Dienstag, 28. Februar 2017
Predigtreihe über Hiob – Teil 4: Hiob und seine Freunde (Hiob 2, 11 – 13)
Der Bibeltext:

(2,11) »Ijob hatte drei Freunde: Elifas aus Teman, Bildad aus Schuach und Zofar aus Naama. Als sie von all dem Unglück hörten, das Ijob getroffen hatte, beschlossen sie, ihn zu besuchen. Sie wollten ihm ihr Mitgefühl zeigen und ihn trösten.

(2,12) Sie sahen ihn schon von ferne, doch sie erkannten ihn nicht. Als sie näher kamen und sahen, dass er es war, fingen sie an, laut zu weinen. Sie zerrissen ihre Kleider und warfen Staub in die Luft und auf ihre Köpfe.

(2,13) Dann setzten sie sich neben Ijob auf die Erde. Sieben Tage und sieben Nächte blieben sie so sitzen, ohne ein Wort zu sagen; denn sie sahen, wie furchtbar Ijob litt.«

Zwei Themen werden mich hier beschäftigen. Das eine ist: Freundschaft. Hiob hatte drei sehr wertvolle Freunde. Woher kamen sie? Wer waren sie? - Das zweite Thema ist »Trost«. Hiob brauchte Trost in seinem Leid. Wie schwer es auch für Freunde sein kann zu trösten, sehen wir in diesem Abschnitt.

Von den drei Freunden des Hiob wissen wir die Namen und den Ort, woher sie stammen. Elifas aus Teman, Bildad aus Schuach und Zofar aus Naama. Diese Männer waren offenbar Fürsten oder Scheichs. Jedenfalls von hoher Herkunft, vornehme und gelehrte Leute. An ihrer Sprache und ihren Argumenten merkt man, dass sie gebildet waren. Außerdem waren es fromme Leute. Sie hatten sich bemüht, Gott kennen und verstehen zu lernen. In allen ihren Überlegungen geht es darum, dass Gott heilig und gerecht ist, und dass er es mit Sünde und Schuld ernst nimmt. Woher Hiob diese Freunde kannte, wie lange er mit ihnen befreundet war, wie oft sie sonst zusammen kamen, wird hier ja nicht erwähnt.

Der erste Freund nennt sich Elifas aus Teman. Der Name Elifas kommt einmal in 1. Mose 36,15 vor, wo es heißt: »Dies sind die Stammesfürsten der Söhne Esaus. Die Söhne des Elifas, des ersten Sohnes Esaus: der Fürst Teman, der Fürst Omar, der Fürst Zefo, der Fürst Kenas,« Die waren also Söhne Edoms. Edom ist die gleiche Person wie Esau, ein Sohn des Isaak und Bruder Jakobs.

Nun heißt das nicht, dass der Freund Hiobs ein Sohn Esaus war. Aber der Name deutet doch in die Richtung der Verwandtschaft von Abraham und in das Land Edom. Edom lag im Süden auf der Ostseite des Jordan. Eine Stadt mit Namen Teman hat es dort gegeben. Sie wird in Jeremia 49,7 erwähnt. Da heißt es: »So spricht der HERR Zebaoth: Ist denn keine Weisheit mehr in Teman? Ist denn kein Rat mehr bei den Klugen? Ist ihnen die Weisheit ausgegangen?« Die Einwohner von Teman waren in alten Zeiten berühmt wegen ihrer Weisheit.

Der zweite Freund hieß Bildad von Schuach. Den Namen Bildad konnte ich in der ganzen Bibel nicht noch einmal finden. Er wird nur bei Hiob erwähnt. Den Ort Schuach vermutet man am oberen Tigris - Richtung Iran. Das liegt schon ziemlich weit ab vom Land Abrahams.

Der dritte Freund hieß Zofar aus Naama. Der Name Zofar erscheint auch nur hier bei Hiob. Die Stadt Naama wird im Nordwesten vermutet, etwa in der Nähe von dem heutigen Beirut. Was bei diesen Ortsangaben auffällt ist, dass die Freunde Hiobs aus verschiedenen Himmelsrichtungen kamen und in einer verhältnismäßig großen Entfernung wohnten. Da fragt man sich schon, wie diese Männer haben Freunde werden können.

Irgendwie erinnern mich die Freunde Hiobs an die Weisen aus dem Morgenland, die nach Bethlehem kamen, um Jesus anzubeten. Es waren auch Fürsten aus dem Orient, reiche, gelehrte Männer. Man weiß nicht, wo sie her kamen und wie lange sie gereist waren und was sie motivierte, den Erlöser zu suchen und anzubeten.

Die Freunde Hiobs waren entweder Viehzüchter und Großgrundbesitzer so wie er, vielleicht auch Farmer oder Händler, die im Orient ihre Geschäfte machten. Jedenfalls gehörten sie zu etwa der gleichen gesellschaftlichen Schicht wie Hiob. Vielleicht trafen sie sich gelegentlich bei ihren Geschäften.

Es muss ziemlich lange gedauert haben, bis die Freunde von dem Unglück Hiobs erfahren hatten. Die schnellste Nachrichtenübermittlung in der Wüstengegend war das Kamel. Schuach lag vielleicht 800 km von Hiobs Heimat entfernt. Da muss schon einige Zeit vergangen sein, bis die Freunde von dem Unglück Hiobs hörten, und bis sie dann schließlich auf Pferden oder Kamelen zu im kamen.

Beachtenswert an diesen Freunden finde ich, dass sie Hiob in seiner Not besuchten. Beim verlorenen Sohn im Neuen Testament war es anders. Er hatte Freunde, solange es ihm gut ging und er Geld hatte. Als er aber arm wurde, wollte keiner mehr etwas von ihm wissen. Echte Freunde sind Leute, die auch und gerade in schweren Zeiten zu einem stehen.

Die Freundschaft zwischen diesen Männern bestand sicher schon lange. Und jetzt in der Not war sie von unschätzbarem Wert. Hiob war in seinem Elend nicht alleine, er hatte jemand, dem er all sein Leid klagen und alle Fragen vortragen konnte. Obwohl die Freunde den geplagten Hiob oft mit ihren Argumenten und Anklagen verletzten, so war doch jemand da, der ihn anhörte. In gewisser Hinsicht erfuhr Hiob durch die Reden der drei Weisen auch Anregungen, Denkanstöße und Korrektur. Er musste über manches nachdenken, was die Freunde sagten, musste ihre Argumente prüfen, und seine Gedanken zurecht legen. Zwar ärgerte sich Hiob manchmal über die frechen und unbegründeten Anklagen, aber doch haben ihn die Gespräche bestimmt davor bewahrt, zu verzweifeln und sich aufzugeben.

Nun ist es nicht immer leicht zu sagen, wen man als Freund bezeichnet. In der deutschen Kultur ist ein Freund meist etwas ganz Besonders. Viele Leute haben Kollegen, Sportkameraden, Nachbarn, Bekannte, Stammtischkumpel - aber Freunde?

In Deutschland würden nur wenige Menschen sagen, dass sie einen Freund haben. In anderen Kulturen wird das nicht so streng genommen. Alle Personen mit denen man sich immer wieder trifft und gut versteht, sind eben Freunde. Sie gehören in gewisser Weise zu einer Auslese, oder Kategorie, die eben mehr ist als Nachbar und Kollege.

Freundschaften entstehen oft schon früh, als Kinder oder Schulkameraden. Manchmal auch in Vereinen oder in der Gemeinde. Freunde sich wichtig für unsere Persönlichkeitsentwicklung und für die Bestätigung bzw. Korrektur unserer Ansichten und unseres Handelns. Wenn Freundschaften erfolgreich sein und lange dauern sollen, dann muss man sie auch pflegen und Zeit in die Beziehung investieren.

Es war damals für Hiob sicher nicht leicht gewesen, bei solch großen Entfernungen in Kontakt zu bleiben. Schließlich gab es keine Post, kein Telefon und kein Internet. Aber wir brauchen eine Gruppe von Menschen, mit denen wir uns austauschen können zu denen wir uns dazu gehörig fühlen.

Wir sind in unserem Leben oft mit unserer Familie umgezogen, jedes Mal haben wir Freunde verloren. Das war schmerzlich und hinterließ eine Lücke in unserem Dasein. Jedes Mal haben wir aber auch bewusst in unserer Umgebung nach neuen Freunden gesucht. Wir haben Zeit investiert und die Kontakte gepflegt. –

Eigentlich erwarten wir von unseren Freunden, dass sie uns verstehen. Sie sollen zuhören können, Anteil an unseren Sorgen und Freuden nehmen, Rat geben, uns trösten und evtl. auch korrigieren. Wir erwarten, dass sie uns helfen und beistehen in Zeiten der Krankheit, in wirtschaftlichen Krisen, in finanziellen Nöten, oder ganz praktisch bei einem Umzug oder einer Arbeit am Haus. Jeder, der solche Bereitschaft von seinem Freund erwartet, sollte auch damit rechnen, selber Opfer bringen zu müssen und zur Verfügung zu stehen.

Die Bibel spricht z.B. von Daniel und seinen Freunden, die willig waren, gemeinsam um ihres Glaubens willen zu sterben. Oder von David und Jonathan, die beiden ungleichen Freunde, die mit ihrem Leben füreinander einstanden. Und wir sehen, dass Gott Abraham seinen Freund nannte und Jesus seine Jünger - Freunde.

Doch viel öfter spricht die Bibel von untreuen Freunden, auf die man sich nicht verlassen kann, die sich gegen den Kameraden wenden, wenn er in Missgunst fällt, die ihren Gefährten verraten, oder ihn verlassen, wenn er in Not gerät. In dieser Weise waren die Freunde Hiobs vorbildlich. Sie ließen ihren in Armut und Krankheit geratenen Freund nicht im Stich, sondern wollten ihm helfen, beistehen und ihn trösten.

Wie man an der Geschichte des Hiob sehen kann, ist trösten gar nicht so leicht. Viele Tröster begehen den Fehler wie Hiobs Freunde, dass sie anstatt zu trösten - kritisieren, beschuldigen und belehren. Sie holten die Vergangenheit hervor und untersuchten den Lebenswandel Hiobs. Sie zeigten dem Betroffenen, wo er falsche Entscheidungen getroffen oder Fehler und Sünden begangen hatte. So machen es auch heute noch viele Tröster. Sie suchen nach Erklärungen und Schuld, und sagen dann gerne »Warum hast Du nicht auf mich gehört? - Ich sagte Dir doch gleich!« Nun ist das sicher wahr, dass fast jeder, der in Not geraten ist, auch einen gewissen Teil Schuld an seinem Ergehen trägt. Aber was die Geplagten am meisten brauchen ist nicht Belehrung und Anklage, sondern Trost.

Viele, viele Menschen in unserem Umkreis, die wir vielleicht beschuldigen oder beraten wollen, brauchen in erster Linie Trost. Vielleicht scheinen sie stolz und selbstgerecht oder ungezogen und anspruchsvoll, wie Hiob. Aber im Inneren schreien sie nach Trost, den sie viel zu selten bekommen. Wir müssen wieder alle lernen, den Traurigen, den Mühseligen und Beladenen Trost zu zusprechen.

Aber es ist in der Praxis gar nicht so leicht, jemanden wirklich zu trösten. Man ist selbst sehr betroffen, hat eine gewisse Scheu vor dem Leiden, fühlt sich hilflos und weiß nicht, was man sagen soll, oder fürchtet Missverständnisse und Ablehnung. Wohl deshalb bekommen viele Betrübte und trauernde Menschen oft nur billigen Zuspruch, leere Phrasen, oberflächliche Sprüche, Plattheiten oder gut gemeinte aber unpassende Bibelworte zu hören. Manch ein Freund versucht auch, mit seinen eigenen Erfahrungen oder Geschichten den anderen zu trösten, was aber sehr oft nicht gelingt.

Weil wir normalen Bürger nicht mehr so richtig wissen, wie man jemanden trösten kann, ist aus dieser Not ein ganzer Berufszweig entstanden: Ärzte, Psychiater, Therapeuten, Psychologen, Trauerberater etc. Sie haben es gelernt, sich die Beschwerden und Leiden anderer Leute anzuhören, ohne gleich mit fertigen Antworten zu kommen. Das erleichterte schon viele verzweifelte Menschen. Aber ob es wirklich hilft und heilt bleibt eine Frage.

Wer wirklich Trost spenden können sollte, sind die Christen. Sie kennen den einzigen, wahren Tröster und haben schon selber Seinen Trost erfahren. Allerdings ist es nicht mit einem üblichen Bibelversen oder allgemein bekannten biblischen Wahrheiten getan. Wir sollten uns von dem Gedanken frei machen, dass ein schnell daher gesagtes Bibelwort gleichbedeutend mit trösten ist.

Die Freunde Hiobs wollten den Trauernden auch mit frommen Sprüchen, Erkenntnissen und Erklärungen trösten. Gerieten dabei aber selbst in Widersprüche, Verstrickungen und Probleme. Dem armen Hiob half das wenig, denn er fühlte sich vor allem unverstanden, ungeliebt, allein gelassen und obendrein noch falsch beschuldigt. Wer wirklich trösten will, darf kein Besserwisser sein, keine hochmütige, oberflächliche, ichbezogene Person, und nicht jemand der es eilig hat.

Der Ansatz oder Beginn der Tröstungsversuche der Freunde war wirklich sehr gut und vorbildlich. Im biblischen Bericht heißt es: »Als sie näher kamen und sahen, dass es Hiob war, fingen sie an, laut zu weinen. Sie zerrissen ihre Kleider und warfen Staub in die Luft und auf ihre Köpfe. Dann setzten sie sich neben Ijob auf die Erde. Sieben Tage und sieben Nächte blieben sie so sitzen, ohne ein Wort zu sagen; denn sie sahen, wie furchtbar Ijob litt.«

Ich glaube, man kann es nicht besser machen. Erst einmal mittrauern und weinen, seinem Schmerz und Mitgefühl Ausdruck verleihen, sich zu dem Verzweifelten setzen und Schweigen. Nichts sagen. Das Leid spüren und aushalten. Wenn die Freunde weiter nichts getan hätten als das, hätten sie keine Fehler gemacht und Hiob wäre getröstet und still geworden.

Wer jedoch noch ein Übriges tun möchte, der kann einige vorsichtige Fragen stellen und dann zuhören. Der Trauernde möchte gewöhnlich erzählen, was sich zugetragen hat, wie es geschehen ist und was er dabei empfunden hat. Indem er erzählt, verarbeitet er das Furchtbare und es verliert etwas an Wucht und Macht über sein Leben. Mitgefühl, und Bedauern das sind die Zauberworte für einen, der Trost braucht. Unser Mitgehen müssen wir nicht mit vielen überschwänglichen Worten bekunden; ein Seufzer, eine Träne sind mehr wert als Argumente.

Was ich aber noch für sehr wichtig halte ist, dass wir den in Not und Elend geratenen Freund in Verbindung mit Gott oder Jesus bringen. Jesus ist der, der wirklich das Ausmaß des Leidens versteht und sieht, und der aus der Ewigkeit her Trost und Hoffnung spenden kann. Das Bewusstsein, dass Jesus der Sohn Gottes mit geht, dass er dabei ist,- das ist das, was wirklich tröstet. Wenn es uns gelingt, das in aller Demut, Unbefangenheit und Natürlichkeit zu vermitteln, haben wir einen wichtigen Dienst getan.

Wir beten:
Herr, schenke uns offene Augen für Menschen um uns, die Trost brauchen, und gebe uns die Gnade in zurückhaltender, verständnisvoller und mitfühlender Art den Freund in Not mit Dir in Verbindung zu bringen. Amen.

Rüdiger Klaue

Weitere Predigten von Rüdiger Klaue findest Du unter http://www.rklaue.com/

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