Amos war ein Prophet im Alten Testament. Wie die meisten Propheten sprach auch er davon, dass Gott Gericht für die Vergehen des Volkes schicken würde. Die Botschaften waren nicht angenehm und nicht erfreulich. Nicht für die Menschen von damals, und auch nicht für uns heute. Viele Christen unserer Tage kennen die prophetischen Bücher kaum; sie lesen sie nicht gerne. Oft wissen wir nicht, wie die Worte zu verstehen sind. Manchmal fürchten wir uns auch vor dem, was auf uns zukommen könnte und verschließen deshalb die Augen vor den Warnungen. Oft aber gebrauchen Menschen auch die Drohungen in der Bibel als ein Argument, um Gott zu kritisieren oder die Propheten infrage zu stellen. Schon immer hatten Propheten einen schweren Stand. Niemand hörte sie gerne. Wer freut sich schon über ihre Reden. Sie wurden verfolgt und getötet.
Um ihren Auftrag ausführen zu können, gab Gott seinen Gesandten Autorität. Der Höchste redete durch Menschen, aber nur durch wenige auserwählte. Es war ein Vorrecht ein Bote Gottes sein zu dürfen. Die meisten Propheten waren sich ihrer hohen Berufung bewusst. Sie sprachen mutig und überzeugt in der Gewissheit, dass sie das weiter gaben, was der König aller Könige ihnen aufgetragen hatte. Das brachte ihnen Verfolgung – aber auch eine gewisse Machtposition. Sie konnten doch auch viele Menschen beeindrucken und beeinflussen.
Einige Wichtigtuer wollten auch gerne Propheten sein. Sie wollten sagen können. „Gott hat durch mich gesprochen. Ich bin eine bedeutende Person. Hört auf mich und tut, was ich Euch sage!“ In Wahrheit wollten sie aber nur Macht ausüben und andere beherrschen. Ihre Prophezeiungen kamen nicht von Gott sondern aus ihrem eigenen Herzen. Das war dann gefährlich für die Hörer.
Weil ihr Auftrag aber so unangenehm war, versuchten manche Propheten sich zu drücken. Sie schwiegen einfach, oder liefen davon. Manche veränderten die Botschaft, dass sie sanfter und freundlicher klang. Damit verführten sie das Volk. Das konnte Gott nicht zulassen. So haben wir in der Bibel auch immer wieder Warnungen vor den falschen Propheten und Verführern.
Aus all dem sehen wir, dass es für die Leute von damals und für uns heute wirklich nicht immer leicht ist zu wissen, was für einen Propheten wir da vor uns haben. Eine gewisse Skepsis ist angebracht. Andererseits aber dürfen wir auch nicht die Botschaft Gottes für uns verpassen. Das kann schlimme Folgen für uns haben.
Im Buch des Amos sehen wir einige Aspekte aus dem Leben eines Propheten. Wir erfahren, was andere über ihn dachten und wie sie auf seine Worte reagierten. Amos behauptet: „Der Herr, der mächtige Gott, tut nichts, ohne dass er es zuvor seine Diener, die Propheten, wissen lässt“. Also, braucht Gott Propheten, die uns über Gottes Pläne informieren können.
Bevor wir heute mehr über Propheten und ihr Ansehen im Volk nachdenken, möchte ich noch einen Abschnitt aus Amos Kap. 3, die Verse 3 – 8 lesen. Sie klingen etwas rätselhaft. Da stellt der Prophet 7 rhetorische Fragen. Sie lauten:
Der Bibeltext:
(3,3)„Gehen zwei Männer miteinander denselben Weg, wenn sie sich nicht vorher getroffen haben?
(3,4) Brüllt der Löwe im Wald, wenn er kein Beutetier vor sich sieht? Lässt der Junglöwe sein Knurren hören, wenn er kein Opfer in den Krallen hat?
(3,5) Geht der Vogel ins Netz, wenn kein Köder ausgelegt ist? Schnappt die Falle zu, wenn sich nichts darin gefangen hat?
(3,6) Bläst man Alarm in der Stadt und es fährt niemand zusammen? Trifft ein Unglück die Stadt und der Herr hat es nicht geschickt?
(3,7-8) Der Löwe brüllt - wer fürchtet sich nicht? Der Herr, der mächtige Gott, redet - wer wird da nicht zum Propheten? Der Herr, der mächtige Gott, tut nichts, ohne dass er es zuvor seine Diener, die Propheten, wissen lässt.“ Hier sagt Amos also, wie er zum Propheten geworden ist, und warum Gott Propheten beruft.
Zuerst will ich einige Gedanken über die Serie von Fragen weitergeben. Die Bilder, die Amos hier braucht, kommen ja meist aus seinem Umfeld in der Natur. Er hat den Löwen auf dem Feld beobachtet und die Vögel, wenn sie in die Falle geraten, oder die beiden Männer, die da des Weges kommen. Mit diesen Bildern möchte er zeigen, wie die Ereignisse zueinander in Beziehung stehen. Da sind Ursachen und Wirkungen, da sind Anlässe und Konsequenzen. Jedes Geschehen deutet darauf hin, dass es vorher schon ein anderes Geschehen gegeben hat; so etwas wie einen Auslöser. Damit will Amos vielleicht zeigen, dass die Sünden des Volkes sicherlich zur Strafe Gottes führen werden. Oder er will sagen, dass die Tatsache, dass Gott einen Propheten sendet beweist, dass bald das Gericht hereinbrechen wird.
Aber diese Serie von Fragen könnte auch noch etwas anderes bedeuten. Unter Umständen gibt die letzte Frage die Antwort. Sie lautet: „Der Herr, der mächtige Gott, redet, wer wird da nicht zum Propheten?“ Die richtige Antwort darauf könnte lauten. „Jeder würde zum Propheten werden, wenn Gott zu ihm redet. Man kann dem Auftrag nicht entfliehen.“ Damit will Amos den Leuten klarmachen, dass er nicht ein Prophet aus eigenen Gnaden ist. Er predigt, weil Gott ihn dazu berufen hat. Es klingt so, als ob Amos das Reden Gottes mit dem Brüllen eines Löwen vergleicht. Dieser Ruf ist laut und deutlich und duldet keinen Widerspruch.
So wurde Amos Prophet, weil Gott es wollte. Er zeigte dem Volk seine Sünden und sagte die Strafe und das Gericht dafür voraus. Die Leute hörten es und die Reden riefen verschiedene Reaktionen bei den Zuhörern hervor. Das Wort wirkte.
Nun war die Reaktion nicht bei allen gleich und sie war auch nicht bei allen positiv. Einige zeigten sich beeindruckt und andere fast überhaupt nicht. Über die Empfindungen der Hörer auf die Botschaften des Amos möchte ich im Folgenden nachdenken. Immerhin wird auch heute noch von uns eine Antwort, eine Rückmeldung auf das Wort Gottes erwartet. Da ist es schon wichtig, dass wir mit der richtigen Einstellung zuhören.
1.- einige Leute ärgerten sich. Ein Repräsentant der Gegner des Propheten war der Priester Amazja. Er ärgerte sich über die Reden des Amos und sagte wörtlich zu ihm „Du Prophet, flieh von hier und geh nach Juda! Rede dort als Prophet; sie werden dir dort sicher zu essen geben. Hier in Bet-El darfst du nicht mehr auftreten; denn dies ist ein Reichsheiligtum, das dem König von Israel gehört.« (Amos 7, 12-13). So bekam Amos Redeverbot in Israel. Warum Amazja den Propheten verjagen wollte, kann verschiedene Gründe haben.
a- Amazja fühlte sich und seine Autorität gefährdet. Er war ja der Priester in Israel und dafür zuständig, dass Gottes Wort gelehrt wurde. Einen Konkurrenten neben sich wollte er nicht dulden. Amos lässt sich so einfach nicht verjagen, er gibt dem Priester eine demütige aber feste Antwort. Er sagt (Amos 7, 14-16): »Ich bin kein berufsmäßiger Prophet und gehöre auch zu keiner Prophetengemeinschaft. Ich bin unabhängig; ich besitze Rinder und Maulbeerfeigenbäume. Aber der Herr hat mich von meiner Herde weggeholt und gesagt: Geh und rede als Prophet zu meinem Volk Israel! So höre nun das Wort des Herrn!“ –
Um ein Prophet zu sein, braucht man nicht aus einer bekannten Familie zu kommen, man braucht nicht der Nachkomme eines Theologen zu sein, man braucht auch nicht einen bestimmten Schulabschluss, eine Prüfung oder gar Zeugnisse, Diplome und Referenzen zu haben. Wichtiger als alles ist die Berufung Gottes. So macht Amos dem Amazja klar, dass es ihm gar nicht darum geht, dem Priester die Autorität zu stehlen.
b.- Die Botschaften des Amos brachten den Priester in Verlegenheit. Er wusste nicht, wie er diese Reden erklären sollte. Sie beunruhigten das Volk und verbreiteten Angst vor der Zukunft. Das Leben in Luxus und Vergnügen sollte aber nicht gestört werden. Deshalb wollten sie den Propheten zum Schweigen bringen oder verjagen
c. – Amazja wollte keine Ermahnungen und Zurechtweisungen hören. Er wollte nicht, dass er und sein König auf ihre Unmoral, ihre Ungerechtigkeit und Korruption hingewiesen werden. Leute, die hier mahnend den Zeigefinger hoben, waren unerwünscht. Deshalb heißt es in Amos 7, 10+11 „Amazja, der oberste Priester in Bet-El, ließ Jerobeam, dem König des Reiches Israel, melden: »Amos zettelt mitten in Israel eine Verschwörung gegen dich an! Was er redet, ist unerträglich. Er hat gesagt: Jerobeam wird durchs Schwert umkommen und das Volk Israel wird aus seinem Land in ein anderes verschleppt.« - So etwas hört keiner gern. Solche Mahner müssen beseitigt werden, wenn man in Ruhe seinen Sünden nachgehen will.
Manche Leute ärgern sich also über einen Propheten wie Amos. Sie verdächtigen ihn und beschuldigen ihn. Sie werfen ihm falsche Motive vor, Gewinnsucht, Machtstreben, Neid. Sie glauben ihm nicht und wollen ihn am liebsten verjagen.
2.- Andere Leute hörten sicher aufmerksam zu. Sie mussten wohl auch zugeben, dass der Prophet in vielem recht hatte. Doch sie konnten nicht glauben, dass Gott wirklich solch furchtbare Gerichte über das Land schicken würde. Für sie war die Frage wichtig: „Kann man dem Propheten rückhaltlos vertrauen? Sagt er die Wahrheit? Ist es wirklich Gottes Wort, das er hier weitergibt? Woran können wir erkennen, dass er ein echter Prophet des Höchsten ist?
Diese Fragen sind ja auch berechtigt. Wir sollen ja nicht jedem Schwätzer glauben. Wie leicht sich auch ein Prophet irren kann, sehen wir an der Zeitungsnotiz die ich eingangs las. Die Bibel kennt dieses Problem auch. Oft genug gab es falsche Propheten, die das Volk verführt haben. Aber Gott selbst gibt uns auch einige Anhaltspunkte, woran man den wahren Propheten erkennen kann. So heißt es z.B. in 5. Mose 18, 20-22: „Wenn aber ein Prophet in meinem Namen etwas sagt, was ich ihm nicht aufgetragen habe, oder wenn er im Namen anderer Götter spricht, muss er sterben.« Nun fragt ihr vielleicht: »Wie können wir denn beurteilen, was der Herr gesagt hat und was nicht?« Wenn ein Prophet im Namen des Herrn etwas sagt und seine Voraussage trifft nicht ein, dann hat der Herr nicht durch ihn geredet; er hat in eigenem Auftrag gesprochen. Einen solchen Propheten braucht ihr nicht ernst zu nehmen.“
Hier räumt Gott ein, dass es Propheten gibt, die in seinem Namen reden, ohne dass sie den Auftrag dazu haben. Er weist auch darauf hin, dass manche Propheten im Namen anderer Götter etwas verkündigen. Das könnte auch im Namen des Humanismus, der Gleichheit, der Philosophie oder der Wissenschaft sein. Wenn die Botschaft nicht von dem höchsten Gott kommt, ist sie unzuverlässig. Es kann auch vorkommen, dass Propheten in eigenem Auftrag sprechen. Sie verkündigen dann ihre eigenen Wünsche als Gottes Wort. Das braucht nicht immer bewusst und bösartig zu sein. Aber sie waren nicht nah genug beim Herrn und haben seine Stimme mit der ihres eigenen Herzens verwechselt. So kann es sein, dass sie Gericht, oder Heil oder Gnade verkündigen, aber die Botschaft nicht von Gott kam.
Auf die Frage, woran man denn nun den echten Propheten erkennen kann, gibt Gott dieses Zeichen. „Wenn ein Prophet im Namen des Herrn etwas sagt und seine Voraussage trifft nicht ein, dann hat der Herr nicht durch ihn geredet; er hat in eigenem Auftrag gesprochen. Einen solchen Propheten braucht ihr nicht ernst zu nehmen.“ Also, wenn Prophezeiungen nicht eintreffen ist das ein sicherer Beweis dafür, dass der Mensch nicht im Auftrag Gottes geredet hat. Das bedeutet allerdings, dass man abwarten muss und erst nach dem genannten Termin weiß, ob man dem Propheten vertrauen kann.
3.- Dann gab es sicher zur Zeit der Propheten auch Leute, welche die Botschaft zu Herzen nahmen. Sie erkannten, dass hier jemand mit göttlicher Autorität sprach. Sie mussten zugeben, dass die Zustände im Land untragbar waren und die Sünden Überhand genommen hatten. Soweit sie Gott durch sein Wort und sein Handeln kennen gelernt hatten, musste auch folgerichtig die Strafe kommen.
Diese Gruppe Leute hatte keine Zweifel, dass es Gott war, der hier durch den Propheten redete. Für sie war es eher die Frage: Wie sollen wir uns jetzt angesichts dieser Botschaft verhalten? Was sollen wir tun? Aber auch darauf hatte der Prophet eine Antwort. Es war eigentlich immer die gleiche: „Tut Buße! Verlasst eure falschen Wege. Bekehrt euch zu Gott.“
Im 5. Buch Mose hatte Gott gesagt: „Ich will Propheten wie dich aus ihrer Mitte berufen und durch ihren Mund zu ihnen sprechen. Sie werden dem Volk sagen, was ich von ihm verlange. 19 Wer nicht befolgt, was ein solcher Prophet in meinem Auftrag sagt, den ziehe ich dafür zur Rechenschaft“ – Trotz aller Fragen erwartet Gott aber, dass wir seinem Wort vertrauen und folgen. Und egal, was ein Prophet auch im Auftrag Gottes sagt, es ist immer eine Botschaft, die unser Heil und unsere Rettung im Blick hat.
Amos war von Gott berufen, sein Volk zur Umkehr zu bewegen. Er war sich seines Auftrages und seiner Vollmacht bewusst und ließ sich nicht einschüchtern oder verjagen. Seine Reden verlangen aber auch von uns Aufmerksamkeit, Gehör, Respekt und den Willen, zu gehorchen. Möge Gott einem jeden von uns zeigen, wo die Worte der Propheten uns gelten. Und Gott gebe uns auch die Kraft zur Buße und Umkehr, wo es nötig ist.
Wir beten:
Herr, wir danken Dir für den Mut und den Gehorsam der Propheten – und für ihre Botschaft, die auch uns heute den rechten Weg zeigt. Amen.
Rüdiger Klaue