Der Bibeltext:
(9,2) »Kein Mensch kann Recht behalten gegen Gott!
(9,3) Bekäme er Lust, mit Gott zu prozessieren, so würde der ihm tausend Fragen stellen, auf die er auch nicht eine Antwort weiß.
(9,4) Gott ist so reich an Weisheit, Macht und Stärke! Wer kann es wagen, ihm die Stirn zu bieten? Er käme nicht mit heiler Haut davon!
(9,5) Ganz unversehens rückt Gott Berge fort, und wenn er zornig wird, zerstört er sie.
(9,6) Gott stößt die Erde an und sie erbebt; die Pfeiler, die sie tragen, lässt er schwanken.
(9,7) Wenn er's befiehlt, scheint keine Sonne mehr, die Sterne kann er hindern aufzugehen.
(9,8) Allein hat Gott den Himmel ausgespannt, nur er kann über Meereswellen schreiten.
(9,9) Gott schuf den Großen Bären, den Orion, das Siebengestirn, den Sternenkranz des Südens.
(9,10) Gott ist's, der Wunder tut, unzählbar viele, so groß, dass wir sie nicht verstehen können.
(9,11) Gott geht an mir vorbei – ich sehe ihn nicht, ich merke nicht, wie er vorübergeht.
(9,12) Er rafft hinweg und niemand hindert ihn. Wer wagt zu fragen: ›He, was machst du da?
(9,13) Gott muss nicht seinen Zorn in Schranken halten, selbst Rahabs Helfer hatten sich zu beugen. «
1.- in seinem Schaffen: Im Vers 9 sagt er: »Gott schuf den Großen Bären, den Orion, das Siebengestirn, den Sternenkranz des Südens. « All die unvorstellbar riesigen Welten sind von Gott gemacht. Wenn Hiob auch nicht das Ausmaß des Weltalls mit all seinen Milchstraßen, Sonnen und Planeten kennt, so sieht er doch die unermessliche Weite des Universums. Er sieht auch, wie die Sterne organisiert sind und wie sie ihre Kreise ziehen. Da ist eine erstaunliche Präzision in den Bahnen der Gestirne, in ihrem Abstand voneinander, ihren Umlaufzeiten.
Gott hat es alles geplant und gemacht in seiner Souveränität. Er hat niemanden gefragt, wie er es machen soll, - er ist keinem eine Rechenschaft schuldig, warum und wozu er so ein großes, kompliziertes Universum geschaffen hat.
2.- Im Verwalten seiner Schöpfung ist Gott souverän. Hiob sagt: »Ganz unversehens rückt Gott Berge fort. Gott stößt die Erde an und sie erbebt; die Pfeiler, die sie tragen, lässt er schwanken. Wenn er's befiehlt, scheint keine Sonne mehr, die Sterne kann er hindern aufzugehen. « (Verse 5-7)
Hier beschreibt Hiob die Souveränität Gottes in der Erhaltung und Verwaltung der Welt. Alles funktioniert zwar nach gewissen Gesetzen und Regeln in der Natur, aber Gott ist souverän und kann die Gesetze aufheben. »Wenn der Herr es befiehlt, scheint keine Sonne mehr... « heißt es - und »nur er kann über Meereswellen schreiten. «
Im Buch Josua wird uns berichtet, wie Gott die Sonne anhielt. »Damals, als der Herr die Amoriter den Israeliten auslieferte, betete Josua zum Herrn und rief vor ganz Israel: »Sonne, steh still über Gibeon, du, Mond, überm Tal von Ajalon! « Und die Sonne stand still, auch der Mond blieb stehen; Israels Feinde mussten untergehen. « (Josua 10,12-13). Das muss man sich mal vorstellen, dass die Sonne einfach stehen blieb. Wahrscheinlich war die gesamte Sternenwelt von diesem Naturereignis betroffen. Aber Gott ist souverän, er kann Naturgesetze außer kraft setzen.
3.- Gott ist souverän in seinen Plänen. Die ganze Schöpfung folgt einem Plan. Jede Pflanze hat ihren Platz auf einem bestimmten Boden in einem bestimmten Klima. Sie hat die Fähigkeit sich zu vermehren und sie dient anderen Lebewesen als Nahrung. Auch die Tiere erfüllen einen Zweck im ökologischen Gleichgewicht der Erde. Fehlt eine Tierart kommt es zu Lücken.
Vor einiger Zeit ging die Nachricht um die Welt, dass die Bienenvölker in Nordamerika aussterben. Das würde eine Katastrophe für die Ernährung der Menschheit bedeuten. Bienen bestäuben Getreidearten und Obstbäume. Wenn keine Bestäubung stattfindet wächst auch kein Obst und andere Grundnahrungsmittel. Gibt es aber zu viele Tiere von derselben Art, kommt es zu Plagen durch Überbevölkerung. Das geschah auf den Galapagosinseln, wo die Ziegen der Siedler keine natürlichen Feinde hatten und zu einer regelrechten Plage wurden. –
Immer wieder fragen Menschen nach dem Sinn ihres Lebens. Auch Hiob fragte sich, wozu das Leiden, wozu das Leben überhaupt. Warum bin ich da? Die Antwort liegt bei Gott. Er macht die Pläne und er bestimmt den Sinn. Im Schöpfungsbericht heißt es: »Dann sprach Gott: »Nun wollen wir Menschen machen, ein Abbild von uns, das uns ähnlich ist! Sie sollen Macht haben über alle Tiere auf der Erde.« (!. Mose 1, 26).
Gott hat seine Pläne. Er braucht niemanden, der ihn berät, der im Vorschläge oder gar Vorschriften macht. Auch dass Gott sich ein Volk aus allen Völkern erwählt hat, ist seine Entscheidung. Wir können das kritisieren und hinterfragen oder bestreiten. Gott ist souverän und kann Pläne machen und ausführen wie er will.
4.- in seinen Geboten. Der Herr hat Regeln und Gesetze für den Menschen aufgestellt. Sowohl für die Beziehung zwischen Gott und Mensch, als auch zwischen den Menschen untereinander. Schon sein erstes Gebot lautet »Ich bin der Herr, dein Gott! Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. « (2. Mose 20,2-3). Das allein zeigt seine Autonomie, seine Einzigartigkeit und seine Autorität.
Wir Menschen sind nicht in der Position unsere Gebote selbst machen. Wir haben nicht die Autorität zu bestimmen, was richtig und was falsch ist. Wir können nicht nach unseren eigenen Vorstellungen und Wertmaßstäben handeln. Wir können auch Gott nicht vorschreiben, welche Gebote er machen, oder welche er ändern oder weglassen sollte. In seiner Gesetzgebung ist ER souverän.
Natürlich kümmern sich viele Menschen gar nicht um sein Gesetz, sie lassen Regeln weg oder dichten welche dazu. Aber deswegen sind die Gebote nicht ungültig. Übertretung und Nicht-Beachtung hat Konsequenzen für dieses Leben und für die Ewigkeit. Was moralisch und was unmoralisch ist bestimmen nicht die Herrscher dieser Welt, nicht die Regierungen, nicht die Juristen, und nicht das Volk durch Mehrheitsbeschluss. Die Gebote sind uns von höherer Stelle gegeben. Hiob hat es auch zugeben müssen, denn er sagt: »Kein Mensch kann Recht behalten gegen Gott! Bekäme er Lust, mit Gott zu prozessieren, so würde der ihm tausend Fragen stellen, auf die er auch nicht eine Antwort weiß. « (Verse 2-3). Gott ist souverän mit seinem Gesetz, das meint Hiob mit diesen Ausführungen.
5.- Gott ist souverän in seinem Urteil, über den Menschen: seine Taten, seine Motive. Ich denke da gleich an Kein und Abel. in 1. Mose 4, 4+5 heißt es: »Der Herr blickte freundlich auf Abel und sein Opfer, aber Kain und sein Opfer schaute er nicht an. «
Wir sind sofort geneigt zu sagen: »Aber das ist ungerecht. Warum bevorzugt Gott den Abel und schaut seinen Bruder nicht an? Wo liegen die Gründe? Wie sollen wir das erklären? « Wir können es nur mit der Souveränität Gottes erklären. Er urteilt wie er will, ohne jemandem Rechenschaft abzulegen.
Oder denken wir an die Geschichte von der Frau, die im Ehebruch ertappt wurde. Die Juristen sagten: »Nach Gottes eigenem Gesetz muss sie gesteinigt werden. « Jesus umgeht dieses Urteil indem er sagt: »Wer von euch noch nie eine Sünde begangen hat, soll den ersten Stein auf sie werfen! « (Johannes 8,7).
Jesu Richterspruch ist uns manchmal unverständlich. Wir fragen uns: »Nach welchem Gesetz wird denn nun gerichtet? « Da ist die Antwort: Jesus ist das Gesetz und er ist souverän in der Anwendung und Beurteilung.
Da fällt mir noch der sogenannte Schächer oder Verbrecher am Kreuz ein. Er war ein Gesetzesübertreter, der von der weltlichen Autorität für schuldig befunden und verurteilt worden war. Nun hing er am Kreuz und konnte nichts mehr rückgängig machen. Er konnte keine »rechtschaffene Frucht der Buße« tun, wie Johannes der Täufer es verlangt hatte. Er sagte nur zu Jesus: »Denk an mich, Jesus, wenn du deine Herrschaft antrittst! « Jesus antwortete ihm: »Ich versichere dir, du wirst noch heute mit mir im Paradies sein. «
Jesu Urteil und Richterspruch sind manchmal unerwartet, unverständlich und scheinen uns ungerecht. Aber er ist souverän in seinem Urteil, so wie er entscheidet, so ist es!
6.- Jesus ist souverän in seinem Lohn. Da fällt uns sofort das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg ein. Jesus erzählt von einem Weinbergbesitzer, der zu verschiedenen Zeiten Arbeiter anheuerte. Obwohl nicht alle die gleiche Stundenzahl gearbeitet haben, zahlt er doch allen den gleichen Lohn. Da empört sich einer von den Arbeitern: » ›Diese da, die zuletzt gekommen sind, haben nur eine Stunde lang gearbeitet, und du behandelst sie genauso wie uns? Dabei haben wir den ganzen Tag über in der Hitze geschuftet!‹ Da sagte der Weinbergbesitzer zu einem von ihnen: ›Mein Lieber, ich tue dir kein Unrecht. Hatten wir uns nicht auf ein Silberstück geeinigt? Das hast du bekommen, und nun geh! Ich will nun einmal dem Letzten hier genauso viel geben wie dir! Ist es nicht meine Sache, was ich mit meinem Eigentum mache? Oder bist du neidisch, weil ich großzügig bin?‹« (Matthäus 20, 12-15).
Ich denke, keiner von uns kann diese Logik so richtig verstehen und auch wir finden solch eine Behandlung von Arbeitern ungerecht. Wir werden nur zum Frieden über solche Aussagen kommen, wenn wir von Herzen anerkennen können, dass Jesus souverän ist und ganz eigenverantwortlich handeln kann, ohne jemandem Rechenschaft ablegen zu müssen.
Wenn wir so über die Souveränität Gottes nachdenken, dann kann es uns Angst werden. Wir sehen die Möglichkeit, dass Gott auch uns willkürlich behandeln könnte und wir nicht unser Recht und unseren Lohn bekommen. Es könnte uns so gehen, wie Hiob, der ohne ersichtlichen Grund in großes Elend und Not gerät. Gottes Souveränität ist aber auch eine Chance für uns, sie schafft Hoffnung, und gibt der Gnade Raum. Darum kann Gott uns, obwohl wir den Tod verdient haben, erretten und Leben schenken. Nicht weil wir einen Anspruch darauf hätten, sondern weil er souverän ist.
Ich möchte noch den zweiten Teil der Rede des Hiob aus Kapitel 9 lesen:
(9,14) "Wie könnte ich ihm dann entgegentreten, wie rechte Worte finden gegen ihn?
(9,15) Ich bin im Recht und darf mein Recht nicht fordern! Soll ich ihn etwa noch um Gnade bitten, ihn, der das Urteil schon beschlossen hat?
(9,16) Selbst wenn er sich dem Rechtsverfahren stellte – dass er mich hören würde, glaub ich nicht.
(9,17) Gott sendet seinen Sturm und wirft mich nieder, ganz ohne Grund schlägt er mir viele Wunden.
(9,18) Er lässt mich nicht einmal zu Atem kommen, stattdessen füllt er mich mit Bitterkeit.
(9,19) Soll ich Gewalt anwenden? Er ist stärker! Zieh ich ihn vor Gericht? Wer lädt ihn vor?
(9,20) Ich bin im Recht, ich habe keine Schuld, doch was ich sage, muss mich schuldig sprechen.
(9,21-22) Mir ist jetzt alles gleich, drum spreche ich's aus, selbst wenn ich meinen Kopf dafür riskiere: Dass ich im Recht bin, hilft mir nichts bei ihm; ob schuldig oder nicht – Gott bringt mich um!
(9,23) Wenn plötzlich eine Katastrophe kommt und Menschen ohne Schuld getötet werden, hat er für ihre Ängste nur ein Lachen.
(9,24) Gott hat die Erde Schurken übergeben und alle Richter hat er blind gemacht. Wenn er es nicht gewesen ist, wer dann?
(9,25) Mein Leben eilt noch schneller als ein Läufer, nicht einer meiner Tage bringt mir Glück.
(9,26) Wie leichte Boote gleiten sie vorbei, schnell wie der Sturz des Adlers auf die Beute.
(9,27) Wenn ich mir sage: ›Gib das Klagen auf, vergiss den ganzen Jammer, lach doch wieder!‹,
(9,28) dann packt mich gleich die Angst vor neuen Qualen; ich weiß es ja, Gott spricht mich doch nicht frei.
(9,29) Er will mich unbedingt für schuldig halten. Was hilft es, meine Unschuld zu beweisen?
(9,30) Ich könnte mich mit reinstem Wasser waschen, die Hände könnte ich mit Lauge säubern.
(9,31) Dann würde er mich in ein Schlammloch tauchen, sodass sich meine Kleider vor mir ekeln.
(9,32) Ach, wäre Gott doch nur ein Mensch wie ich, ich wüsste, welche Antwort ich ihm gäbe: er müsste mit mir vor Gericht erscheinen!
(9,33) Gäbe es doch einen Schiedsmann zwischen uns, dem wir uns alle beide beugen müssten!
(9,34) Dann dürfte Gott mich nicht mehr weiterprügeln und würde mir nicht länger Angst einjagen.
(9,35) Ich könnte reden, ohne mich zu fürchten. Jedoch in meinem Fall geht Macht vor Recht!«
Es klingt für unsere Ohren lästerlich wenn Hiob sagt: »Dann dürfte Gott mich nicht mehr weiterprügeln und würde mir nicht länger Angst einjagen. Ich könnte reden, ohne mich zu fürchten. Jedoch in meinem Fall geht Macht vor Recht. « (Verse 34-35). Sollen wir Hiob widersprechen? Sollen wir ihm zustimmen? Ist es richtig, was er hier sagt?
Einesteils müssen wir ihm recht geben: Gottes Handeln ist schwer verständlich und erscheint uns manchmal ungerecht. Andererseits müssen wir Gott zugestehen, dass er souverän ist. Das kommt uns oft zugute. Es ist am besten, wir können uns ihm freiwillig ausliefern, uns ihm anvertrauen und mit Jesus sagen: »Herr, Dein Wille geschehe. Amen! «
Rüdiger Klaue