Im heutigen Bibelabschnitt aus dem 6. Kapitel des Markusevangeliums wird uns von Massenheilungen berichtet. Hier werden keine Einzelschicksale aufgeführt, hier werden keine speziellen Krankheiten erwähnt. Es sind einfach viele Men-schen, die mit verschieden Gebrechen zu Jesus kommen. Dabei handelt es sich nicht um eine besondere Veranstaltung für physisch oder psychisch angeschlagene oder hilfesuchende Menschen. Jesus zieht von Ort zu Ort, von Stadt zu Stadt und die Kranken folgen ihm.
Markus zeichnet uns die Situation folgendermaßen: „Jesus und seine Jünger überquerten den See und landeten bei Gen-nesaret. Die Bewohner dieser Gegend erkannten Jesus sogleich, als er aus dem Boot stieg. Sie gingen ins ganze Gebiet und brachten die Kranken auf ihren Matten immer an den Ort, von dem sie hörten, dass Jesus dort sei. Wohin er auch kam, in Städte und Dörfer oder zu Gehöften, dorthin brachte man die Kranken, legte sie auf die Markplätze und fragte ihn, ob sie wenigstens die Quaste seines Gewandes anrühren dürften. Und alle, die es taten, wurden gesund.“
Bei diesem kurzen Bericht fallen mir einige Besonderheiten auf.
1.- Sie brachten die Kranken. Das heißt für mich: Entweder waren es Schwerkranke, die nicht mehr gehen konnten oder solche, die nicht freiwillig zu Jesus kommen wollten. Bei den Heilungen, die uns in der Bibel berichtet werden, scheint es immer wieder wichtig, dass der Kranke Bekannte oder Freunde hat, die für ihn die Initiative übernehmen. So ist es nicht nur die Verantwortung der Kranken, mit Jesus in Kontakt zu kommen, sondern sehr oft der Gesunden. Vielleicht sind manche Leute aus unserem Verwandten und Bekanntenkreis nur deshalb krank, weil sie niemanden haben, der sie mit Je-sus in Verbindung bringt.
2.- Die Leute kamen aus der ganzen Gegend. Wir haben in diesem Bericht keine genauen Angaben über die Ausdehnung des Gebietes und über die Einwohnerzahl. Es wird uns auch nicht gesagt, wie viele Kranke zu Jesus kamen oder wie viele er geheilt hat. Doch aus der Art des Berichtes kann man schon entnehmen, dass es viele waren.
Wenn es da heißt: Die Leute gingen ins ganze Gebiet – dann heißt das, dass sie auch die entlegensten Winkel erreichten. Und wenn es heißt, dass Jesus in Städte, Dörfer und Gehöfte kam, dann verstehen wir, dass dieses Gebiet dicht besiedelt war. Dementsprechend groß wird auch die Zahl der Hilfesuchenden gewesen sein.
Die Nachricht von der Möglichkeit einer Heilung durch Jesus ging wie ein Lauffeuer durch das Gebiet und war das gro-ße Thema des Tages. Die Leute hatten nur ein Interesse, und das war: geheilt zu werden. An einer Predigt waren sie nicht interessiert und es scheint so, als ob Jesus auch gar nicht zu den Leuten gesprochen hat.
3.- Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass Markus berichtet. „Alle wurden geheilt.“ Also all die vielen Men-schen, die mit den verschiedensten schweren oder weniger schweren, heilbaren oder unheilbaren Krankheiten zu Jesus kamen, wurden geheilt. Das war wohl anders als bei modernen Heilkampagnen, wo es doch immer einen gewissen Pro-zentsatz von Kranken gibt, die nicht geheilt werden konnten. Da sind immer welche, die enttäuscht und vielleicht auch verbittert nach Hause gehen. Hier wurden aber alle durch Jesus geheilt.
Muss das eine Freude und ein Jubel in dieser Gegend gewesen sein!! -- Ob sich die Leute Gedanken darüber machten, wer sie geheilt hatte, und warum oder wodurch sie geheilt wurden? Es scheint nicht so! Auch haben sie offenbar weder daran gedacht, Jesus zu danken noch den Vater im Himmel für die große Manifestation seiner Macht und seines Erbar-mens zu preisen. Wie es so oft im Leben geht, vergessen wir Menschen über den Segnungen, den Urheber des Guten an-zuerkennen und ihm zu danken.
4.- Man legte die Kranken auf die Markplätze. Hier war dann das ganze Elend allen sichtbar auf einem Haufen konzent-riert. Gewöhnlich waren die Kranken damals in den Häusern ihrer Angehörigen versteckt – Krankenhäuser gab es nicht. Wer aber hier über den Marktplatz ging, war sicherlich betroffen, schockiert, vielleicht auch angeekelt von der Not, die da offenbar wurde. Niemals vorher ist es einem aufgefallen, wie viele leidende Menschen es in ihrer Gegend gab. –
Wenn einmal heute und bei uns all die Behinderten, die Geisteskranken, die frisch operierten, die Krebs- und Aidskran-ken aus ihren Anstalten und Krankenhäusern auf den Markplatz gebracht würden, gäbe das sicher ein eindrückliches Dokument über das Elend der Menschen. Auch bei uns heute sind es viele, die auf Heilung warten.
5.- Die Leute fragten Jesus, ob sie sein Gewandt anfassen dürften. Ich finde es nett, dass sie wenigstens gefragt haben. Und ihre Bitte war auch eigentlich nicht unverschämt. Sie wollten nur das Kleid Jesu berühren. Natürlich gewährte Jesus ihnen das. Viel Aufmerksamkeit und Zuwendung konnten sie bei der Menge Bedürftiger von Jesus nicht erwarten.
Aber doch gab es hier eine Bedingung zu erfüllen, um geheilt zu werden. Es war keine automatische Massenbehandlung. Jeder einzelne musste sich entschließen, das Gewandt Jesu anzufassen. Die Berührung brachte die Heilung. Dieses Prin-zip gilt auch auf geistlichem Gebiet. Jesus rettet keinen Menschen automatisch vor dem ewigen Tod. Jeder von uns hat die Verantwortung und die Möglichkeit, die Hand des Glaubens nach Jesus auszustrecken und damit seine Bedürftigkeit und sein Vertrauen zum Ausdruck zu bringen. Jesus heilt auch heute noch.
Rüdiger Klaue
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