingefallen, wie der Gesunde mit dem Kranken, der Reiche mit dem Armen, der Erfolgreiche mit dem Verlierer umgehen kann.
Da ist 1.- einmal die Art, von der wir gerade gelesen haben. Wir können dem Unglücklichen mit Spott und Verachtung begegnen. Und das geschieht wohl gar nicht so selten, denn das Sprichwort sagt schon: »Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. «
Oft sind kranke Menschen ja auch entstellt, unappetitlich und ekelerregend, so wie Hiob es am Ende des Kapitels selber von sich sagt:
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(30,29) »Mein Schreien klingt, wie wenn Schakale heulen.
(30,30) Geschwärzt ist meine Haut, sie löst sich ab, die Glut des Fiebers brennt in meinen Knochen.
(30,31) Mein Lautenspiel ist Jammerlaut geworden, mein Flötenspiel in Klagelied verwandelt. «
Ich will nicht sagen, dass die meisten von uns den Armen und Kranken mit Verachtung und Spott begegnen, aber doch, wenn wir Leute sehen, die es nicht geschafft haben, die zurück geblieben sind, dann regt sich oft in uns eine Art Stolz, mit der wir uns über den anderen erheben.
2.- Wir können den Armen und Kranken beschuldigen. Das ist es, was die Freunde Hiobs getan haben. Sie meinten ganz sicher, Hiobs Elend sei eine Folge der Sünde, des Egoismus und der Ausbeutung seiner Arbeiter. Und so ganz abwegig ist dieser Gedanke nicht.
Wir müssen zugeben, dass manch einer durch eigene Schuld ins Verderben gelaufen ist. Nicht immer ist die Umwelt, die Gesellschaft, den Staat, oder gar Gott schuld an der Misere Einzelner oder ganzer Völker. Schon in Sprüche 14, 34 heißt es: »Gerechtigkeit erhöht ein Volk; aber die Sünde ist der Leute Verderben. «
Die Missachtung der Gebote Gottes birgt schon in sich eine Strafe. Wer maßlos isst und trinkt, wird gesundheitliche Schäden erleiden. Wer lügt und stiehlt muss in Angst leben entdeckt zu werden. Wer sich viel streitet macht sich unbeliebt und leidet Schaden ein seinem Ansehen und seiner Gesundheit. Viel Armut in unserem Land und in manchen anderen Ländern ist auf Korruption und eine falsche Grundhaltung zum Leben und den Geboten Gottes gegenüber zurück zu führen.
Nun ist es aber auch verkehrt, alle Krankheit und Armut auf die Sünde des Betroffenen zu schieben. Viele Leute, auch aus ganz gottesfürchtigen Familien wurden schon mit einem Defekt oder Behinderung geboren. Manche sind durch Katastrophen oder Kriege ins Elend geraten, ohne selbst dafür verantwortlich zu sein. Hiob war nicht schuld an seiner Krankheit und Leiden und es war nicht recht, dass seine Freunde ihn mit Kritik und Vorwürfen quälten.
3.- Wir können sozial schwache Personen leicht ausnutzen. Und ohne Frage werden Behinderte oder sonst wie abhängige Leute leicht ausgebeutet oder benachteiligt. Da war doch dieser Mann am Teich Betesda von dem im Johannesevangelium berichtet wird:
(5,5) »Es war aber dort ein Mensch, der lag achtunddreißig Jahre krank.
(5,6) Als Jesus den liegen sah und vernahm, dass er schon so lange gelegen hatte, spricht er zu ihm: Willst du gesund werden?
(5,7) Der Kranke antwortete ihm: Herr, ich habe keinen Menschen, der mich in den Teich bringt, wenn das Wasser sich bewegt; wenn ich aber hinkomme, so steigt ein anderer vor mir hinein.
(5,8) Jesus spricht zu ihm: Steh auf, nimm dein Bett und geh hin! «
Die Propheten im Alten Testament hatten viel zu sagen zu den reichen Machthabern, die das Elend ihrer Mitbürger dazu nutzten, sich selber zu bereichern. Sie pfändeten skrupellos die Häuser und Kleidungsstücke der Armen, die ihre Schulden nicht zurück zahlen konnten.
Gelegentlich werden auch noch bei uns Behinderten oder Flüchtlingen geringere Löhne für eine Arbeit gezahlt, die so gut sein kann, wie von irgendeinem Gesunden. Das heißt nicht, dass nicht auch starke und normale Menschen ausgenutzt werden können, aber Kranke können sich nicht so leicht wehren.
4.- Ein trauriges Kapitel ist die Liquidierung von Kranken und Behinderten. Im antiken Griechenland hatten die Spartaner ein sehr tüchtiges, weit bekanntes Heer. Das kam zum Teil daher, dass sich alle Jungen einer sehr harten Ausbildung unterziehen mussten. In dieser Gesellschaft hatten schwache und behinderte Bürger wenige Chancen. So erzählt man sich, dass die Eltern von kränklichen Kindern diese beseitigten, indem sie ihre Babys in einen Abgrund warfen.
Ähnliches ist ja auch in der Geschichte unseres deutschen Volkes vorgekommen. Einige Mediziner, Naturwissenschaftler und Ideologen sprachen von »unwürdigem Leben«. Das waren Behinderte oder zurückgebliebene Menschen, die selber nichts zum Wohl der Gesellschaft beitragen konnten, sondern eher eine Belastung waren. Für einige Radikale bedeutete das, dass diese Bürger kein Recht auf Leben hätten und deshalb beseitigt werden müssten. »Euthanasie« nannte man das, was »leichter Tod« oder »gute Tötung« oder «schöner Tod« bedeutet.
Wir finden das heute vielleicht unmöglich, aber wer einmal das Leiden in einem Heim für Sieche oder Schwerstbehinderte gesehen hat, oder einen völlig hilflosen Familienangehörigen hat, der wird auch manche Fragen über Sterbehilfe haben. - Ein anderes Thema in diesem Zusammenhang ist die selbstverantwortete Sterbehilfe oder der Selbstmord. Hier entscheiden sich Todkranke selber, ihrem Leben und Leiden ein Ende zu setzen. Die ganze Problematik der Euthanasie ist ein sehr komplexes Gebiet und birgt viele Gefahren.
Ich glaube, Hiob war selber oft nahe daran, seinem qualvollen Leben ein Ende zu setzen. Jedenfalls verwünschte er den Tag seiner Geburt. Dass er trotz aller Schmerzen und Hoffnungslosigkeit seiner Situation keinen Selbstmord begangen hat, ist ihm hoch anzurechnen.
5.- Schwache, gebrechliche und leidende Menschen töten zu wollen, ist ja nun eher eine Ausnahme. Viel öfter geschieht es aber, dass solche Menschen ignoriert werden. Man schaut einfach weg, wenn man eine behinderte oder entstellte Person sieht.
Der Sohn meines Bruders ist durch einen Unfall spastisch gelähmt und sitzt in einem Rollstuhl. Seine Arme und Beine vollführen oft unkontrollierte Bewegungen. Aufgrund der Gehirnverletzungen und eines Kieferbruches kann er nur sehr undeutlich und langsam sprechen. Er wohnt in einem Heim, wo er voll betreut wird. In dem gleichen Heim sind aber auch noch andere gehirngeschädigte Männer, die sehr entstellt sind und die gar nicht sprechen oder sich mitteilen können. Es ist ein wenig peinlich in die deformierten Gesichter und die stumpfen Augen dieser Menschen zu schauen. Wer nicht unbedingt muss, der geht nicht in solch ein Heim.
Wir möchten gar nicht wissen, wo überall und wie viel Leid auf dieser Welt existiert. Deshalb übersehen wir auch oft die Behinderten, oder verstecken sie und lassen sie nicht an die Öffentlichkeit. Wir ignorieren gerne ihre Existenz und ihre Bedürfnisse.
6.- Wir können die Armen und Kranken bedauern und bemitleiden. In Deutschland und Europa ist in den letzten Jahren, vielleicht nach den Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus, eine große Veränderung geschehen. Die Öffentlich ist weitgehend über Kranke und Behinderte aufgeklärt.
Der Humanismus hat unsere Aufmerksamkeit darauf gelenkt, blinde, lahme, geistig behinderte und kranke Mitbürger menschenwürdig zu behandeln. Seitdem sind Behinderte in unserer Gesellschaft akzeptiert. Behinderte arbeiten in Büros, Werkstätten, Fabriken. Es gibt Gehhilfen und elektrische Rollstühle für alte und gehbehinderte Menschen. Es gibt rollstuhlgerechte Auffahrten in Schulen und Behörden, Busse mit einer speziellen Einrichtung und einem Platz für Rollstühle. Die Verkehrsampeln sind akustisch so ausgestattet, dass auch Blinde sicher über die Straße gehen können. Unsere Gesellschaft ist bemüht, die Armen, Kranken und Behinderten wahr zu nehmen und ihnen beizustehen.
Diese positive Einstellung den Schwachen und Kranken gegenüber ist sicherlich auf das christliche Zeugnis in unserem Land zurück zu führen ist. Wenn auch viele Europäer nicht mehr an Jesus und die Bibel glauben, so sind unsere Werte doch noch von christlichem Gedankengut geprägt.
Gott verachtet die Gebrechlichen, die Armen und Kranken nicht, sondern hat Mitleid mit ihnen und nimmt sich ihrer an. Auch ermahnt er seine Nachfolger barmherzig zu sein und den leidenden Mitmenschen zu helfen.
Hiob hat in diesem Buch beschrieben, wie sich eine im Unglück gefangene Person fühlt, wenn sie hart beurteilt, verspottet, verachtet oder ignoriert wird. Ich habe den Verdacht, dass die meisten von uns einmal in eine ähnliche Lage kommen wie Hiob, vielleicht nicht so plötzlich und nicht so extrem, aber mit zunehmendem Alter werden sich auch bei uns Gebrechen, Schmerzen und Krankheiten einstellen. Dann werden wir froh sein, wenn unsere Angehörigen und die Gesellschaft uns mit Respekt, Mitgefühl und Liebe behandeln.
Wir beten:
Herr, hilf uns, eine positive Einstellung zu unserem verletzten, behinderten, kranken und leidenden Mitmenschen zu haben. Hilf uns, ihnen Respekt und Mitleid entgegen zu bringen und ihnen zu helfen, wo und wie immer wir können. Amen.
Rüdiger Klaue
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...bereits 1854 x gelesen
Im Kapitel 29 nennt Hiob mindestens fünf Gebiete auf denen es ihm außerordentlich gut ging. Vor dem Verlust seiner Güter und vor seiner Krankheit war er in jeder Hinsicht ein ganz anderer Mensch, als jetzt im Elend.
1.- Das erste Gebiet, in dem alles in Ordnung gewesen zu sein schien, war das Verhältnis zu seinem Gott. Damals war Gott sein Freund, der sein Heim bewahrte, der ihn führte und schützte. Hiob sagt:
(29,1-5) »Ach, wenn es wieder so wie früher wäre, als Gott mich führte und mein Leben schützte! Er schenkte mir Erfolg an jedem Tag, in dunklen Stunden leuchtete sein Licht. Wär's einmal noch wie in der besten Zeit, als Gott mein Freund war und mein Heim bewahrte! Mit seiner ganzen Macht stand er mir bei. «
Doch dieser Eindruck stimmt nicht. Wir wissen, dass Gott seinen Diener nicht aus den Augen gelassen hat. Gott hat jedes Wort, jede Frage und jedes Bekenntnis gehört. Er hat jede Träne gezählt und mit seinem Freund mit gelitten. Er hat immer noch seine Hand über ihn gehalten und dem Satan gewehrt. Außerdem war Gottes Plan mit Hiob noch nicht zu Ende.
Was Hiob nicht wusste und nicht wissen konnte war, dass er sein Leben nicht in diesem Elend beschließen würde. Gott würde ihm wieder allen seinen früheren Reichtum, seine Gesundheit und alles Ansehen zurückgeben.
Normalerweise ist es ein schwacher Trost, wenn wir Menschen im Leid sagen: »Gott meint es gut mit Dir. Er hat dich nicht verlassen. Ein besseres Leben und eine Herrlichkeit hält er noch für Dich bereit. Dein Leid und Traurigkeit wird er verwandeln in Freude und Ehre. «
Hätten wir Hiob das erzählt, er hätte vielleicht gelacht, wie es manch einer heute tut - und gesagt: »Du hast gut reden. Was Du mir erzählst ist ein billiger Trost und ein leeres Versprechen. «
2.- Als Zweites erinnert sich Hiob an seinen früheren Reichtum: »Die Kühe und die Ziegen gaben Milch, so viel, dass ich drin hätte waten können. Kein Boden war zu steinig für Oliven, ich hatte Öl in ungeheuren Mengen. « (Hiob 28,6). Nicht erwähnt hat Hiob hier seine Herden, von denen im erste Kapitel berichtet wird wo es heißt: »Er hatte 7000 Schafe und Ziegen, 3000 Kamele, 1000 Rinder und 500 Esel. Dazu hatte er auch viele Knechte und Mägde. « Wehmütig denkt Hiob daran, wie reich er einmal war und wie arm und elend er jetzt ist.
3.- Dann beschreibt Hiob sein Ansehen und seine Bedeutung in der Gesellschaft. Er sagt:
(28,7) »Ging ich zum Rat der Ältesten am Stadttor und setzte mich in ihrer Runde nieder,
(28,8) so traten alle Jungen scheu beiseite, die Alten standen auf und blieben stehen;
(28,9) die Edlen hörten plötzlich auf zu reden und legten einen Finger auf die Lippen;
(28,10) sogar die Angesehensten verstummten, als wäre ihre Zunge festgeklebt.
(28,11) Wer mich erblickte oder reden hörte, war voller Lob für mich und meine Taten:«
Jakobus im Neuen Testament schreibt an die Geschwister in der Gemeinde:
(2,1) »Meine Brüder und Schwestern, ihr glaubt an Jesus Christus, unseren Herrn. Dann dürft ihr aber auch nicht Unterschiede machen, je nachdem, ob ein Mensch in der sozialen Rangordnung hoch oder niedrig steht!
(2,2) Nehmt einmal an, ihr seid zum Gottesdienst versammelt, und es kommt ein Mann mit goldenen Ringen und in vornehmer Kleidung herein und ebenso ein Armer in Lumpen.
(2,3) Und ihr sagt zu dem gut gekleideten Mann respektvoll: »Bitte, hier ist noch ein bequemer Platz! « Aber zu dem Armen sagt ihr: »Du kannst dort hinten stehen«, oder auch: »Setz dich hier neben meinen Stuhl auf den Boden! «
(2,4) Trefft ihr da nicht höchst fragwürdige Unterscheidungen und urteilt nach verwerflichen Maßstäben?«
Vielleicht verehrten die Angesehen und edlen Ratsherren Hiob auch wegen seiner Weisheit. Offenbar waren die Einschätzungen und Urteile Hiobs bewährt, vorteilhaft und von Nutzen gewesen; denn er sagt:
(28,21) »Denn alle warteten auf meinen Rat und hörten schweigend meiner Rede zu;
(28,22) dann wollte niemand mehr noch etwas sagen. Sie sogen meine Worte auf wie Tropfen;
(28,23) sie warteten darauf wie auf den Regen, so wie Verdurstende nach Wasser lechzen.«
Wie weit Anerkennung und der Respekt der Ratsherren wirklich echt war, zeigt sich später. Als Hiob all seinen Besitz verloren hatte und krank wurde, war es mit der Ehrfurcht und dem Respekt vorbei. Im nächsten Kapitel klagt Hiob. »Jetzt aber muss ich mich verspotten lassen von solchen, die viel jünger sind als ich. « Die hohen Ratsherren haben ihn vergessen. Sie treten nicht einmal für ihn ein, wenn der geringe Pöbel ihn verspottet. So war es weniger die Weisheit, die man an Hiob schätzte als vielmehr das Geld, den Einfluss und die Macht. Nun hat Hiob alles verloren.
3.- Von seiner Hilfsbereitschaft, seinem sozialen Engagement erfahren wir durch Hiob selbst, wenn er sagt:
(28,12) »Ich half den Armen, die um Hilfe riefen, den Waisenkindern, denen niemand beistand.
(28,13) Von neuem Mut Erfüllte priesen mich, den Witwen gab ich Sicherheit und Freude.
(28,14) Gerechtigkeit war immer mein Gewand, mein Mantel und mein Turban war das Recht.
(28,15) Für die Erblindeten war ich das Auge und für die Lahmen wurde ich der Fuß.
(28,16) Für die Bedürftigen war ich der Vater, das Recht der Fremden prüfte ich genau.
(28,17) War einer grausam, brach ich ihm den Kiefer und riss ihm seine Beute aus den Zähnen. «
4.- Ein weiteres Gebiet auf dem sich das Leben Hiobs radikal verändert hat ist seine Zukunftserwartung und seine Hoffnung. Er sagt:
(28,18) »Ich hoffte, alt zu werden wie der Phönix und so wie er in meinem Nest zu sterben.
(28,19) Ich glaubte, wie ein starker Baum zu sein, der seine Wurzeln tief ins Wasser senkt und dessen Zweige nachts der Tau befeuchtet.
(28,20) Ich dachte, immer neuen Ruhm zu finden und immer stark zu bleiben wie ein Bogen, der Pfeil auf Pfeil verschießt und nicht ermattet.«
Ich hörte in Ecuador von einem Mann, der wegen des Verdachts auf Drogenhandel ins Gefängnis gesteckt wurde. Dieser Österreicher war der Herausgeber einer noblen Modezeitschrift. Dafür war er auch hier unterwegs, um exotische Fotos in Südamerika zu machen. Nun saß er im Gefängnis und konnte sich kaum mit seinen Angehörigen verständigen. Seine Ausrüstung und alles Geld hatte man ihm abgenommen und keiner wollte ihm sagen wie es jetzt weitergehen würde und wie lange er im Gefängnis verbleiben müsste. Damit verlor dieser Mann nicht nur unerwartet seine Freiheit, sondern auch sein Geschäft, seine Existenz und die ganze Zukunft. Er sagte: »Ich bin plötzlich vor eine Wand gelaufen. Alle meine Pläne und Möglichkeiten sind dahin. Ich bin ruiniert. Was einmal Wert für mich hatte ist bedeutungslos geworden. « Dieses Schicksal hat mich damals sehr bewegt, und ich fürchtete mich, dass auch uns einmal ähnliches widerfahren könnte.
5.- Zusätzlich zu allem anderen verlor Hiob auch noch seine Gesundheit. Immer wieder beschreibt er seinen Zustand:
(29,15) »Der Schrecken greift nach mir mit kalter Hand;
(29,16) Ich spüre, wie mein Leben aus mir fließt. Seit Tagen schon umklammert mich die Qual.
(29,17) Nachts bohrt der Schmerz in allen meinen Knochen, als sollten sie aus meinem Körper fallen; die Nerven können keine Ruhe finden.«
In Deutschland ist es mir so aufgefallen, dass man sich gegenseitig zu Neujahr oder zum Geburtstag viel Glück wünscht und gute Gesundheit. Dann haben die Leute meist noch hinzugefügt: »Ja, Gesundheit, das ist das Wichtigste, was hilft all das andere«. Und so ist es wohl auch. Wenn wir gesund sind können wir arbeiten und unseren Lebensunterhalt verdienen. Wir können wieder eine Existenz aufbauen, selbst wenn wir alles andere verloren haben. Wir können wieder Vertrauen, Achtung und Respekt gewinnen und selber mutig in die Zukunft blicken.
Ist jedoch unsere Kraft dahin, dass wir nicht die geringsten Arbeiten verrichten können, geht es uns wirklich schlecht. Wir können uns nicht verteidigen, nicht selbst versorgen und sind auf die Hilfe und Güte anderer Menschen angewiesen. Oft noch wird ein Kranker missverstanden, gering geachtet, beschimpft und kritisiert. Das deprimiert ihn und nimmt ihm allen Lebensmut. Von allen irdischen Gütern ist wohl die Gesundheit das wichtigste, die Grundlage, ohne die wir nie wieder hoch kommen. Mit seiner Gesundheit hatte Hiob auch noch die letzte Voraussetzung für eine menschenwürdige Zukunft, für Ansehen und Wohlstand verloren.
Nun in seinem großen Elend schaut Hiob zurück auf die Vergangenheit, wo es ihm so gut ging. Wenn uns einmal Ähnliches passieren sollte, dann bleiben uns vier Möglichkeiten wie wir damit umgehen können.
(1) Resignieren. Das heißt, wir können uns aufgeben, die Hoffnung begraben, aufhören zu kämpfen und uns bedauern und uns ganz unserem Elend hingeben. Für einen Mann wie Hiob, der einmal den Segen Gottes so reichlich erfahren hat, ist das keine gute Möglichkeit.
(2) Wir können verbittert werden. Wenn das geschieht werden wir mürrisch und lassen uns von dem Gefühl dominieren, dass wir ungerecht behandelt wurden. Wir suchen und finden Schuldige für unser Elend, werden unzufrieden mit unseren Mitmenschen und mit Gott. Als Folge ziehen wir uns zurück, werden unfreundlich, mürrisch, undankbar und einsam.
(3) Wir können auch in Trauer und Depression verfallen. Uns allen ist einmal viel anvertraut worden: unsere Sinne, Kräfte, Gaben, Ausbildung, Familie, Kinder, Gesundheit, soziale Stellung, - doch mit zunehmendem Alter werden wir eines nach dem anderen abgeben müssen. Meist geht es nicht so plötzlich wie bei Hiob, aber doch werden auch wir eines Tages so ziemlich alles verlieren. Das kann einen schon sehr wehmütig und traurig stimmen.
(4) Wir können uns auch dankbar daran zurück erinnern, was uns einmal alles gegeben war. Freilich schmerzt der Verlust, aber wir haben die Erfahrung eines guten Lebens gehabt. Auch das ist etwas Wert - und das können wir nicht verlieren.
Natürlich wünschen wir uns alle, dass wir einmal dankbar und zufrieden auf die Vergangenheit zurück blicken können. Aber ob es uns gelingt, ist nicht sicher. Doch wir können uns jetzt schon auf Verluste und Leiden einstellen und uns darin üben, alles dankbar aus Gottes Hand zu nehmen.
Hiobs Glaube hatte sich in guten Zeiten bewährt, nun sollte er sich noch in schweren Zeiten bewähren. Immerhin kannte er seinen Gott aus den Jahren des Wohlstands und der Gesundheit. Nun würde er ihn auch noch in Armut, Krankheit und Schmerzen kennen lernen. Das würde ihm Gelegenheit geben, Gottes Wesen besser zu verstehen und im Glauben zu wachsen. Wie reif und weise hatte Hiob am Anfang gesagt: »Wenn Gott uns Gutes schickt, nehmen wir es gerne an. Warum sollen wir dann nicht auch das Böse aus seiner Hand annehmen? «
Wir beten:
Herr, wenn uns Unglück trifft, so lass uns geistlich, als Deine Kinder darauf reagieren und damit rechnen, dass Du uns auch im Leid und Elend nicht allein lässt - Amen.
Rüdiger Klaue
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