Wenn wir die Geschichten so lesen, dann haben wir den Eindruck, dass es sich wirklich alles so zugetragen hat. Die meisten Heilungen Jesu geschahen bei vollem Licht des Tages, oftmals draußen. Meistens waren auch andere Menschen dabei, die es sahen und bezeugen können.
Der Evangelist berichtet uns im 5.Kapitel seines Buches über die Heilung einer Frau, die seit 12 Jahren an unstillbaren Blutungen gelitten hatte. Er schreibt: „Sie hatte schon viele Behandlungen von den verschiedensten Ärzten über sich ergehen lassen. Ihr ganzes Vermögen hatte sie dafür geopfert, aber es hatte nichts genützt; im Gegenteil, ihr Leiden war nur schlimmer geworden. – Diese Frau drängte sich in der Menge von hinten an ihn heran und berührte sein Gewand. Im selben Augenblick hörte die Blutung auf, und sie spürte, dass sie ihre Plage los war.“ Soweit der Bericht von Markus.
Dies ist nun schon die siebente Heilung die uns im Markusevangelium berichtet wird. Das Interessante ist, dass bisher jede Heilung anders verlief. Es waren ganz verschiedene Umstände, ganz verschiedene Orte, sehr unterschiedliche Krankheiten und ebenso auch verschiedene Menschen: Männer, Frauen und Kinder. Darum wollen wir auch in diesem Fall ein paar Beobachten aus diesem Bericht hervorheben.
1.- Die kranke Frau hatte schon viel unternommen, um ihre Krankheit loszuwerden. Sie litt ja an Blutungen. Das ist für die damaligen Verhältnisse schon eine ziemlich genaue Beschreibung ihres Leidens. Aber die Ursache dafür hatte sicher niemand gefunden und auch nicht das Mittel, um sie zu heilen. Um von dieser Plage frei zu werden, hatte diese Frau schon ihr ganzes Vermögen für die Ärzte geopfert. Wahrscheinlich war sie im ganzen Dorf bekannt und die Nachbarn wussten, wie es ihr ging und was sie schon alles unternommen hatte. Ich nehme an, Markus hatte seine Informationen über die Frau von ihren Bekannten bekommen. –
Die Tatsache, dass die Ärzte ihr nicht helfen konnten, zeigt wie schwer und ernst die Krankheit war. Durch diese Information wird nur umso deutlicher, dass es sich bei der Heilung ganz bestimmt um ein Wunder handelte. Wir können die Befreiung der Frau von ihrer Plage nicht mit natürlichen und auch nicht mit psychologischen Vorgängen oder irgendwelchen Tricks erklären. Hier war ein Wunder geschehen.
2.- Im Bericht heißt es, dass die Frau schon von Jesus gehört hatte. Sie wusste, dass er eine umstrittene Persönlichkeit war. Sie hatte erfahren, dass er ein Lehrer, ein Prediger war. Aber hellhörig wurde sie jedes Mal, wenn irgendetwas von Jesu Wundern gesagt wurde. Da ist wohl in ihrem Herzen schon der Wunsch gereift, diesen Mann zu sehen.
3.- Die kranke Frau drängte sich an Jesus und berührte sein Gewandt. Warum sie ihn nicht direkt ansprach, ihm ihre Lage erklärte und ihre Bitte vorbrachte, wissen wir nicht. Vielleicht schämte sie sich in aller Öffentlichkeit von ihrem Leiden zu sprechen. Vielleicht fürchtete sie, Jesus würde ihr Fragen stellen, die alles nur noch peinlicher machen würden. Vielleicht wollte sie Jesus auch nicht aufhalten und mit ihrem Anliegen belästigen. Schließlich hatte ihn gerade eine höhere Persönlichkeit darum gebeten, zu seiner kranken Tochter zu kommen. So bleibt sie im Hintergrund und erhofft sich einen Segen durch das Anfassen von Jesu Gewandt.
4.- Wirklich, es hat funktioniert. Markus berichtet: „Im selben Augenblick hörte die Blutung auf, und sie spürte, dass sie ihre Plage los war.“ Die Frau merkte also, dass etwas in ihr vorgegangen war. Deswegen bekam sie auch furchtbare Angst und zitterte. Aber nicht nur die Frau spürte, dass sie geheilt war, auch Jesus fühlte, dass jemand seine heilende Kraft in Anspruch genommen hatte. Bei den Heilungen, die Jesus bisher vollbrachte, hat er die kranke Person meist angefasst und zu ihr gesprochen. Diese Frau hat Jesus nicht einmal gesehen. Sie kam unbemerkt und berührte sein Gewand. Jedoch hatte sie das große Verlangen geheilt zu werden – und sie hatte auch den Glauben, dass Jesus sie gesund machen könnte. Das kommt später in der Geschichte zum Ausdruck als Jesus zu ihr sagt. „Dein Glaube hat Dir geholfen. Geh in Frieden! Du bist von Deinem Leiden befreit.“
Wieder sehen wir in diesem Bericht, mit welch einer Liebe und Wohlwollen Jesus den kranken und leidenden Menschen begegnet. Er heilt sie, auch wenn sie bei keinem anderen Arzt Hilfe finden konnten. Jesu Macht und Persönlichkeit ist so stark, dass er nicht einmal ein Wort zu sagen brauchte und auch keinen Zauber vollführen musste, damit die suchenden Menschen bei ihm Erlösung von ihren Leiden fanden.
Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass Jesus nicht tot ist. Er ist auferstanden und lebt für ewig. Darum können wir auch heute noch mit unseren Plagen und Leiden zu ihm kommen und ihn um Hilfe bitten.
Rüdiger Klaue